Читать книгу Die Kunst des richtigen Maßes - Johannes Huber - Страница 22

Wie Steve Jobs den Macintosh erfand

Оглавление

Oder nehmen wir Steve Jobs, der ein Adoptivkind war. Er wollte ursprünglich Kalligraph werden und baute dann, ähnlich wie Bill Gates, in der Garage seines Elternhauses die ersten beiden Apple-Computer. Der Durchbruch gelang ihm 1984, da stellte Apple den Macintosh vor.

Von Steve Jobs gibt es eine bekannte Biographie, verfasst von Walter Isaacson. Isaacson beschrieb ganz genau, wie Jobs beim Fasten Euphorie-Gefühle bekam. Diese Momente des Verzückens waren es, die ihn begleiteten, als er den Macintosh entwickelte. Jobs aß nichts, und erst da flogen ihm die entscheidenden Ideen zu. 2003 kam dann die Krebsdiagnose. Jobs lebte asketisch weiter, immerhin bis 2011. Acht Jahre Lebenserwartung, das hätte ihm zunächst kein Arzt mehr zugetraut.16

Dorsey, Libin und Jobs.

Die gleiche Clique aus dem Silicon Valley, die pionierhaft und im Übermaß die Digitalisierung vorantrieb, erkannte die Vorteile der Mäßigung und nutzte sie konsequent und ihren Ambitionen entsprechend einigermaßen extrem für sich.

Die Elite der silikalen Welt und ihr simples Credo: Weniger ist mehr. Das Zitat des Dalai Lama17 ließe sich so extemporieren:

Loslassen vom Überschuss ist das Herz geistigen Wachstums, das sich auch in äußerem Erfolg manifestieren kann.

Erstaunlicherweise verlangen die Eliten diesen Verzicht sich selbst ab, nicht aber ihren Mitarbeitern. Auf der Payroll von Google und Facebook zu stehen, heißt ganz im Gegenteil, zur Völlerei geradezu animiert zu werden. Die Internetkonzerne bitten zu Tisch, als wär jeder Tag das letzte Abendmahl.

Die Mitarbeiter bekommen in den Betriebskantinen täglich gratis All you can eat in der Gourmet-Variante serviert. Google und Facebook sind bekannt für ihre Gourmet-Kantinen. Das Essen gilt als besonders exzellent. Asiatisch, mexikanisch, mediterran, vegan, natürlich auch Steaks und Burger, alles in jeder beliebigen Menge, aber nur vom Feinsten.

Der Freibrief zum Fressen hat die Begriffe »Google 15« und »Facebook 15« hervorgebracht. Sie bezeichnen jene 15 Pfund, die neue Mitarbeiter im Schnitt an Körpergewicht zulegen. Siebeneinhalb Kilo, weil sie die Firma so gut abfüttert.18

Das ist der Unterschied im Silicon Valley. Die Könige verzichten, das Volk völlert. Die einen lenken, die anderen folgen. Die einen wachsen, die anderen dienen.

Josef Pieper19, ein deutscher christlicher Philosoph des 20. Jahrhunderts, formulierte das Prinzip dahinter schon Jahrzehnte vor der Erfindung der Computer und des Internets so:

Auch der einfache Mensch ist in der Lage, zur Elite zu werden, aber er muss sich selbst bemühen.

Pieper unterschied die außergewöhnliche, schon zur Vollkommenheit gereifte Persönlichkeit klar vom durchschnittlichen Menschen. Weil bei Letzterem die innere Ordnung gefährdet ist, braucht er innere Disziplin. Pieper schrieb:

Man muss sich alles etwas kosten lassen, konkret Verzicht üben, um das Wesen des Menschen zu verwirklichen und eine sich selbst besitzende freisittliche Person zu werden.

Jeder kann dieses Ziel erreichen. Wenn er das richtige Maß erkennt und an sich selbst anlegt.

Die Kunst des richtigen Maßes

Подняться наверх