Читать книгу Die Tochter der Eriny - Lara Elaina Whitman - Страница 9

Frappierende Ähnlichkeiten

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Der nächste Tag kam früh und eindeutig zu schnell für mich. Müde öffnete ich meine Augen. Jemand hämmerte lautstark gegen die Tür. Ich schoss erschrocken empor und sah mich erst einmal verwirrt um. Außer mir war niemand im Zimmer. Wo waren denn meine Kleider? Suchend sah ich mich um und entdeckte sie schließlich sorgsam gefaltet auf einem Stuhl liegend. Erleichtert sah ich, dass das Rotvipernmieder und die Meerdrachenhose samt Stiefeln noch da waren. Nur den Pullover hatte jemand gegen ein weißes Hemd getauscht, das lange bauschige Ärmel hatte. Offenbar hatten sie nicht gewagt mir die Sachen weg zu nehmen. Wer weiß, vielleicht wurde man ja verflucht, wenn man das stahl. Ich musste fast grinsen, denn es war die einzige logische Erklärung. Diese Eriny und auch die Venetaner waren ja enorm abergläubisch. Es hämmerte erneut gegen die Tür.

Ich sprang mit einem Satz aus dem Bett und verschwand mit meiner Kleidung hinter dem Vorhang hinter dem die Badewanne stand. Gerade noch rechtzeitig, denn die Tür wurde nun aufgerissen und ich hörte schwere Schritte auf dem Holzboden des Zimmers. So schnell war ich noch nie in meine Hose geschlüpft und hatte das Hemd übergestreift und das Mieder darüber gezogen. Nur die Verschnürung der Hose bekam ich nicht mehr zu, denn der Vorhang wurde einfach zur Seite gezogen. Ich quietschte erschrocken auf und blickte empört auf die vier Elbenkrieger und den Hauptmann.

»Darf ich mich wenigstens anziehen?«, rief ich erbost und zog den Vorhang wieder zu. Es kam keine Antwort und ich wertete das als Zustimmung. Ich ließ mir Zeit mit meinen Schnüren, prüfte sorgsam den Sitz des Hemdes und des Mieders. Dann zog ich noch meinen Handschuh an, bevor ich mich hinter dem Vorhang vorwagte. Eigentlich hätte ich mich lieber den ganzen Tag dahinter versteckt, aber das würden sie bestimmt nicht zulassen. Mit hocherhobenem Haupt trat ich dem Hauptmann gegenüber, obwohl ich mich nicht so fühlte.

Er deutete eine leichte Verbeugung an und sagte, »Lord Drun erwartet dich.«

Diese gestelzte Sprache ging mir gehörig auf die Nerven, aber ich biss mir auf die Zunge. Es war besser, ich sagte nichts dazu. Deshalb nickte ich nur schweigend und folgte den Kriegern und dem Hauptmann hinaus. Dieses Mal war der Weg nicht ganz so weit wie gestern. Der Elbenlord saß an einem ziemlich langen Tisch und frühstückte gerade. Allein. Er deutete auf einen Stuhl neben sich und winkte dann dem Hauptmann zu.

Zögernd trat ich an den Tisch heran und setzte mich auf den Stuhl. Diener stellten Teller und Gläser vor mir ab und brachten Besteck. Der Hauptmann räusperte sich und seine Miene sprach Bände. Er war mit dieser Maßnahme nicht einverstanden und wollte nicht gehen.

»Was ist?«, grollte Lord Drun und warf dem Hauptmann einen arroganten Blick zu.

»Mein Lord, das ist gefährlich. Die Menschenfrau verfügt über Kräfte.« Seine Augen wanderten zwischen mir und dem Lord hin und her.

»Tatsächlich! Denkst du ich wäre nicht in der Lage mich zu verteidigen?« Ein eisiger Blick traf den Hauptmann und es wirkte. Diese Rang- und Hackordnung schien auch ein paar Vorteile zu haben. Der Hauptmann ging, aber ich war mir sicher, dass er nicht weit weg Stellung beziehen würde. Mittlerweile fragte ich mich, was hier eigentlich gespielt wurde. Warum saß ich an diesem Tisch?

Hellgrüne Augen trafen auf meine. Das hatte ich gestern gar nicht gesehen. Er hatte ja die gleiche Augenfarbe wie ich. Seine Gesichtsform kam mir ebenfalls irgendwie bekannt vor, ebenso seine langen Finger. Sie glichen tatsächlich den meinigen, die ja auch ein wenig zu lang geraten waren. Fasziniert blickte ich den Elbenlord an. Ein schüchternes Lächeln entwischte mir. Er lächelte zurück. Wir musterten uns eine Weile gegenseitig.

»Du heißt Sarah, nicht wahr«, fragte er mich leise flüsternd.

Ich nickte. »Sarah Aubin.«

»Ich bin Karan, Lord von Drun. Du kannst mich Karan nennen, wenn niemand sonst in der Nähe ist.« Er lächelte angespannt.

Ich verstand nichts mehr. Wo war die Arroganz von gestern geblieben? Er warf ab und zu einen Blick zur Tür, so als ob er verfolgt würde. Meine Miene wurde traurig.

»Es gibt nichts zu bedauern. Ich tue mein Bestes, bis der Tag gekommen ist. Und ich bin nicht so jung, wie du denkst. Ich bin mindestens doppelt so alt wie du. Wir altern ab einer gewissen Anzahl an Jahren nur noch sehr langsam, solange wir uns auf Aremar aufhalten.« Er schwieg, da die Diener zurückkamen und den nächsten Gang servierten. Sofort erschien dieser arrogante Gesichtsausdruck wieder.

Verwirrt aß ich auf, soweit mir das möglich war, bei den Mengen die da serviert wurden. Was hatte das denn nun wieder zu bedeuten?

Urplötzlich erhob sich Karan und bedeutete mir mitzukommen. Wenigstens hatte ich genug gegessen, aber das Meiste blieb liegen. Dabei hätte ich gerne noch das Eine oder Andere probiert. Es schmeckte wirklich gut.

Er flüsterte fast unhörbar, »ich lasse viel übrig. Das bekommen die Diener.«

Unmerklich nickte ich. Bekamen die Diener denn sonst nichts zu essen, fragte ich mich bestürzt und hoffte, dass ich genug übriggelassen hatte. Schweigend folgte ich ihm durch die Tür des Speisesaals hinaus. Der Hauptmann salutierte und folgte uns mit etwas Abstand. Mussten die denn mitkommen? Karan ging mit raschen Schritten durch eine große mit einem wunderschönen silberblau glänzenden Teppich ausgelegte Halle. Ich konnte kaum mithalten. Eine breite Treppe mündete auf der einen Seite in den monumentalen Raum, auf der anderen führte eine enorm große doppelflügelige Holztür irgendwo anders hin. Ich konnte nicht sehen wohin, denn sie war geschlossen. Wir stiegen die Stufen hinauf. Sie waren aus einem hellen Stein. Erstaunt sah ich mich um. Hier wirkte die Burg gar nicht mehr so mittelalterlich. Es gab sogar so etwas wie elektrisches Licht. Wir kamen in einen langen und einige Meter breiten Flur. Er war mit Bildern vollgehängt. Ich betrachtete im vorbeigehen die Gemälde. Das war wohl die Ahnengalerie und es waren nicht nur Elben dabei. Auch seltsame, menschenähnliche Dämonen waren unter ihnen. Ein Schauer durchfuhr mich bei der Vorstellung ich müsste so einen küssen. Karan Drun beobachtete mich aus dem Augenwinkel, während wir schweigend die Bilder abschritten. Die Schritte der Wache hallten hinter uns her. Es klang bedrohlich und ein Hauch von Eingesperrtsein wehte durch den Flur.

Plötzlich blieb ich vor einem Bild einfach stehen. Es zeigte eine junge Elbenfrau mit hellblauen Augen und roten lockigen Haaren. Mein Mund stand offen, während ich das Bild anstarrte. Sie war so atemberaubend schön, dass es fast weh tat. »Wer ist das?«, stammelte ich betroffen.

Der Hauptmann hinter uns beobachtete uns mit Argwohn. Ich konnte es spüren. Doch Karan Drun wandte sich mir zu und sagte, »das ist die Frau meines Bruders. Sie ist bei dem Umsturz der Venetaner ums Leben gekommen. Sie, mein Bruder und mein Vater.« Er deutete auf das Gemälde eines Mannes, das gleich daneben hing. Sein Bruder offenbar. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen. Er sah sehr gut aus. Er hatte das gleiche längliche Gesicht wie Karan, aber dunklere Haare. Das auffälligste waren die hellgrünen Augen, die mich hypnotisierend aus dem Bild anstarrten.

Eine Träne rollte aus meinem Augenwinkel und mein Herz tat mir plötzlich so weh. Schon wieder jemand, der bei diesem ominösen Umsturz gestorben war. »Das tut mir so leid!«, brachte ich nur heraus. Ich sah den Schmerz in den Augen des Elben, doch er währte nur kurz. Ein Schleier aus Arroganz legte sich darüber.

»Das steht dir nicht zu. Komm, meine Mutter wartet nicht«, sagte er giftig und zog mich am Arm davon.

Was sollte das nun wieder? Warum tat er das? So launisch konnte er doch nicht sein. Ich bemerkte, wie er dem Hauptmann einen raschen Blick zuwarf. Ich hatte das nur gesehen, weil ich Karan Drun unablässig anstarrte. Der Hauptmann dagegen hatte eine misstrauische Miene aufgesetzt und flüsterte mit einem seiner Krieger, der daraufhin mit raschen Schritten davoneilte. In mir gingen die Alarmglocken an. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Endlich verstand ich was hier gespielt wurde. Auch Karan Drun stand unter der Fuchtel seines Onkels und der Hauptmann passte auf, dass es auch so blieb. Irgendwie hatte ich das Gefühl nicht mehr viel Zeit zu haben. Ich beschleunigte meine Schritte. Etwas sagte mir, dass ich mit seiner Mutter sprechen musste und das schnell.

Die Tochter der Eriny

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