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Frankfurt

Der Verwirrung folgte die Entwirrung. Aber nur sehr langsam. Mein Auto fuhr mich aus Frankfurt heraus. Die Hanauer Landstraße war dicht. Ich nahm gar nichts wahr. Erst Porsche. Dann das Audizentrum. Alles rechts. Der weitere Abstieg im Geschmack: Kentucky Fried Chicken. Kentucky schreit. Was schreit Kentucky? Silbenverwechslung. Schüttelreime. Die einzigen Reime, die Karl beherrscht. „Das Leben ist mir hässlich grau, wenn ich mein Weib nicht grässlich hau.“ Sein böses linkes Auge funkelte dann besonders intensiv. „Auch ist´s für mich ein schlechter Tag, wenn ich nicht meine Töchter schlag“. Gott sei Dank nicht. Nie! Jedenfalls nicht mit Karl.

Mir war schlecht. Ich fuhr rechts raus in eine Nebenstraße und hielt an. Sollte ich aussteigen? Das Fenster runter zu kurbeln reichte doch auch. Immer diese nervigen streitigen Stimmen. Konnten sie sich nicht endlich einmal einigen?

Dann entschied ich mich doch, auszusteigen. Ich lehnte mich an das Auto, weil die Übelkeit einfach nicht nachlassen wollte. Als ich kleine schwarze Sternchen vor meinem Auge sah, blickte ich doch auf. Goldene Sterne blitzten mich an. Ein Saunazentrum warb um Besucher. Einer von den Gästen ging an mir vorbei. Lüsterne Blicke richteten sich auf mich. Ich verstand. Voller Ekel wandte ich mich ab.

Langsam dämmerte mir etwas. Lisa hatte wohl mehr Recht, als ich ihr einräumen wollte. Dieser Dr. Bring bewirkte etwas. Nur sehr wenige Fragen. Aber alle zielführend. Das Schweigen. Wie ein Vakuum, das einen Sog von Veränderungen erzeugte. Man konnte nicht mehr dort stehen bleiben, wo man zuvor war. Nur scheinbar war alles verwirrt. Sogar so sehr, dass einem übel wurde. Wie ein Tümpel, durch den ein Unwetter hindurch tobt und alles aufwirbelt. Schlamm, der aufsteigt. Algen. Schlingpflanzen. Wasserkraut. Der Sturm zieht weiter, und das Wasser klärt sich langsam. Die Schadstoffe sinken zu Boden.

„Kommen Sie nun in das Saunazentrum?“ Die Stimme eines Mannes drang durch die Trübstoffe hindurch.

Ich schaute ihn entsetzt an. „Mann, kapieren Sie gar nichts?“

„Was ist denn mit Ihnen? Ich habe Sie doch ganz höflich gefragt. Dann eben nicht.“ Er schüttelte den Kopf, seine kleine Nickelbrille wackelte entrüstet auf seiner pickligen Nase und er ging beschwingten Schrittes auf die Saunaanlage zu. Ein laufender Meter und 70 cm.

Luft. Ich brauchte Luft. Ganz tief atmete ich ein. Mehrfach hintereinander. Fast schon hyperventilierend. War ich durch den Wind! Wieso ließ ich mir von einem solchen laufenden Meter meinen Schneid abkaufen? Das wäre mir früher nicht passiert.

Dieser Impuls tat mir gut. Ich spürte, wie schwach ich war, aber gleichzeitig auch, dass ich noch Reserven hatte. Benommen ging ich die wenigen Schritte zu meinem Auto. Die Übelkeit war zum Glück verschwunden. Ich stieg ein und fuhr nach Hause.

Der stille Schrei

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