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Die verspätete Riesenkartoffel

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Einige Leser und Leserinnen haben bang angefragt, welche physische Form des Franken sie eigentlich imaginieren müssten. Meine sehr auf die orale Zuführung von Lebensmitteln verengte Frankensaga legt offenbar eine Gestalt nahe, die morgens von Spezialkränen aus einem stahlgerahmten Bett gehievt werden muss.

Doch dem ist nicht so. Im Gegenteil: Der Franke erfreut sich zum Unverständnis seiner Umwelt einer schlanken, geradezu am Rande der Hagerkeit angesiedelten Körperlichkeit. Im Strom der Passanten fiele er nicht weiter negativ auf, zumindest rein physisch nicht.

Außerdem ist er – entgegen dem Eindruck, der hier erweckt wird – nicht immer und ausschließlich mit der temporeichen Zuführung immenser Mengen Nahrung beschäftigt. Sonst wäre ihm wohl kaum ein kleiner Franke gelungen, dessen Existenz ich bezeugen kann. Es muss also zumindest Momente in seinem Leben gegeben haben, an denen er sich nicht nur essensbezogenen Dingen widmete. Das lag natürlich lange vor unserem ersten Treffen und ist deshalb eine reine Hypothese, die zudem auf schwachen Füßen steht.

Heute etwa begaben wir uns ins türkische Bistro Kumpir in der Bahrenfelder Straße, und während des Wartens auf die gleichnamige überbackene Riesenkartoffel war der Franke völlig unfähig, meinen interessanten Ausführungen zur gestrigen Kickkatastrophe zu lauschen, obwohl er am Ballsport gemeinhin sehr interessiert ist. Nein, heute hing sein Blick sehnsuchtsvoll am fatalerweise einsehbaren Küchentresen, wo eine Riesenkartoffel nach der anderen den letzten Schliff erhielt, danach aber zu allen möglichen Tischen getragen wurde, nur nicht zu unserem.

Ein ums andere Mal entrang sich darob ein tiefer Seufzer der zusehends in sich einsinkenden Gestalt des Franken, während meine düsteren WM-Prophezeihungen ihn ungefähr so sehr interessierten wie Herrn Ahmadinedschad die technische Weiterentwicklung der Steinschleuder.

Es war erschreckend, den von ungestillter Gier befeuerten Verfall des Würzburgers live am Tisch mitverfolgen zu müssen. Immer tiefer gruben sich Falten in seine eh schon von vielen Buffetschlachten gefurchte Stirn, immer rauhaardackeliger wurde sein Blick – der allerdings in Nullzeit sonnengleich aufstrahlte, als die Kartoffel endlich geliefert wurde.

Seine Teilnahmslosigkeit hielt allerdings an. War es eben noch die stumm machende Kraft des Hungers gewesen, so brachte ihn nun die bedingungslose Konzentration aufs möglichst effiziente Zusammenspiel von Messer, Gabel, Mund und Schlund zum Schweigen. Zu tiefschürfenden Erkenntnissen kam es daher heute Mittag nicht.

Aber wie schon Laotse sagte: Man kann nicht immer spitze sein.

Die Frankensaga – Vollfettstufe

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