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Erste gegen dritte Liga

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Im Lauf der Jahre habe ich verschiedene Ansätze entwickelt, beim exorbitanten Esstempo des Franken mitzuhalten und wenigstens in Sichtweite des Unbesiegbaren die Ziellinie des Mittagsmahls zu überqueren. Alle scheiterten. Eine in letzter Zeit mehrfach getestete Methode ist eine schlichte: einfach früher bestellen.

Wenn ich als Erster der Bedienung meinen Essenswunsch zurufe, so das logische Kalkül, werde ich doch wohl auch früher beliefert. Und somit müsste meine Chance steigen, nicht fünfzehn Minuten länger als der Franke am Lunch zu mümmeln, sondern nur fünf.

Da wir oft in Stehimbissen unsere knapp bemessene Mittagszeit verbringen, bietet sich mir regelmäßig die Gelegenheit, den stets als Erster an der Theke auftauchenden Grobian entschlossen dort wegzurempeln, um dem Wirt aus der Tiefe des Raums rasch eine Nummer – etwa „43!“ – zuzurufen, noch ehe der verdatterte Franke weiß, wie ihm geschieht.

Ich gebe zu, die Methode wirkt auf den ersten Blick recht bieder. Sie erfordert aber ebenso körperliche Robustheit wie die Bereitschaft, besorgte Blicke von den anderen Gästen auszuhalten. Über beides verfüge ich inzwischen. Doch es ist wie verhext. Wenn ich gebackene Ente bestelle, nimmt der Franke im Anschluss Bratreis, und das geht nun mal schneller. Effekt: Er wird wieder mal früher beliefert, und ich mümmele nicht 15, sondern 20 Minuten länger am Lunch.

Mittlerweile fühlt sich dieser internatsgeschulte Volldampfesser derart sakrosankt, dass er mir in der Schlange sogar freiwillig den Platz vor ihm überlässt. Er weiß: Irgendetwas wird passieren – sei es ein Feuer in der Küche oder ein verlegter Zettel mit meiner Bestellung –, was ihn am Ende entgegen aller Wahrscheinlichkeit einen düpierend hohen Kantersieg einfahren lässt. Und so kommt es auch, immer. Hier spielt eben erste gegen dritte Liga.

Seine neuste Strategie ist völlig vernichtend. Sie besteht darin, mich nicht nur jovial lächelnd vorzulassen, sondern zudem ein extrem langwierig zuzubereitendes Gericht zu ordern. Natürlich spricht daraus eine schwer erträgliche Hybris, und die kommt ja stets vor dem Fall. Leider verfügt seine Hybris über zu wenig Allgemeinbildung, um dieses Sprichwort zu kennen, denn bereits Minuten später schaufelt er mit schmatzendem Grinsen und grundzufrieden Unsagbares in sich hinein, während ich weiterhin grollend auf das eigentlich sofort lieferbare Fertiggericht warte. Ergebnis: 25 Minuten längeres Mittagsmahlmümmeln.

Was soll ich bloß tun? Härter trainieren, vielleicht zu Hause? Doch Ms. Columbo ist definitiv keine Gegnerin. Was aber sonst? Nicht mehr mit dem Franken essen gehen? Auch keine Lösung. Vielleicht mische ich ihm demnächst mal Valium ins Vierländer Apfelkompott; dann gäbe es die vage Chance, mich auf zehn Minuten Rückstand zu verbessern.

Die Frankensaga – Vollfettstufe

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