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Monat August, am VI. Tag der Kalenden des Septembers, Volturnalia

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In den vergangenen Tagen waren Pertha und ihre Enkelin noch einige Male zu der Wöchnerin gegangen, hatten die Rückbildung des Uterus, die Dammnaht und die Nabelheilung des Kindes überwacht. Die Dammnaht heilte seit den regelmäßigen Sitzbädern zusehends besser. Pertha entfernte am siebten Tag die Fäden. Nach sechs Tagen fiel der Nabelrest am Bauch der Kleinen vollständig ab. Die Haut darunter war noch dünn und hellrosa, aber trocken und reizlos.

Das Elternpaar hatte sich für einen Namen entschieden. Sie nannten das Mädchen Lika. Die Einführung in die Stammesgemeinschaft und die Opfer für die glückliche Geburt würden bei den nächsten Opferfeiern stattfinden, die zur Tag-und-Nacht-Gleiche im Herbst anstanden. Alpina versprach, dass sie ihre Eltern darum bitten würde, kommen zu dürfen.

Nun packte Alpina missmutig ihre Sachen. Gerade die letzten Wochen waren so ereignisreich und spannend gewesen! Im September begann erneut der Schulunterricht. Alpina war eine gute Schülerin und sie freute sich auch auf den Schulbeginn. Im Augenblick jedoch war sie noch sehr durcheinander, sie hatte die vergangenen Ereignisse noch nicht ganz verdaut. Die Vorstellung sich in wenigen Tagen wieder den unregelmäßigen Verben und der Dichtung des Ovid zu widmen, verursachte ihr Unbehagen. Sie hatte die Sommerferien über nur raetisch gesprochen und nun ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre Latein- und Griechischübungen vernachlässigt hatte. Magister Eirenaios freute sich immer über Alpinas reges Interesse an der lateinischen Sprache und Kultur und er hatte seinen Schülern bereits angekündigt, dass sie in diesem Jahr auch die ersten Bücher auf Latein und Griechisch lesen würden. Bislang hatten sie sich dem Sprach- und Schrifterwerb gewidmet und nur einzelne von ihm ausgesuchte Texte gelesen. Dieses Jahr sollte es ein ganzes Buch sein. Als Grammaticus hatte sich Eirenaios der Vermittlung von literarischen und philosophischen Themen verschrieben.

Es war ein Privileg, dass Alpina und ihre Schwester nicht nur die Grundschule besuchen durften, sondern im Anschluss daran auch noch die Literaturschule. Das war nur den wohlhabenderen Familien der Stadt möglich, und selbst von diesen schickten nur wenige die Mädchen in die Literaturschule.

Alpinas ältere Schwester Ilara hatte überhaupt kein Interesse an Büchern. Sie bereitete sich gedanklich bereits auf ihre Zukunft als Ehefrau irgendeines einflussreichen Römers vor. Meist tauschte sie sich mit ihren Freundinnen über die neuesten Moden, die edelsten Parfums, Kosmetikartikel und die interessantesten jungen Männer der Stadt aus. Literatur und Philosophie hielt sie für reine Zeitverschwendung.

Neben Ilara hatte Alpina noch einen Halbbruder. Caius Iulius Antonius war der Sohn ihres Vaters aus erster Ehe. Seine Mutter war kurz nach seiner Geburt am Fieber gestorben. Jetzt war Caius Iunior bereits zweiundzwanzig. Er hatte die Grundschule, die Literaturschule und sogar die Rhetorikschule erfolgreich abgeschlossen und war dann in die römische Armee eingetreten. Alpina sah ihn nur noch selten, seit er in Obergermanien stationiert war.

***

Elvas half Alpina beim Tragen der Korbtruhe. Sie nahm keine Notiz von der Verstimmung ihrer Tochter, da sie wusste, dass Alpinas Laune sich schnell verbessern würde, wenn sie ihre Schwester und die Freunde wieder sah. Das zwölfjährige Mädchen würde sich schon bald wieder in der Provinzhauptstadt eingewöhnt haben. Die Familie besaß ein Stadthaus in Augusta Vindelicum. Früher, als die Kinder noch klein waren, hatte Elvas oft mehrere Wochen im Sommer bei ihren Eltern in Bratananium verbracht. Heute hatte sie so viele gesellschaftliche Verpflichtungen, dass sie meist in der Hauptstadt festgehalten wurde, auch, weil sie, wie ihre Mutter, Obstetrix war, wie die Römer den Beruf der Hebamme nannten.

In den Wintermonaten war das Reisen beschwerlich, so dass Elvas meist zum Ahnenfest im November das letzte Mal zu ihrer Familie reiste. Erst wenn der Schnee taute, und die Straßen wieder besser befahrbar waren, konnte sie erneut die Fahrt nach Bratananium wagen. Dann brachte sie all die Dinge mit, die in der Stadt zu jeder Zeit leichter zu bekommen waren als auf dem Land: edlen Wein, eingelegte, getrocknete oder frische Früchte aus fernen Ländern und feine Webstoffe aus Wolle und Leinen. Ihre Mutter Pertha spann selbst Wolle und wob auf ihrem Webstuhl. Doch diese Stoffe waren in der Regel eher zu grob, um direkt auf der Haut getragen zu werden. Sie dienten als Decken, Überwürfe oder für dicke Mäntel. Auf den Märkten der Stadt ließen sich feine Stoffe aus weicher und farbiger Wolle, Leinen oder Hanf kaufen. Diese eigneten sich wesentlich besser für die tägliche Garderobe. Elvas Gedanken schweiften zu den wunderschönen bunt-karierten Stoffen, die ihre raetischen Familienangehörigen und Bekannten so stolz trugen. Sie waren Identifikationsobjekte, man zeigte mit diesen Stoffen seine Herkunft aus einer raetischen Familie. Nicht wenige Raeter trugen Mäntel und Kleider aus diesen bunten Stoffen, eine bunte Tunika oder zum Teil sogar die typischen keltischen Hosen, um sich von den Invasoren abzugrenzen.

Auch diesmal hatte Elvas wieder einige praktische Dinge mitgebracht, die es nur in der Stadt zu kaufen gab. Ihrer Mutter hatte sie ein sehr schönes Döschen geschenkt, das aus durchscheinendem, dünnwandigem Glas bestand. Es war südlich der Alpen hergestellt worden. Sie konnte es sicher gut für Kosmetik oder Heilmittel verwenden. Für den Vater hatte sie eine Amphore mit teurem gallischem Wein dabei. Caius hatte zwar geschimpft, dass das „schwere Ding“ den Reisewagen unnötig belasten würde, aber Elvas war hart geblieben und hatte sich durchgesetzt.

***

Während Elvas und Alpina einpackten, war Caius in Bratananium, der kleinen Siedlung am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Fernstraßen unterwegs, um seine Geschäfte zu erledigen. Der Ort war durch die Brücke über die Wirmina, die Kreuzung der Straße zwischen Augusta Vindelicum und Iuvavum in der Provinz Noricum sowie der Straße über Abodiacum nach Cambodunum ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Schon kurze Zeit nach dem Brückenbau und der Stationierung römischer Soldaten durch Drusus und Tiberius war Bratananium zu einer ansehnlichen Siedlung herangewachsen, die sich bald am Fluss entlang ausbreitete. In der Nähe der Brücke befand sich die große Mansio mit Rasthaus, Bad, Pferdewechselstation und Werkstatt in einem Gebäudekomplex. Direkt an das Gebäude angeschlossen war die Statio des örtlichen Beneficiarius.

Caius Iulius Achilleus war dieses Mal in Begleitung seines Helfers, und je zweier Späher und Beneficiarii. Er wollte überwachen, wie die Beamten in Bratananium und am Isaraübergang ihren Dienst versahen. Sie waren erst seit den Iden des Junius auf ihren Posten, und Caius hatte vor, die beiden Beneficiarii, die ihn begleiteten, auf die Arbeit an diesen Stationen vorzubereiten. Clodius Marianus war ein erfahrener Mann. Er sollte die Statio in Bratananium im Winter übernehmen. Tiberius Sabinius Euprepes war hingegen ein Neuling. Er sollte in erster Linie Erfahrungen sammeln und begleitete Caius aus diesem Grund auf seiner Inspektionsreise.

In der unverschlossenen Statio der Beneficiarii, in der ein gewisser Lucius Attius Dienst tat, herrschte eine grauenvolle Unordnung. Obwohl die Lanze der Beneficiarii vor der Tür die Anwesenheit des diensthabenden Soldaten anzeigte, war nirgends eine Menschenseele aufzuspüren, weder im Officium, noch im anschließenden Wohntrakt des Soldaten. Stattdessen lagen im Officium diverse Schriftrollen und Wachstafeln wild durcheinander, während in den Privaträumen des Beneficiarius Amphoren, Becher und weinbefleckte Tuniken ein chaotisches Bild abgaben. Wütend verließ Caius die Statio und machte sich mit seinen Soldaten auf die Suche nach dem pflichtvergessenen Beneficiarius. Zunächst sahen sie in der Mansio nach, doch der Manceps schüttelte nur bedauernd den Kopf. Wenigstens konnte er Caius den entscheidenden Tipp geben: meist war der Beneficiarius in der Caupona eines gewissen Cassius Fortunatus anzutreffen. Er hatte wohl ein Auge auf dessen hübsche Tochter geworfen, wie der Leiter der Raststation mit einem Augenzwinkern hinzufügte. Und tatsächlich: Lucius Attius saß in der nächsten Caupona nur wenige Häuser weiter, am Ufer der Wirmina. Obwohl es erst Nachmittag war, befand er sich in einem erschreckenden Zustand. Der Wein war ihm offensichtlich bereits zu Kopfe gestiegen. Attius hing förmlich in den Seilen, lehnte gelangweilt den massigen Rumpf an die Wand und stierte in den gefüllten Weinbecher, der sinniger Weise den Trinkspruch „reple me – fülle mich erneut!“ trug. Selbst als der Offizier direkt vor ihm stand, schien Attius ihn gar nicht wahr zu nehmen.

„Was fällt dir eigentlich ein, Lucius Attius?“ Caius hatte sich zum Gesicht des Betrunkenen vorgebeugt, roch angewidert dessen Weinfahne und brüllte aus voller Kehle: „Ich bin schockiert! So vertrittst du den römischen Kaiser und den römischen Staat! Schämst du dich denn gar nicht?“

Der rundliche Beneficiarius, der nur noch wenige Haare auf seinem glänzenden Schädel hatte, zuckte merklich zusammen. Schließlich flackerte der Schimmer eines Erkennens in seinen Augen auf. An der Dienstuniform hatte Attius den Vorsetzten offenbar erkannt. Nervös nestelte er an seiner verschmutzten Tunika herum. Einzig die Gürtelschließe wies ihn als Beneficiarius der römischen Armee aus. Er stemmte sich mühsam von der Sitzbank hoch und schwankte bedenklich.

„Ave, Caius Iulius Achilleus!“, lallte er und hatte Mühe, sich verständlich zu artikulieren.

„Folge mir in die Statio! Sofort!“ Der Befehl hallte durch die Caupona. Caius hatte sich breitbeinig vor dem Mann aufgebaut, in seinem Rücken die Soldaten, die ihn begleiteten.

Attius ließ schuldbewusst den Kopf und die Schultern hängen und setzte sich schlingernd in Bewegung. Die zwei Späher, die den Beneficiarius Legati begleiteten, hakten den betrunkenen Mann unter und warteten auf ihren Vorgesetzen, der ins Dunkel des Ladenlokals rief: „Wirt!“

Vorsichtig näherte sich ein kleiner, magerer Mann. Seine Stimme verriet die Angst vor dem Auftritt der römischen Soldaten, als er antwortete:

„Ave, Beneficiarius! Wie kann ich helfen?“

„Wie viel schuldet dir dieser Mann?“, fragte Caius mit einem abfälligen Kopfnicken in Richtung auf Attius.

Nach einigem Zögern, sagte der Wirt leise: „Heute? Oder insgesamt?“

Caius atmete hörbar ein und versuchte die Fassung zu bewahren. Er warf dem Attius einen wütenden Blick zu.

„Sag, dass das nicht wahr ist, Attius!“

Dieser blickte zu Boden und vermied jeden Augenkontakt mit seinem Vorgesetzen. Kein Wort verließ seine Lippen. Caius nickte seinem Adiutor zu und gab ihm dadurch zu verstehen, dass er den Wirt entlohnen sollte. Dann drehte er sich um und verließ mit seinem Gefolge die Caupona in Richtung der Statio der Beneficiarii.

Sie setzten den Betrunkenen auf einen Hocker im Wohnraum der Statio. Einer der Soldaten holte einen Eimer mit kaltem Wasser und schüttete ihn über dem in sich zusammen gesunkenen Mann aus. Die Wirkung war nur mäßig, wie angesichts des Trunkenheitszustands nicht anders zu erwarten war. Dennoch blickten die Augen des Beneficiarius wieder etwas klarer.

„Hast du eine Erklärung für dein Verhalten?“, fragte Caius streng. Attius, ein Koloss von einem Mann, zuckte verlegen die Achseln.

„Wie lange geht das schon so?“, bohrte der Vorgesetzte weiter.

Dann wandte er sich an Tiberius Iustinius, den älteren der beiden Späher, und gab ihm den Auftrag, die Nachbarn und vor allem den Wirt der Caupona über das Verhalten des diensthabenden Beneficiarius zu befragen. Marianus, ein erfahrener Beneficiarius, der schon mehrere Stationen gewissenhaft geleitet hatte, übertrug er die Aufgabe, die Schriftrollen und Wachstafeln oberflächlich zu sichten, um daraus Schlüsse über die Versäumnisse des Attius zu ziehen. Nach einem weiteren erfolglosen Versuch, Einzelheiten von dem Beschuldigten zu erfahren, beschloss Caius, eine endgültige Entscheidung zu vertagen. Er gab seinem Adiutor Quintus Sacrus den Befehl, mit Hilfe der anderen Soldaten den Betrunkenen zu bewachen, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte, ihn aber keinesfalls aus den Augen zu lassen. Schließlich mussten sie einen Fluchtversuch verhindern, für den Fall, dass Attius in absehbarer Zeit wieder nüchtern würde. Angesichts der Strafe, die ihn erwartete, war ein solcher Versuch absehbar.

„Sacrus, du hältst mich auf dem Laufenden über die Entwicklungen! Wenn Marianus ein brauchbares Ergebnis hat, und Iustinius von seiner Befragung zurück ist, möchte ich Meldung bekommen. Ich begebe mich so lange ins Haus meiner Schwiegereltern. Ihr findet es, wenn ihr die Fernstraße nach Iuvavum überquert und der Straße entlang der Wirmina folgt. Es ist das Haus neben dem raetischen Tempel des Merkur.“

Caius wartete die Wiederholung seines Befehls durch den Adiutor nicht ab, sondern verließ zügig die Statio. Das Sonnenlicht blendete ihn, als er vor die Tür trat. Caius wandte sich nach rechts und ging auf die Fernstraße nach Iuvavum zu. Ein Ochsengespann mit einem einfachen Bretterwagen, überquerte gerade die Brücke. Auf dem Wagenbock saß ein raetischer Bauer in karierter Tunika und dem keltischen Kapuzenmantel. Hinter ihm türmte sich Heu, das er wohl in seine Scheune transportierte. Der sonnengebräunte Mann musterte den römischen Soldaten misstrauisch und murmelte ein „Ave!“ in seinen dunklen, dichten Bart. Der Beneficiarius Legati nickte ihm zu und wurde sich wieder einmal schmerzlich bewusst, wie unbeliebt die römische Armee in diesem ländlichen Gebiet Raetiens noch war. In Augusta Vindelicum sah man kaum noch Raeter in ihrer Landestracht. Sicherlich, der eine oder andere trug noch den typischen Kapuzenumhang oder im Winter Wollhosen, doch die meisten hatten sich auf die Besatzungsmacht eingestellt und sich die römische Art sich zu kleiden zu eigen gemacht. Skepsis oder gar unverhohlene Abneigung wie in den ländlichen Gebieten Raetiens erlebte man in der Stadt nicht.

Schon kurz darauf erkannte Caius den Tempel des raetischen Merkurs. Er war aus Holz, mit einem hohen, spitzen Dach und einem Säulengang um die mittig gelegene Cella. Der heilige Bezirk war durch einen Weidenzaun von der Umgebung abgegrenzt. Nur widerwillig hatten sich die Raeter an die römischen Götter gewöhnt. Sie hatten ihrem Stammesgott zwar den Namen des römischen Gottes des Handels, der Reisenden und des Herdenviehs gegeben, doch eigentlich verehrten sie in ihm weiterhin ihren Stammesgott Bratananius. Diesem opferten sie in eigentümlichen Brandopferritualen, um Fruchtbarkeit für ihr Vieh, gute Ernten und einträgliche Handelsgeschäfte zu erbitten. Für die Gleichsetzung des Stammesgottes mit dem römischen Merkur sprach, dass dieser musikalisch und zudem noch der Gott der Diebe war. Nicht, dass die Raeter Diebe gewesen wären, aber sie sahen in dem schelmischen und hinterhältigen Charakter des Merkur die Eigenschaften, die sie auch gerne für sich beanspruchten. Merkurs Rolle als Führer der Toten ins Reich der Schatten war für die Raeter mit hohem Respekt verbunden. Der Tod als magischer Wandler war bei ihnen jedoch nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu einem Weiterleben in der Anderswelt des Jenseits.

Neben dem Tempelareal war das weitläufige Grundstück des Lasthe Susinu auszumachen. Es war genau wie der Tempelbezirk durch einen Weidenzaun von den benachbarten Grundstücken getrennt. Caius öffnete das Gartentor und wurde sofort vom Hofhund des alten Raeters begrüßt. Caius bückte sich und streichelte den kleinen fuchsfarbenen Kläffer. Sein Blick fiel auf die vor dem Haus versammelte Familie. In der Sonne vor dem Langhaus saßen Elvas, Alpina und ihre Großeltern an einem einfachen Holztisch beisammen. Caius musste feststellen, wie ähnlich sich die drei Frauen sahen. Sie hatten alle eine ähnliche Statur, waren klein und feingliedrig und hatten das gleiche schöne Haar. Alpina trug ihres noch häufig offen, vor allem, wenn sie zu Besuch bei den Großeltern war. Es war leuchtend rotbraun. Elvas schon leicht grau meliertes Haar war meist nach römischer Sitte frisiert, teilweise geflochten oder zum Knoten im Nacken gebunden. Pertha, die alte Raeterin, hatte ihr graues Haar hingegen größtenteils unter einer Stoffhaube verborgen. Nur über den Ohren schaute es ein wenig hervor. Unter der Haube war ihr Haar zu dicken Zöpfen geflochten, die sie um den Kopf gewunden hatte.

Alpina sprang auf und lief auf Caius zu. „Vater!“, rief sie freudig. „Schön, dass du jetzt auch endlich bei uns bist. Setz dich! Großmama hat Brot gebacken! Bald essen wir gemeinsam zu Abend!“

Sie plapperte so fröhlich drauflos, dass sie gar nicht merkte, wie müde und abgespannt ihr Vater aussah. Elvas jedoch registrierte die Verstimmung ihres Mannes sofort. Sie schob ihm einen Hocker hin und reichte ihm einen Becher.

„Setz dich erst mal zu uns!“, befahl sie ihm liebevoll.

Lasthe blickte forschend in das Gesicht des Römers. „Gab es Ärger?“, fragte er vorsichtig, obwohl offensichtlich war, dass er die Antwort schon kannte. Caius seufzte tief und sah dem alten Vater seiner Frau offen in die Augen.

„Du weißt es sicher schon, nicht wahr?“

Lasthe nickte und lächelte verschmitzt. „Nicht alle Römer sind derartig vorbildliche Staatsdiener wie du, Caius!“

Der Beneficiarius Legati hatte Helm und Lanze neben dem Tisch auf den Boden gelegt und betrachtete den Alten nun nachdenklich. „Sicher“, sagte er gedehnt, „aber was wirft das für ein Licht auf uns? Ausgerechnet hier, in der raetischen Provinz, in der wir sowieso mit Misstrauen beäugt werden!“

Der Römer blickte müde und unzufrieden in die Ferne. Vom Haus des Lasthe hatte man einen wunderbaren Blick über das Tal der Wirmina. Es lag etwas erhöht, in sicherer Entfernung des Flusses, der in einer gewissen Regelmäßigkeit über die Ufer trat und die flussnahen Siedlungsteile unter Wasser setzte. Auch die Brücke im Ort hatte schon häufiger Schaden genommen und war bereits einige Male von der Armee wiederaufgebaut worden.

Caius‘ Blick traf die wachen Augen des Raeters. „Du hättest mir doch eine Nachricht zukommen lassen können!“ Es klang ein wenig enttäuscht. „Wie lang geht das schon so? Was weißt du darüber?“

Alpina und Elvas hörten gespannt zu, trauten sich aber nicht, das Gespräch der beiden Männer durch ihre neugierigen Fragen zu unterbrechen. Sie würden sicherlich noch dahinter kommen, was Caius solche Sorgen bereitete.

Lasthe atmete tief durch, dann begann er zu erklären. „Attius hat von Beginn seiner Stationierung an hier in Bratananium mehr Zeit in der Caupona verbracht als in seiner Statio. Da ich aber weiß, dass die Soldaten sowieso jeweils nur für ein halbes Jahr in einer Statio bleiben, dachte ich, dass ich dir Ärger ersparen würde, wenn ich ihn saufen lasse, anstatt dir die Arbeit zu machen, einen neuen Beneficiarius zu schicken.“

Caius sah Lasthe an und wusste nicht, ob er ihm jetzt böse sein sollte oder nicht. Natürlich wäre es Arbeit gewesen und ärgerlich auch, aber jetzt, mitten in der halbjährlichen Dienstzeit, bedeutete es nicht nur, dass die Bücher wohl schlampig geführt waren, sondern dass dem römischen Staat mit Sicherheit Geld aus Zöllen und anderen Abgaben entgangen war. Caius würde dem Statthalter gegenüber Rechenschaft ablegen müssen. Eigentlich hoffte er auf eine Beförderung. Es war nicht mehr lange hin, bis er die vorgeschriebenen Dienstjahre in der Armee hinter sich gebracht hatte. Eine Beförderung zum Centurio würde die Entlassungsprämie erhöhen, die ihm nach Beendigung seiner Militärlaufbahn zustand.

Caius mochte seinen Schwiegervater. Lasthe war ihm gegenüber von Anfang an loyal gewesen, trotz seiner berechtigten Skepsis gegenüber den römischen Besatzern. Der Raeter hatte große Sorge gehabt, dass er als Druide und einflussreicher Adeliger seines Stammes mit Repressalien zu rechnen haben würde. Doch seine Verdienste als Übersetzer und die Fürsprache des Beneficiarius, der bei seinen Vorgesetzten als integer und karrierebewußt galt, hatten die Situation entschärft. Caius war maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass Lasthe unter Kaiser Vespasianus zum Aedituus des örtlichen Heiligtums ernannt worden war. Außerdem hatte er dem Statthalter der Provinz die Verehrung der Raeter für den römischen Gott Merkur erklärt und dann sogar einen Neubau des keltischen Tempels angeregt.

C. Saturius, der damalige Statthalter, kannte das raetische Volk nur unzureichend und musste sich auf die erfahrenen Soldaten seiner Einheit und die Dolmetscher verlassen. Er willigte schließlich ein, Lasthe zum Priester im Ehrenamt zu ernennen und den Tempel aus eigenen Mitteln neu errichten zu lassen.

Gerade die reaktionären Raeter galten als potentielle Unruhestifter im größer werdenden Imperium, und man versuchte, sie durch diverse Maßnahmen zu gewinnen. Zum einen erlaubte man ihnen weitgehende Stammesautonomie in den ländlichen Siedlungen, sie durften ihre Tracht behalten und ihre Götter verehren, wenngleich meist unter römischen Namen. Zum anderen aber mussten die Adeligen ihre ältesten Söhne, bisweilen sogar alle Söhne der römischen Armee übergeben. Diese wurden fern der Heimat schnellstmöglich zu „guten Römern“ erzogen. Auch Lasthes Sohn Pithie hatte dieses Schicksal getroffen. Er war in eine raetische Reitereinheit aufgenommen und in der Provinz Syria eingesetzt worden.

Ob es seiner Unerfahrenheit in der römischen Kampftechnik oder seinem ungestümen Temperament zu schulden gewesen war, wusste der alte Druide nicht, doch Pithie starb bereits im ersten Kriegseinsatz seiner Reitereinheit.

Für Lasthe und Pertha war es ein bitterer Tag gewesen, als sie vom Tod ihres Sohnes erfuhren. Ein Bote, der ihren Sohn nicht einmal gekannt hatte, überbrachte sachlich und ohne jegliche Gefühlsregung eine versiegelte Wachstafel mit der niederschmetternden Nachricht von Pithies Tod.

Caius nickte bedächtig und zuckte dann mit den Achseln. „Schon gut“, sagte er einlenkend und bemühte sich zu lächeln.

Pertha mischte sich in das Zwiegespräch der beiden Männer ein und hoffte, damit die Situation zu entschärfen.

„Caius, hast du schon gehört, dass Alpina mir bei einer Entbindung geholfen hat?“ Sie legte ihrer Enkelin den Arm um die Schulter und drückte sie an sich. „Sie hat das ganz wunderbar gemacht. Ein echtes Naturtalent!“, sagte sie liebevoll.

Alpina lächelte stolz und hoffte auf ein wohlwollendes Wort ihres Vaters. Der jedoch wich ihrem Blick aus und sah stattdessen seine Schwiegermutter entsetzt an.

„Findest du nicht, dass sie dafür noch zu jung ist? Muss denn jede Frau in dieser Familie eine Obstetrix werden? Ihr wisst doch, wie ungern ich Elvas‘ Tätigkeit in Augusta Vindelicum sehe! Das war früher eine Sklavenarbeit! Alte griechische Weiber halfen, die Kinder der Wohlhabenden und Adeligen auf die Welt zu bringen und zogen sie auf. In Rom ist das heute noch oft so. Mir ist das eigentlich unangenehm, dass Elvas als Obstetrix zu den Frauen geht. Sie ist die Frau eines Beneficiarius Legati, sie hat diese Sklavenarbeit nicht nötig!“

Caius redete sich in Rage, dabei blickte er abwechselnd Pertha und Elvas in die Augen. Seine Frau schüttelte unwirsch den Kopf und widersprach umgehend.

„Das mag bei euch Römern in der Vergangenheit so gewesen sein oder heute vielleicht noch bei der Elite in Rom so gehalten werden, mein lieber Caius! In unseren Stämmen ist eine Hebamme eine angesehene Frau. Sie ist eine weise Helferin der großen Muttergöttin, eine kundige Heilerin und sie interpretiert die göttlichen Vorzeichen bei einer Geburt. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen über die Schwelle ins Leben oder zurück in den Schoß der Erdmutter zu helfen.“

Pertha pflichtete ihr bei und gab Caius zu bedenken, dass eine Hebamme wie die Druiden auch, bei den Raetern als von den Göttern erwählt galt. Ihre Fähigkeiten, so glaubte das Volk, wären ein Zeichen göttlicher Gunst.

„In meiner Familie gibt es diese göttliche Gabe seit vielen Generationen, und wir sind stolz darauf! Elvas kann gar nicht anders, als ihre Begabung im Sinne der Göttin zu nutzen und den Frauen beizustehen in ihren schwierigen Lebenssituationen.“

Ein Hilfe suchender Blick zu seinem Schwiegervater, brachte nicht die erhoffte Unterstützung. Denn Lasthe nickte zustimmend und gab seiner Frau Recht. Caius verstummte resigniert. Er hatte diese Diskussion schon so oft geführt, und wieder einmal zeigten sich die traditionellen und religiösen Differenzen zwischen Raetern und Römern. Der Beneficiarius Legati wusste inzwischen auch, dass er seiner Frau ihre Freiheit lassen musste. Nur so konnte er die Harmonie in der Familie erhalten. Niemals würde sich seine selbstbewusste raetische Frau wie eine römische Matrone im Haus verkriechen und sich mit ihren Freundinnen über Klatschgeschichten unterhalten.

Alpina war die ganze Zeit über still geblieben und hatte abgewartet, in welche Richtung sich die Unterhaltung entwickeln würde. Nun blickte sie ihre Mutter herausfordernd an und fragte: „Wirst du mich nun auch mitnehmen, wenn du zu einer Geburt gerufen wirst?“

Elvas lächelte und sah zu ihrem Mann, um seine Reaktion zu testen. Caius hielt ihrem Blick stand und erwartete, dass seine Frau die Initiative übernahm.

„Großmutter hat mir ja die Entscheidung abgenommen, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Vielleicht habe ich auch einfach übersehen, wie groß und verantwortungsbewusst du bereits bist. Für mich bist du noch immer mein kleines Mädchen! Aber das stimmt natürlich längst nicht mehr.“

Elvas sah ihre jüngere Tochter liebevoll an, und man konnte ihrem Gesichtsausdruck entnehmen, dass sie erstmals eine junge Frau in Alpina erblickte. Ein wenig Wehmut schwang in ihren Worten, und sie blickte versonnen von ihrer Mutter zu ihrer Tochter.

Pertha stand auf, um das Abendessen zu bereiten, als Iustinius das Grundstück betrat. Er näherte sich der versammelten Familie und grüßte mit einem kurzen Kopfnicken. Dann erstattete er seinem Vorgesetzten Bericht.

„Ave, Caius Iulius Achilleus! Ich bringe die gewünschten Informationen. Nach Auskunft der Nachbarn und der Geschäftsinhaber sowie des Wirtes der Caupona war Lucius Attius ein häufiger und ausdauernder Gast in dem Ladenlokal. Einige Male habe der Wirt oder ein anderer Gast den völlig betrunkenen Mann sogar in seine Statio geleiten müssen. Marianus hat nach der oberflächlichen Durchsicht der Listen und Wachstafeln so viele Lücken und Ungereimtheiten entdeckt, dass er fürchtet, dass es Wochen dauern werde, die Versäumnisse aufzuarbeiten.“

Damit beendete Iustinius den Bericht und erwartete weitere Anweisungen von Caius.

Der Beneficiarius Legati seufzte tief und beschloss dann, die weiteren Schritte gemeinsam mit seinen Begleitern zu entscheiden. Er stand auf und sagte zu Pertha:

„Es tut mir leid, aber ich fürchte, diese Sache geht vor. Wartet mit dem Essen nicht auf mich! Ich muss noch einige wichtige Dinge besprechen und in die Wege leiten. Danach werde ich mich erst einmal in der örtlichen Therme entspannen. Gewiss kann ich dort auch etwas zu essen bekommen, oder?“

Lasthe nickte. „Natürlich kannst du dir aus der Caupona oder der Mansio etwas dorthin bringen lassen. Viele Reisende machen das, wenn sie hier übernachten.“

Caius lächelte seine Tochter an und dankte für die Zuwendung seiner Schwiegereltern. Dann folgte er dem Späher zur Statio.

***

Die letzte Stunde des Tages war bereits angebrochen, als Caius erneut die Statio betrat. Er nickte den im Officio versammelten Soldaten zu und fragte Euprepes, in welcher Verfassung sich Attius befände.

„Der schläft noch immer seinen Rausch aus“, war die Antwort, begleitet von einem hämischen Lächeln auf den Gesichtern der anderen. „Fuscinus bewacht ihn!“

Caius war nicht nach Lachen zu Mute. Er musste eine Strafe verhängen und die vorzeitige Ablösung des Attius in die Wege leiten. Ganz zu schweigen von dem Ärger, der ihn bei seiner Rückkehr nach Augusta Vindelicum erwartete, wenn er dem Procurator melden musste, welche unhaltbaren Zustände in der Statio von Bratananium geherrscht hatten. Caius fragte Marianus, was genau er bei der Durchsicht der Schriftrollen und Wachstafeln herausgefunden hatte.

„In diesen Listen ist nicht viel eingetragen worden während der vergangenen zwei Monate, Achilleus. Entweder sind in diesem Teils Raetiens keine Waren transportiert worden, und es gab keinerlei Diebstähle oder Überfälle auf Reisende, oder…“, er beendete den Satz nicht, sondern nickte nur mit dem Kinn in Richtung Wohnstube der Statio.

Der Beneficiarius Legati blickte den erfahrenen Kollegen durchdringend an: „Wie lange wirst du brauchen, Ordnung in die Listen zu bringen?“

Marianus antwortete: „Das hängt davon ab, wie viel sonst hier zu tun ist. Ich nehme an, der Straßenzustand der Fernstraße nach Iuvavum ist ebenso wenig überprüft worden wie die Brücke hier oder die anderen im Umkreis. Es dürfte eine Weile dauern, bis alles gesichtet ist.“

Caius nickte zustimmend und legte dann fest: „Gut, dann müssen wir mit zwei Männern arbeiten. Marianus, du bleibst mit Euprepes hier. Ihr übernehmt den Posten so lange, bis die Versäumnisse aufgearbeitet sind. Dann kehrst du nach Augusta Vindelicum zurück und erstattest Bericht. Eventuell brauche ich dich als Zeugen in dem Verfahren gegen Attius. Da es für Euprepes sowieso der erste Einsatz auf einer Beneficiarierstation ist, kannst du ihm hier noch einiges beibringen.“

Zu Euprepes gewandt fügte er hinzu. „Du hast Glück, Euprepes! Marianus ist ein hervorragender Mann. Schau ihm gut zu und arbeite dich gewissenhaft ein! Es wird anschließend an dir sein, diese Station gut und sorgfältig zu führen.“

Euprepes nickte eifrig. Er schien erleichtert, dass ihm zunächst nicht alleine die Verantwortung übertragen wurde.

Caius wandte sich wieder Marianus zu. „Ich schicke einen Boten los, um deine Frau und natürlich den Procurator von deinem vorzeitigen Einsatz hier zu unterrichten.“

Man konnte förmlich sehen, wie Caius‘ Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Er spielte alle Möglichkeiten im Kopf durch. Schließlich drehte er sich zu Iustinius um und gab ihm den Befehl, bereits am kommenden Morgen nach Augusta Vindelicum aufzubrechen und die Nachrichten zu übermitteln. Er selbst wollte noch in der Nacht einen kurzen Bericht an den Procurator verfassen.

Dann trat der Beneficiarius Legati an die Rückwand des Officio, an der ein Stock und diverse Fußfesseln angebracht waren. Er nahm den Stock von der Wand und forderte die Soldaten auf, ihm zu folgen.

Im Wohnraum saß Fuscinus neben dem schlafenden Lucius Attius. Dieser war gegen die Wand gelehnt eingeschlafen und zur Seite gekippt. Er lag wie ein Fleischberg neben der Feuerstelle. Caius gab dem Wachsoldaten einen Wink, ihn zu wecken.

Der stand auf und rüttelte den Schläfer unsanft. „Attius! Wach auf, Attius! Der Beneficiarius Legati will mit dir reden!“

Attius grunzte nur unartikuliert und versuchte, sich erneut wegzudrehen, doch der Wachsoldat setzte nach. Er trat den am Boden Liegenden in die Seite. Der Mann schrie auf, schien aber nicht wirklich wach geworden zu sein. Er drehte sich erneut weg und versuchte weiterzuschlafen. Fuscinus griff nach einem Krug mit Wasser, der neben ihm auf dem Boden stand, und goss den gesamten Inhalt über Attius aus. Da endlich kam Leben in den verdreckten Mann. Er blickte verwirrt in die Runde, die sich vor ihm aufgebaut hatte. Ohne weiter abzuwarten zerrten zwei Soldaten den schweren Mann in die Höhe.

Caius kochte vor Wut, als er den desolaten Zustand des Soldaten betrachtete. Eine Schande war dieser für die römische Armee! Caius reichte Fuscinus den Stock und befahl: „Acht Stockhiebe für Trunkenheit im Dienst! Die weiteren Strafen für die Versäumnisse während der Dienstzeit wird der Procurator festlegen. Du bist festgenommen, Attius! Morgen trittst du mit mir die Reise nach Augusta Vindelicum an, wo du im Carcer auf deine Verurteilung warten wirst.“

Er gab den Männern ein Zeichen, ihm mit dem Gefangenen in den rückwärtigen Garten der Statio zu folgen. Dort entkleideten die Soldaten Attius und banden ihn an einen Holzpfosten, der das Dach einer kurzen Veranda trug.

Der Beneficiarius jammerte und stammelte Entschuldigungen. Er flehte den Vorgesetzten an, ihn zu schonen, appellierte an Achilleus‘ edle Herkunft und seine bekannte Güte. Doch dieser blieb ungerührt. Er nickte Fuscinus zu, mit den Stockschlägen zu beginnen.

Gellende Schreie tönten durch die hereinbrechende Abenddämmerung. Caius beobachtete zunächst die Bestrafung mit Genugtuung. Mit jedem Streich dachte er an den Ärger, den Attius ihm bisher beschert hatte und an den noch ausstehenden Wutanfall, den der Procurator bekommen würde, wenn er von der Sache erfuhr.

Nach kurzer Zeit jedoch konnte Caius die Schmerzensschreie und den Anblick des geschundenen Körpers nicht mehr ertragen. Seine Wut war verraucht. Er drehte sich zu Marianus um und gab ihm die letzten Befehle des Tages. „Ich gehe jetzt in die Therme und anschließend zu meinem Schwiegervater. Dort verfasse ich einen Bericht für den Procurator. Legt den Kerl hier in Fesseln und versorgt euch mit einer Abendmahlzeit in der Mansio! Dann teilt ihr die Wachen ein für die heutige Nacht und sorgt dafür, dass Attius nicht entkommen kann! Ihr könnt in der Mansio oder hier in der Statio nächtigen. Morgen früh soll einer von euch den Bericht bei mir abholen und sofort nach Augusta Vindelicum aufbrechen. Wir reisen um die dritte Stunde ab und bleiben über Nacht in der Mutatio auf halbem Weg in die Stadt. Marianus, du bleibst mit Euprepes hier und informierst mich, sobald du das Chaos beseitigt hast und zur Abreise bereit bist!“

Marianus nickte zustimmend. Caius legte Clodius aufmunternd die Hand auf die Schulter.

„Ich zähle auf dich, Marianus! Es soll sich für dich auszahlen, wenn du deine Aufgabe hier zu aller Zufriedenheit erledigst.“

Dann drehte er sich um und verließ die Statio in Richtung Therme.

Raetia

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