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Micha Brumlik Vorwort zur Neuausgabe

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Die vor mehr als fünfzehn Jahren erschienene erste Ausgabe von „Bildung und Glück“ endete mit Überlegungen zur Frage der Toleranz, der Frage, ob Toleranz eine Tugend von Citoyens sei. Als Antwort wurde damals ein Zitat des US-amerikanischen, pragmatistischen Philosophen John Dewey gegeben, eine Antwort, die in unserer Gegenwart des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts, geprägt vom Aufstieg rechtspopulistischer Parteien aktueller nicht sein könnte: „The only cure for the shortcomings of democracy is more democracy.“ Dies kommentierte ich damals mit der womöglich zu optimistischen Bemerkung, dass die Citoyens einer toleranten Gesellschaft einander freund seien. Das freilich scheint weniger denn je der Fall zu sein – es ist mehr als nur ein Zufall, dass die radikalste Analyse der Krisen westlicher Gesellschaften in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung, im Zeichen des Aufstiegs der zu bequem als „Rechtspopulismus“ bezeichneten autoritärnationalistischen Bewegungen1 den Titel „Die Gesellschaft des Zorns“2 trägt. Von Freundschaft in irgendeinem Sinne kann hier keine Rede mehr sein.

Ich möchte daher die Gelegenheit zum Vorwort einer Neuausgabe von „Bildung und Glück“ nutzen, um genau dieser Frage, also der Frage, was es heißen kann, einander auch in antagonistisch auseinanderstrebenden Gesellschaften aufgrund von Bildung politisch freund zu werden, mit einer Reflexion auf einschlägige Debatten in der Philosophie des Deutschen Idealismus3 nachzugehen.

„Nur wolle man ja nicht … glauben, daß der Mensch erst jenes lange und mühsame Raisonnement anzustellen habe, welches wir geführt haben, um sich begreiflich zu machen, daß ein gewisser Körper außer ihm einem Wesen seines Gleichen angehöre. Jene Anerkennung geschieht entweder gar nicht, oder sie wird in einem Augenblicke vollbracht, ohne daß man sich der Gründe bewußt wird. Nur dem Philosophen kommt es zu, Rechenschaft über dieselben abzulegen.“4

Anders als man vielleicht glauben möchte, stammt diese Bemerkung jedoch nicht von dem inzwischen weltweit als Anerkennungstheoretiker par excellence anerkannten Hegel5, sondern von einem anderen, freilich in derselben Epoche wirkenden Denker – doch dazu später mehr. Bevor ich darauf zurückkomme, will ich mich zunächst der grundlegenden bildungs-philosophischen, bildungstheoretischen Fragestellung zuwenden, die ich unter dem Titel „Allgemeinbildung“ verhandele (1), um dann einige Annahmen der hegelschen Bildungsphilosophie im engeren Sinne zu skizzieren (2). In einem weiteren Schritt will ich dann skizzieren, was der hegelschen Philosophie für eine aktuelle Theorie der Allgemeinbildung zu entnehmen ist (3), um abschließend eine zwar ebenfalls idealistische, aber evtl. doch einschlägigere Theorie der Anerkennung vorzuschlagen.

Bildung und Glück

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