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Veränderte Einstellungen

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Ebenso wie sich der Geschmack bezüglich Kleidung, Autos oder Musik ändert, so ändern sich im Laufe der Zeit auch die Haltungen gegenüber historischen Epochen und Völkern. Auch vor kurzem hat sich so ein Wandel vollzogen. Bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts gab es wenige Forscher, die die römische Kunst als etwas anderes betrachteten als ein Anhängsel oder eine Imitation der griechischen; heute gibt es Hunderte von Einrichtungen, die sich explizit mit der römischen Kunst beschäftigen. Mitte des 18. Jahrhunderts systematisierte der deutsche Gelehrte Johann Joachim Winckelmann (Sekretär des Papstes, der ein begeisterter Sammler von Skulpturen war) die Studien der griechischen Kunst und legte damit das Fundament zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Gegenstand. Die römische Kunst und Architektur nahm in seiner Einschätzung einen geringeren Platz ein, so dass der Kampf für ihre Anerkennung dem italienischen Kupferstecher Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) zufiel. Dieser popularisierte römische Monumente in seinen Ansichten von Rom | Abb. 6 | und schrieb polemische Werke zur Verteidigung des Römischen und gegen die Verherrlichung des Griechischen. 2 Historiker und Kunsthistoriker haben das Ihre dazu beigetragen, die römische Kunst und Kultur in das Bewusstsein der Moderne treten zu lassen: Edward Gibbons Verfall und Untergang des Römischen Reiches (1787), die Römische Kunst von Franz Wickhoff (1900) und viele Schriften Eugenie Strongs3 haben einen großen Beitrag dazu geleistet, die römischen Errungenschaften der Nachwelt vor Augen zu führen. Auch Dichter und Schriftsteller spielten eine große Rolle in der Neuentdeckung des Römischen: Nathaniel Hawthornes Marmorfaun (1860) und Thomas Babbington Macaulays Legenden aus Alt-Rom (1897) fanden ein breites Publikum.

Unsere Sicht des Römischen ist darüber hinaus von solchen Künstlern und Architekten beeinflusst, die sich stark an antiken Modellen orientierten und damit den klassisch-römischen Stil weithin popularisierten. Zur Zeit der Französischen Revolution wurde das frühe römische Volk als Ideal einer moralischen Gesellschaft betrachtet, so dass der Maler Jacques-Louis David (1748–1825) mit seiner Darstellung römischer Helden wie Brutus dem französischen Volk Vorbilder zu präsentieren suchte. Bereits vor ihm hatte Nicolas Poussin (1594–1665) die Darstellung historischer Szenen der römischen Geschichte als Beispiele für Tugend entdeckt. Eine kulturelle Aneignung der römischen Kunst und Architektur findet man ebenso im 18. Jahrhundert (genannt sei hier der schottische Architekt Robert Adam) wie im 19. und 20. Jahrhundert (mit Blick auf das amerikanische Architektenbüro McKim, Mead und White). Ausländische Akademien in Rom, beginnend mit der Französischen Schule, die 1666 gegründet wurde, regten weiter dazu an, sich durch die Antike inspirieren zu lassen. Die Britische Schule in Rom öffnete 1901 ihre Pforten, gefolgt von der Amerikanischen Schule Roms im Jahr 1913 – passenderweise in einem Gebäude, das von McKim, Mead und White entworfen wurde.


6 | Giovanni Battista Piranesi, Die großen Thermen in Hadrians Villa. Radierung aus Ansichten von Rom, 1770.

Im 18 Jahrhundert gehörte eine Italienreise für namhafte Familien zum guten Ton, heutzutage ist das Land gerade für die Mittelschicht ein überaus beliebtes Ziel. Ein Reiseführer aus dem frühen 20. Jahrhundert beschreibt die Stadt mit den folgenden Worten:

»Rom […], schon im Altertum als die ›ewige Stadt‹ bezeichnet, einst die Hauptstadt des römischen Weltreichs und später Sitz der geistlichen Weltherrschaft der Päpste, seit 1871 Hauptstadt des Königreichs Italien, liegt in einer hügeligen vulkanischen Ebene. […] Die eigentliche Stadt breitet sich am linken Ufer des Tibers aus, wo sich die ›Sieben Hügel‹ des antiken Roms erheben. […] Für Jahrhunderte verlassen, wurde erst vor kurzem begonnen, diese wieder zu besiedeln.«4

Die moderne Stadt Rom ist zu einem großen urbanen Zentrum herangewachsen, dennoch zeigt sich ihre Geschichte, zeigt sich die Antike gleichsam an jeder Straßenecke dem, der nach ihr sucht.

In unserer heutigen Zeit werden die Römer im Kino, im Theater und in Romanen oft als äußerst blutrünstiges Volk dargestellt, das kaum auf eine eigene Kultur verweisen konnte. Auch wenn sich bei genauerem Hinsehen Spuren dieser Darstellung durchaus finden lassen, ist doch festzuhalten, dass die Römer ein durchaus vielschichtiges und feinfühliges Volk waren, das der Nachwelt großartige Errungenschaften im Bereich der Rechtsprechung, der Administration, der politischen Theorie, der Architektur, des Ingenieurwesens, der Literatur und des Dramas hinterlassen hat, um nur einige zu nennen.

Von Ben Hur und Spartacus zu Quo Vadis und Gladiator haben verschiedene Kinofilme das Publikum in ihren Bann gezogen, vielleicht auch gerade deshalb, weil ihre Geschichten so blutrünstig und hochdramatisch erzählt wurden. Eine Fernsehserie des britischen Senders BBC, I, Claudius (1976), beruht auf dem gleichnamigen Roman des Schriftstellers Robert von Ranke-Graves und seiner Fortsetzung, Claudius the God, die 1934 und 1935 veröffentlicht wurden. Seit 2005 erobert die italienisch-britische Serie Rom die Bildschirme. Neben der filmischen Darstellung römischer Gestalten hat auch eine Reihe von Untersuchungen archäologischer Rätsel ihr Publikum gefunden, wie etwa die Frage nach den Sonnensegeln des Kolosseums oder dem Funktionieren römischer Bäder. Auch die Belletristik nahm das Thema bereitwillig auf, etwa in Richard Harris’ beliebten Roman Pompeji (2003), der in lebendigem Detail die Zerstörung der antiken Stadt beschreibt und damit in der Tradition früherer Romane wie Edward Bulwer-Lyttons Die letzten Tage von Pompeji (1834) steht. Generell zeigt sich das Interesse am antiken Rom gerade in der populären Kultur. Anzeichen einer abnehmenden Tendenz sind nicht auszumachen.

Das Alte Rom

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