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Kriegsbeginn 1939

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Ottmar war nun 20 Jahre – ein Junge, wie er dem Wunschbild von Adolf Hitler entsprach: rein arisch, „flink wie ein Windhund, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl“. (8) In den zurückliegenden Jahren wurde er systematisch auf seine künftige Aufgabe vorbereitet. Dazu gehörte nicht nur die körperliche, sondern insbesondere auch die ideologische Schulung im Sinne des nationalsozialistischen Staates.

Seine Eltern und seine Schwester konnten stolz auf ihn sein und wahrscheinlich hat er das sehr genossen, nachdem er in seiner Kindheit auf diese „Anerkennung“ lange verzichten musste. Nun ist er zum „Star“ der Familie geworden. Das muss ein wahnsinnig gutes Gefühl für ihn gewesen sein.

Am 26. August 1939 wurde Ottmar zur Wehrmacht einberufen.


Wie seinem ersten Brief an Anneliese zu entnehmen ist, kam er zur Grundausbildung zunächst in den „Osten“, vermutlich nach Breslau, was damals zu Großdeutschland gehörte. Vermutlich hat er hier bereits seine Freundin Ruth kennengelernt.

Der Überfall auf Polen – und damit der Beginn des 2. Weltkriegs – fand am 1.9.1939 statt.

Wahrscheinlich wurden die frisch eingezogenen Soldaten noch nicht in die Kampfhandlungen einbezogen, sondern kurzfristig in den „Westen“ verlegt. Zumindest könnte man dies aus folgender Briefkarte aus Wahn, einem Stadtteil von Köln, vermuten.


Wahn, 13.10. 39

Liebe Anneliese!

Für das Päckchen und den Brief herzlichen Dank. Dreizehn Tage brauchte es, bis es mich erreichte. Das kommt daher, weil wir so plötzlich vom Osten zum Westen kamen. Die Hauptsache ist jedenfalls, dass ich es jetzt hab. Meine große Hoffnung, ein paar Tage nach Hause zu kommen, ist jetzt leider auch ins Wasser gefallen. Ich hatte mir das schon so nett ausgemalt. Von Herbert habe ich gestern auch ein Päckchen erhalten. Das hat mich sehr gefreut. Wenn ich wieder nach Hause komme, werden wir wieder zusammen feiern, nicht wahr? Hoffentlich dauert die Sache hier nicht zu lange. Abwechslung hat man ja hier etwas. Wir können sonntags nach Köln fahren, das ist nur 15 km entfernt. In Köln gibt’s bestimmt was zu sehen. Ich werde darüber wieder Bericht erstatten. Wenn Du wieder schreibst, dann vergiss doch bitte nicht mir mitzuteilen, was mit Lisa los ist. Die Grüße von Tante Adelheid erwidere ich aufs herzlichste. Im Westen gibt es sonst noch nichts Neues.

Sei herzlich gegrüßt

von Deinem Bruder Ottmar

Der Überfall auf Polen und der Kriegsbeginn sind offensichtlich kein Thema. Dass er es nicht mitbekommen hat, ist auszuschließen. Durfte er in der Feldpost darüber nicht schreiben oder waren ihm die privaten Dinge doch wichtiger als der Krieg?

Hingewiesen sei noch auf die schöne und gut leserliche Schrift in Ottmars Briefen, meist in Tinte und nahezu frei von Rechtschreibfehlern. Hier zeigt sich, dass er eine gute Schulausbildung und Erziehung genossen haben muss. Dies unterstreichen auch die höflichen Formulierungen, die er stets zu Beginn und am Ende seiner Briefe wählt. Für unseren heutigen Geschmack sind sie fast zu höflich und formell, aber in seiner Zeit absolut korrekt.

27.12.39

Liebe Anneliese!

Recht herzlichen Dank für Deine nette Weihnachtsüberraschung. Den Likör habe ich bis zum Schluss aufbewahrt und konnte ihn auch tatsächlich gut gebrauchen. Über den Kalender habe ich mich ganz besonders gefreut. Du weißt halt, was ich gerne haben möchte.

>Mit dem Urlaub hatte ich leider Pech. Es durften nur Verheiratete fahren. Da muss ich mir doch überlegen, ob ich nicht auch bald heirate. Alt genug bin ich doch schließlich. Eine Frau hätte ich auch. Aber ich glaube, so ist es doch noch besser. An eine Frau gebunden sein, davon will ich vorläufig nichts wissen.

Wie steht es denn mit Dir? Gehst Du fest aus mit Herbert oder hat sich das gelegt? Ist er denn eigentlich nicht eingezogen worden? Bestelle ihm bitte viele Grüße von mir.

Dir wünsche ich nun alles Gute zum Neuen Jahr und grüße Dich herzlich.

Dein Ottmar

Seine Leidenschaft für Kalender wird uns noch häufiger begegnen. Warum sind sie ihm so wichtig?

Und auch die Sehnsucht nach Urlaub werden wir immer antreffen. Ist es der Wunsch „heimzukehren“ nach einem Ort, wo man hingehört, wo man sozial eingebettet ist? Ottmar kokettiert mit dem Gedanken, eine Frau, eine eigene Familie zu haben. Aber mit seinen 21 Jahren weist er diesen Gedanken doch schnell wieder von sich.

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Hinweis: Alle folgenden Angaben über die jeweilige Lage von Ottmars Einheit im Kriegsverlauf beruhen auf meinen Informationen aus den Feldpostbriefen und Angaben aus dem Internet. Sicher gibt es Experten, die Ottmars Truppenbewegung noch genauer rekonstruieren können. Für die Botschaft des vorliegenden Buches ist dies jedoch nicht von Bedeutung.

OTTMAR zum Nach-Denken

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