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4 November 2018

Wie der Auszug aus der Arche Noah muss es wohl ausgesehen haben, als der Wärter die Pforten des Zoos öffnete.

Wenn jemand da gewesen wäre, um es sich anzuschauen.

Riegel aus Metall schrien ihre Verwunderung in den kühlen Morgen. Metalltüren ächzten in schweren Scharnieren. Volieren atmeten gierig die frische, nicht gefilterte Luft der Freiheit.

Gespannte Stille waberte einige Augenblicke über Holzbrücken und Picknickwiesen, am menschenleeren Wurststand und dem bunten Softeismobil vorbei. Strich wie ein Raubtier durch Betontunnel, wühlte sich in feinen Sand und tauchte in Eisbecken ein.

Dann gab die Stille den Weg frei: für die Kakophonie des Auszugs.

Die Affen waren die ersten.

Kleine, weiß-schwarze Kobolde mit langen Zähnen und buschigen Schwänzen. Mittelgroße, struppig-braune Kerle, hintereinander durch den Zoo taumelnd und aufgeregt schnatternd. Zwei große, schwarze und schwerfällige Alte, die flachen Nasen neugierig in die weite, neue Luft haltend.

Die Totenkopfäffchen waren die ersten, die durch das große Portal hinaus stürmten. Wie um ihrem Namen Ehre zu machen.

Schreiend, um die Angst vor der weiten Welt da draußen zu ertragen.

Auf Autokadaver hüpfend, um die Welt nach dem grausigen Spektakel in Augenschein zu nehmen.

In einen McDonald’s stürmend, um die Ruinen nach Essbarem zu durchsuchen, Tabletts und Frittiersiebe und Pappkronen um sich werfend.

Dann kamen die Zebras und die Esel. Je zwei Paare.

Vorsichtig hinaus tastend ihre Schritte.

Witternd, glotzend und voller Furcht.

Schließlich galoppierten die Zebras hinaus in die ungewisse Welt, die Esel folgten ihnen, um sich im Schatten eines großen Baumes auf einer Verkehrsinsel niederzulassen und auf neue Reize zu warten. Als Zoowärter Brandt die Raubtiere freiließ, hatten die Esel es plötzlich sehr eilig.

Doch erstaunlicherweise jagten die Löwen ihnen nicht hinterher.

Sie trotteten im Rudel den Zubringer zur Autobahn hinauf und waren nach wenigen Minuten außer Sicht.

Die Vögel brauchten natürlich keinen Ausgang, kein Tor in der Mauer.

Als ihre Käfige und Maschendrahtgefängnisse offen standen, flatterten sie in buntem Durcheinander nach oben ins tiefe Grau.

Krähten und piepsten und zwitscherten ihr Glück hinaus und streuten dann in alle Winde.

Die Eisbären waren die Letzten.

Ob der späte November kalt genug für sie wäre, wusste Zoowärter Brandt nicht.

Schnee lag keiner und er wusste noch nicht, dass entgegen aller Kälte nie wieder welcher liegen würde. Die allgegenwärtige Asche, weich und still, würde ihn ersetzen. Nach und nach.

Die Eisbärenfamilie drehte sich in alle Richtungen, verjagte aus reiner Lust ein paar Flamingos, die sich auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig aufgereiht hatten und trottete dann an der Zoomauer entlang nach Süden.

Als die Arche geleert war, traten der Kapitän und sein erster Maat hinaus.

Brandt kraulte die dreibeinige Hyäne am Kopf, wie um Zeit zu schinden.

Er schaute in alle Richtungen, dann lief er los.

Die Hyäne folgte ihm wie ein Hund.

Ascheland

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