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Saltillo zögerte noch.

Sekunden später wunderte er sich nicht mehr.

Keiner aus der lynchwütigen Meute hatte geschossen. Der Angriff kam von einer anderen Seite.

Tortilla-Buck saß wie ein Racheengel im Sattel, trieb mit den Sporen das Pferd an und stieß ein dermaßen wüstes Gebrüll aus, dass empfindlichen Naturen tatsächlich das Blut in den Adern gefrieren mochte.

Bei Saltillo löste er andere Gefühle aus. Buck Mercers Eingreifen bedeutete für ihn die Rettung.

»Aus dem Weg, ihr Straßenköter!«, röhrte Buck. »Wollt ihr eure eigenen Zähne fressen? – Saltillo, wir kommen!«

Saltillo erkannte auch noch Joaquin, Modesto und Layla, die vollkommen undamenhaft ebenfalls eine Kugel nach der anderen aus dem Lauf jagte.

Wie ein Hurrikan kamen sie daher. Die Menschen stoben entsetzt zur Seite. Eine Kanonenkugel, genau in ihre Mitte abgefeuert, hätte keine größere Wirkung erzielen können.

Da flankte Saltillo durch das Fenster, hob noch die Fackel vom Stepwalk auf und schleuderte sie zurück in die aus einander stiebende Menge.

»Hierher, Buck!«

»Schon unterwegs, Comanche!«

Buck Mercer sprengte rücksichtslos durch die verhinderten Lyncher, die sich mit riesigen Sätzen zur Seite retteten. Die kleine Kavalkade hatte eine breite Bresche in den Mob geschlagen.

Und dann war Buck auch schon heran.

Alles ging blitzschnell.

Saltillo grätschte mit einem Satz hinter Tortilla-Buck aufs Pferd, das Gewehr noch in der Hand. Auch er gab ein paar Schüsse ab.

Auf der Plaza war das Chaos. Verletzte lagen da. Nichts Schlimmes vermutlich. Auch Rusty Merrety befand sich unter ihnen. Er hatte den Mund weit offen und erbrach seinen Tequila.

»Am Esplanada vorbei, runter zur Brücke!«, rief Saltillo dicht an Bucks Ohr.

Er schaute sich um.

Layla, Joaquin und Modesto folgten ihnen.

»Du willst auf die mexikanische Seite?«

»Vorerst ja. Die haben immer noch nicht genug.«

Saltillo hatte sich nicht getäuscht. Die ersten Reiter folgten ihnen bereits. Kugeln pfiffen ihnen nach. Bucks alter Hut bekam ein weiteres Loch.

Im Galopp steckte er den Zeigefinger hindurch.

»Und wer ersetzt mir den, eh?«

»Schreib‘s Gomez auf die Rechnung!«, rief Saltillo zurück. »Sobald ich wieder etwas Luft habe, werde ich mir den Kerl einmal vorknöpfen.«

»Er steckt hinter all dem?«

»Ja.«

»Die Krätze soll er kriegen.«

»Pass auf! Dort vorn kommen ein paar aus der Seitengasse!«

Aber Buck hatte sie schon gesehen. Es waren mindestens zehn Reiter mit nackten Oberkörpern. Der verbrecherische Anwalt hatte seine komplette Streitmacht eingesetzt, nachdem seine Felle wider Erwarten davonzuschwimmen drohten.

Die Mexikaner feuerten aus allen Rohren, aber wahrscheinlich waren sie von der Entwicklung der Dinge nicht weniger überrascht worden als Saltillo selbst.

Buck Mercer preschte an das Hindernis heran, als wäre es nicht vorhanden. Dabei stieß er ein Kriegsgeheul aus, das auch noch den Apachen einen Schrecken hätte einjagen können. Wenn Buck erst einmal schrie, bebten selbst Ziegelmauern.

Saltillo drehte die Jennings in seiner Hand und teilte mit dem Schaft Schläge aus. Mit den Beinen klammerte er sich um den Pferdeleib, um den Halt nicht zu verlieren. Er fuhr wie mit der Sense durch die Männer Gomez‘. Sie purzelten aus den Sätteln wie überreife Früchte.

Als sie durch waren, hatten sie es jedoch immer noch mit rund sechs Verfolgern zu tun.

Sie erreichten den freien Platz vor der Brücke, die über den Rio Bravo führte. Ein uniformierter Zöllner ergriff die Flucht, als er die Reiter heranpreschen sah.

Buck sorgte noch dafür, dass Layla und die beiden Vaqueros vor ihm auf die hölzerne Brücke kamen, deren Bohlen kurz darauf unter dem Stakkato der Hufschläge erzitterten. Buck Mercer schloss sich an.

Saltillo drehte sich und feuerte das Magazin der Jennings leer. Nun hatte er nur noch den Revolver. Er sprang ihm wie von selbst in die Hand.

Das Gewehr klatschte neben dem Geländer in den Fluss.

Einer der Verfolger kippte getroffen aus dem Sattel und folgte der Waffe.

Da hatte Buck schon fast das andere Ufer erreicht. Er bemerkte nicht, dass ihm die Flasche Clomstocks beim wilden Ritt aus der Hosentasche rutschte, noch eine Weile hängenblieb und dann endgültig fiel.

Doch sie zerbrach immer noch nicht.

Sie rollte den Reitern von Gomez entgegen, die tief über die Mähnen ihrer Gäule gebeugt heranjagten. Allen voran Mano, den selbst seine Kumpane den »Schlächter« nannten, der Maria Leto zu Tode gepeitscht hatte.

Die Hufe seines Pferds schafften schließlich, was der Aufprall auf den Boden nicht bewerkstelligt hatte.

Das Glas splitterte. Keine Sekunde später platzte ein haushoher Feuerpilz auseinander.

In der Holzbrücke klaffte ein riesiges Loch, das die meisten Verfolger schluckte.

Wie durch ein Wunder blieben Buck und Saltillo unverletzt.

Dann hatten sie die rettende mexikanische Seite erreicht.

Marshal ohne Erbarmen: Glorreiche Western Sammelband 7 Romane

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