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Antonio lenkte sein Pferd aus der Bodensenke. Der jüngste Vaquero der Hazienda del Saltillo hatte die Gitarre am Band geschultert und starrte nun angestrengt hinab auf das im Mondlicht schimmernde Band des Rio Bravo.

Er gehörte in dieser Nacht zu den Herdenwächtern. Es herrschte noch immer eine dumpfe, schweißtreibende Wärme in der Flussniederung.

Dann rumpelte der Planwagen auf der mexikanischen Seite in die Furt. Er wurde von drei Männern begleitet.

Der junge Vaquero strich sich nervös durch das schwarze störrische Haar.

»Das können nur die Mädchenhändler sein«, murmelte er und presste die Lippen zu einem Strich zusammen.

Er fröstelte plötzlich trotz des warmen Windes. Einerseits hätte er jetzt sofort umkehren und Saltillo benachrichtigen müssen. Andererseits brannte er darauf, sich als ganzer Mann zu beweisen.

So redete er sich ein, dass die Mädchenhändler womöglich in den Hügeln untertauchten, wenn er nicht sofort etwas gegen sie unternahm.

Da fiel dem hitzköpfigen Jungen der Entschluss nicht schwer. Entgegen der ausdrücklichen Mahnung des Jefe wollte er auf eigene Faust vorgehen.

Drei Gegner erschienen ihm nicht unüberwindbar. Hatte er sich nicht schon in zahlreichen Kämpfen bewährt?

Antonio vergaß wieder einmal völlig, dass seine Tapferkeit in keinem Verhältnis zu seiner Kampfkraft stand. Er war ein sympathischer Träumer, ein Don Quichotte mit einer Gitarre auf dem Rücken.

Mit einem schrillen Schrei gab er seinem gescheckten Bronco die Sporen. Gleichzeitig zog er das Gewehr aus dem Sattelschuh, entsicherte und schoss ein paarmal unkontrolliert in die Luft. Er – hoffte, die Ballerei würde die Mädchenhändler einschüchtern.

Er erreichte das genaue Gegenteil.

Weder Jeff Clomstock noch Rico Arragon oder der ältere, kampferprobte Desperado Fagueras gehörten zu jenen Leuten, die sich von einem wild um sich schießenden Greenhorn ins Bockshorn jagen ließen.

Die drei Mädchenhändler griffen ebenfalls zu den Waffen, während der Wagen auf der texanischen Uferseite aus dem Wasser rollte.

Die Geschosse summten Antonio wie wild gewordene Hornissen um den Schädel.

Doch das focht den heißblütigen Vaquero nicht an. Tief beugte er sich über die Mähne seines Bronco, glaubte immer noch an eine reelle Chance.

Die Männer beim Planwagen waren hartgesottene Burschen.

Unter der Plane klangen spitze Schreie auf – die Schreie von Frauen.

Antonio machte sich noch ein bisschen kleiner im Sattel und sprengte wild schießend weiter.

Er hatte recht behalten – das waren die Mädchenhändler!

Antonio hatte auf der Hazienda ein paar Gerüchte aufgeschnappt: Neuerdings wurden immer wieder Planwagen beobachtet, in denen blutjunge mexikanische Mädchen über den Rio Bravo nach Texas geschafft wurden. In Frisco und anderen Häfen weiter östlich brachten sie ein lohnendes Kopfgeld, ehe sie in den Bordellen verschwanden.

Saltillo hatte es sich verbeten, dass die Transporte ausgerechnet über sein Land führten und die Grenzwachen verstärkt.

Der Wagen kam zum Halten.

Jeff Clomstock, der Boss der Begleiter, war weit davon entfernt, die Nerven zu verlieren. Er überlegte kühl.

Sie hatten es sichtlich nur mit einem Gegner zu tun.

Jeff griff nach seinem Gewehr. Bisher hatte er das Geballer des Vaqueros mit dem Colt erwidert.

Nun zielte er sorgfältig. Er ließ sich vom Gekreische der Frauen und Mädchen im Wagen nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Es war schließlich nicht der erste Transport dieser Art, den er von Hermansillo aus nach Texas begleitete.

Kimme und Korn kamen zur Deckung. Jeff Clomstock drückte erst ab, als er sich seiner Sache vollkommen sicher war. Er hatte diesen Verrückten genau im Visier.

Jeff zog den Stecher durch. Der Mündungsblitz blendete ihn, der Rückstoß des Gewehrschafts verursachte einen blauen Fleck an seiner Schulter.

Als er wieder sehen konnte, erkannte er, dass er getroffen hatte. Der Angreifer hing schief im Sattel, konnte sich kaum mehr auf seinem Pferd halten.

Dann drehte er ab, krallte sich dabei an der Mähne des Tiers fest.

Jeff Clomstock grinste und entblößte seine Zähne.

»Der kommt nicht weit«, sagte er und spuckte in den Sand der Uferböschung. »Die Geier mögen diesen Bastard fressen. Fahren wir weiter, Freunde. Wenn ich ehrlich bin, fühl ich mich nicht recht wohl auf Saltillos Land. Der Kerl ist fähig und macht uns Schwierigkeiten.«

»Hm«, brummte Rico Arragon, »einer sollte ihm endlich mal ‘ne Kugel in seinen Comanchenschädel jagen.«

Marshal ohne Erbarmen: Glorreiche Western Sammelband 7 Romane

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