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Armut beeinträchtigt Bildung

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Während vor 30 Jahren vor allem ältere Menschen unter Armut litten, betrifft sie heute laut Armutsbericht der Bundesregierung mittlerweile jedes vierte Kind unserer Gesellschaft. Das merken zunehmend auch die Schulen, zumal die Grund-, Haupt- und Gesamtschulen. Der Schulleiter der Ludwig-Windthorst-Schule, einer Haupt- und Realschule in Glandorf im Osnabrücker Land, Helmut Schmidt, hat deshalb eine kleine interne Studie gemacht, aus der hervorgeht, dass Kinder immer häufiger statt Trendkleidung nachgetragene Geschwisterkleidung anhaben, dass sie im Winter Sommerschuhe und T-Shirts, im Sommer aber Winterstiefel und Jacken aus Mangel an Alternativen tragen, dass ihre Eltern Arbeitsmaterialien und Klassenfahrten sowie Ausflüge und auch den Schulbus nicht bezahlen können, dass sie keine Sportkleidung besitzen, dass sie nie mit ihren Eltern oder mit anderen Gruppen in den Urlaub fahren können und – was sehr ungewöhnlich neu ist –, dass sie weder ein Handy noch zu Hause einen Computer haben. Kinder, die so leben, schämen sich dafür, verschweigen ihre Armut und finden – auch den Lehrkräften gegenüber – reichlich Ausreden, um ihre Situation zu verbergen, denn sie haben Angst, als Außenseiter eingestuft zu werden.

Wenn Kinder in Armut leben, können ihre Eltern kaum noch die so wichtige Rolle des Erziehungsberechtigten ausfüllen, stellen die Lehrer fest; manche Eltern schieben sogar in Gegenwart des Kindes eine Krankheit vor, um zu begründen, warum das Kind nicht an einem Bewerbungstraining oder an einer Schulabschlussfahrt teilnehmen kann. Genau diese Eltern nutzen aber auch aus Scham nicht die Angebote der sozialen Dienste oder der Arbeitsagentur, sich die Ausgaben für schulische Projekte von dort erstatten zu lassen. Der Schulleiter Schmidt fasst daher zusammen, dass „Aussehen“ und „Ansehen“ eines Kindes offenbar eng zusammen liegen und damit auch der Bildungserfolg des Kindes.

Armut ist ein bedeutsamerer Faktor für die Wahl der Schullaufbahn als Intelligenz, denn in armen Familien gibt es auch keine Zeitungen, Bücher, Theaterbesuche, keinen Musikunterricht, keine Sportvereinsmitgliedschaft, stattdessen aber viel Stress zwischen den Eltern und ihren unzufriedenen Kindern. Aus dieser depressiven Ausgangslage heraus werden Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum und schließlich „Abziehen“, Diebstahl und zuschlagende Gewalt begünstigt, aber auch eine völlig falsche Ernährung und oft schlimme Krankheitsgeschichten. Wissen die Politiker eigentlich hinlänglich um diese Zusammenhänge? Und wenn ja, wann folgt ihr Handeln dagegen?

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