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3. Urteil nach bestem Gewissen.

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Die Nachricht vom Tode seiner Tochter traf Eberhard Kowalski wie ein Blitz. Er hatte körperliche Schmerzen und sein Magen rebellierte. Zwei Tage lang erbrach er sich sofort, wenn er etwas zu sich nahm. Dann kamen seine Lebensgeister langsam zurück und er grübelte über das Geschehen nach.

Hätte er sich besser um seinen Engel kümmern müssen? Wäre dann so etwas nicht geschehen? Seine Fragen blieben unbeantwortet und er machte sich große Vorwürfe.

Nach einiger Zeit ging es ihm etwas besser.

Die Trauerfeier nach der Beerdigung musste er jedoch früher als geplant verlassen, da er den Anblick der Polizisten in Uniform nicht ertragen konnte. Eine innere Stimme sagte ihm, dass sie am Tode seiner Tochter schuldig seien.

Kowalski konnte weiterhin tagelang keinen klaren Gedanken fassen. Warum hatte sie das getan? Warum nur hatte sie sich das Leben genommen? Wer hatte ihr das angetan? Wer hatte ihr das nur angetan? Wer hatte ihr überhaupt was angetan?

Es gab keine Antwort auf diese Fragen. Die aber suchte er. Er wollte wissen, wer seine Tochter auf dem Gewissen hatte.

Das hatte einer! Denn ohne Grund brachte man sich doch nicht so einfach um. Sie hatte nie etwas gesagt, woraus er schließen konnte, dass sie depressiv war.

Dann traf er sich mit Arbeitskollegen seiner Tochter und befragte sie nach den Umständen, die zu dem Selbstmord geführt hatten.

Aber er rannte gegen eine Wand. Keiner der Männer wollte ihm etwas sagen. Alle blockten ab.

Als er im Hof des Präsidiums auf eine Polizistin traf, die gerade den Wagen geparkt hatte und deren Kollege schon im Gebäude verschwunden war, erfuhr er zum ersten Mal andeutungsweise mehr.

Eberhard Kowalski sprach sie an.

»Bitte reden Sie mit mir! Keiner will mir etwas über meine Tochter sagen. Was hat sie dazu bewogen, Selbstmord zu begehen?«

»Ich kann Ihnen auch nichts Näheres sagen. Marion hat sich halt alles so zu Herzen genommen.«

Sie bemerkte ihren Fehler sofort und wollte an Kowalski vorbeigehen.

Der aber hielt sie am Arm fest.

»Was hat sie sich zu Herzen genommen? Bitte sagen Sie es mir! Ich dreh sonst noch durch. Ich bin ihr Vater. Ich muss wissen, warum sie sich umgebracht hat.«

Er tat ihr leid und so war sie bereit, noch etwas zu sagen.

»Na ja. Die Kollegen sind manchmal nicht gerade nett zu uns.«

»Was meinen Sie mit nicht gerade nett

»Für manche Männer sind Frauen als Kolleginnen ein rotes Tuch. Sie können einem schon das Leben zur Hölle machen. Dann stellen sie einem nach und versuchen, wo sie nur können, uns irgendetwas reinzuwürgen.«

»Sie wurde gemobbt?«

»Ja, kann man so sagen. Aber ich habe Ihnen das nicht gesagt. Sonst komme ich in Teufels Küche.«

»Von wem? Von wem wurde sie gemobbt?«

»Weiß ich nicht. Da kommen viele in Frage. Am eifrigsten war da ein Kollege, den sie aus Berlin kannte. Von mir haben Sie das aber nicht. So, nun muss ich aber wirklich gehen.«

Sie verschwand ohne weitere Worte.

Kowalski erfuhr den Namen des Kollegen aus Berlin nicht. Er stand fassungslos da und sein Blick richtete sich fragend gegen den Himmel.

Er ließ die nächsten Tage und Wochen keine Ruhe und stand fast jeden Tag vor oder in dem Polizeirevier und befragte Besucher wie Polizisten nach Mobbingvorfällen.

Eberhard Kowalski war einst Bauingenieur und fand nach seinem Studium eine Anstellung bei einer großen Frankfurter Baufirma. Sein Fachgebiet war der Brückenbau. Er wollte, bildlich gesehen, hoch hinaus. Und das konnte er, als seine Firma ein Angebotszuschlag im Sultanat Oman bekam. Er zeichnete, berechnete und baute Modelle für drei riesige Brücken. Dann schickte man ihn in den Staat im Osten der Arabischen Halbinsel, wo er in den folgenden Jahren den Brückenbau überwachte.

Im Oman sollten in den nächsten Jahrzehnten 18 große Brücken gebaut werden. Die meisten davon im Norden des Landes im Gouvernement Musandam.

Als er herausbekam, dass ein Bauleiter Zement abzweigte und anderweitig verkaufte, ließ er Probebohrungen an den Objekten vornehmen. Dabei stellte sich heraus, dass im Ernstfall weder die Brücken noch die großangelegten Straßenzubringer den vorberechneten Werten standhalten würden. Als er seine Chefs in Deutschland darauf aufmerksam machte, kehrte man seine Bedenken hier unter den Teppich und erklärten ihm, dass die Werte noch alle in der berechneten Karenzzone lägen. Man war nicht an einem Skandal interessiert.

Kowalski ließ die Situation aber kein ruhiges Gewissen und er spielte dem seit 1970 herrschenden Sultan Qabus anonyme Informationen zu.

Der Skandal war nun doch perfekt.

Das Sultanat ist eine absolute Monarchie, besitzt aber gleichzeitig eine Verfassung. Die vom Sultan ernannten Minister haben jedoch lediglich eine beratende Funktion. Zwei Minister wurden durch andere ersetzt, was in der Öffentlichkeit keine große Beachtung fand. Es interessierte auch außer den Familienmitgliedern keinen, dass sie nie mehr gesehen wurden. Regresszahlungen in Milliardenhöhe wurden vom Sultan eingefordert und Kowalskis Firma meldete ein Jahr darauf Insolvenz an.

Man entließ ihn vorher schon fristlos, wogegen er mit Erfolg klagte. Die Firma musste ihn wieder einstellen. Danach wurde ihm das Leben zur Hölle gemacht. In diesen Jahren sprach man allerdings noch nicht so sehr von Mobbing. Sein Vorteil war, dass er sich fachlich gesehen besser auskannte als die meisten seiner Kollegen. Schließlich machte man ihm ein Abfindungsangebot, was er annahm. Sein Vertrauen in Bauriesen wurde seither so sehr gestört, dass er keine Beschäftigung mehr annahm.

Er hatte also Zeit. Viel Zeit. Manchmal mehr Zeit als ihm lieb war. Und so wurde mancher Tag unendlich lang. Um sich zu beschäftigen, ging er dann in den Kellerraum, in dem er eine kleine Werkstatt eingerichtet hatte. Hier bastelte er an verschiedenen technischen Utensilien. Beim Brückenbau im Sultanat Oman gab es seinerzeit Probleme mit der Beförderung von Lasten in eine Höhe von über einhundert Metern. Große Metallteile wurden mit einem Helikopter oder mit einem riesigen Krahn transportiert. Kleinere Teile, die weniger Gewicht mit sich brachten, mussten zu dieser Zeit mühsam über drei Etagen mit Flaschenzügen hochgezogen werden, da der Krahn für andere Transporte ständig ausgelastet war. Zwar wurde später ein weiterer Krahn aufgestellt, aber der war entweder defekt oder ebenfalls ausgelastet. Für einen dritten oder vierten Krahn war in der Reichweite des Schwenkarms kein Aufstellungsplatz vorhanden. Da kam Kowalski die Idee, eine elektronisch gesteuerte Seilwinde anzubringen. Die konnte man allerdings in keiner Fachfirma und schon gar nicht in einem Kaufhaus erstehen. Es gab zwar elektrische Seilwinden, diese aber wurden den Anforderungen, die er stellte, nicht gerecht, denn sie mussten präzise auf die vorher eingestellten Höhen automatisch stoppen. Als er sich damals dem Problem annehmen wollte, verstarb seine Frau und er musste zurück nach Deutschland. Er hatte somit keine Zeit mehr für Erfindungen.

Jetzt hatte er Zeit. So viel, dass er von früh bis spät vor dem Polizeirevier stand und Fragen stellte.

Der Amtsleiter der Schutzpolizei erteilte ihm schließlich Hausverbot. Kowalski nahm sich daraufhin einen Anwalt und dieser riet ihm zunächst, eine Klage gegen unbekannt einzureichen.

Das Verfahren zog sich ein halbes Jahr lang hin. Man trug in dieser Zeit alle Aussagen der Polizisten und ihrer Kolleginnen zusammen. Es waren nicht viele, und darunter befanden sich keine konkret verwertbaren Fakten.

Auf einen möglichen Skandal aufmerksam geworden, wurde auch eine interne Ermittlungsakte bei der Polizei angelegt. Diese ergab jedoch keine Erkenntnisse, dass es eine ausufernde Mobbingsituation gegen Kowalskis Tochter gegeben hätte. Sie hatte ihrem Vorgesetzten nie eine Beschwerde eingereicht.

Der Anwalt erachtete die Beweislage schließlich als sehr dünn, um damit einen Prozess zu gewinnen. Er riet Kowalski davon ab.

Einen Prozess zu gewinnen war diesem aber gar nicht so wichtig, er wollte weit mehr. Er wollte Aufklärung und ein Schuldeingeständnis des oder der Verantwortlichen. Hätten sie mit ihm geredet, wäre er eventuell zur Ruhe gekommen. Aber das taten sie nicht und so bohrte er weiter.

Einige negative Pressemeldungen über das zuständige Revier hatte er schon erreicht.

So stand in der örtlichen Tageszeitung ein Artikel mit der Überschrift: »Polizistin nahm sich das Leben – Vater klagt Arbeitskollegen und Vorgesetzte an.«

Sein Anwalt hatte jedoch weiterhin Bedenken.

»Unsere Beweislast ist nicht ausreichend für eine Verhandlung. Ich rate Ihnen, die Klage zurückzuziehen. Noch sind wir in der Zeit.«

»Aber wir wissen doch, dass es einer aus Berlin war, der meine Tochter belästigt hat.«

»Ja, aber wer es wirklich war, sagt man uns nicht. Muss die Polizei auch nicht. Sie schützt ihre Leute. Wenn Ihre Informantin aussagen würde, … ja. Aber sie sagt nicht aus. Sie hat Angst. Und wir haben somit nur Vermutungen. Gibt es wirklich keine Aufzeichnungen von Ihrer Tochter? Videos? Tonaufnahmen? Handyfotos?«

Kowalski war am Boden zerstört. Er wusste, dass sich seine Tochter umgebracht hatte, weil sie dazu getrieben wurde. Nur beweisen konnte er es nicht.

»Nein. Ich habe mir ihr Handy angesehen, da war kein Foto drauf.«

»Tja. Wie gesagt. Ohne Beweise haben wir schlechte Karten. Überlegen Sie sich das noch mal mit der Anzeige. Ich rate Ihnen davon ab, einen Prozess anzustreben. Rufen Sie mich an, wenn sich etwas Neues ergibt. Schönen Tag noch.«

Damit beendete der Anwalt das Gespräch.

Kowalski ließ die Schultern hängen und schüttelte den Kopf. Dann ging er in das alte Zimmer seiner Tochter, in dem sie die letzten Wochen vor ihrem Tod verbracht hatte. Bis heute konnte er es nicht betreten. Es erinnerte ihn zu viel an seine Tochter.

Das erging ihm vor Jahren, als seine Frau starb, genauso. So schlief er damals wochenlang auf dem Sofa im Wohnzimmer. Erika Kowalski war an einer plötzlich auftretenden Lungenembolie in der Nacht friedlich im Bett gestorben. Durch eine vorausgegangene Thrombose an der Vene des rechten Beines hatten sich Rückstände gelöst und waren bis vor die beiden Lungenflügel gewandert. Hier verschlossen sie die Venen. Die Lunge wurde nicht mehr mit Blut versorgt. Erika Kowalski hatte einfach aufgehört zu atmen.

Als ihr Mann früh am Morgen mit frischen Brötchen nach Hause kam und sie wecken wollte, konnte sie ihm keine Antwort mehr geben. Die Totenstarre hatte schon eingesetzt und ihre Körpertemperatur fühlte sich kalt an.

Kowalski sprach wochenlang nichts und erst dann kehrte er ins Leben zurück, nicht zuletzt, um seiner Tochter ein Beispiel zu geben. Sie war das Einzige, was ihn motivierte, weiterzuleben.

Nun hatte ihn der Anwalt auf eine Idee gebracht. Er suchte nach Beweisen im Zimmer.

Und er fand etwas.

Im Bücherregal zwischen den alten Lehrbüchern aus der Schulzeit und den kitschigen Liebesromanen fand er ein rotes Buch, welches zwar genau die gleiche Größe hatte wie alle anderen Bücher, aber nur halb so dick war. Er nahm es aus dem Regal und sein Pulsschlag ging schneller. Der Aufkleber war mit blauer Tinte in schönsten Buchstaben beschrieben: Mein Tagebuch.

Marions Tagebuch!

Warum war er nicht gleich auf die Idee gekommen, hier nachzuschauen?

Aber warum sollte er?

Er hatte nicht gewusst, dass sie ein Tagebuch geschrieben hatte. Sie hatte mal gesagt, dass sie so etwas kitschig finden würde. Außerdem macht man das heute doch mit Videoaufzeichnungen, wenn überhaupt, in ihrem Alter.

Er blätterte Seite für Seite um und fand für beinahe jeden Tag ihrer Dienstzeit einen Eintrag.

Er war erschüttert. Seine Tochter hatte alles genau aufgeschrieben. Wer, wann, was, wie es geschah. Wie sie sich fühlte. Welcher Pein sie ausgesetzt war. Wer ihr das alles antat.

Kowalski weinte. Er hatte seiner Tochter nicht helfen können. Er hatte all dies nicht gewusst, was er jetzt las. Sie hatte ihn nicht ins Vertrauen gezogen.

Warum hatte sie ihn nicht ins Vertrauen gezogen? Er war doch ihr Vater. Er hätte ihr helfen können.

Kowalski dachte nach. Hätte er ihr wirklich helfen können? Wohl eher nicht. Was hätte er denn tun können? Zu den Kollegen gehen und ihnen sagen: Hört mal zu, ihr bösen Buben, wenn ihr meine Tochter nicht in Ruhe lasst, bekommt ihr es mit mir zu tun!

Kowalski sah die Ausweglosigkeit.

Er rief nochmals seinen Anwalt an und teilte ihm den Fund des Tagebuches mit. Der bestellte ihn für den nächsten Vormittag in die Kanzlei.

Am nächsten Tag schaute sich der Anwalt das Tage-buch an und besprach sich mit seinem Mandanten.

»Die Namen sind nicht ausgeschrieben. Nur die Anfangsbuchstaben. Das ist nicht verwertbar. Da macht kein Richter mit.«

»Aber wir können es doch zumindest probieren. Die Datierungen sind ausschließlich Arbeitstage von Marion.«

»Selbst wenn wir damit den Richter überzeugen könnten, die Gegenseite wird uns das Tagebuch um die Ohren hauen. Das kann sonst wer geschrieben haben. Es kann auch eine Romanvorlage sein. Reine Fiktion.«

»Das glauben Sie doch nicht im Ernst!«

Kowalski war empört.

»Nein, natürlich nicht. Aber die Gegenseite wird so argumentieren und wir können keinen Beweis antreten.«

»Wir müssen es versuchen. Ich werde sonst noch verrückt.«

»Also gut. Machen wir Folgendes: Ich werde sehen, ob wir einen Gesprächstermin beim zuständigen Richter bekommen können. Das ist zwar nicht üblich, aber in Ihrem Fall macht man da bestimmt eine Ausnahme. Dann sehen wir weiter. Gibt er uns die Empfehlung zu klagen, werden wir das tun. Wenn nicht, müssen wir die Sache begraben. Einverstanden?«

Kowalski nickte zögerlich.

Der Anwalt hatte schon einen Tag später eine Verhandlung, die Richter Werbusch als Vorsitzender leitete. So ergab sich nach der Verhandlung ein kurzes Gespräch.

Martin Werbusch, der allgemein bekannt war für seine arrogante Art und den Anwalt schon abwimmeln wollte, ließ sich auf ein Gespräch ein, als der Anwalt ihm zu verstehen gab, dass sein Mandant sonst gewisse Fernsehsender anschreiben und dort um Hilfe bitten würde.

Nachfragen von kritischen Fernsehsendern konnte Werbusch im Augenblick nicht gebrauchen. Werbusch stimmte einem Gespräch schließlich zu und stellte die Bedingung, es sollte ein Vertreter der Polizei dabei sein und sie hatten nur eine Stunde.

Als der Anwalt Kowalski das mitteilte, passte ihm es gar nicht, er musste es aber so hinnehmen.

Das Gespräch fand zehn Tage später im Dienstzimmer des Richters statt. Anwesend waren ein Polizeipsychologe, der Einsatzleiter der Wache 1 der Schutzpolizei, Kowalski und sein Anwalt.

Der Richter wirkte, wie ihm sein Ruf vorauseilte, auf Kowalski arrogant und überheblich.

»Machen Sie hin, Herr Anwalt. Meine Zeit ist begrenzt. Ihnen ist schon klar, dass dies keine offizielle Anhörung, sondern nur ein einfaches Gespräch, also für eine spätere Verhandlung nicht im Geringsten relevant ist!«

Es war eine Feststellung, keine Frage.

»Ja, Herr Richter. Mein Mandant ist der Meinung, dass seine Tochter systematisch in ihrer Dienststelle von den Kollegen gemobbt wurde. Dies belegen auch die Aufzeichnungen in ihrem Tagebuch und ebenso die Aussagen der Kolleginnen.«

Der Polizeipsychologe ging schon auf Konfrontation.

»Aber das stimmt so doch gar nicht. Keine einzige Aussage von den Kolleginnen wurde uns gegenüber geäußert. Und die Tagebucheinträge können wer weiß was bedeuten. Jedenfalls beweist das kein Mobbing durch die Kollegen. Ist es überhaupt ein Tagebuch der Kollegin Kowalski? Kann es nicht auch zweckdienlich von Dritten geschrieben worden sein? Und im Übrigen, was wollen sie eigentlich? Die Kolleginnen und Kollegen vor Gericht zitieren?«

So zog sich das Gespräch hin. Meinung und Gegenmeinung. Fakten und deren Widerlegung.

Der Richter sah gelangweilt auf seine Rolex und gähnte.

Nach fünfundvierzig Minuten unterbrach er die Sitzung. Er gab eine abschließende Bewertung der Situation ab.

»Also, meine Herren. Was sind hier Fakten? Eine tote Frau, die sich selbst das Leben genommen hat. Ihre Tochter, Herr Kowalski, hat zu keiner Zeit eine Anzeige gegen die von Ihnen beschuldigten Personen erstattet. Warum nicht? Der Beweis, dass man Ihre Tochter in den Tod getrieben hat, dürfte schwerlich zu erbringen sein. Zudem hat sie sich zu keiner Zeit ihrem Vorgesetzten mitgeteilt und um Rat gefragt. Ich zweifle nicht an der Echtheit des Tagebuches. Aber die Aufzeichnungen darin ergeben kein klares Bild und sind als Beweismittel, für was auch immer, völlig ungeeignet. Mobbing ist kein Straftatbestand, wenn es nicht zu weiterführenden Situationen kommt. Findet sich kein Zeuge, der bestätigen würde, dass eine Situation vorgelegen hat, aus der ein permanentes Mobbing hervorgegangen sein könnte, welches der Anlass war, dass sich ihre Tochter das Leben genommen hat, so kann ich Ihnen keine Hoffnung auf ein Verfahren machen. Es wird nicht zugelassen. Hier steht mein Grundsatz: Urteile nach bestem Wissen und Gewissen. Mein Gewissen sagt mir, Ihnen zu raten, die Sache, so wie sie ist, auf sich beruhen zu lassen. Vor Gericht hätten Sie schlechte Karten. Beraten Sie sich mit Ihrem Anwalt. Nun muss ich Sie bitten zu gehen. Ich habe noch zu tun.«

Eberhard Kowalski war es schlecht. Sein Magen meldete sich wieder. Er stand auf und ging ohne ein weiteres Wort auf den Gang. Er suchte die Toilette auf und übergab sich.

Mobbing Jäger

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