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fünf

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zwei mal in der nacht lege ich holz nach. am morgen ist noch soviel glut vorhanden, dass ich mir aus quellwasser und kaffeepulver in meiner blechtasse ein warmes getränk bereiten kann. dazu brot und ein stück pecorino ergeben ein gutes frühstück, das ich unter solchen umständen zum ersten mal in meinem leben genieße. mit wasser aus dem bach lösche ich die letzte glut, kratze erde über die asche, nachdem ich die gesteinsbrocken wieder in der gegend verteilte.

ein wenig wehmut überkommt mich, als ich vom waldrand aus auf meine lichtung zurückblicke, mich von ihr verabschiede, wissend, dass ich diesen ort der ruhe nie mehr wiedersehen würde. eine angewohnheit, die sich mit zunehmendem alter in mir breitmacht.

ich beschleunige meine schritte. nach gut zwei stunden verlasse ich den wald. vor mir öffnet sich ein weitläufiger taleinschnitt. in diesem tal befindet sich der einzige nuraghische brunnentempel sardiniens, dessen oberirdische abdeckung noch erhalten ist. als nuraghisch bezeichnet man hier alles, was von den ureinwohnern der insel erhalten geblieben ist. eine legende besagt, dass sie in grauer vorzeit, also viele jahrhunderte vor unserer zeitrechnung die insel besiedelt und im laufe der zeit über siebenhundert wehrburgen, verstreut über ganz sardinien errichtet haben. es gibt keine schriftlichen zeugnisse ihrer existenz, einzig eine reihe von bronzeskulpturen, aus denen man schließen kann, dass die einwanderer sowohl jäger, als auch schon ackerbauern und viehzüchter waren. die burganlagen dienten der sicherung ihres besitzes an boden. in den siedlungen gab es eine oberschicht, was besagt, dass der ackerboden bereits unterschiedlich verteilt war.

all das geht mir durch den kopf, während ich mich dem brunnentempel nähere, dessen guter erhaltungszustand darauf zurückzuführen ist, dass er schon in vorgeschichtlicher zeit durch einen erdrutsch verschüttet und in einem völlig unbesiedelten gebiet liegt. erst 1953 entdeckte man ihn in einem hang. in den achtziger jahren des letzten jahrhunderts wurde die anlage schließlich restauriert.

nachdem ich den eintritt bezahlt habe, betrete ich das besucherzentrum und bestaune dort die ausgestellten archäologischen fundstücke. ein botanischer lehrpfad führt mich zwischen wildem fenchel, olivenbäumchen und vielen anderen pflanzen zu eigentlichen brunnentempel. dabei lerne ich, die gerüche zu bestimmen, die ich auf dem weg hierher wahrgenommen habe. hier treffen sich die nach oben spitz zulaufenden seitenwände aus trachytblöcken in einem dreiecksgiebel. der vorraum wird von zwei rundbögen elegant überdacht. links und rechts in diesem gewölbe entdecke ich zwei steinbänke und darüber jeweils eine nische. auf einer tafel, oben im besucherzentrum las ich, dass in diesen nischen votivgaben, als bitten oder danksagungen an die götter abgestellt wurden. am eingang zur brunnenkammer muss ich mich klein machen, um hindurch zu kommen. treppenstufen, die so klein sind, dass sie lediglich symbolischen charakter besaßen, führen hinunter in den vollständig unter wasser stehenden raum. ich las, dass dort unten ein kanal das quellwasser durch eine vorkammer nach draußen in eine kleine höhlung ableitet. dort hat man zahlreiche bronzene opfergaben gefunden, darunter eine reihe einzigartiger statuetten.

ich setze mich auf eine der steinbänke und versuche mich in diese zeit zurückzuversetzen, als hier menschen ihren göttern opfer darbrachten, in der hoffnung von denen dafür beschützt zu werden. wovor wohl, frage ich mich. vielleicht vor unwettern, missernten, überfällen räuberischer nachbarn?

abgesehen davon, dass mir die lebensumstände dieser ureinwohner sardiniens weitgehend unbekannt sind, weiß ich, dass sich auch heute viele menschen aus ähnlichen gründen hilfe suchend an einen gott wenden, weil ihnen die wahren ursachen für kriege und armut unbekannte sind. warum mir in diesem augenblick der begleiter der frau aus dem café in cannigione in den sinn kommt, weiß ich nicht. vielleicht wegen des bartes, den er trug.

zurück nach orune nehme ich einen bus und miete mich dort in einem kleinen hotel ein. um nichts von dem, was ich gesehen habe zu vergessen, setze ich mich sogleich an den tisch und notiere alles in mein notebook.

am morgen, nach einem frühstück italienischer art, beschließe ich von meinem plan, die stadt zu erkunden, abstand zu nehmen. plötzlich zieht es mich zurück nach cannigione, lediglich einer unbestimmten ahnung folgend.

monique

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