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1.02 Polarisation zwischen Arm und Reich

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An Geld ist kein Mangel, wenigstens für diejenigen, die in der obersten Klasse mitspielen. Und die Zahlen, die Geld beziffern, werden ständig länger. Millionen sind kaum noch interessant, es geht um Milliarden und auch schon um Billionen. Inzwischen haben drei Digital-Firmen einen Aktienwert von mehr als einer Billion Dollar: Apple, Microsoft und Amazon. Google kann im Ranking nicht weit dahinter liegen. In Ziffern sehen drei Billionen so aus:

3.000.000.000.000 $

Geld ist also genug da. Nur die Verteilung ist extrem. Es gibt einen wahnsinnigen Überschuss an finanziellen Mitteln in Form von Geld, Aktienbesitz und Immobilien in den Händen einer kleinen Schicht. Und die Mehrheit der Bevölkerung hat Probleme wegen der stagnierenden Einkommen, der steigenden Mieten und es gibt wenig Chancen, durch Eigeninitiative die Lage zu verbessern.

Die einen haben Probleme, ihren Geldüberfluss vernünftig zu disponieren, die anderen haben das Problem, dass sie wegen finanzieller und gesellschaftlicher Schranken nicht zum Zuge kommen und dass ihre Kinder und Enkel sich nicht voll entfalten können.

Der Geldüberfluss ist, grob gesagt, ein Ergebnis der Methode, wie Geld erzeugt und in Verkehr gebracht wird. Zusätzlich gibt es einen Mechanismus, der die Umverteilung von unten nach oben bewirkt. Am unteren Ende der Gesellschaft ist die Gefahr für einen Abstieg in den Billiglohn-Sektor enorm gestiegen und für Konzerne gibt es immer mehr Möglichkeiten, billigste Arbeitskräfte im In- und Ausland anzuheuern.

Man kann diesem Vorgang mit dem Begriff Polarisation beschreiben. Unsere Gesellschaft ist polarisiert. Das bedeutet, die beiden Extreme Arm und Reich werden nach Plus und nach Minus hin auseinandergezogen, also zu den Polen hin verstärkt, und das eine Extrem bedingt dabei das andere. Um die Polarisation zu beseitigen, genügt es nicht, an dem einen oder dem anderen Ende ein wenig abzumildern, sondern es muss an beiden Polen sehr viel geschehen. Man muss Armut und Reichtum gleichzeitig bekämpfen und in der Mitte der Gesellschaft die weitere Umverteilung von unten nach oben verhindern.

Das haben die Staaten und ihre Politiker seit mehr als zwanzig Jahren versäumt und bis heute haben sie kein Konzept, den Trend umzudrehen. Oder, wenn sie ein Konzept haben, sind sie nicht gewillt oder nicht in der Lage, es durchzusetzen. Dabei gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die sofort einsetzbar sind:

Eine satte Erbschaftssteuer würde verhindern, dass Vermögen ohne Leistung auf Familienmitglieder übergehen, nur weil sie Verwandte sind. Ein Mindestlohn existiert bereits, sollte aber erhöht und differenziert werden. Es gibt andere, vergleichbare Stellschrauben, zum Beispiel eine Mindestgebühr für Paketsendungen, von der ein fester Betrag an diejenigen geht, die das Paket an die Haustür bringen.

Die schlaue Frau Frings hat hier einen Einwand: Mir scheint, du willst etwas über soziale Gerechtigkeit los werden. Aber die Schüler, die protestieren, reden von Klimawandel und Umweltschutz und richten sich damit direkt an die Politiker. Antwort: Sie sind nicht die einzigen, die protestieren. Die Gelbwesten in Frankreich aber kritisieren finanzielle Verhältnisse. Warum die Umweltpolitik stecken geblieben ist, das liegt daran dass die Finanzwirtschaft sich durchgesetzt hat und nicht die Wissenschaft mit ihren Warnungen.

Die schlaue Frau Frings will es genauer wissen: Willst du damit sagen, dass wir von der Wallstreet regiert werden? Antwort: Nicht ganz. Wie das im Einzelnen funktioniert, wissen wir nicht so genau. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker.

Die schlaue Frau Frings wirft ein: Gottseidank, dass du das sagst, ich dachte schon du wärst einer. Antwort: Nein, Frau Frings, ich glaube nicht, dass irgendwo 'ne Clique sitzt, die alles dirigiert. Ich kritisiere das System. Wir sehen, dass Regierungen einfach die Forderungen der Finanzwelt umsetzen. Warum, das ist erst mal egal, man kann es so sagen, die haben gemeinsam den Bodenkontakt verloren und...

Frau Frings unterbricht mich wieder: Auch das hat nichts mit dem Klima und mit der Umwelt zu tun. Antwort: Du hast mich unterbrochen. Die Finanzmacht bestimmt die Richtung der Wirtschaft, die kurbelt den Konsum an und das produziert den ganzen Müll, dadurch kommt Plastik ins Meer und der CO2-Ausstoß wird nicht gedrosselt, sondern beschleunigt. Das alles geschieht, um mehr Geld zu verdienen und gleichzeitig Kredite zu bedienen.

Die schlaue Frau Frings zieht daraus ihre Schlussfolgerung: Dann müssen die Regierungen eingreifen und die Richtung bestimmen, sonst gehe ich demnächst auch demonstrieren. Antwort: Sag mir Bescheid, ich geh mit. Frau Frings bemerkt gnädig: Schreib erst mal an deinem Buch weiter, je nachdem überlege ich mir, ob ich mit dir demonstrieren will.

Der Staat ist in der Schlüsselposition, denn er kann Gesetze machen und Steuern erheben, wie viel und von wem er will. Dazu gibt es im Folgenden eine Reihe von konkreten Vorschlägen: Zum Beispiel eine Umsatz-Quellensteuer, welche die internationalen Konzerne bei den Einnahmen im Inland, also an der Geldquelle, packt. Und zusätzlich eine deutliche Reduktion der Sozialabgaben für alle Normalverdiener durch Einführung einer sozialen Quellensteuer.

Die soziale Quellensteuer ist eine Steuer, die auf Einnahmen erhoben wird und dann gegen Sozialabgaben verrechnet werden kann. Damit wird gleichzeitig die Produktivität von Maschinen und Robotern in das System integriert. Es darf nicht sein, dass Menschen als Leistungsträger gegenüber Maschinen schlechter abschneiden, nur weil sie Menschen sind und keine Roboter, und als lebendige Menschen ein soziales Umfeld mit Altersversorgung und Gesundheitssystem brauchen. Menschen wollen eine gesunde Umwelt. Roboter und Maschinen brauchen das nicht.

Oben müssen mehr Steuern erhoben werden, unten müssen Mindesteinkommen garantiert sein. Und auch im Mittelfeld der Gesellschaft, wo der Konsum eine entscheidende Rolle spielt, soll der Staat stärker eingreifen nach dem Motto:

Steuern durch Steuern.

Eine gestaffelte Mehrwertsteuer kann die Wirtschaft in vernünftigere Bahnen lenken. Das heißt, erhöhte Mehrwertsteuer auf übermotorisierte Fahrzeuge wie SUVs, Sportwagen und Motorräder. Diese Mehrwertsteuer würde nicht einmal den Export behindern, weil auf Exporte keine Mehrwert-steuer erhoben wird, aber bei uns würde man die Angeberei mit Motorkraft höher besteuern als Fußballschuhe oder Fahrräder. Biologische und gesunde Lebensmittel könnten von der Mehrwertsteuer völlig befreit sein

Zur Zeit gibt es drei Mehrwertsteuersätze: 0%, 7% und 19%. Diese Sätze stehen in keinem logischen Verhältnis zueinander, das System ist starr und nicht sehr intelligent. Der Satz von 0% gilt für Arzthonorare, Aktienkäufe und den Erwerb von Finanz-Derivaten. Aber gewerbliche Mieten und Anwaltsgebühren werden mit 19% MWSt belegt. Im Großhandel müssen verschiedene Mehrwertsteuersätze berücksichtigt werden.

Sinnvoller wäre eine gestaffelte Mehrwertsteuer, die technisch nicht komplizierter, aber viel flexibler ist. Sie arbeitet mit zwei Parametern, einem Mehrwertsteuersatz, für alle Artikel, bei 5% bis 8%, und einem Faktor von 0 bis 7, der in einem Rechenprogramm nur einen Speicherplatz von 3 Bit beansprucht. Will man die Mehrwertsteuern insgesamt herauf- oder heruntersetzen, wird der Satz variiert. Der Faktor von 0 bis 7 bestimmt die Staffelung.

Im Beispiel der übermotorisierten Fahrzeuge würde ich den Faktor 7 vorschlagen. Das ergibt bei einem Mehrwertsteuersatz von 5% die gestaffelte Mehrwertsteuer von 35%.

Die Idee einer CO2-Steuer ließe sich in die gestaffelte Mehrwertsteuer sehr elegant einbinden.

Dieses System bringt keine technischen Probleme, es ist nur schwer einzuführen, wenn über jede Einordnung einer Ware oder Dienstleistung Diskussionen stattfinden. Daher keine weiteren Vorschläge, außer dem, dass Gastronomie den Faktor 1 bekommen sollte, damit Studierende und Schüler aus einfachen Verhältnissen es sich wie früher leisten können, gelegentlich in einem Café zu sitzen, anstatt am Kiosk Flaschenbier zu kaufen und auf der Straße zu trinken. Die Gastronomie ist belastet durch hohe Mieten und hohe Personalkosten, aber sie leistet einen Beitrag zur Urbanität und Kultur.

Die Zeiten, wo man mit solchen Vorschlägen als Spinner, Marxist, Neidhammel oder sogar Ökofaschist abgestempelt wurde, sind vorbei. Das umwelt- und qualitätsbewusste Leben wird zum Mainstream, im Zeichen der neuen Aufklärung. Was noch fehlt, ist, dass der Staat regelnd eingreift und die Trends in der Wirtschaft mitbestimmt.

Leben im Geldüberfluss

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