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Kapitel 4

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Anatoli

Ich bin völlig außer Atem und nass geschwitzt. Dennoch schlage ich ununterbrochen weiter auf den Boxsack ein. Und ich habe auch nicht vor, aufzuhören. Zumindest nicht in den nächsten Minuten.

Meine ganze überschüssige Energie lasse ich an ihm aus. Und davon habe ich eine Menge. Woher sie genau kommt weiß ich nicht. Doch ich schiebe es einfach mal darauf, dass ich mich schon lange nicht mehr geprügelt habe.

Nachdem ich jetzt festgestellt habe, dass mein Eingreifen hier wirklich wichtig ist und mein Vater mich nicht einfach aus einer Laune heraus in die Staaten geschickt hat, bin ich nicht mehr ganz so sauer auf ihn. Dennoch bin ich der Meinung, dass er mir wenigstens ein paar Tage eher etwas hätte sagen können.

„Bist du immer noch hier? Ich dachte, du hättest schon vor zwei Stunden aufgehört.“ Viktor sieht mich beinahe ein wenig belustigt an.

„Sieht man doch. Oder bist du blind?“, erwidere ich, ohne dabei mit meinen Bewegungen aufzuhören.

„Wärst du am Wochenende einfach mitgekommen, so wie ich es dir gesagt habe, würde es dir jetzt nicht so gehen“, stellt er mit einer selbstgefälligen Stimme fest.

Zu gerne würde ich ein paar Dinge darauf erwidern, von denen ich weiß, dass sie ihm nicht gefallen werden. Doch das mache ich nicht. Ich habe keine Lust, mich weiterhin damit zu beschäftigen. Vor allem deswegen, weil er es ganz genau weiß. Aus diesem Grund ziehe ich es vor, weiter auf den Boxsack einzuschlagen.

„Okay, du willst dich also nicht darüber unterhalten. Auch gut, ich muss das nicht unbedingt ausdiskutieren. Du weißt, dass ich eher meine Fäuste für mich sprechen lasse, als Worte. Dann unterhalten wir uns halt lieber übers Geschäft. Ich habe den Termin bezüglich der Homepage für heute Nachmittag gemacht.“

Kaum sind seine Worte durch den dichten Nebel gedrungen, der mich immer beim Training umgibt, halte ich schließlich doch inne. Langsam, fast schon in Zeitlupe, drehe ich mich in seine Richtung und schaue ihn abwartend an. Doch er macht keine Anstalten noch etwas zu sagen. Dennoch kann ich das Funkeln in seinen Augen erkennen. Er macht sich einen Spaß daraus und das gefällt mir überhaupt nicht.

„Und?“, knurre ich wütend. Ich war noch nie der Typ Mensch, der gerne rätselt. Und das weiß Viktor auch. Dennoch sieht er mich auf eine Art und Weise an, die mir überhaupt nicht gefällt.

„Du musst hingehen“, erklärt er mir in der nächsten Sekunde, als ich schon die Befürchtung habe, dass er überhaupt nicht mehr zum Punkt kommt.

„Sehe ich so aus, als würde ich seit neustem zu irgendwelchen Geschäftsterminen gehen, bei denen es um so etwas geht?“, stoße ich zwischen den Zähnen hervor. Dabei richte ich mich zu meiner vollen Größe auf, auch wenn ich weiß, dass ich Viktor so keine Angst machen kann.

„Nein, aber du hast es auch nie für möglich gehalten, dass dein Vater dich nach Los Angeles schickt. Und dennoch bist du nun hier.“

Aus einem Reflex heraus schlage ich wieder auf den Boxsack ein.

„Die sollen einfach nur eine vernünftige Webseite und ein neues Logo machen. Das kann doch nicht so schwer sein. Dann wird dieser Laden mit Sicherheit auch wieder Gewinn machen. Jeder Club, in dem es nackte Frauen gibt, macht Gewinn, wenn die Homepage vernünftig geführt wird und er in einem vorzeigbaren Zustand ist. Das wäre der erste, bei dem das nicht der Fall ist.“

„Da bin ich ganz deiner Meinung. Wenn sogar Iwan das mit seinem komischen Hinterhof-Club schafft, wird das in einer Stadt wie Los Angeles doch wohl machbar sein.“

„Dann sind wir ja einer Meinung. Ich muss mich um eindeutig wichtigere Dinge kümmern. Unter anderem muss ich nachher den Mexikanern gehörig auf die Füße treten. Es hat ewig gedauert, das Hauptquartier von ihnen ausfindig zu machen. Doch nun habe ich sie.“

Meine Stimme und meine angespannten Muskeln lassen nicht den kleinsten Zweifel daran, dass es nicht mein Job ist, zu so einem Treffen zu gehen. Zur Not kann ich auch einen der anderen schicken. Irgendjemand wird sich da schon finden.

„Ich bin dein Bodyguard. Deine rechte Hand sozusagen. Mein Job ist es nicht, so einen Termin zu vereinbaren. Und trotzdem habe ich das getan. Wenn du jemanden brauchst, der sich um solche Sachen kümmert, wirst du eine Sekretärin einstellen müssen. Sie kann ja in einem kurzen Rock vor deinen Augen herumtänzeln und dabei deine Termine machen. Dann hast du auch etwas für die Augen. Außerdem können wir davon ausgehen, dass die Mexikaner eh erst heute Abend in ihrem Club sind. Wahrscheinlich vögeln sie sich gerade durch sämtliche Betten ihrer Gespielinnen. Du hast also noch nichts vor.“

Noch während er spricht, bildet sich ein dreckiges Grinsen auf seinem Gesicht. Jedem anderen würde ich dafür eine verpassen, weil er meint, mich zu etwas zwingen zu können. Von dem Ton, in dem er mit mir gesprochen hat, mal abgesehen. Bei ihm mache ich das jedoch nicht. Das heißt nicht, dass ich es ihm durchgehen lasse. Doch ich muss zugeben, dass es schon irgendwie gut ist, dass es wenigstens einen gibt, der mir seine Meinung sagt.

Und jeder weiß, dass er da eine Ausnahme ist. Deswegen traut es sich auch sonst keiner.

„Okay“, grummle ich vor mir hin. „Aber fürs Protokoll, dafür schuldest du mir etwas.“

Ich gebe mich zwar damit einverstanden, da ich hoffe, dass es nicht so lange dauert und ich danach direkt zu den Mexikanern fahren kann. Doch ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich überhaupt Lust dazu habe, mich in so ein Meeting zu setzen. Eigentlich macht das immer meine Mutter. Ich bin eher der Mann für die grobe Arbeit.

„Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst“, ruft er aus und klatscht dabei in die Hände. In dieser Sekunde wird mir klar, dass er mir nicht alles gesagt hat. Er verheimlicht mir etwas Wichtiges und das gefällt mir überhaupt nicht.

Bevor ich ihn allerdings danach fragen kann, hat er sich umgedreht und ist wieder verschwunden. Seufzend fahre ich mir über den Nacken und schaue ihm nach, während ich überlege, ob ich dafür sorgen soll, dass er wieder zurückkommt.

Ich habe meinen Freund schon einige Male so gesehen. Deswegen kann ich mit großer Gewissheit sagen, dass er etwas ausheckt. Ja, in diesem Punkt ist er eindeutig ein kleines Kind geblieben.

Doch irgendeinen Grund muss es haben, dass ich dahin gehen soll, obwohl er weiß, dass ich das sonst nicht mache.

Auch als ich ein paar Stunden später in meinem Wagen sitze und Viktor zu diesem Termin fährt, habe ich noch immer schlechte Laune. Ich habe keine Ahnung, wieso er meint, dass ich unbedingt dahin muss. Doch ich möchte es zu gerne erfahren.

„Du hast die Wahl“, fahre ich ihn an, als ich aus dem Wagen steige.

Neugierig sieht er mich an, während er darauf wartet, dass ich weiterspreche.

„Entweder wischst du dir jetzt dein dämliches Grinsen aus dem Gesicht, oder ich helfe dir nach und lasse dich nachher mit den Mexikanern sprechen. Vielleicht können sie ja dafür sorgen, dass deine gute Laune verschwindet.“

„Die sind keine Herausforderung für mich. Mit denen werde ich fertig“, erwidert er unbeeindruckt. Dabei grinst er jedoch noch immer über das ganze Gesicht.

Ich beschließe, dass ich diese Unterhaltung auf später verschieben werde. Erstmal will ich jetzt dieses Meeting hinter mir haben, auch wenn ich nicht weiß, was ich hier soll.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gehe ich an ihm vorbei und betrete das riesige Bürogebäude. Direkt vor mir befindet sich eine Tafel, auf der die einzelnen Firmen aufgelistet sind, die sich in diesem Gebäude befinden. Und ich muss sagen, dass es einige sind. Deswegen dauert es auch ein wenig, bis ich den richtigen Namen gefunden habe und den Aufzug betreten kann.

Nachdem wir ihn wieder verlassen haben, schaue ich mich um. Einige Schritte entfernt befindet sich eine Glastür, auf der in großen Schritten der Name der Agentur steht, die Viktor anscheinend beauftragt hat. Auch wenn es einleuchtet, dass ich als Chef einen Blick darauf werfen sollte, so finde ich noch immer, dass es eine schwachsinnige Idee und verschwendete Zeit ist. Und so ganz kann ich auch noch immer nicht glauben, dass ich mich wirklich darauf eingelassen habe.

Um ihm zu zeigen, dass ich noch immer nicht den Sinn dahinter verstehe, werfe ich ihm einen bösen Blick zu, bevor ich hineingehe.

„Mr. Nesterow“, werde ich von einem Mann begrüßt, der mit großen Schritten auf mich zukommt. Auf seinem Gesicht befindet sich ein selbstgefälliges Lächeln. Ich weiß bereits jetzt, dass er mir auf die Nerven gehen wird. Doch ich bin freundlich genug, um mir das nicht anmerken zu lassen. Auch wenn ich sagen muss, dass es mir schwerfällt.

„Danke, dass Sie so kurzfristig einen Termin für mich hatten. Aber das hätten Sie nicht machen müssen. Ich will einfach nur, dass die Seite des Clubs auf Vordermann gebracht wird. Genaue Vorstellungen habe ich da nicht“, erkläre ich ihm.

So mache ich aber auch klar, dass ich eigentlich überhaupt keine Ahnung habe, wieso ich hier bin. Meine Muskeln sind angespannt und mit meinen Gedanken bin ich schon bei der überfälligen Unterhaltung mit den Mexikanern.

Einen Moment sieht er mich an. Ich gehe davon aus, dass er sich gerade überlegt, was er darauf erwidern soll.

„Kommen Sie erstmal. Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden.“ Kaum hat er ausgesprochen, dreht er sich herum und geht voraus in eines der vielen Zimmer.

Wie sich herausstellt, befinden wir uns in einem großen Konferenzraum. An dem Tisch, der sich in der Mitte befindet, haben mindestens fünfzehn Personen Platz. An den Wänden hängen Aufnahmen der Stadt und in der Mitte eine riesige Uhr.

„Setzen Sie sich“, fordert er mich auf und zeigt auf zwei der Stühle. „Ich gebe zu, dass es ein sehr ungewöhnlicher Auftrag ist. Aber wir nehmen jede neue Herausforderung gerne an“, spricht er weiter, nachdem er scheinbar ein paar Sekunden darüber nachgedacht hat, wie er es am besten ausdrücken soll.

Ich habe diese Wirkung auf so ziemlich jeden, der mir begegnet. Die einen lassen sich davon aber aus der Ruhe bringen und denken über ihre Worte nach, während andere meinen, mir zeigen zu müssen, dass sie besser sind als ich. Schon einige Male ist es vorgekommen, dass sie sich dabei um Kopf und Kragen geredet haben. Sie sprechen Drohungen aus oder machen Versprechungen, die sie nicht halten können. Und auf beides reagiere ich sehr allergisch.

Bis jetzt habe ich jedem zeigen können, dass man sich mit mir besser nicht anlegt. Und ich habe nicht vor, etwas daran zu ändern.

Ich sehe ihm an, dass er unsicher ist und noch etwas sagen will. Doch bevor er einen Ton von sich geben kann, höre ich das leise Geräusch von Pumps hinter mir und sehe seinen beinahe erleichterten Gesichtsausdruck.

„Sarah“, ruft er und winkt einer Person hektisch zu.

Neugierig drehe ich mich herum. Doch als ich die Frau entdecke, die hinter mir steht, kommt es mir so vor, als würde man sich einen Scherz erlauben. Beziehungsweise, als würde Viktor sich einen Scherz mit mir erlauben.

Wie ich feststellen muss, handelt es sich bei Sarah um die Frau, die mir bereits am Wochenende in der Bar aufgefallen ist. Und um die Frau, wegen der ich mir von Viktor den einen und anderen Kommentar anhören durfte.

Sie hat den Blick auf die Unterlagen in ihren Händen gerichtet, sodass sie mich noch nicht bemerkt hat. Doch mich stört es nicht. So gibt sie mir nämlich die Möglichkeit, sie ausgiebig betrachten zu können.

Ihre langen braunen Haare fallen ihr in leichten Wellen über die Schultern. Sie trägt eine Bluse, die sie in ihre Hose gesteckt hat. Die Bluse ist zwar weit geschnitten, dennoch kann ich erkennen, dass sie Rundungen an den richtigen Stellen hat. Vor allem ihr Hintern sticht mir ins Auge, als sie an mir vorbei auf die andere Seite des Tisches geht. Er ist nicht gerade das, was man als zierlich bezeichnen kann. Auf den ersten Blick kann ich erkennen, dass er perfekt in meine großen Hände passen würde.

Sie setzt sich mir direkt gegenüber auf den Stuhl, ohne sich umzusehen, sodass sie mich noch immer nicht gesehen hat. Herausfordernd schaue ich sie an, während ich darauf warte, dass sie endlich ihren Kopf hebt und in meine Augen sieht.

„Sie haben da ein wirklich …“, beginnt sie, spricht jedoch nicht weiter, als würde sie nicht wissen, was sie sagen soll. Ein wenig unsicher verzieht sie das Gesicht, während sie ein Blatt zur Seite legt und sich die nächste Seite ansieht. „… sehr interessantes Geschäft, Mr. Nesterow“, fährt sie schließlich fort.

Und du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich dort am liebsten mit dir machen würde, schießt es mir durch den Kopf.

„Es ist schon lange in Familienbesitz“, antworte ich nur mit dunkler und gefährlicher Stimme. Noch immer hat sie mich nicht angesehen, sodass es noch mehr Spaß macht, mit ihr zu spielen.

Ich wende mich nicht von ihr ab. Aus dem Augenwinkel sehe ich aber, wie Viktor hinterhältig grinst. Und in diesem Moment wird mir klar, dass er wusste, dass sie hier arbeitet. Wundern tut es mich nicht. Wenn es darum geht, etwas in Erfahrung zu bringen, ist er der Beste. Doch gerade bin ich zu sehr auf sie konzentriert, um mich um ihn zu kümmern. Das heißt aber nicht, dass ich das nicht noch machen werde.

Langsam, viel zu langsam, hebt sie endlich ihren Kopf und sieht mich an. Ich kann dabei zusehen, wie sich ihre Augen weiten und ihr Mund sich ein Stück öffnet, als sie mich erkennt. Und ich weiß ganz genau, dass Letzteres der Fall ist. Das verrät mir der Ausdruck in ihren Augen.

Obwohl sie den wahrscheinlich für sich behalten will.

„Mein Vater hat mir die Entscheidung überlassen, ob ich den Laden schließe, was ich am liebsten gemacht hätte. Aber er befindet sich schon so lange im Besitz meiner Familie, dass er schon zu einem Teil der Familie geworden ist. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, ihm zu altem Glanz zu verhelfen. Auch, wenn das eine Menge Arbeit bedeutet.“

Sarah sieht mich an, als wäre sie sich nicht sicher, was ich ihr damit sagen will. Doch ich weiß es genau. Ich will sie verunsichern, indem ich weiter spreche. Ich spüre nämlich, dass ich sie noch weiter einnehmen kann. Ganz davon abgesehen genieße ich es zu sehr, sie so leicht aus ihrem inneren Gleichgewicht zu ziehen. Man kann auch behaupten, dass ich es genieße, mit ihr zu spielen.

„Ich heiße übrigens Anatoli, meine Freunde nennen mich Toli. Mr. Nesterow ist mein Vater“, fahre ich unbeeindruckt fort.

Aus dem Augenwinkel kann ich jedoch sehen, wie Viktor erneut grinst. Sein Verhalten erklärt zumindest, wieso er so darauf bestanden hat, dass ich den Termin wahrnehme.

„Ich habe gleich noch einen wichtigen Termin“, lasse ich nun den Geschäftsmann raushängen, der ich bin. Allerdings ein anderer, als sie wahrscheinlich denkt. „Sollten Sie mich fragen, wie ich sie mir vorstelle, kann ich Ihnen nur sagen, dass ich es nicht genau weiß. Entscheiden Sie es einfach.“

Ihr Mund öffnet sich, allerdings sagt sie nichts. Und auch ihr Chef und Viktor sehen mich ungläubig an. Ich weiß, dass es ein gewagter Schritt ist. Hier geht es um Millionen. Und es einfach einer fremden Person zu überlassen ist etwas, was ich sonst nie machen würde. Doch mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich mir bei ihr keine Sorgen machen muss. Ich weiß nicht, woher ich diese Gewissheit nehme, doch ich handle immer nach meinem Bauchgefühl. Einer der Punkte, wieso ich mich so oft mit meinem Vater streite.

„Was?“, fragt sie noch einmal nach, als wäre sie sich nicht sicher, ob sich mich auch wirklich richtig verstanden hat.

„Ich überlasse das Ihnen. Ich bin ein viel beschäftigter Mann und habe keine Zeit dafür.“ Ich bedenke sie mit einem schiefen Lächeln auf dem Gesicht und stehe wieder auf.

Aus irgendeinem Grund, den ich selber nicht so genau weiß, fällt es mir schwer, von hier zu verschwinden. Doch ich habe heute noch einiges vor und bin mir sicher, dass ich noch öfters etwas von ihr hören werde. Sie sieht nämlich so aus, als würde es nicht sehr oft passieren, dass man ihr freie Hand lässt.

Sarah steht ebenfalls auf und will sich von mir verabschieden. Doch bevor sie das machen kann, lehne ich mich ein Stück nach vorne, sodass sie mir nicht mehr entkommen kann, wobei sie vor ein paar Sekunden schon so aussah, als würde sie mir nicht ausweichen können.

„Wir sehen uns bestimmt bald wieder“, flüstere ich so leise mit geheimnisvoller Stimme in ihr Ohr, dass nur sie mich verstehen kann. Dann lasse ich sie einfach stehen, bevor sie noch etwas erwidern kann.

„Ich wusste, dass es dir gefallen wird, dass du nun doch auf mich gehört hast“, stellt Viktor fest, nachdem er ebenfalls in den großen Truck eingestiegen ist.

„Du hättest mir wenigstens etwas sagen können“, weise ich ihn an.

„Dann wäre der Spaß doch nur halb so groß gewesen.“

„Ich habe es dir vorhin schon gesagt. Wisch´ dir endlich das Grinsen aus dem Gesicht“, knurre ich wütend, starte den Motor und fädle mich in dem Verkehr ein.

„Man sollte meinen, dass du bessere Laune haben solltest. Schließlich kennst du jetzt ihren Namen und weißt, wo sie arbeitet.“

Ich kann nicht verhindern, dass mir ein lautes Seufzen über die Lippen dringt. Allerdings ziehe ich es vor den Mund zu halten und stattdessen auf einen riesigen Parkplatz zu fahren.

„Kein Stil“, murmle ich, während ich das einstöckige Haus betrachte, was sich direkt vor mir befindet. Es ist alt und heruntergekommen. Man kann mit Gewissheit sagen, dass es eindeutig schon bessere Zeiten hatte und man es nur noch abreißen sollte.

„Auch wenn es wahrscheinlich eine blöde Idee ist, brauchst du Verstärkung?“

„Nein, mit denen kommen wir auch alleine klar“, erkläre ich und hole meine Waffe aus dem Handschuhfach. Als Nächstes lade ich sie und steige aus. Während ich auf den Eingang zugehe, stecke ich sie mir hinten in den Hosenbund.

Jede Faser meines Körpers ist angespannt. Ich weiß, dass sie es mir nicht leicht machen werden. Doch das erwarte ich auch überhaupt nicht. Und um ehrlich zu sein, hoffe ich sogar, dass sie Widerstand leisten werden.

Ohne anzuklopfen trete ich die Tür ein. Der Mann, der mir am nächsten steht, dreht sich erschrocken in meine Richtung. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde realisiert er, dass ich für Ärger sorgen werde. Mit zwei Schritten ist er bei mir und versucht mich aufzuhalten. Doch bevor er das machen kann, habe ich seinen Kopf bereits gegen die Wand geschlagen und ihn so ausgeschaltet.

„Ich möchte mit eurem Chef sprechen“, erkläre ich den anderen beiden, und richte meine Waffe auf sie.

Kurz sehen sie so aus, als würden sie es mir nicht sagen wollen, wo sich dieser aufhält. Doch als ich mich schon darauf gefasst gemacht habe, dass ich noch deutlicher werden muss, nickt der eine von ihnen in die Richtung einer Tür.

„Wenigstens einer von euch, der anscheinend genug Verstand in seinem Kopf hat. Ihr solltet euch um euren Freund kümmern. Wenn er wieder wach ist, wird er Kopfschmerzen haben“, weise ich sie noch an, ehe ich an ihnen vorbeigehe.

Erneut trete ich ein, ohne vorher anzuklopfen. Umso größer ist die Überraschung.

„Wir haben ein Problem“, verkünde ich und sorge so dafür, dass sich alle in meine Richtung drehen. Sofort werden Waffen auf uns gehalten.

„Wer sind Sie?“

„Ich nehme deine Frage als Beweis dafür, dass ich wahrscheinlich schon viel eher hätte kommen sollen. Ich bin Anatoli Nesterow.“ Ich kann beobachten, wie sich ihre Augen weiten, als ich meinen Namen nenne. „Es ist also schon bei euch angekommen, dass ich in der Stadt bin.“

„Was?“, fragt nun ein älterer Mann, von dem ich annehme, dass er hier das Sagen hat.

„Ich mache es kurz, da ich mich noch um ein paar Sachen kümmern muss. Man kann also sagen, dass ihr nur ein kleiner Zwischenstopp seid. Deswegen hört gut zu, denn ich sage das nur ein einziges Mal. Ihr werdet wieder nach unseren Spielregeln spielen. Und das heißt, dass ihr keine krummen Geschäfte mehr macht, wenn es dabei um uns geht. Wenn ihr meint, dass ihr andere übers Ohr hauen könnt, ist das euer Problem, macht das ruhig. Nun habe ich hier allerdings das Sagen. Und das bedeutet, dass ihr euch wieder an meine Regeln halten werdet.“

Das leise Lachen des alten Mannes dringt an meine Ohren. Er steht auf und kommt um den Schreibtisch herum. Auch wenn er sich noch mehrere Meter von mir entfernt befindet, so kann ich doch die Alkoholfahne riechen, die von ihm ausgeht. Und wenn ich mich nicht irre, dann ist das auf dem Tisch kein Mehl.

„Du kommst hier rein und meinst wirklich, dass wir machen, was du willst?“, fragt er mich.

„Ich meine es nicht nur, ich weiß, dass ihr das macht.“ Ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich es genauso meine, wie ich es gesagt habe.

„Dein Vater ist ein alter Mann. Er hat hier nicht mehr das Sagen.“

„Stimmt, das habe ich jetzt. Aber ich bin mir sicher, dass ich das bereits erwähnt habe.“

Ohne darüber nachzudenken, mache ich einen Schritt auf den Mann zu, der neben mir steht. Ich greife mir seine Waffe und drehe sie von mir weg, wobei ich auch einen Schuss abgebe. Als Nächstes ramme ich ihm meine Faust erst in den Magen und dann ins Gesicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Viktor sich um die Männer kümmert, die neben ihm stehen.

Nachdem der Typ, den ich in der Mangel habe, bewusstlos auf den Boden gesackt ist, richte ich meine Waffe wieder auf den Boss dieser Idioten.

„Das war nur eine Warnung, und ich spreche Warnungen wirklich selten aus. Sieht es einfach als eine Art Geschenk an, weil ich neu in der Stadt bin. Aber uns wird kein Cent mehr vorenthalten. Ihr genießt unseren Schutz, denkt immer daran. Sollte ich erfahren, dass ihr uns erneut bescheißen wollt, werde ich wieder kommen und dieses Mal nicht so freundlich sein. Und wenn man es genau nimmt, dann sind ein paar bewusstlose Männer noch freundlich von mir.“

Während ich spreche, halte ich ihm meine Waffe an den Kopf. Ich gebe ihm zu verstehen, dass er nicht der Chef im Ring ist, sondern ich.

Ich warte noch kurz darauf, dass er etwas sagt, doch das macht er nicht. Stattdessen nickt er nur. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass ich mich nicht darauf verlassen kann.

Ich gebe Viktor ein kurzes Zeichen und verlasse das Büro. Schnell gehe ich wieder auf die Eingangstür zu. Doch bevor ich sie erreicht habe, schlägt eine Kugel neben mir in der Wand ein.

Blitzschnell drehe ich mich herum und schieße zurück, sodass der Schütze blutend mit einem Loch in der Brust zusammenbricht.

„Manche lernen es nie“, murmle ich vor mir hin und betrachte ihn dabei. Schon früh habe ich gelernt, mit einer Waffe zu hantieren. Dementsprechend bin ich auch ein guter Schütze.

„Du weißt schon, dass das Krieg bedeuten wird?“, stellt Viktor fest, als wir auf meinen Wagen zugehen.

„Na, das hoffe ich doch. Wo wäre denn der Spaß, wenn es nicht so wäre?“

Meine Stimme ist nicht mehr als ein böses Knurren. Alleine für die Tatsache, dass sie auf mich geschossen haben, würde ich jedem einzelnen von ihnen am liebsten eine Kugel in den Kopf jagen.

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