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Wahrnehmen und verstehen – Die Zeit

Sie erinnern sich – der erste Teil des Buches lädt ein, wahrzunehmen und zu verstehen, wo wir denn im Augenblick gerade stehen. Neben dem Raum gilt unsere Aufmerksamkeit auch der Zeit.

Das Zeitverständnis unserer Ahnen – das keltische Jahresrad

Das allgemeine Zeitverständnis der heutigen Zeit kennen wir wohl alle besser als uns oft lieb ist: Ein Tag jagt den nächsten, 24 Stunden sind zu kurz, um alles unterzubringen und dabei keinen Stress zu verspüren. Zumindest ist das für die meisten von uns das Tempo, mit dem wir durch die Jahre hasten, die immer schneller vergehen zu scheinen. Manchmal bleibt nicht mal die Zeit, stehenzubleiben, um das, was ist zu erkennen und wahrzunehmen. Doch genau das ist es, was wir jetzt tun wollen, und dabei dürfen wir uns vom Zeitverständnis unserer Ahnen helfen lassen:

Den wesentlichen Rahmen für das Leben bildete für unsere frühen Ahnen die Natur mit ihren Rhythmen des Lebens. So erkannten unsere Vorfahren, dass sich alles Leben in Kreisen und Kreisläufen aufbaut. Auch die Zeit verläuft in der Vorstellung unserer Ahnen zirkular, in einem Rad oder einer Spiralbewegung und wird dabei dehnbar. In dieser Kreisbewegung bilden alle Erfahrungen der vorangegangenen Jahre die Basis für die nächsthöhere Ebene in der Spirale des ewigen Lebens. Dies kann in den Rhythmen der Natur sehr gut beobachtet werden – gilt dies doch für jeden Baum, jede Pflanze, die Kreisläufe des Mondes, die Gezeiten des Meeres … und auch für jeden von uns Menschen.

Mond, Sonne und die Rhythmen der Natur

Dem Zeitverständnis unserer Ahnen, das wir heute als das keltische Jahresrad bezeichnen, geben vor allem der Lauf der Sonne und der Lauf des Mondes wichtige Ankerpunkte.

Der Kreislauf eines Jahresrades war und ist geprägt durch vier Sonnenfeiertage und den dazwischenliegenden vier Mondfeiertagen. Somit ergeben sich für den Jahreskreis acht markante Feiertage, die als rituelle Feste gefeiert wurden.

Die Eckpfeiler aus dem Sonnenjahr sind:

Wintersonnenwende

am 21. Dezember

Tag - und Nachtgleiche im Frühling

am 21. März

Sommersonnenwende

am 21. Juni

Tag - und Nachtgleiche im Herbst

am 21. September

Die ergänzenden Feiertage aus dem Mondkalender sind:

Samhain zu Allerheiligen am 1. November

Das ist auch der Jahresbeginn der Kelten und der Beginn des Winterhalbjahres. Mit der Dunkelheit wird das Leben geboren und es wächst im Licht.

Imbolc zu Lichtmess am 1. Februar

Zur »Lichtbrauchnacht« feiern wir die Geburt des Lichts und des neuen Lebens.

Beltaine zu Walpurgis am 1. Mai

Zu Beginn des Sommerhalbjahres wird das große

Fruchtbarkeitsfest gefeiert.

Lugnasad zu Mariä Himmelfahrt am 1. August

Am Höhepunkt des Seins steht die Ernte am Tag der »Hochzeit des Lichts« ins Haus.

Für unsere Ahnen bildete der Mondkalender einen rituellen Kalender, der im Lauf eines Jahres den gesamten Bogen des Lebens umspannt. Beginnend mit der Geburt und dem Neubeginn zu Samhain läuft die Entwicklung über das Gedeihen des Lebens (Imbolc) zur Blüte (Beltaine) und zur Ernte des Lebens (Lugnasad), bis sich der Kreis des Lebens zu Samhain wieder schließt: Der Tod wird als Transformation und Aufstieg auf die nächste Stufe des Seins verstanden. Zu Samhain übergibt das alte Jahr an das neue, der Kreislauf des Lebens wird auf der nächsthöheren Stufe wiedergeboren und durchläuft aufs Neue alle Stufen des Seins und der Entwicklung.


Mit dem Übergang vom Jäger- und Sammler-Dasein des Menschen hin zu Ackerbau und Viehzucht kam zum Mondkalender der Sonnenkalender als wichtige Ergänzung hinzu. Ab nun wurde es wichtig, in Anbetracht der bevorstehenden Jahreszeiten Aussaat und Ernte entsprechend zu planen. Der Lauf der Natur regelt die Balance zwischen der Aktivität im Außen und dem In-die-Stille-Gehen mit dem Rückzug nach innen. Aufgrund der Tatsache, dass die Erde um die Sonne kreist, teilt sich das Jahr in eine dunkle und eine helle Jahreshälfte. Unsere Ahnen verstanden das Winterhalbjahr als stille Jahresnacht und das Sommerhalbjahr als aktiven Jahrestag.

Wo Licht und Dunkel aufeinandertreffen, finden sich immer besondere Energiequalitäten. Der Schleier zur Anderswelt und zu feinstofflichen Energieebenen lichtet sich an solchen Übergängen und macht den Austausch mit anderen Ebenen des Seins für uns Menschen einfacher. Solche besonderen Momente des Übergangs können wir in kleinen wie auch in größeren Zeitebenen bewusst erleben:

• in der Dämmerung

• zum Jahreswechsel

• an den vier Mondfeiertagen, besonders an Samhain

• und natürlich speziell in der Zeit der Raunächte!

Der Mond und die Sonne bilden den »Rahmen« für das keltische Jahresrad.

Der Mondkalender ist kürzer als der Sonnenkalender, der mit seinen 365 (bzw. 366) Tagen die heute übliche Kalenderzählung umfasst. Aus dem Unterschied zwischen diesen beiden Zyklen ergeben sich zwölf Tage und Nächte, die in die dunkle »Jahresnacht« des Winters fallen. Diese »Zeit zwischen den Zeiten« ist als die Zeit der Raunächte bekannt: Diese wohl mystischste Zeit des Jahres entzieht sich dem stabilen Gerüst des Sonnen- und Mondkalenders und fällt gewissermaßen »aus dem Rahmen«. Von unseren Ahnen wurden diese Tage und Nächte mit besonderer Achtsamkeit gelebt. In dieser Zeit werden – den alten Überlieferungen zufolge – die Samen für das kommende Jahr gelegt. Diesen Aspekt der achtsamen Lebensgestaltung dürfen wir auch heute – angepasst an die Anforderungen der modernen Zeit – mehr und mehr als Anker in unserer schnelllebigen Zeit wiederentdecken und verstehen.


Räuchern, Raunacht, Rituale

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