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Petrus will auf dem Wasser gehen

Sofort danach schickte Jesus seine Jünger zum Boot zurück und befahl ihnen, ans andere Ufer überzusetzen, während er die Menschen nach Hause entließ. Dann stieg er allein in die Berge hinauf, um dort zu beten. Als es dunkel wurde, war er immer noch allein dort oben. In der Zwischenzeit gerieten die Jünger weit weg vom Ufer in Seenot, denn ein starker Wind war aufgekommen, und sie hatten gegen hohe Wellen anzukämpfen. Gegen drei Uhr morgens kam Jesus über das Wasser zu ihnen. Als ihn die Jünger sahen, schrien sie entsetzt, denn sie hielten ihn für einen Geist. Doch Jesus sprach sie sogleich an: „Es ist gut“, sagte er. „Ich bin es. Habt keine Angst.“ Da rief Petrus ihm zu: „Herr, wenn du es wirklich bist, befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen.“ „Dann komm“, sagte Jesus. Und Petrus stieg aus dem Boot und ging über das Wasser, Jesus entgegen. Als er sich aber umsah und die hohen Wellen erblickte, bekam er Angst und begann zu versinken. „Herr, rette mich!“, schrie er. Sofort streckte Jesus ihm die Hand hin und hielt ihn fest. „Du hast nicht viel Glauben“, sagte Jesus. „Warum hast du gezweifelt?“ Als sie schließlich zurück ins Boot stiegen, legte sich der Wind. Da beteten ihn die Jünger an. „Du bist wirklich der Sohn Gottes!“, riefen sie. (Matthäus 14,22-33)

Heute machen wir also einen Sprung ins Matthäusevangelium. Wir werden in den nächsten Tagen verfolgen, wie Matthäus die Geschichte weitererzählt. Er hat sie vermutlich für eine Gemeinde von jüdischen Christen aufgeschrieben, deshalb besteht eines seiner wichtigsten Anliegen darin zu zeigen, dass Jesus der verheißene Messias ist. Und die unglaubliche Geschichte, die wir heute lesen, ist so etwas wie eine göttliche Bestätigung dieser Tatsache. Jesu Macht über die stürmische See zeigt, dass er der Stellvertreter ist, durch den Gott die Welt erneuern will. Gerade so, wie Gott gleich zu Anfang der Bibel in der Schöpfungsgeschichte dem Wasser befahl, Platz zu machen für das Land (1. Mose 1,6-7). Ein Jude, der damals die Geschichte von Petrus hörte, hat diese Verknüpfung sicher sofort hergestellt.

Tobendes Wasser steht meistens für Chaos und Gefahr. So ist die grundlegende symbolische Bedeutung der Taufe auch das Ertrinken und nicht die Reinigung. Wir steigen hinab in die tiefen Wasser des Todes und sterben mit Christus. Doch dann werden wir gerettet: Wir erstehen aus dem Wasser in ein neues Leben. Genau dies passiert in unserer Geschichte mit Petrus: Jesus rettet ihn vor dem Ertrinken.

Bevor wir uns jetzt der Geschichte selbst zuwenden, noch eine Vorbemerkung: Ist Ihnen aufgefallen, dass Jesus weggegangen war, um allein zu beten? Das hat er während seines Wirkens auf der Erde immer wieder getan: Er zog sich zurück, um Zeit mit Gott zu verbringen, denn er wusste, dass er ohne die Gnade Gottes nichts tun konnte. Und das ist die erste schmerzliche Lektion, die Petrus als von Gott Berufener lernen musste – er musste Gott an die erste Stelle setzen und aus seiner Gnade handeln statt aus eigener Kraft.

Gott rettet

Die Jünger sind draußen im Boot, der Sturm hat sie im Griff und treibt das Boot immer weiter vom Land weg.

Um drei Uhr morgens kommt Jesus über das Wasser auf das Boot zugelaufen. Die Jünger bekommen einen fürchterlichen Schrecken, aber Jesus spricht mit ihnen und beruhigt sie. Er sagt: „Ich bin es.“ Und wie alle Worte in der Bibel, besonders wenn Jesus sie sagt, haben diese drei kleinen Worte große Bedeutung.

Als Gott sich im Alten Testament seinem auserwählten Volk Israel offenbarte, sagte er ihnen seinen Namen. Das können wir im 2. Buch Mose (Exodus) in der Geschichte der Berufung Mose nachlesen (2. Mose 3,1-14). Mose sah Flammen aus einem Dornbusch steigen, aber der Busch verbrannte nicht. Gott sprach aus dem Busch zu Mose und gab ihm einen Auftrag, aber Mose wollte den Namen des Gottes wissen, der da mit ihm redete. Gott antwortete mit einem hebräischen Wort, das wunderbar schwierig zu übersetzen ist. Er sagte: „Ich bin, der ich bin.“ Oder, würde man es anders übersetzen: „Er, der Grund dessen, was ist.“ Nicht, dass Gott der Frage aus dem Weg gehen wollte. Vielmehr definierte er sich selbst, indem er das Verb „sein“ benutzte. „Ich bin der eine, die Quelle all dessen, was ist.“

Jesus benutzt einen ähnlichen Satz, um sich zu beschreiben: „Ich bin es.“ Wir werden noch sehen, dass er in anderen wichtigen Augenblicken ebensolche Formulierungen gebraucht. Er sagt auch: „Habt keine Angst.“ Ich habe aus zuverlässiger Quelle erfahren (allerdings nicht selbst nachgezählt), dass diese Worte genau 365 Mal in der Bibel vorkommen. Ich mag den Gedanken! Denn dann gibt es für jeden Tag des Jahres ein „Hab keine Angst.“

Petrus steigt aus dem Boot, fest darauf vertrauend, dass es der Herr ist, und fest daran glaubend, dass er mit der Kraft Gottes in der Lage sein wird, auf dem Wasser zu laufen. Als er aber den starken Wind wahrnimmt und plötzlich Angst bekommt, verlässt ihn sein Vertrauen und er beginnt zu sinken.

In diesem Ereignis können wir einige der großen Themen entdecken, mit denen Petrus während seiner Berufungsgeschichte immer wieder zu kämpfen hat. Nach außen wirkt er mutig und voller Zuversicht, aber innerlich hält ihn etwas davon ab, Gott ganz zu vertrauen. Jesus aber vertraut Petrus und glaubt an ihn. Deshalb ruft er Petrus über das Wasser zu sich – und solange Petrus in der Kraft dieses Glaubens geht, den Gott ihm entgegenbringt, kann er die tobenden Wellen ignorieren. Aber sobald dieser Faden reißt, sobald er anfängt, aus eigener Kraft gehen zu wollen, sinkt er. „Herr, rette mich!“, schreit er.

Immer wieder neu muss Petrus lernen, Gott zu vertrauen und nach ihm zu rufen. Genauso wird es auch uns ergehen. Auch wir müssen im Leben immer wieder durch Stürme hindurch. Aber wenn wir mit der sicheren Gewissheit unterwegs sind, dass Gott die Quelle allen Seins ist – der, der uns immer und immer wieder sagt „Habt keine Angst“ und „Ich glaube an euch“ –, dann werden wir gut durch alle Stürme hindurchsegeln.

Aber gleich Petrus werden auch wir immer wieder stolpern und versagen. Wenn das passiert und wir das Gefühl haben zu versinken, dann hilft nur eines: nach Gott zu rufen und ihn um Hilfe zu bitten. Manchmal leben Menschen so ausschließlich aus ihrer eigenen Kraft, dass ihr Stolz sie selbst dann daran hindert, um Hilfe zu bitten, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht.

In der Kathedrale von Chichester gibt es ein wunderschönes buntes Glasfenster, das unsere heutige Geschichte erzählt. Man kann sehen, wie Petrus zwischen den Wellen zu versinken droht und Jesus ihm die Hand hinstreckt, um ihn heraufzuziehen. Das Fenster zeigt einen Jesus mit sehr langen Armen und sehr großen Händen. Petrus scheint außer Reichweite zu sein, aber Jesus streckt sich aus, um ihn zu halten.

Wir sind gerade dabei zu entdecken, was es heißt, Jesus nachzufolgen. Dabei dürfen wie nie vergessen, dass es keinen Ort gibt, der so weit von Gott entfernt ist, dass er nicht seine Hand ausstrecken könnte, um uns zu retten, wenn wir ihn um Hilfe bitten. Wir können uns nicht vor Gott verstecken, aber wir können uns hartnäckig weigern, von ihm gefunden zu werden.

Zum Weiterdenken und Beten

Grund zum Danken: Hat Gott Sie schon einmal aufgerichtet und festgehalten, als Sie zu versinken drohten? Wann und wie ist das passiert?

Denkanstoß: In welchen Bereichen Ihres Lebens vermeiden Sie es, Gott ganz zu vertrauen, und handeln immer noch aus eigener Kraft?

Zum Nachlesen: Lesen Sie Psalm 89.

Die Psalmen sind sozusagen das Gesangbuch der Bibel – eine Sammlung von Gedichten und Gesängen, in denen Sie fast alle Emotionen beschrieben finden, die man als Nachfolger Gottes durchleben und durchleiden muss und kann.

Der Psalm 89 ist ziemlich lang. Er erzählt von Gottes unerschütterlicher Liebe und von seiner Macht über die Schöpfung („Du gebietest über die Meere. Wenn ihre Wellen sich im Sturm turmhoch erheben, so besänftigst du sie“, Vers 10). Er erzählt auch davon, wie das Volk Gottes die Wege Gottes verlässt und aus eigener Kraft handelt. Und er endet mit der Bitte an Gott, sich wieder zu zeigen und zu handeln. Wir Christen glauben, dass die Sehnsucht des Alten Testamentes sich im Neuen Testament erfüllt hat.

Gebet: Herr Jesus, streck deine Hand aus und rette mich. Halt mich fest, wenn ich versinke, und nimm mir meine Angst.

Der Petrus-Weg

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