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Märchenwald 1

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Einst lebte ein junges Mädchen, schön vom Antlitz, klug und sanftmütig, in einer Zeit des Friedens. Des Friedens, der dem kalten König zu verdanken war. Er herrschte mit harter Hand, doch fair und behielt immer das Wohl des Volkes im Blick. Einige verehrten ihn, doch wurde er von den meisten gefürchtet. Auch das Mädchen kannte die fürchterlichen Geschichten, die man um den König spann.

Im Sommer des Jahres ihres achtzehnten Geburtstages fand das schöne Mädchen bei einem ihrer vielen Spaziergänge eine Blumenwiese. Zur Mittagszeit ließ die Sonne die Blumen in einem Meer aus Farben erstrahlen. Bienen verrichteten summend ihre Arbeit und Schmetterlinge brachten das Farbenspiel zum Tanzen. Und es duftete so herrlich. Das Mädchen lachte und tanzte und blieb den ganzen Tag. Auch der König ritt dieser Tage oft aus und auch er fand auf seinem Wege die Wiese. Und mit der Wiese auch das Mädchen. Anfangs beobachtete er sie durch die Bäume und versteckte sich, so dass sie ihn nicht entdeckte. Ein Gefühl machte sich in seiner Brust breit, das er nicht zuzuordnen vermochte, noch konnte er es beschreiben. Aber er bemerkte, dass es wohl an diesem Mädchen lag. Wie sie lachte, wie sie sich bewegte. Es raubte ihm den Atem.

Jeden Tag suchte er nun die Wiese auf, um sie zu beobachten und jeden Tag wuchs das unbeschreibliche Gefühl in seiner Brust. Bald, nahm er sich vor, würde er sich zu erkennen geben.

Einmal einen Entschluss gefasst wartete der König nicht lange bis zur Umsetzung. Und so verließ er sein Versteck und näherte sich dem Mädchen. Sie erkannte ihn nicht. Noch nie hatte sie den König gesehen. Ihr waren nur die Geschichten um ihn bekannt. Der König verbeugte sich und stellte sich mit der Fülle seiner Titel vor. Einen Moment durchfuhr das Mädchen der Schreck. Glaubte sie den Geschichten, sollte sie sich nun fürchten. Doch die Furcht kam nicht und so machte sie in ihrer Anmut einen Knicks und nannte dem König ihren Namen. Da nicht von hohem Stand hatte sie keine Titel vorzuweisen. Das war dem König im Grunde auch völlig egal, denn ihre Stimme und der Klang ihres Namens feuerten das Klopfen in seiner Brust weiter an. Doch dann erinnerte er sich an seinen Ruf und er konnte ihr ansehen, dass sie die Geschichten kannte. Sicher glaubte sie daran. Die Züge des Königs verhärteten sich und die Dunkelheit erinnerte ihn daran, dass er niemanden an sich heranlassen durfte. Er verabschiedete sich knapp und ritt, so schnell er konnte, davon. Das Mädchen verstand nicht und konnte ihm nur etwas traurig nachschauen.

Für sie fühlte es sich an, als wäre ihr ein Teil ihrer Seele entrissen worden. Sie fragte sich, was sie nur falsch gemacht hatte. Musste sie nun den Zorn des Königs befürchten?

Der nächste Tag kam und beide suchten die Blumenwiese auf. Erst zögerte der König, hatte er sich am Vortag recht unhöflich und hartherzig verhalten. Sicher würde sie nun nicht mehr mit ihm reden wollen. Andererseits war sie seine Untertanin. Sie musste mit ihm reden, wenn er darauf bestand. Ja, so war es. Er würde nun mit ihr reden, ob sie wollte oder nicht. Und schon stand er wieder vor ihr, den Blick in die Tiefe ihrer Augen bohrend und fand keine Worte. Das entlockte dem Mädchen ein Kichern, welches der König sogleich falsch auffasste. Lachte dieses kleine zerbrechliche Ding ihn etwa aus? Ihn, den stärksten und stolzesten aller Krieger und Könige? Wusste sie etwa nicht, was er zu tun vermochte? Erneut keimte die Dunkelheit auf und schon sagte er etwas, das er fast sofort danach bereuen würde. Das Mädchen blieb erneut traurig zurück.

So und so ähnlich lief es nun Tag für Tag, fast den ganzen Sommer lang. Sie trafen sich auf der Wiese, unterhielten sich bis das Mädchen den König vermeintlich kränkte. Dann holte er zum Gegenschlag aus und verließ die Wiese. Doch mit jedem Tag veränderten sich die Gespräche. Der König nahm immer weniger als Angriff wahr und das Mädchen achtete darauf deutlich zu zeigen, dass sie den König nicht verletzen wollte. Bald schon lachten sie gemeinsam. Manchmal tanzte sie oder sang und er beobachtete sie oder fing sie ein. Der König im Gegenzug berichtete von seinen Schlachten und Heldentaten und das Mädchen lauschte gebannt, „oh“ und „ah“ sagend, wenn es angebracht war.

Ein weiteres Mal war es einer dieser Tage, an denen sie ihn lockte und er ihr hinterherlief, bis er sie eingefangen hatte. Er hatte sie gerade erwischt und hielt sie fest im Arm. Der König drehte das Mädchen zu sich herum, sah ihr lang und tief in die Augen, dann küsste er sie. Nur kurz und vorsichtig, aber trotzdem nicht zu leugnen. Erschrocken über sich selbst flüchtete der König zurück in seine Burg. Eine lange Zeit versteckte er sich dort. Warum hatte er das gemacht? Sie war nicht von Stand und dementsprechend konnte er ihr nichts bieten. Und die Schmach, als Mätresse zu enden, wollte er ihr nicht zumuten. Der Sommer zog vorüber, während der König grübelte. Das Mädchen indes hatte jeden Tag auf ihren König gewartet, doch wurde es nun zu kalt, um täglich die Wiese aufzusuchen. Die Blumen verloren ihre Blüten, die Bienen und Schmetterlinge tanzten und summten nicht mehr.

Das Gras trocknete aus und die Farben waren verschwunden.

Die Wiese wirkte nun nur noch kalt und trostlos und so betrat auch das Mädchen nur noch gelegentlich die Wiese. Es wurde Winter, ehe der König erneut zu der Wiese ritt. Das benachbarte Königreich drohte mit Krieg. Seine Bemühungen, dies zu verhindern, hatten dazu geführt, dass seine Tage lang und hart wurden. Er hoffte nun darauf, einen Blick auf das neu erschienene Licht in seinem Leben zu werfen. Er wurde bitter enttäuscht. Niemand wartete dort auf ihn. Dennoch gab er nicht auf. Jeden Tag ritt er zur Wiese in der Hoffnung seine Schöne wiederzusehen. Mit jeder Enttäuschung wuchs seine Einsamkeit und das Feuer, das in seiner Brust entfacht worden war, drohte zu erlöschen.

Der Frühling kam. Die Sonne erwärmte die Erde. Endlich, dachte das Mädchen. Endlich ist es warm genug. Sie betete, dass sie den König endlich wieder treffen würde. Sie hatte ihn unendlich vermisst. Im Grunde war es verrückt, doch für sie war er „ihr“ König. So schnell sie konnte rannte sie zur Wiese. Die ersten Blumen blühten schon. Und da, inmitten des Feldes, stand ihr König. Von Weitem erkannte sie, dass er traurig aussah. „Mein König“ rief sie über das Feld. Immer und immer wieder, bis er sie endlich hörte und den Kopf hob. Mit jedem Schritt, den sie näher auf ihn zu kam, erhellte sich sein Gesicht.

Endlich bei ihm angekommen warf sie sich in seine Arme. Das Feuer in des Königs Brust schlug nun höhere Flammen als im vergangenen Jahr. Sein Gesicht näherte sich ihrem, seine Lippen fanden ihre. Ihre Zungen tanzten im wilden Tanz umeinander. Für einen Moment unterbrach er den Kuss, sah sie nur an. In dem Moment fasste er einen Entschluss. Sie sollte ihm gehören. Ganz und für immerdar.

Seelenwelten

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