Читать книгу Bye-bye Blähbauch - Tamara Duker Freuman - Страница 14

KAPITEL 5 Der belastete, gestresste, aber nicht geblähte Bauch: Funktionelle Dyspepsie

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Manche Arten von Blähbeschwerden, deren Ursachen im Magen liegen, können zu einem sehr viel schlechteren Befinden führen, als das äußere Erscheinungsbild vermuten lässt. In Kapitel 3 haben wir einige solcher Beschwerden besprochen, die zu einer sichtbaren Zunahme des Bauchumfangs führen – einer Vorwölbung, die die Betroffenen fast wie schwanger aussehen lässt. Doch es gibt eine Art, die mit einem inneren Druck- und Völlegefühl einhergeht, bei der der Bauch aber keine dazu passende große äußerliche Veränderung zeigt. Und im Gegensatz zur in Kapitel 4 beschriebenen sauren Magenblähung, die Symptome im selben oberen Abdominal-Bereich verursacht, sind diese Blähbeschwerden nicht mit säurebedingten Problemen wie Reflux oder Sodbrennen verbunden. Hier handelt es sich um etwas, das Fachleute als funktionelle Dyspepsie bezeichnen; wir benutzen dafür einfach das Kürzel FD.

Die funktionelle Dyspepsie (FD)

Der Begriff funktionell weist darauf hin, dass bei der FD die Nerven und Muskeln des Magens nicht ordnungsgemäß arbeiten, obwohl sie nicht durch eine strukturelle Krankheit beeinträchtigt sind. Sie mögen zum Beispiel ein quälendes Unbehagen im Oberbauch spüren, doch Ihr Arzt findet keinen Hinweis auf Geschwüre, Entzündungen oder einen Reflux, die dieses Gefühl verursachen könnten. Sie spüren vielleicht eine Anspannung, einen Druck oder hören das gluckernde Geräusch von umherwanderndem Gas, doch bei der Untersuchung kann Ihr Arzt kein übermäßiges Gas feststellen. Sie haben nach dem Verzehr kleiner Mengen eventuell ein Völlegefühl, doch die Entleerungszeit Ihres Magens erweist sich als normal. Alles scheint in Ordnung zu sein – woher also könnten diese Beschwerden kommen?

Es gibt viele Erklärungen für die ausgeprägten Oberbauchbeschwerden, die Menschen mit einer FD empfinden. Eine wahrscheinliche Ursache ist, dass sich Ihr Magen nach einer Mahlzeit nicht richtig ausdehnen kann. Ein leerer Magen ist etwa faustgroß. Doch wenn wir zu essen beginnen, sollte er sich erheblich ausdehnen können, um eine große Menge Nahrung aufzunehmen. Der Magen von FD-Patienten kann sich jedoch vielleicht nicht genügend entspannen, wenn sich Essen über die Speiseröhre ankündigt, und davon wird insbesondere der Bereich des Oberbauchs in Mitleidenschaft gezogen, sodass Sie selbst nach einer bescheidenen Nahrungsmenge ein unangenehmes Völlegefühl verspüren.

Eine andere Ursache für die Blähbeschwerden durch eine FD ist möglicherweise eine Störung des Nahrungsflusses durch den gesamten Magen. Dieser Nahrungsfluss sollte stetig und in gleichmäßigem Tempo erfolgen. Bei einer Messung mit dem gastrischen Entleerungs-Scan ist die Entleerungszeit Ihres Magens vielleicht normal (die Beschreibung dieser Untersuchung finden Sie in Kapitel 3), doch die Nahrung, die Sie zu sich nehmen, verweilt möglicherweise ein wenig zu lange im oberen Magenabschnitt, bevor sie zum unteren Abschnitt weiterwandert. Dann gäbe es noch die Variante, dass die Nahrung durch die gestörte Magendehnung sogar sehr rasch in den unteren Magenabschnitt gelangt, weil oben kein Platz für sie ist. In letzterem Fall könnte es zu schmerzhaften Blähbeschwerden im unteren Magenbereich kommen.

Schließlich und endlich können Menschen mit einer FD in ungewöhnlich hohem Maße empfindlich auf Dinge reagieren, die den Magen stimulieren, etwa Nahrungsmittel, Verdauungsgase oder Gewürze. Während jemand, der nicht an einer FD leidet, eine geringe, den oberen Magenbereich passierende Menge Gas gar nicht spüren würde, empfindet jemand mit einer FD, der eine verstärkte Schmerzreaktion im Verdauungstrakt hat, dieselbe Menge Gas vielleicht als unglaublich unangenehm.

Das Blähgefühl bei einer funktionellen Dyspepsie

Blähbeschwerden durch eine FD verdichten sich meist im Oberbauch, gleich hinter dem Brustbein. Meine Patienten beschreiben sie als unangenehmes Völle-, Spannungs- und Druckgefühl, das nach dem Essen im Allgemeinen unverändert oder schlechter ist. Das Völlegefühl passt nicht immer zu der Menge, die Sie gegessen haben, selbst wenn Sie wenig essen, können Sie sich zu voll fühlen. Jedoch werden die Symptome durch sehr große Portionen oder fettreiche Mahlzeiten auf jeden Fall sehr verschlimmert. Die Intensität der Blähbeschwerden variiert stark; manche Menschen nehmen vielleicht nur ein chronisches, leichtes Unbehagen wahr, während andere über heftige Schmerzen klagen. Manche verspüren auch Übelkeit, doch im Allgemeinen kommt es nicht zu Erbrechen.

Ein großer Unterschied zwischen der FD und den meisten anderen Arten von Blähbeschwerden, die vom Magen ausgehen, besteht darin, dass das Empfinden sehr viel schlimmer ist als das äußerliche Erscheinungsbild. Sie spüren vielleicht ein unglaubliches Völle- und Druckgefühl, doch wenn ein Freund oder eine Freundin Ihre Taille kontrolliert, dann behauptet er oder sie steif und fest, dass Sie aussehen wie immer.

Ein weiteres Merkmal der Blähbeschwerden durch eine FD ist, dass diese nicht mit Sodbrennen einhergehen und nur bedingt auf Säureblocker wie zum Beispiel Nexium, Zantac (A), Sostril (D), Zantic (D, CH) und andere sowie Pepcid akut reagieren – oder überhaupt nicht darauf ansprechen. Bei manchen Patienten kommt es zwar zu einer geringfügigen, doch nicht vollständigen Linderung von Symptomen, wenn sie Antazida-Kautabletten nehmen, die Kalziumkarbonat enthalten, doch das liegt meist daran, dass diese Präparate zufällig auch Aufstoßen hervorrufen, und dadurch das schmerzhafte Druckgefühl etwas erleichtert wird.

Und schließlich: Blähbeschwerden durch die FD gehen nicht mit veränderten Stuhlgewohnheiten einher, werden aber durch Stuhlgang auch nicht besser. Selbst Menschen mit einer FD, die zudem an chronischer Verstopfung leiden, geht es im Bereich des oberen Magens nicht viel besser, wenn sich der Stuhlgang wieder normalisiert. Auch Hormone beeinflussen solche Blähbeschwerden nicht besonders; bei Frauen scheinen sie sich in allen Phasen ihres Menstruationszyklus nicht bemerkenswert zu verändern.

Die funktionelle Dyspepsie diagnostizieren

Die funktionelle Dyspepsie wird wie alle anderen funktionellen Störungen, die das Verdauungssystem betreffen, aufgrund einer Gruppe von Symptomen diagnostiziert, auf die sich eine Ärztekommission aus der ganzen Welt verständigt hat. Die FD ist eine klinische Diagnose, das heißt, es gibt keine gute Untersuchungsmethode dafür und wird manchmal gestellt, nachdem andere wahrscheinliche Möglichkeiten durch verfügbare Untersuchungsmethoden ausgeschlossen wurden.

Wenn Untersuchungen zum Beispiel zeigen, dass Sie einen Reflux, Geschwüre oder eine Helicobacter pylori-Infektion haben, würde die Diagnose FD nicht gestellt werden, denn es gibt eine zugrunde liegende Krankheit, die für Ihre Blähbeschwerden verantwortlich sein könnte. Zeigen Untersuchungen, dass bei Ihnen eine verzögerte Magenentleerung (oder Gastroparese, s. Kapitel 3) vorliegt, würde die Diagnose FD ebenfalls nicht gestellt werden, weil Ihr frühes Sättigungsgefühl einer anormal langsamen Magenentleerung geschuldet sein könnte.

Angenommen, die Ärzte haben eine zugrunde liegende Krankheit als Ursache Ihrer Symptome ausgeschlossen, stellen sie die Diagnose FD aufgrund dessen, dass Sie von chronischen, anhaltenden Oberbauchbeschwerden berichten, die nichts mit Ihren Stuhlgewohnheiten zu tun haben. Doch bevor es zu dieser Diagnose kommt, werden Sie sich voraussichtlich einigen Untersuchungen unterziehen müssen.

Endoskopie

Wenn Sie mit Oberbauchschmerzen in die Praxis kommen, will Ihr Arzt wahrscheinlich überprüfen, ob es sich um ein säurebedingtes Problem handelt. Im Allgemeinen ist eine Endoskopie der erste Schritt in diesem Prozess. Wie in Kapitel 3 beschrieben, handelt es sich dabei um ein Verfahren, das unter milder Sedierung durchgeführt wird. Der Gastroenterologe führt einen Schlauch mit einer daran befestigten Kamera durch den Mund über die Speiseröhre in den Magen ein, damit er sich diese Organe komplett von innen ansehen kann. Die Untersuchung dauert nur etwa 15 Minuten. Durch die endoskopische Überprüfung von Magen und Speiseröhre und die parallele Entnahme von Gewebeproben, die als Biopsie bezeichnet wird, kann Ihr Arzt feststellen, ob Entzündungen oder Geschwüre vorliegen. Diese Gewebeproben können auch auf das lästige Bakterium Helicobacter pylori untersucht werden, das Entzündungen und Geschwüre verursacht. Bei einer FD sehen Speiseröhre und Magen völlig normal aus.

Atemtest zur Feststellung von Helicobacter pylori

Manchmal wird vor einer Endoskopie zuerst ein schnell durchzuführender und nicht invasiver Atemtest gemacht, um das Vorliegen einer Helicobacter pylori-Infektion festzustellen. Ist er positiv, bekommen Sie eventuell Antibiotika, damit Ihr Arzt sieht, wie Ihre Symptome darauf ansprechen, bevor er die invasive (und auf jeden Fall teurere!) Endoskopie in Betracht zieht.

Für den Atemtest kommen Sie nüchtern in die gastrologische Praxis, bekommen eine Pille oder ein Pulver, aufgelöst in einer harnstoffhaltigen Flüssigkeit. Während des 15-minütigen Tests atmen Sie in ein Rohr, sodass die medizinisch-technische Assistentin (MTA) die Atemproben sammeln und analysieren kann. Bei einer H. pylori-Infektion enthält Ihre Ausatemluft alle Hinweise, die zur Diagnosestellung erforderlich sind. Die Blutuntersuchung auf H. pylori wird nicht mehr empfohlen, weil damit nicht zwischen einer akuten und einer vergangenen, bereits abgeklungenen Infektion unterschieden werden kann.

Testen des pH-Wertes in der Speiseröhre

Ihr Arzt möchte eventuell überprüfen, ob ein Reflux, ein Säurerückfluss, für Ihre Symptome verantwortlich ist, und dafür stehen zwei Möglichkeiten offen. Bei beiden wird über einen gewissen Zeitraum der pH-Wert in Ihrer Speiseröhre bestimmt.

Zum 24-Stunden-pH-Test gehört die Kontrolle des Säurespiegels in der Speiseröhre über 24 Stunden, die Ösophagus-pH-Metrie – dies ist oft die Untersuchung der Wahl. Sie wird in der gastroenterologischen Praxis durchgeführt, wobei ein dünner Schlauch durch die Nase in die Speiseröhre vorgeschoben wird. An der in den Körper eingeführten Schlauchspitze befindet sich ein kleiner Sensor, der den pH-Wert in Ihrer Speiseröhre misst. Das andere Ende des Schlauches, das sich außerhalb des Körpers befindet, wird an ein tragbares elektronisches Aufzeichnungsgerät angeschlossen, das Sie 24 Stunden bei sich tragen. Am folgenden Tag wird der Schlauch in der Praxis wieder entfernt, und der Arzt wertet die Aufzeichnungen des Gerätes aus. Anhand der Daten kann er sagen, ob es sich bei Ihnen um einen Reflux handelt. Haben Sie eine FD, fällt dieser Test normal aus und zeigt keine Anzeichen eines Refluxes.

Es gibt noch einen weiteren Test, mit dessen Hilfe ein Reflux festgestellt werden kann (die BRAVO Kapsel-pH-Metrie), dessen zusätzlicher Vorteil es ist, dass er den pH-Wert in der Speiseröhre ganze 48 Stunden überwacht – also doppelt so lang wie der eben beschriebene Test – und damit die Chancen erhöht, einen Zusammenhang zwischen Ihren Symptomen und dem pH-Wert der Speiseröhre zu finden. Er wird während der Endoskopie gemacht, Ihr Arzt befestigt eine kleine Kapsel in der Schleimhaut Ihrer Speiseröhre. Diese überträgt Daten auf ein tragbares Aufzeichnungsgerät, das Sie zwei Tage lang bei sich haben. Außerdem führen Sie während des Tests ein Ernährungstagebuch und erfassen alle Ihre Symptome, wie etwa Sodbrennen. Dieser Test kann helfen zu unterscheiden, ob die Schmerzen oder Beschwerden in Ihrem Oberbauch mit einem Reflux oder mit einer funktionellen Dyspepsie zusammenhängen, denn Ihr Arzt kann anhand der Aufzeichnungen des Geräts überprüfen und feststellen, ob Sie zu den Zeiten, als Sie von Oberbauchschmerzen berichteten, tatsächlich einen Reflux hatten.

Der gastrische Entleerungs-Scan

Hat Ihr Arzt aufgrund Ihrer Beschreibung den Verdacht auf eine verzögerte Magenentleerung, weil Sie Übelkeit empfinden oder selbst bei ganz geringer Nahrungsaufnahme sehr schnell ein Völlegefühl haben, veranlasst er eventuell einen gastrischen Entleerungs-Scan (GES), der auch unter dem Namen gastrische Entleerungs-Szintigrafie bekannt ist. Damit wird bestimmt, wie lange feste Nahrung oder Flüssigkeiten für die Magenpassage brauchen; eine detaillierte Beschreibung finden Sie in Kapitel 3 im Abschnitt Gastroparese.

Bei Menschen mit einer FD entleert sich der Magen in normaler Geschwindigkeit, doch manchmal finden sich in einem unauffälligen Entleerungstest Hinweise auf eine FD, weil er die Fließgeschwindigkeit des Speisebreis durch den gesamten Magen erkennen lässt. Zum Beispiel könnte der Radiologe anhand des 4-Stunden-Tests feststellen, dass der Speisebrei oder eine Flüssigkeit auffällig lang braucht, um vom oberen Magenabschnitt in den unteren zu gelangen.

Die funktionelle Dyspepsie behandeln

Die medizinische Behandlung der funktionellen Dyspepsie

Es gibt eine Vielzahl von frei verkäuflichen und verschreibungspflichtigen Medikamenten, die – einzeln oder in verschiedenen Kombinationen miteinander genommen – helfen, mit den Blähbeschwerden durch eine FD umzugehen. Je nach Art Ihrer Symptome empfiehlt Ihnen Ihr Arzt die geeigneten Alternativen, mit denen Sie es versuchen können. Die Namen des Wirkstoffs stehen in Klammern.

Frei verkäufliche Präparate (OTC-Präparate)

Die kostengünstigsten, sichersten und zugänglichsten Präparate zur Linderung von Blähbeschwerden sowie Völle- und Spannungsgefühlen im Oberbauch sind oberflächenaktive Medikament (sogenannte Entschäumer) wie Lefax oder Sab simplex oder ihre Generika (Wirkstoff: Simeticon). Sie können große Gasblasen, die den Magen dehnen, in kleinere Gasblasen zerteilen, die den Verdauungstrakt schneller passieren können. In manchen Medikamenten, die mehrfach wirken, befindet sich eine Kombination von Simeticon und säureneutralisierenden Inhaltsstoffen. Meiden Sie dabei solche, die zum Beispiel nach Minze schmecken, da diese einen Reflux verursachen kann. Ihr Apotheker kann Ihnen bei der Wahl der entsprechenden Präparate behilflich sein.

Oberflächenaktive Medikamente werden nicht in den Blutstrom aufgenommen, sie verbleiben vielmehr im Verdauungstrakt. Daher sind sie ausgesprochen sicher und gut verträglich. Wir raten unseren Patienten mit einer FD, sie präventiv vor einer Mahlzeit zu nehmen, anstatt zu warten, bis sie sich bereits aufgebläht fühlen. Man kann diese Präparate mehrmals täglich vor dem Essen nehmen.

Serotonin-Blocker

Bestimmte Medikamente binden an die Rezeptoren für ein Hormon mit Namen Serotonin und ahmen seine regulierende Wirkung auf die Nerven des Verdauungssystems nach. Sie bessern nachweislich die Symptome einer FD. Sie können insbesondere die Dehnbarkeit des Magens erhöhen und die überempfindliche Schmerzreaktion des Abdomens dämpfen. Diese Präparate werden für eine Vielzahl von anderen Krankheiten entwickelt und verschrieben, doch sie können auch nützen, wenn sie außerhalb der von der Arzneimittelbehörde zugelassenen Indikationen eingesetzt werden (off-label-use), wie eben bei Symptomen einer FD.

Eines dieser Medikamente ist Zofran (Wirkstoff Ondansetron), das normalerweise als Antiemetikum, also gegen Übelkeit und Erbrechen, vermarktet wird. Es hilft speziell Menschen mit einer FD gegen ihre chronische Übelkeit. Es kann etwas Verstopfung verursachen, doch diese Nebenwirkung ist zu bewältigen. Ein weiteres Beispiel ist das Anxiolytikum (zur Verminderung übermäßiger oder krankhafter Ängste), das in Deutschland unter den Handelsnamen Anxut, Busp und Bespar (Wirkstoff Buspiron) verkauft wird; es wirkt leicht beruhigend auf die Magenmuskeln, entspannt den oberen Abschnitt des Magens und verbessert die Magendehnungsreaktion beim Essen. Typischerweise wirkt es am besten, wenn man es etwa 15 Minuten vor einer Mahlzeit einnimmt. Ein Migränemedikament, das im deutschsprachigen Raum unter dem Namen Imigran (Wirkstoff Sumatriptan) im Handel ist, erweist sich bei der Besserung von Symptomen einer FD ebenfalls als vielversprechend. Es hat jedoch eventuell mehr Nebenwirkungen als die vorher genannten Alternativen und ist im Allgemeinen bei der Behandlung nicht das Mittel der ersten Wahl.

Antidepressiva

Wenn Ärzte bei funktionellen Problemen des Verdauungssystems Antidepressiva empfehlen, missinterpretieren das Patienten manchmal dahingehend, dass ihr Arzt sie für verrückt hält oder meint, die Symptome spielten sich „alle nur in ihrem Kopf“ ab. Das ist nicht so! Spezielle Medikamente aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva (TZA) scheinen sich durch die Regulierung des Spiegels zweier an der Schmerzreaktion beteiligten Hormonen – Serotonin und Noradrenalin – direkt auf den Verdauungstrakt auszuwirken. Entsprechende Präparate, die zu diesem Zweck verschrieben werden, etwa Elavil und Laroxyl (Wirkstoff Amitryptilin) werden weltweit vertrieben, im deutschsprachigen Raum ist der Wirkstoff unter anderem unter dem Namen Saroten im Handel. Aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen, zu denen auch die Verstopfung gehört, werden Antidepressiva von manchen Menschen nicht gut vertragen.

Prokinetika

Prokinetische Präparate sind konzipiert, um die Peristaltik anzuregen, sie sorgen dafür, dass der Magen sich häufiger kontrahiert und dadurch schneller entleert. Somit verringern sich die Blähbeschwerden, das Völlegefühl, der Appetitmangel und die Übelkeit. Ein solches Medikament ist zum Beispiel Motilium (Wirkstoff Domperidon), das nachweislich bezüglich der Verringerung der Symptome am erfolgversprechendsten ist.

Die Behandlung einer funktionellen Dyspepsie durch die Ernährung

Eine Ernährungsumstellung allein ist nicht der Königsweg bei Blähbeschwerden und Missbehagen durch eine FD; eine Veränderung Ihrer Essgewohnheiten kann jedoch in Bezug auf die Schwere der Beschwerden und Schmerzen sehr viel bewirken.

Essen Sie kleine, fettarme Mahlzeiten von weicher Konsistenz

Wenn Sie an einer FD leiden, sollten Sie Ihre Nahrungsmittel und die Konsistenz Ihrer Mahlzeiten daraufhin auswählen, wie viel Ausdehnung auf einmal Sie Ihrem Magen dabei zumuten und wie sie diese in Grenzen halten. Kleinere Portionen führen zu einer geringeren Dehnung als große, daher kommt es zu weniger Blähbeschwerden, wenn Sie alle drei bis vier Stunden kleine Mengen, anstatt drei „ordentliche“ Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen. Der Imbiss nach dem Abendessen, sozusagen das „Betthupferl“, ist eine häufig gepflegte Angewohnheit, die die Blähbeschwerden bei einer FD verschlimmern kann. Ich habe festgestellt, dass die Betroffenen abends oft zu viel essen, weil sie tagsüber zu wenig gegessen haben; die Patienten verfallen häufig in dieses Muster, weil sie Angst haben, während der Arbeit Symptome zu bekommen, doch das wird zu einem Teufelskreis. Daher ist es besonders wichtig herauszufinden, wie Sie Ihre Essgewohnheiten tagsüber so verträglich gestalten können, dass Ihr Hunger am Abend früher gestillt ist und Sie zufriedener sind.

Wenn es für Sie schwierig ist, ausreichend Kalorien aufzunehmen, damit diese kleineren Mahlzeiten Sie entsprechend sättigen, können Sie zwischendurch nahrhafte Getränke für den Flüssigkeitshaushalt in kleinen Schlucken zu sich nehmen. Beispiele sind hierfür durch Proteine angereichertes Kokoswasser oder Kaffeegetränke, Wasser, dem Sie Proteinpulver mit Fruchtgeschmack hinzufügen oder ein flüssiger Mahlzeitenersatz oder ein Proteingetränk.

Die Konsistenz Ihrer Nahrung spielt auch eine Rolle dabei, wie viel Dehnung Sie Ihrem ziemlich unbeweglichen, ganz besonders reizempfindlichen Magen zumuten. Volumenbildende Nahrungsmittel, die viele Ballaststoffe von grober Konsistenz enthalten, können bei einer FD sehr starke und schmerzhafte Blähbeschwerden verursachen; einige Beispiele sind Salate (und rohe Gemüse im Allgemeinen), Krautsalate und Nüsse sowie Müsliriegel mit ganzen Nüssen, Studentenfutter, Knuspermüsli und große Portionen von festen oder zähen Trockenfrüchten. Ein an einer FD leidender Bauch mag lieber etwas Weiches, Geschmeidiges, Cremiges und Püriertes. Die Nahrungsmittel, die Sie am besten vertragen, sind vermutlich solche wie Bananen, Erdnussbutter, Apfelmus, Papayas, Joghurt, Obst-Smoothies, Instant-Haferflocken, pürierte Gemüsesuppen, Omeletts, Avocados, fettarmer Aufschnitt, etwa von der Pute, und Sushi. In Ihrer Ernährung ist jedoch ganz sicher auch Platz für ein paar knusprige Nahrungsmittel, solange sie sich beim Kauen leicht verflüssigen lassen. Reiswaffeln, Kräcker und viele Marken von Frühstücksflocken sollten diesem Anspruch ziemlich gut gerecht werden.

In Kapitel 12 wird eine Sanfte Ernährung für den Gastrointestinaltrakt, die ich bei einer FD empfehle, ziemlich detailliert und umfassend besprochen; das Kapitel beinhaltet auch Listen mit den magenschonendsten und problematischsten Nahrungsmitteln, geordnet nach Nahrungsmittelgruppen. Vorschläge für Mahlzeiten und Rezepte sind ebenfalls enthalten. Schlagen Sie es schon mal auf, wenn Sie mit diesem Kapitel fertig sind und holen Sie sich praktischen Rat, welche Nahrungsmittel sich großartig als Grundnahrungsmittel eignen und welche Ihnen eventuell Probleme bereiten.

Trinken Sie langsam und trinken Sie nicht zu den Mahlzeiten

Flüssigkeiten zusammen mit Mahlzeiten sind eine Kombination, die zu einem übermäßigen Völlegefühl im oberen Magenbereich führen kann. Manchen FD-Patienten wird davon auch ziemlich übel. In solchen Fällen empfehle ich, 15 Minuten vor dem Essen nichts mehr zu trinken und nach dem Essen mindestens eine Stunde zu warten, bevor Sie Ihren Flüssigkeitshaushalt wieder auffüllen.

Sie sollten auch darauf achten, dass Sie niemals hastig trinken, ein Glas nicht in einem Zug leeren und Getränke nie gierig in sich hineinschütten. Trinken Sie sie stattdessen schluckweise über einen gewissen Zeitraum, idealerweise mit einem Strohhalm. Wenn Sie eine große Menge Flüssigkeit hastig in Ihren dyspeptischen Magen kippen und dabei noch zusätzlich Luft schlucken, so ist das eine todsichere Methode, um die Blähbeschwerden zu verstärken. Es tut mir leid, dass ich die Überbringerin schlechter Nachrichten bin, doch die Tage, in denen Sie ein Glas Bier praktisch in einem Zug getrunken haben, sind vorüber. Achten Sie auch besonders auf die Art und Weise der Flüssigkeitszufuhr, wenn Sie Sport treiben; die meisten Menschen trinken während eines intensiven Work-outs üblicherweise hastig große Mengen Wasser und schlucken dabei zusätzlich Luft, weil sie in der Folge schwer und schnell atmen.

Achten Sie beim Thema Getränke auch darauf, wie es Ihnen geht, wenn Sie Kaffee getrunken haben; bei manchen Menschen mit einer FD können sich die Symptome verschlimmern.

Es mag wie ein schwieriger Balanceakt erscheinen, Medikamente, Mahlzeiten und Flüssigkeiten so zu kombinieren, dass die Magendehnung möglichst wenig stimuliert wird. Durch Versuch und Irrtum werden Sie einen täglichen Rhythmus finden, mit dem Sie Ihre Symptome mit oder ohne Hilfe von Präparaten am besten unter Kontrolle bekommen. Ein täglicher Rhythmus könnte zum Beispiel so aussehen:

Beispiel für einen Essensplan an Werktagen bei einer funktionellen Dyspepsie

6.30 bis 7.30: Trinken Sie langsam Ihren morgendlichen Kaffee (wenn Sie ihn vertragen), Tee oder Ihr Wasser nach dem Aufstehen.

7.45 bis 8.30: Eine Simeticon-Tablette nehmen, dann frühstücken

10.00 bis 11.15: Auf Wunsch Wasser in kleinen Schlucken für den Flüssigkeitshaushalt.

11.30 bis 12.30: Eine Simeticon-Tablette nehmen, dann kleines Mittagessen.

13.30 bis 14.30: Auf Wunsch Wasser in kleinen Schlucken für den Flüssigkeitshaushalt

14.45 bis 15.30 Zwischenmahlzeit am Nachmittag

16.30 bis 17.30 Auf Wunsch Wasser in kleinen Schlucken für den Flüssigkeitshaushalt

18.00 bis 20.00: Eine Simeticon-Tablette nehmen, dann kleines Abendessen

21.00 und später: Warmer Fenchel- oder Ingwertee (auf Wunsch) in kleinen Schlucken

Meiden Sie alles, was den Magen reizt

Da bei einer FD manche Beschwerden und Schmerzen durch übermäßig empfindliche Nerven verursacht werden, können Ihre Symptome durch alles, was Sie zu sich nehmen und was diese Nervenendigungen stimuliert oder reizt, verschlechtert werden. Zu den häufigsten Stimulanzien gehören Alkohol (jeder Art) und würziges Essen; darauf sollten Sie am besten verzichten, soweit Sie dazu bereit sind und so gut Sie es können. Die regelmäßige Verwendung von nicht steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (NSAR) wie Aspirin, Ibuprofen und Naproxen (in Deutschland und im deutschsprachigen Raum als Proxen (D, A, CH) im Handel; Anm. d. Übers.) zur Schmerzbekämpfung kann auch problematisch sein, da sie die Fähigkeit des Magens beeinträchtigen, seine schützende innere Schleimhautschicht zu erhalten.

Die Geschichte von Anthonys funktioneller Dyspepsie: Lebenslanger Wechsel von Schlemmen oder Hungern holt ihn schließlich ein

Anthony war ein Herr Ende Fünfzig, der von seinem Gastroenterologen an mich verwiesen wurde, weil er fast täglich nach dem Abendessen Symptome schwerer Blähbeschwerden hatte. Das Problem hatte er schon seit etwa zehn Monaten, allerdings hatte er davor lange mit Reflux zu tun gehabt. Dennoch beharrte er darauf, dass sich die Blähbeschwerden von den Refluxattacken unterschieden. Letztere führten zu Sodbrennen, Aufstoßen und schweren Schmerzen im oberen rechten Quadranten des Abdomens. Das Problem mit den Blähbeschwerden war etwas ganz anderes: Es gab kein Sodbrennen und kein Aufstoßen, sondern eher ein so unangenehmes Völlegefühl, dass er nach dem Abendessen eine gefühlte Ewigkeit um den Block ging, einfach nur, damit es besser wurde. Die Blähbeschwerden begannen beim Essen innerhalb von Minuten und hielten stundenlang an.

Anthonys Arzt machte eine Endoskopie, bei der alles normal aussah – es gab keine Anzeichen eines Refluxes. Als nächstes empfahl er ihm, vor dem Abendessen ein Entblähungsmittel zu nehmen, doch das half nicht. Antazida halfen auch nicht. Nachdem Anthony erwähnt hatte, dass er sich nach einem geschäftlichen Aufenthalt in Italien kurz zuvor – wo sich sein Speiseplan sehr von dem zu Hause unterschied – großartig fühlte, schickte sein Arzt ihn zu mir, um zu sehen, ob ich vielleicht daraus schlau wurde.

Als ich Anthony kennenlernte, schwärmte er nostalgisch von der Zeit, als er noch jünger war. In seinen Dreißigern und Vierzigern ging er jeden Morgen ins Fitnessstudio, ließ das Frühstück aus, ließ das Mittagessen aus und kam gegen 17.30 heißhungrig nach Hause. Er stopfte alles in sich hinein, was ihm vor die Augen kam, bis er sich mit seiner Familie später am Abend zu einer hausgemachten italienischen Mahlzeit an den Tisch setzte – nach der er sich satt und zufrieden, aber nicht unbehaglich fühlte. Doch in seinen Fünfzigern veränderte sich etwas. Durch dieses Essverhalten begann er zuzunehmen – im Laufe der letzten zehn Jahre waren es gut 13 Kilogramm und hin und wieder bekam er Anfälle von Sodbrennen und refluxbedingten Schmerzen durch diese abendlichen Schlemmereien. Rotes Fleisch war besonders problematisch. Er reagierte auf die Veränderung damit, dass er sich mittags ein schnelles Sandwich schnappte und etwas weniger und früher zu Abend aß. Das veränderte Essmuster schien gegen den Reflux zu helfen.

Doch ein paar Jahre später setzten trotz der Veränderung seines Ernährungsverhaltens diese neuen Blähattacken nach dem Abendessen ein. Als wir einen typischen Tag in Anthonys Leben durchgingen, erfuhr ich, dass er den Tag mit ein paar Tassen Kaffee begann (und sich danach gut fühlte), gegen Mittag ein Sandwich mit Thunfisch oder Roastbeef plus ein paar Kekse aß (und sich danach immer noch gut fühlte). Das Abendessen wurde gewöhnlich in einem Restaurant eingenommen und bis es um 19 Uhr soweit war, hatte er richtig Hunger. So startete er einen Angriff auf die Schale mit den Nüssen auf dem Tresen der Bar, während er sich einen Cocktail gönnte, und bestellte dann eine volle Vorspeisenportion, zu der er noch zwei oder drei Gläser Wein trank. Dieses Essmuster unterschied sich schon ganz erheblich davon, was er in Italien zu sich nahm, wo er den Tag mit einem Milchkaffee und ein paar Brötchen mit Butter und Marmelade begann, woraufhin er sich etwa vier Stunden später zu einem zweigängigen Mittagessen an den Tisch setzte, das aus Nudeln und einer Vorspeise mit Fisch und Gemüse bestand. Die Portionen, so merkte er an, waren von der Größe her eher europäisch als amerikanisch. Gegen 16.00 gab es eine Kaffeepause, in der er sich wieder einen Milchkaffee und dazu ein paar Kekse genehmigte. Als es auf das Abendessen gegen 20.00 zuging, verspürte er nur wenig Hunger und nahm eine Mahlzeit ein, die von der Größe her etwa dem Mittagessen entsprach, dazu gab es nur ein Glas Wein.

Mir war sofort klar, dass es Anthony am besten ging, wenn er etwa alle drei bis vier Stunden maßvoll aß, anstatt zu warten, bis er so hungrig war, dass er am Abend große Mengen auf einmal in sich hineinstopfte. Weniger Alkohol zum Abendessen schien ihm auch besser zu tun. Anthonys Magen war besonders empfindlich gegenüber Alkohol und konnte nicht mehr problemlos große Mengen auf einmal aufnehmen. Von daher führten große Portionen am Abend in Verbindung mit vier oder fünf alkoholischen Getränken zu diesem übermäßigen Völlegefühl im oberen Abdomen. Das alles hörte sich nach einem wahrscheinlichen Fall von funktioneller Dyspepsie an.

Ich beriet Anthony dahingehend, dass es nun an der Zeit sei, den Tag mit einem Frühstück zu beginnen und nachmittags immer eine Zwischenmahlzeit zu sich zu nehmen, sodass seine Nahrungsaufnahme gleichmäßig über den Tag verteilt wäre und sich nicht auf den Abend konzentrieren würde. Er musste sich mit ein wenig Hunger, aber nicht halb verhungert zum Abendessen setzen, sodass er die Kontrolle über die Menge hatte, die er zu sich nahm. Ich schlug auch vor, dass er sich an Nahrungsmittel von weicherer Konsistenz hielt, etwa die für die Sanfte Ernährung für den Gastrointestinaltrakt (Kapitel 12), sodass sich sein Magen etwas zügiger leeren kann und um die Wahrscheinlichkeit eines anhaltenden Völlegefühls zu verringern. Schließlich nahmen wir uns Anthonys Alkoholkonsum vor und ich wies darauf hin, dass es ihm besser ginge, wenn er die abendliche Alkoholmenge auf maximal zwei Gläser beschränken würde.

Nach dieser ersten Zusammenkunft sah ich Anthony nie mehr wieder, also nahm ich an, er machte sich erst gar nicht die Mühe, meine Empfehlungen auszuprobieren – oder er hatte sie ausprobiert und nicht hilfreich gefunden. Es würde schon ziemlich schwierig sein, ein Essverhalten zu ändern, das über so viele Jahrzehnte eingewurzelt war, und es kann ebenso schwer sein, Alkohol zu reduzieren, insbesondere im gesellschaftlichen Rahmen. Doch drei Wochen später erhielt ich eine Mitteilung von Anthonys Gastroenterologen. Er hatte tatsächlich alle meine Empfehlungen umgesetzt und berichtet, er fühle sich „um Klassen besser – es war ein Unterschied wie Tag und Nacht“. Seine immer wiederkehrenden abendlichen Bläh- und Oberbauchbeschwerden waren verschwunden – und er hatte obendrein mehr als zwei Kilogramm abgenommen! Die „Moral von der Geschichte“ ist, dass wir schließlich alle von solchen extremen Ernährungsgewohnheiten eingeholt werden. Unsere Verdauungsfunktion verändert sich mit zunehmendem Alter und manchmal müssen wir unsere Art zu essen ändern, um sie diesem Umstand anzupassen.

Wenn sich Ihre Blähbeschwerden definitiv so anfühlen, als seien sie auf den Bereich des Oberbauchs konzentriert, aber mit sehr viel mehr Aufstoßen verbunden und weniger essensabhängig als die Umstände, die wir bisher besprochen haben, dann gehen Sie zum nächsten Kapitel über, um zu sehen, ob das an einer Aerophagie, dem Schlucken von Luft, liegen könnte.

Bye-bye Blähbauch

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