Читать книгу An der Pforte zur Hölle - Thomas Riedel - Страница 8

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Kapitel 5

D

ie Schärfe in Blakes eisiger Stimme hatte die drei eng befreundeten Studenten unwillkürlich zusammenzucken lassen. Sie wechselten untereinander einen kurzen Blick.

»Würden Sie uns vielleicht erklären, warum Sie ausgerechnet uns hierbehalten haben, Chief Inspector?«, wagte sich Chuck vor, der sich damit zum Sprecher der kleinen Gruppe machte.

Blake nahm einen weiteren Zug von seiner Zigarette, inhalierte und blies den Rauch seelenruhig durch die Nase aus. Eindringlich sah er den jungen Mann in der verwaschenen Jeans und der olivgrünen Militärjacke an.

»Das ist sehr einfach. Ich habe Sie aufmerksam beobachtet«, erwiderte er ohne jede sichtbare Gefühlsregung. »Es scheint mir, als gehören Sie irgendwie zusammen. Sie sind Chuck Armstrong, zweiundzwanzig Jahre alt, geboren in Edinburgh und Sie studieren im vierten Semester Humanmedizin am ›Imperial College‹, Schwerpunkt Ophthalmologie – also Augenheilkunde.«

»Ich sehe darin nichts, was eine Festnahme rechtfertigt!«, entgegnete Chuck mit fester Stimme.

Blake wiegte leicht den Kopf.

»Im Augenblick ...«, antwortete er bedrohlich leise, »... sind Sie für uns Mordverdächtige!«

Chuck zuckte die Schultern.

»So ein Schwachsinn«, grummelte er leise.

»Das ist doch riesiger Bullshit!«, schrie James dazwischen. »Sie müssen ja total bescheuert sein, um auf so einen Gedanken zu kommen!«

»Hatte ich Ihnen nicht gerade etwas zu Ihrem Verhalten gesagt, Mister Sheppard?«, fuhr McGinnis ihn hart an. »Sie können gern eine Weile unsere Gastfreundschaft genießen.« Er stand auf und ging zur Tür. »Constable Brown!«, rief er in den Flur.

»Ja, Sir?«, meldete sich der Herbeigerufene.

»Haben wir noch eine Zelle frei?«, erkundigte sich McGinnis. »Oder müssen wir ins Untersuchungsgefängnis verlegen?«

»Nein, Sir!«, antwortete der Constable. »Wir haben reichlich freie Zimmer. Haben Sie einen Gast für uns?«

»Das wird sich noch zeigen, Constable«, entgegnete McGinnis. »Ich werde Sie gegebenenfalls rufen.«

»Jawohl, Sir!«, bestätigte Brown.

McGinnis schloss die Tür hinter sich, warf James einen androhenden Blick zu und setzte sich wieder.

Chuck hatte seinem Freund beruhigend eine Hand auf die Schulter gelegt.

»Reg‘ dich ab, James«, bat er ihn. »Das bringt niemandem etwas.« Dann wandte er sich an Blake. »Vielleicht erklären Sie uns, was Sie auf diesen absurden Gedanken bringt. Alles was ich sagen kann ist, dass wir harmlos sind und niemandem etwas getan haben. Was bitte, soll diese Aktion gegen uns?«

Ehe Blake ihm eine Antwort auf seine Frage gab, musterte er den jungen Heißsporn, der zumindest im Augenblick bemüht war, sich zurückzuhalten. Silky Brightman hatte ihre weichen Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.

»Wenn Sie das wirklich nicht wissen, dann sollten sie mitkommen«, sagte er plötzlich und nickte McGinnis zu, der den beiden Constables im Hintergrund des Raumes ein Zeichen gab. Von Blake, McGinnis und den beiden Constables eskortiert, ging es zu einem Fahrstuhl der hinunter in die Pathologie führte.

»Die Tote hatte Erde unter ihren Fingernägeln, die unser Labor sofort eindeutig bestimmen konnte«, bemerkte Blake, während sich die Fahrstuhltür schloss. »Es hat vor vier Jahren schon einmal einen Mordfall auf ›Chiswick Island‹ gegeben. Damals spielte die Erde eine bedeutende Rolle in der Beweisführung, da sie nur dort vorkommt.«

»Daneben erhielten wir einen anonymen Hinweis«, ergänzte McGinnis. »Eine Email, deren Absender wir gerade herauszufinden versuchen. Der Mail nach sei es auf der Insel zu einer okkulten Handlung gekommen, einer Beschwörung oder etwas Ähnlichem ...«

»... und das wiederum passt exakt zu den Verletzungen der toten Frau«, übernahm Blake erneut das Wort.

Silky sah ihn verwirrt an.

»Ich höre was Sie sagen, aber ich verstehe es nicht«, sagte sie zitternd. »Was für Verletzungen?«

Blake ging nicht auf ihre Frage ein.

»Wir kennen die Themseströmungen und ich war lange genug bei der ›River Police‹«, machte McGinnis deutlich. »Der Fundort der Leiche beweist ganz klar, an welchem Punkt sie ins Wasser geworfen wurde. Sie wurde von der Insel aus abgetrieben.«

Blake nickte zustimmend.

»Abgesehen davon haben wir die Kleidung der Toten dort gefunden«, fügte er McGinnis‘ Anmerkung hinzu.

James hatte für sein Gefühl bereits genug gehört. Sofort begann es in ihm wieder zu brodeln und sein Temperament begann mit ihm durchzugehen. Für ihn war der Hinweis auf Insel, Strömung und Kleidung nicht einfach ein Fakt: für ihn kam es einer Anschuldigung gleich – nein, vielmehr einer direkten Anklage.

»Das mag ja alles stimmen, aber wenn Sie auch nur einen Augenblick glauben, wir wären das gewesen, dann haben Sie nicht mehr alle Latten am Zaun!«, stieß er wütend aus.

Die beiden begleitenden Constabler hatte ihre Mühe den jungen Choleriker festzuhalten. Es machte jeden Anschein, als wolle er Blake und McGinnis an den Hals springen. James war außer sich.

»Merkt ihr gar nicht, wie die uns was anhängen wollen!?«, schrie er. »Ist ja auch so einfach! Man schnappt sich irgendwen, beschuldigt, untermauert mit an den Haaren herbeigezogenen Indizien und gut ist. Fall abgeschlossen. Man henkt zwar die Falschen und lässt den wahren Killer laufen, … aber egal! Hauptsache man bekommt eine gute Presse!« Giftig sah er Blake an. »Die ist ja letztens nicht gerade gut ausgefallen, Chief Inspector, oder? Wie war das denn in Inverness? Und in Sachen der Selbstmordserie waren Sie doch kurz davor zu kapitulieren! Der Fähigste scheinen Sie mir kaum zu sein!« Er redete sich immer in Rage und damit um Kopf und Kragen, und als wenn es nicht längst genug war, legte er noch nach. »Na ja, demnächst werden Sie noch Chief Superintendent. Aber nur, weil man Sie nach dem Peterprinzip wegbefördert. Dann können Sie wenigstens keinen Scheiß mehr bauen!«

Er bekam keine Antwort, weil der Aufzug gestoppt hatte und die Tür zurückglitt. Doch Blakes spöttisches Lächeln zeigte, dass er ohnehin nicht auf die Bemerkungen des Studenten eingegangen wäre. Nur mit McGinnis‘ sonst so stoischer Ruhe war es nicht mehr ganz so weit her. Er hatte eine Hand leicht zu einer Faust geballt.

Kalte Luft schlug ihnen entgegen, als sie in einen tristen Korridor traten, an dessen Decke einfallslos nackte Neonröhren brannten.

Ihre Schritte auf den Bodenfliesen hallten klappernd von den weiß gestrichenen kahlen Wänden des langen Ganges zurück, während sie auf eine marineblaue Doppelschwingtür zugingen. Durch die milchigen Glasscheiben im oberen Drittel fiel ein Lichtkegel, der sich schwach auf den weißen Fliesen spiegelte. Schon hier roch es nach Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Ein Hinweis besagte, dass es sich um die Pathologie handelte und der Zutritt nur autorisiertem Personal erlaubt war. Einer der Constables klingelte. Gleich darauf öffnete ihnen ein Mann in weißem Kittel. Er hatte den abgestumpften, gleichgültigen Blick eines Menschen, der ständig Umgang mit dem Tod hatte.

»Hallo, Isaac!«, begrüßte er den Blake mit Handschlag und nickte McGinnis freundlich zu. »Cyril!«

»Guten Morgen, Gordon!«, erwiderte Blake und deutete auf die jungen Leute. »Die Dame und die beiden Herren würden gern einen Blick auf die Leiche werfen«, fügte er unterstellend hinzu und lächelte.

»Lässt sich machen«, erwiderte der mit Gordon angesprochene Mann. »Nur herein in die gute Stube.«

Er grinste vielsagend, trat beiseite und gab den Weg frei.

Chuck und Silky rieben sich unwillkürlich die Nase, als sie den Raum hinter der Tür betraten, von dem einige weitere Türen abzweigten. Eine davon war geöffnet. Der dahinterliegende Bereich schien eine Art Lager zu sein. An den Wänden befanden sich bis zur Decke reichende Metallregale, die größtenteils mit Kartons und Kisten gefüllt waren. Die Luft war ein wenig abgestanden und stickig. Anstandslos folgten die beiden Blake und McGinnis, während James nichts anderes übrigblieb, als sich von den beiden Constables führen zu lassen. Viel Spielraum zum Ausrasten hatten die beiden ihm vorsorglich nicht gelassen.

Unbehaglich ob der Situation, aber grundsätzlich interessiert, sahen sich die drei Medizinstudenten in dem großen steril wirkenden Raum um, in den sie geführt wurden, und in dem sich mittig eine Reihe silbrig glänzender Tische befanden, auf denen sich unter weißen Laken die Umrisse menschlicher Körper abzeichneten. Bei einigen ragte die große Zehe heraus, an die mit Bindfäden Zettel befestigt worden waren, auf denen sich Angaben zur jeweiligen Person befanden. Im Hintergrund konnte man die fast quadratischen anmutenden Türen der doppelreihig angelegten Kühlfächer sehen. Auf rollenden Beistelltischen fand sich diverses chirurgisches Instrumentarium.

Blake und McGinnis ließen die drei vorläufig Festgenommenen nicht aus den Augen. Insbesondere Blake war an jeder ihrer Reaktionen interessiert, als der Pathologe, Doktor Gordon Lestrade, gezielt auf einen Tisch zusteuerte, an dem sich gerade ein Weißkittel über einen leblosen Körper beugte. Als der sie kommen sah, richtete er sich langsam auf, drehte sich in ihre Richtung und schob den Mundschutz ein Stück nach unten.

»Hallo, Curt«, begrüßte Blake den Mann. »Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen.«

»Hallo, Isaac«, lächelte Curt Hancock, während er seine Latexhandschuhe auszog, um ihm die Hand zu schütteln.

Er war Lestrades Stellvertreter und ein erfahrener Rechtsmediziner, der in klinischer Mikrobiologie promoviert hatte. Hancock stammte gebürtig aus Cardiff und wurde wegen seines starken Dialekts von den allen, seine Abwesenheit vorausgesetzt, zumeist nur ›Der Waliser‹ genannt.

»So, dann wollen wir uns die Leiche einmal näher ansehen«, meinte Lestrade, mit einem süffisanten Lächeln in den Mundwinkeln. »Deswegen seid ihr ja schlussendlich gekommen.«

Mit einem Ruck zog er das, nur im oberen Drittel zurückgeschlagene, weiße Tuch weg.

Sekundenlang geschah nichts …

… fassungslos starrten Chuck, James und Silky auf die vor ihnen liegende tote Frau.

»Wollen Sie uns mit diesem Anblick foltern, Sie Mistkerl!?«, schrie James Blake unvermittelt an. »Ich werde mich über Sie beschweren, Mister Möchtegern-Großinquisitor!«

Während er noch seiner Wut Luft machte, war Silky bereits lautlos in Ohnmacht gefallen. Einer der beiden Constables schaffte es gerade noch rechtzeitig, ihr zu Hilfe zu springen und aufzufangen. Chuck war wie versteinert stehengeblieben. Ihm hatte es beim Anblick der Leiche den Atem verschlagen. Schwer keuchend begann sein Magen zu rebellieren. Er spürte die Übelkeit aufsteigen und versuchte sich krampfhaft zu beruhigen. Dann drehte er sich plötzlich zur Seite und erbrach sich – unmittelbar vor die Füße des Pathologen.

»Angehende Mediziner?«, hakte Lestrade nach und warf Blake einen belustigten Blick zu. »Eine robuste Natur haben sie jedenfalls nicht.«

Curt Hancock grinste.

Auf ein Zeichen Blakes wurde die junge Studentin von einem der Constables in einen Nebenraum getragen und auf eine Ruheliege gelegt. Sie hatte das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt. Die beiden jungen Männer hatten sich inzwischen etwas beruhigt.

»Wie auch immer«, fuhr Lestrade fort. »Was haben wir hier?« Er begann zu dozieren. »Der Todeszeitpunkt wurde auf halb vier Uhr in der Früh festgelegt, plus-minus zehn Minuten. Die Todesursache gestaltet sich vielseitig. Fest steht, dass ein widerhakenbesetztes Instrument zum Einsatz gekommen ist, dessen fünf Spitzen durchschnittlich um fünfeinhalb Inch eingedrungen sind. Eine poseidonmäßige Waffe würde ich vermuten, nur eben kein klassischer Dreizack und auch keine lineare Anordnung, wie bei diesem. Die Einstichstellen entsprechen exakt einem Fünfeck. Da es für mich nach einem Ritualmord aussieht, kann man wohl von den Außenecken eines Pentagramms ausgehen. Interessant ist ...«, mit diesen Worten trat er näher an den Tisch heran und drehte die Leiche ein wenig auf die Seite, ... dieses kreisförmige Zeichen! Es wurde zweifelsfrei eingebrannt. Da ist nur ein Brandeisen vorstellbar.« Er wandte sich an Blake und McGinnis. »Die Fotos sind schon im System erfasst. Sie können sie später am PC noch eingehender studieren.« Er brachte die Leiche wieder in Rückenlage. »Was mich verstört ist die Tatsache, dass der oder die Täter medizinisches Fachwissen besitzen müssen.« Er wies auf das Gesicht der Frau. »Sehen Sie, es wurde eine beidseitige Enukleation durchgeführt, eine Entfernung beider Augäpfel. Dabei gab man sich sogar Mühe, die umgebenen Strukturen innerhalb der Augenhöhle nicht zu beschädigen. Die Bindehaut wurde sorgfältig vom Hornhautrand gelöst, und die Augenmuskeln, als auch der Sehnerv abgetrennt … Na ja, und … die Augäpfel herausgezogen.« Lestrade schwieg, als wolle er dadurch seinen Worten mehr Gewicht geben, einen Augenblick, ehe er fortfuhr: »Besonders pervers finde ich …«, dabei zeigte er auf das kleine Loch in der Stirn der Toten, »dass man uns die Identifikation so leichtgemacht hat.« Er nahm eine Nierenschale vom Tisch, in der ein historisch wirkender Nagel und eine Identy Card lagen, die mittig ebenfalls ein Loch aufwies. »Der oder die Täter haben ihr den Ausweis direkt auf die Stirn genagelt. Sollte sie bis dahin noch gelebt haben, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, so ist sie spätestens zu diesem Zeitpunkt verstorben. Der Nagel ist um gut drei Inch tief eingedrungen.« Auf sein Zeichen deckte Hancock die Leiche wieder zu. Schmunzelnd blickte Lestrade Blake an. »Ich habe ja schon viel zu Gesicht bekommen, aber das hier war wirklich interessant und dazu mal neu.«

Blake reichte Lestrade die Hand und nickte Hancock freundlich zu. »Danke, Gordon«, sagte er und gab McGinnis und dem Constable einen Wink. »Ich denke, wir sind hier fertig.«

Eine Minute später befanden sie sich in dem Raum, in den ihre Mitstudentin gebracht worden war. Der Constable stand am Fußende der Couch, auf die er sie gelegt hatte.

James zeigte immer noch aggressives Verhalten. Es sah so aus, als wollte man ihnen einen Mord in die Schuhe schieben und er fühlte sich besonders angegriffen, denn schließlich wollte er Augenarzt werden. Er nahm die Sache sehr persönlich. Bislang hatte er nichts gegen die Polizei gehabt, aber im Augenblick entwickelte sich ein klares Feindbild. Seine Stirnadern waren angeschwollen und sein Gesicht hatte sich rot gefärbt, als er sich wieder an Blake wandte.

»Was fällt Ihnen eigentlich ein!«, schrie er ihn an. »Wie können Sie ...!«

»Sei endlich still, James«, fuhr Chuck jetzt dazwischen. »Merkst du eigentlich nicht, was hier abgeht? Da versucht uns jemand, ganz gewaltig aufs Kreuz zu legen!«

»Das habe ich jetzt gar nicht gemeint!«, stieß James wütend aus. »Ich will wissen, was diese absurde Aktion gerade sollte!? Silky hat es voll umgehauen! Das war eine echte Zumutung!«

»Du solltest wirklich einen Gang runterschalten!«, schnauzte Chuck ihn an. »Der Chief Inspector wollte uns testen!« Er warf Blake einen prüfenden Seitenblick zu. »Er wollte die vermeintlichen Mörder mit dem Opfer konfrontieren!«

»Sie haben damit nicht Unrecht, Mister Armstrong«, gestand Blake mild lächelnd. »Ich muss allerdings eingestehen, dass ich Ihnen aufgrund Ihres Studiums mehr zugetraut hätte.« Er wandte sich an den Constable, der sich immer noch um James Sheppard kümmerte. »Nehmen Sie Ihnen die Handschellen ab.«

»Dann halten Sie uns also für unschuldig?«, erkundigte sich James erstaunt und deutlich ruhiger, während ihn der Beamte von der Fessel befreite.

»Wir haben keinen Beweis für Ihre Schuld«, räumte Blake ein. »Aber wir haben auch keinen für Ihre Unschuld.« Er zuckte mit den Schultern. »Fakt ist, dass bisher alles darauf hindeutet, dass der Mord auf Ihrer Insel passierte. Folglich ist nicht auszuschließen, dass Ihre Kommune in die Sache verwickelt ist. Das ist alles.«

James war froh die Handschellen endlich los zu sein. Er rieb sich seine schmerzenden Handgelenke, während sich Chuck um ihre gemeinsame Freundin kümmerte, die langsam wieder zu sich kam. Auf ein Zeichen Blakes hatte der Constable den Raum verlassen.

»Dann können wir jetzt gehen?«, erkundigte sich Chuck zögernd.

Blake und McGinnis nickten einvernehmlich.

»Sie können!«, bestätigte McGinnis. »Es wäre aber schön, wenn Sie es noch eine Weile mit uns aushalten würden. Es wird gleich jemand kommen.«

Sowohl Blake, als auch McGinnis machten eine undurchsichtige Miene. War sich Chuck eben noch sicher gewesen, dass sich das Blatt zu ihren Gunsten gewendet hatte, war er es jetzt nicht mehr.

»Bleiben Sie bitte in diesem Raum«, bat Blake und legte Chuck freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Wir sind gleich wieder bei Ihnen.«

Mit diesen Worten gingen Blake und McGinnis hinaus, ließen aber die Tür offen.

Die beiden Freunde sahen sich verblüfft an. Silky steckte noch der Schock vom Anblick der Frauenleiche in den Knochen. Stöhnend richtete sie sich auf.

»Was, um Gottes Willen, ist nur mit dieser Frau geschehen?«, fragte sie fassungslos. »Wer hat ihr nur so etwas Grausames angetan? Ich kann das nicht fassen. Sie hatte keine Augen mehr.«

Sie begann zu schluchzen, suchte in ihrer Jacke nach einem Taschentuch, fand aber keines. Chuck reichte ihr seine Packung, wofür sie ihm einen dankbaren Blick zuwarf.

»Was für Menschen müssen das sein?« Es war eine rhetorische Frage, auf die er keine Antwort erwartete.

»Ich frage mich, warum diejenigen versucht haben, uns die Schuld in die Schuhe zu schieben«, murmelte James nachdenklich. »Aber ich habe eine Idee.«

Chuck und Silky sahen ihn fragend an. James grinste und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der Tür, wo sich noch die beiden Constables aufhielten und mit versteinerten Gesichtern so taten, als würden sie das Gespräch der jungen Leute nicht hören.

»Ich erkläre es euch später, wenn die da nicht mehr zuhören können«, sagte er mit einem Schmunzeln.

Chuck und Silky nickten gespannt. Sie hatten nicht die geringste Ahnung, auf welche Idee er gekommen war, aber sie dachten auch nicht weiter darüber nach. Vielmehr überlegten sie, von wem die beiden Inspektoren vorhin gesprochen hatten.

»Wisst ihr, was ich mich frage?«, Chuck steckte das angebrochene Taschentuchpäckchen wieder ein. »Ich frage mich, mit wem wir hier zusammentreffen sollen.«

»Ich mich auch«, gab James zu.

Sie sollten es bald wissen. Schon zehn Minuten später hörten sie aus dem Sezierraum einen schier unmenschlichen Schrei!


An der Pforte zur Hölle

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