Читать книгу Theologie des Neuen Testaments - Udo Schnelle - Страница 12

Оглавление

4.Die erste Transformation: Die Entstehung der Christologie

W.BOUSSET, Kyrios Christos. Geschichte des Christusglaubens von den Anfängen des Christentums bis Irenaeus, Göttingen 61967; O.CULLMANN, Die Christologie des Neuen Testaments, Tübingen 51975; E.SCHWEIZER, Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern, AThANT 28, Zürich 21962; W.KRAMER, Christos Kyrios Gottessohn. Untersuchungen zu Gebrauch und Bedeutung der christologischen Bezeichnungen bei Paulus und den vorpaulinischen Gemeinden, AThANT 44, Zürich 1963; F.HAHN, Christologische Hoheitstitel. Ihre Geschichte im frühen Christentum, FRLANT 83, Göttingen 51995; R.DEICHGRÄBER, Gotteshymnus und Christushymnus in der frühen Christenheit, SUNT 5, Göttingen 1967; W.POPKES, Christus Traditus, AThANT 49, Zürich 1967; K.WENGST, Christologische Formeln und Lieder des Urchristentums, StNT 7, Gütersloh 21973; J.ERNST, Die Anfänge der Christologie, SBS 57, Stuttgart 1972; PH.VIELHAUER, Geschichte der urchristlichen Literatur, Berlin 1975, 9–57; K.KERTELGE (Hg.), Der Tod Jesu im Neuen Testament, QD 74, Freiburg 1976; M.HENGEL, Der Sohn Gottes, Tübingen 21977; E.SCHILLEBEECKX, Jesus (s.o. 3), 355–505; M.-L.GUBLER, Die frühesten Deutungen des Todes Jesu, OBO 15, Freiburg(H)/Göttingen 1977; G.FRIEDRICH, Die Verkündigung des Todes Jesu im Neuen Testament, BThSt 6, Neukirchen 1982; P.POKORNÝ, Die Entstehung der Christologie, Berlin 1985; G.SCHIMANOWSKI, Weisheit und Messias. Die jüdischen Voraussetzungen der urchristlichen Präexistenzchristologie, WUNT 2.17, Tübingen 1985; G.STRECKER, Literaturgeschichte des Neuen Testaments, Göttingen 1992; G.BARTH, Der Tod Jesu im Verständnis des Neuen Testaments, Neukirchen 1992; M. DE JONGE, Christologie im Kontext, Neukirchen 1995; J.D.G. DUNN, Christology in the Making, Grand Rapids 21996; M.KARRER, Jesus Christus im Neuen Testament, GNT 11, Göttingen 1998; DERS., Art. Christologie I, RGG4 2, Tübingen 1999, 273–287; F.J. MATERA, New Testament Christology, Louisville 1999; W.SCHRAGE, Unterwegs zur Einheit und Einzigkeit Gottes, BThSt 48, Neukirchen 2002; S.VOLLENWEIDER, Horizonte neutestamentlicher Christologie, WUNT 144, Tübingen 2002; L.W. HURTADO, Lord Jesus Christ. Devotion to Jesus in Earliest Christianity, Grand Rapids 2003; R.FELDMEIER, Gottes Torheit? Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, in: W.H. Ritter (Hg.), Erlösung ohne Opfer?, Göttingen 2003, 17–55; W.POPKES/R.BRUCKER (Hg.), Ein Gott und ein Herr. Zum Kontext des Monotheismus im Neuen Testament, BThSt 68, Neukirchen 2004; R.N. LONGENECKER (Hg.), Contours of Christology in the New Testament, Grand Rapids 2005; J.FREY/J.SCHRÖTER (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005; M.HENGEL, Abba, Maranatha, Hosanna und die Anfänge der Christologie, in: Denkwürdiges Geheimnis (FS E.Jüngel), hg. v. I.U. Dalferth/J.Fischer/H.-P.Großhans, Tübingen 2005, 144–183; TH. SÖDING, Der Gottessohn aus Nazareth. Das Menschsein Jesu im Neuen Testament, Freiburg 2006; K. ERLEMANN, Jesus der Christus, Neukirchen 2011; D. STAUDT, Der eine und einzige Gott. Montheistische Formeln im Urchristentum und ihre Vorgeschichte bei Griechen und Juden, NTOA/StUNT 80, Göttingen 2012; ST. SCHREIBER, Die Anfänge der Christologie, Neukirchen 2015.

Die Verkündigung, das Leben und das Geschick des Jesus von Nazareth bilden die Grundlage für die neue Erfahrungs- und Denkwelt der ersten Christen. Mit der Entstehung einer Christologie als begrifflicher und erzählerischer Entfaltung der Heilsbedeutung des Jesus von Nazareth als Messias, Kyrios und Gottessohn vollzieht sich eine erste Transformation. Nicht mehr Jesus selbst verkündigt, sondern er wird verkündigt. Was Jesus einst sagte und wie Jesus nach Kreuz und Auferstehung erfahren und gedacht wird, fließen nun ineinander und bilden etwas Neues: Jesus selbst wird zum Gegenstand des Glaubens und zum Inhalt des Bekenntnisses.

Wie lässt sich der Übergang von der Verkündigung Jesu zur Verkündigung von/über Jesus beschreiben? Zwei grundsätzliche Denkmodelle sind möglich: 1) Das Modell der Diskontinuität: A. von Harnack unterschied scharf zwischen dem einfachen Evangelium Jesu, in das allein der Vater gehört, und der maßgeblich von Paulus bestimmten späteren christologischen Entwicklung. „Das Evangelium ist in den Merkmalen, die wir in den Vorlesungen angegeben haben, erschöpft, und nichts Fremdes soll sich eindrängen: Gott und die Seele, die Seele und ihr Gott.“1 Auch R.Bultmann votiert für das Modell der Diskontinuität, wählt aber eine psychologische Erklärung: „Jesus hat mit dem Hereinbrechen der Basileia gerechnet; das ist nicht passiert. Die Urgemeinde hat mit dem Erscheinen des Menschensohnes gerechnet; das ist nicht passiert. Allein die dadurch entstandene Verlegenheit war das agens für die Entwicklung der Christologie und der Grund für den Rückfall in das apokalyptische Zeitverständnis.“2 2) Das Modell der Kontinuität wird von J.Jeremias vertreten, „die vor- und nachösterliche Botschaft gehören unauflöslich zusammen, keine von beiden darf isoliert werden. Sie dürfen aber auch nicht nivelliert werden. Vielmehr verhalten sie sich zueinander wie Ruf und Antwort.“3 Nach L.Goppelt „vertritt Jesus eine Christologie als verhülltes Selbstzeugnis; die Apostel entfalten sie als offenes Bekenntnis und daher als dieses Bekenntnis explizierende Lehre.“4 Umfassend versucht W.Thüsing die Ganzheit ntl. Theologie zu begründen, „weil Jesus auch als der Irdische schon ‚der Sohn‘ ist (wenn er auch erst von Ostern her im Vollsinn als solcher erkannt werden kann), weil die theologische Grundstruktur des ‚Evangeliums‘ also schon deshalb nicht erst von Ostern an besteht; weil die inhaltlichen Strukturen der eschatologisch-theologischen Botschaft des Christentums durch das Jesuanische geprägt sind: Die Ganzheit der ‚nachösterlichen Transformation‘ ist durch die Ganzheit des Jesuanischen (der ‚jesuanischen Strukturkomponenten‘) vorgeprägt.“5 Für F.Hahn ist die Identität des Irdischen mit dem Auferstandenen „das Fundament für alle christologischen Aussagen. Jede isolierte theologische Wertung der vorösterlichen Geschichte Jesu widerspricht dem Gesamtzeugnis des Neuen Testamentes.“6

Beide Entwicklungen sind in sich teilweise überlagernder Form möglich: Die nachösterliche Christologie könnte ein wirklich neues Element sein, das keinen oder nur wenig Anhalt am vorösterlichen Jesus hat; sie könnte aber auch eine folgerichtige Fortschreibung des vorösterlichen Anspruchs Jesu unter der veränderten Perspektive der Osterereignisse sein. Zur Klärung dieser Frage müssen die entscheidenden Faktoren für die Ausbildung der frühen Christologie bedacht werden.

4.1.Jesu vorösterlicher Anspruch

Die vorangegangenen Analysen (s.o. 3) haben gezeigt, dass Jesu Auftreten mit seinen lehrhaften, charismatischen, prophetischen, weisheitlichen und messianischen Dimensionen schon unter religionsgeschichtlichen Aspekten als singulär anzusehen ist. Es gibt keine Gestalt der Antike, die einen vergleichbaren Anspruch gestellt und eine vergleichbare Wirkung erzielt hätte wie Jesus von Nazareth7. Wenn Jesus das Aufrichten der Königsherrschaft Gottes exklusiv an seine Person band, so dass sein Tun als Anbruch der Gottesherrschaft erscheint, dann musste er notwendigerweise in die Nähe Gottes gerückt und mit Gott zusammengedacht werden. Wenn er seine Person zum Kriterium des eschatologischen Gerichtes erhob (Q 12,8fpar), als Wundertäter auftrat und wie Gott Sünden vergab, sich über Mose stellte und mit der Berufung der 12 Jünger die eschatologische Restitution Israels in neuer Form anstrebte, dann ist die eschatologische Qualität des vorösterlichen Jesus der Grund, warum nach Ostern eine explizite Christologie ausgebildet wurde. Jesus erhob bereits vorösterlich einen einzigartigen Anspruch, der durch die Auferstehung nachösterlich verändert, aber zugleich noch verstärkt wurde8.

Die Entstehung der frühen Christologie liegt aber nicht nur im personalen Anspruch Jesu begründet, sondern auch in seinen Lehrinhalten; es kann von einer wirkungsgeschichtlichen Plausibilität in personaler und sachlicher Hinsicht gesprochen werden. Dafür sprechen die Kontinuitätslinien zwischen dem Handeln bzw. der Verkündigung Jesu und dem frühen Christentum9: 1) Jesus band den Willen Gottes nicht an rituelle Vollzüge, sondern betonte die Ethik der Gottes- und Nächstenliebe. Von hier aus konnte im frühen Christentum eine Liebesethik entwickelt werden, die nicht unmittelbar mit der Tora verbunden war. Jesu Wirken wurde in seiner Gesamtheit als heilsame Regelung gestörter Beziehungen des Menschen zu Gott und der Menschen untereinander wahrgenommen und interpretiert. Jesus hatte sein Leben ‚für uns‘ losgelassen, um es von Gott neu zu erhalten. 2) Gottes grenzenlose Liebe eröffnet Perspektiven, die über die Erwählung Israels hinausgehen. Obwohl Jesus sich prinzipiell nur an Israel gesandt wusste, ermöglichten seine zeichenhaften Hinwendungen zu Heiden den frühen Christen, ihre Botschaft über Israel hinauszutragen. 3) Jesus erkannte dem Tempel offenbar nur eine geringe Bedeutung zu, so dass für die frühen Christen die lokale Gottesverehrung an einem einzigen Ort keine besondere Rolle spielte. Jesus interpretierte die Grundpfeiler des Judentums seiner Zeit offenbar in einer Weise, die für eine Transformation hin zum Universalismus offen war.

4.2Die Erscheinungen des Auferstandenen

Die Erscheinungen des Auferstandenen als ein zentraler Teil des Ostergeschehens waren offenbar die Initialzündung für die grundlegende Erkenntnis der frühen Christen: Der schmachvoll am Kreuz gestorbene Jesus von Nazareth ist kein Verbrecher, sondern er ist auferweckt worden von den Toten und gehört bleibend auf die Seite Gottes. Aus der hervorragenden Qualität Jesu vor Ostern wurde so Jesu Christi unüberbietbare Qualität nach Ostern. Hinzu kommt: Durch die Erscheinungen wurde die Auferstehung zu einem Erzählfaktum. Ein Vergleich der Ostererzählungen der Evangelien mit 1Kor 15,3b–5 zeigt, dass drei Elemente das Grundgerüst aller Ostererzählungen ausmachen: 1. eine Grabeserzählung (1Kor 15,4: „Und er wurde begraben“); 2. Ein Erscheinungsbericht (1Kor 15,5a: „Und dass er erschienen ist dem Kephas“); 3. Eine Gruppenerscheinung vor Jüngern (1Kor 15,5b–7)10.

Wie die Evangelien (vgl. Mk 16,1–8par; Joh 20,1–10.11–15) setzt auch Paulus das leere Grab voraus11. Er erwähnt es nicht ausdrücklich, aber die Logik des Begrabenseins und der Auferstehung Jesu in 1Kor 15,4 (und auch des Mitbegrabenwerdens in Röm 6,4) verweist auf das leere Grab, denn die jüdische Anthropologie geht von einer leiblichen Auferstehung aus12. Hinzu kommt ein grundsätzliches Argument: Die Auferstehungsbotschaft hätte in Jerusalem nicht so erfolgreich verkündigt werden können, wenn der Leichnam Jesu in einem Massengrab oder einem ungeöffneten Privatgrab verblieben wäre13. Es dürfte weder den Gegnern noch der Anhängerschaft entgangen sein, wo Jesus beigesetzt wurde14. Der Erfolg der Osterbotschaft in Jerusalem ist gerade historisch ohne ein leeres Grab nicht denkbar. Der Fund eines Gekreuzigten im Nordosten des heutigen Jerusalem aus der Zeit Jesu zeigt15, dass die Leiche eines Hingerichteten an seine Angehörigen oder andere Nahestehende ausgeliefert und von ihnen bestattet werden konnte. Das leere Grab allein bleibt allerdings zweideutig, seine Bedeutung erschließt sich erst von den Erscheinungen des Auferstandenen her16.

Ausgangspunkt der Erscheinungsüberlieferungen17 ist die Protepiphanie Jesu vor Petrus (vgl. 1Kor 15,5a; Lk 24,34), denn sie begründete die hervorgehobene Stellung des Petrus im frühen Christentum18. Das Johannesevangelium geht von einer Ersterscheinung vor Maria Magdalena aus (Joh 20,11–18), erst danach erscheint Jesus den Jüngern (Joh 20,19–23). Bei Markus werden Erscheinungen Jesu in Galiläa angekündigt (Mk 16,7), ohne erzählt oder überliefert zu werden. Bei Matthäus erscheint Jesus zunächst Maria Magdalena und der anderen Maria (vgl. Mt 28,9.10), bei Lukas den Emmausjüngern (Lk 24,13ff). Die Berichte lassen noch erkennen, dass Jesus wahrscheinlich zunächst Petrus und Maria Magdalena bzw. mehreren Frauen erschien. Offensichtlich verfolgen die Erscheinungsberichte keine apologetische Tendenz19, denn obwohl Frauen nach jüdischem Recht nicht voll zeugnisfähig waren, spielen sie in fast allen Erscheinungsberichten der Evangelien eine wichtige Rolle. Jesus ist nach den Erscheinungen vor Einzelpersonen verschiedenen Gruppen von Jüngern erschienen, seien es die Zwölf oder aber mehr als 500 Brüder, von denen 1 Kor 15,6 spricht. Auf diese Gruppenerscheinungen folgten wiederum Einzelerscheinungen, so vor Jakobus und Paulus (vgl. 1Kor 15,7.8).

Auf der Grundlage dieser Überlegungen lassen sich die erkennbaren geschichtlichen Daten schnell zusammentragen: Die Jünger waren bei der Inhaftierung Jesu geflohen, wahrscheinlich nach Galiläa. Nur einige Frauen wagten es, der Kreuzigung von ferne zuzusehen und später nach dem Grab zu sehen. Begraben wurde Jesus von Joseph von Arimathäa, der ein Sympathisant Jesu aus vornehmer Jerusalemer Familie war (vgl. Mk 15,43; Joh 19,38). Die ersten Erscheinungen Jesu ereigneten sich in Galiläa (vgl. Mk 16,7; 1Kor 15,6?), möglicherweise gab es auch Erscheinungen in Jerusalem (vgl. Lk 24,34; Joh 20). Wahrscheinlich sammelte Petrus Mitglieder des Zwölferkreises und andere Jünger bzw. Jüngerinnen, denen Jesus dann erschien. Es folgten besondere Einzelerscheinungen (Jakobus, Paulus), mit denen diese besondere Epoche abgeschlossen wurde. Mit den Auferstehungserscheinungen verband sich sehr früh die Überlieferung vom leeren Grab, das in der Nähe seiner Hinrichtungsstätte gelegene Grab wurde so im Licht der Ostererscheinungen zu einem Zeugnis der Auferstehung.

Welchen Charakter hatten die Erscheinungen? Theologisch ist bedeutsam, dass sie ein Element der Verkündigung der Auferstehung Jesu sind, d.h. sie können nicht von der einen Basisaussage abgelöst werden: Gott hat Jesus von den Toten auferweckt. Religions- und traditionsgeschichtlich handelt es sich um Visionen im Kontext apokalyptischer Vorstellungen, nach denen Gott in der Endzeit wenigen Auserwählten Einblick in sein Handeln gewährt20. Der Realitätsgehalt der Erscheinungen kann aufgrund der spärlichen Überlieferungssituation nicht psychologisch erfasst werden, und auch eine Interpretation der Erscheinungen als rein subjektive Glaubenserfahrungen ist nicht hinreichend21, denn so wird der besondere Status der Erscheinungen als Glaubensgrundlage minimiert. „Andererseits müssen die Visionen von solcher Art gewesen sein, dass sie es ermöglichten bzw. sogar dazu nötigten, sie im Sinne der Aufererweckungsaussage zu deuten.“22 Wie die Auferstehung selbst sind auch die Erscheinungen als ein von Gott kommendes Transzendenzgeschehen zu begreifen, das bei den Jüngern und Jüngerinnen Transzendenzerfahrungen auslöste (s.u. 6.2.2). Transzendenzerfahrungen können in zweifacher Art verarbeitet und rekonstruiert werden: „Erzählungen, in welchen die Erfahrungen von Transzendenz kommunikativ gestaltet und zur Wiedererzählung bereitgestellt werden, und Rituale, in welche solche Erfahrungen kommemoriert werden und mit welchen die transzendente Wirklichkeit beschworen wird.“23 Dies leisten sowohl die Formel- als auch die Erzähltraditionen, in denen notwendigerweise in unterschiedlichen zeitbedingten Formen diese Transzendenzerfahrungen aufgearbeitet und zum intersubjektiven Diskurs in den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Taufe, Herrenmahl und Gottesdienste waren rituelle Orte, an denen die Erfahrungen erneuert und verfestigt wurden.

Ostern wurde so zur Basisgeschichte der neuen Bewegung24. An den Texten lässt sich ablesen, was die Ereignisse auslöste und welche Bedeutungen ihnen zugeschrieben wurden. Historisch und theologisch höchst bedeutsam ist die Beobachtung, dass Paulus als authentischer Erscheinungszeuge seine Transzendenzerfahrung sehr restriktiv schildert und auf die entscheidende theologische Erkenntnis hin auslegt: Der Gekreuzigte ist auferstanden! Die Erscheinungen des Auferstandenen als Transzendenzerfahrungen eigener Art begründen die Gewissheit, dass Gott durch seinen schöpferischen Geist (vgl. Röm 1,3b–4a) an Jesus Christus handelte und ihn zur maßgeblichen Gestalt der Endzeit eingesetzt hat.

4.3Erfahrungen des Geistes

Neben den Erscheinungen des Auferstandenen ist das Wirken des Geistes die zweite Erfahrungsdimension, die auf die Ausbildung der frühen Christologie einwirkte. Während die Erscheinungen streng begrenzt waren, ist das Wirken des Geistes keinen Beschränkungen unterworfen. Religionsgeschichtlich gehören Gott und der Geist schon immer zusammen. Im griechisch-römischen Kulturraum vollzieht sich das Wirken der Gottheiten vor allem nach der Lehre der Stoiker in der Sphäre des Geistes25. Im antiken Judentum ist die Vorstellung von großer Bedeutung, dass in der Endzeit der Geist Gottes ausgegossen wird (vgl. Ez 36,25–29; Jes 32,15–18; Joel 3,1–5LXX; 1QS 4,18–23 u.ö.). Der Messias wurde als geistbegabte Gestalt vorgestellt und Tempel-/Einwohnungsmetaphorik verbanden sich mit dem Geist26.

Im frühen Christentum dürften spontane Geisterfahrungen den Ausgangspunkt der Entwicklung markieren: ‚Gott hat uns den Geist gegeben‘ (vgl. 1Thess 4,8; 1Kor 1,12.14; 2Kor 1,22; 5,5; Röm 5,5; 11,8). Der Empfang des Geistes ist auch an äußeren Phänomenen erkennbar (vgl. Gal 3,2; Apg 8,18), speziell an wunderbaren Heilungen (1Kor 12,9.28.30), ekstatischer Glossolalie (Apg 2,4.11; 4,31 u.ö.) und prophetischem Reden (vgl. 1Kor 12; 14; Apg 10; 19). In legendenhafter Ausschmückung, im Kern aber historisch sicherlich zuverlässig, beschreibt die Apostelgeschichte das Wirken des Geistes in den frühesten Gemeinden. Der Heilige Geist erscheint als die von Jesus versprochene „Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49; Apg 1,5.8), die den Jüngern zu Pfingsten (Apg 2,4) verliehen wird. Der Geist wird allen zuteil, die die Predigt der Apostel annehmen und sich taufen lassen (vgl. Apg 2,38). Nach frühester Überlieferung war schon das Wirken Jesu seit der Taufe durch den Heiligen Geist geprägt (vgl. Mk 1,9–11; Apg 10,37). Es ist der Geist Gottes, der die Auferstehung Jesu bewirkt (Röm 1,3b–4a; Röm 6,4; 8,11; 1Petr 3,18; 1Tim 3,16), und nun die neue Seins- und Wirkweise des Auferstandenen bestimmt (2Kor 3,17: „Der Herr aber ist der Geist“; vgl. 1Kor 15,45). Das Wirken des Geistes trennt im Taufgeschehen die Glaubenden von der Macht der Sünde und bestimmt von nun an ihr neues Sein (vgl. 1Kor 12,13; 6,19; Röm 5,5). Paulus als ältester literarischer Zeuge teilt die Auffassung von den wahrnehmbaren Zeichen des eschatologischen Geistempfanges (vgl. z.B. 1Thess 1,5; Gal 3,2–5; 1Kor 12,7ff). Er selbst nimmt Erfahrungen des Geistes für sich in Anspruch (vgl. 1Kor 14,18; 2Kor 12,12) und mahnt die Gemeinden, den Geist nicht zu dämpfen (vgl. 1Thess 5,19).

Die ältesten christlichen Aussagen über das Wirken des Geistes Gottes sprechen die Überzeugung aus, dass die jüdische Hoffnung auf das inspirierende und lebenspendende Pneuma für die Endzeit jetzt ihre Erfüllung gefunden hat. Im Wirken des Geistes Gottes erkannten die frühen Christen die Wirklichkeit der Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

4.4Die christologische Lektüre der Schrift

Das Auftreten Jesu in Israel verweist die frühen Christen auf die Schriften Israels. Aus den Schriften nimmt die Christologie ihre Sprache, wie 1Kor 15,3f bezeugt; das Postulat „gemäß den Schriften“ (ϰατὰ τὰς γραφάς) ist ein grundlegendes theologisches Signal. Die frühen Christen leben in und aus den Schriften Israels. Die Lektüre vollzieht sich allerdings unter veränderten Verstehensbedingungen, denn nun lesen die Judenchristen ihre Schrift (vornehmlich in der Gestalt der Septuaginta27) neu aus der Perspektive des Christusgeschehens. Die Relecture der Schriften vollzieht sich in einer zweifachen Bewegung: Die Schriften werden zum Bezugsrahmen der Christologie und die Christologie gibt den Schriften eine neue Bestimmtheit28.

Die christologische Relecture der Schrift führt im frühen Christentum zu verschiedenen Modellen, um die Kontinuität des Verheißungshandelns Gottes in der Geschichte aufzuzeigen. Durch Gottes Heilshandeln an Jesus von Nazareth in Kreuz und Auferstehung war für die ersten Christen deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem Geschehen und dem Heilshandeln Gottes mit Israel geben muss. In den Figuren der Typologie (Vorabbildung), der Verheißung und der Erfüllung sowie in den exegetischen Methoden der Allegorese und des Midrasch, in Zitatkombinationen, Zitatvariationen und Anspielungen sind Modelle zu sehen, um diese grundlegende Überzeugung auszudrücken.

In den unbestritten echten Paulusbriefen finden sich 89 Zitate aus dem Alten Testament29, wobei die Verteilung der Zitate über die einzelnen Briefe auffällig ist: Im ältesten (1Thess) und in den beiden jüngsten (Phil, Phil) Briefen fehlen Zitate, hingegen finden sich die meisten Zitate in den Schriften, in denen der Apostel aktuelle Probleme bzw. Konflikte bearbeiten muss (Korintherbriefe, Gal und vor allem Röm!). Theologisch ist für Paulus die Schrift Zeuge des Evangeliums, denn die Verheißungen Gottes (vgl. ἐπαγγελία in Gal 3 und Röm 4) erfahren im Evangelium von Jesus Christus ihre Bestätigung (vgl. 2Kor 1,20; Röm 15,8). In der Logienquelle finden sich 5 Zitate mit Einleitung, wobei die Konzentration auf die Versuchungsgeschichte auffallend ist (vgl. Q 4,4.8.10f.12; ferner Q 7,27)30. Markus platziert Zitate an zentralen Stellen seines Evangeliums (vgl. Mk 1,2f; 4,12; 11,9; 12,10.36; 14,27); sie bestätigen das Heilsgeschehen, ohne ein zentrales Element der Christologie zu sein31. Auffälligerweise findet sich bei Markus erstmals in einem Nebensatz die Wendung „aber die Schriften sollen erfüllt werden“ (Mk 14,49). Bei Matthäus sind die Erfüllungszitate ein grundlegender Bestandteil der Christologie (vgl. mit jeweils redaktioneller Einführung Mt 1,23; 2,6.15.18.23; 4,15f; 8,17; 12,18–21; (13,14f); 13,35; 21,5; 27,9f; vgl. ferner Mt 26,54.56)32. Sie legen nach dem Deutungsmodell ‚Verheißung – Erfüllung‘ umfassend dar, wie einzelne Begebenheiten aus dem Leben Jesu, seine Taten und Worte sowie die Passion den Schriften entsprechen, sie bejahen und erfüllen. Die Einführungsformeln zeigen Gemeinsamkeiten, es folgt auf den Erfüllungsgedanken der Verweis auf die Schriftstelle, wobei auch der Name des Propheten (Jesaja, Jeremia) genannt werden kann. Das Leitverb πληρόω steht in der Regel im Passiv, um so auf das Handeln Gottes zu verweisen. Dadurch wird das Hauptanliegen matthäischer Christologie zum Ausdruck gebracht: Die Geschichte Jesu ist die Geschichte Gottes. Bei Lukas steht die Vorstellung im Mittelpunkt, dass im Auftreten Jesu die prophetischen Verheißungen der Schrift erfüllt sind (vgl. Lk 1,70; 4,21; 18,31; 24,44; Apg 3,21)33. Auf die Zeit des Gesetzes und der Propheten folgt die gegenwärtige Verkündigung des Reiches Gottes (Lk 16,16). Die Zeit des Heils im Auftreten Jesus setzt sich fort in der universalen Evangeliumsverkündigung der Kirche (vgl. Apg 10,34f). Einen Schritt weiter geht Johannes, bei dem Jesus zum verborgenen Subjekt der Schrift wird (Joh 5,46: „Denn wenn ihr Mose glaubtet, würdet ihr auch mir glauben, denn über mich hat jener geschrieben“). Identifizier- und abgrenzbare Zitate aus dem Alten Testament34 finden sich in Joh 1,23; 1,51; 2,17; 6,31; 6,45; 10,34; 12,13.15.27.38.40; 13,18; 15,25; 16,22; 19,24.28.36.37; 20,28; vgl. ferner Joh 3,13; 6,45; 7,18.38.42; 17,12. Auffällig sind die unterschiedlichen Einleitungsformeln in den beiden Hauptteilen des Evangeliums. Während sich im ersten Teil des Evangeliums fünfmal das Partizip γεγραμμένον in Verbindung mit ἐστίν (vgl. Joh 2,17; 6,31; 6,45; 10,34; 12,14) findet, sprechen die neuen Einleitungsformeln im zweiten Hauptteil des Evangeliums (ab Joh 12,38) ausdrücklich von der Erfüllung des Gotteswillens in der Passion Jesu Christi. Die Schriften verweisen hier nicht nur auf Jesus, sondern Christus bezeugt sich selbst in ihnen. Damit ist ein grundlegender Perspektivenwechsel vollzogen, die Christologie empfängt nicht nur Impulse aus den Schriften, sondern prägt diese inhaltlich. Im Rahmen der temporären und sachlichen Priorität des Christusgeschehens weist Johannes der Schrift einen außerordentlichen Rang zu: Als Christuszeuge kommentiert und vertieft sie die wahre Erkenntnis des Gottessohnes.

Einige Einzeltexte nehmen in der frühchristlichen AT-Rezeption eine besondere Stellung ein.

Paulus setzt mit Gen 15,6 und Hab 2,4b faktisch alle anderen Texte des Alten Testaments außer Kraft. Bei der interpretierenden Aufnahme von Hab 2,4bLXX in Gal 3,11 und Röm 1,17 bindet der Apostel die Treue Gottes nicht an den aus der Tora lebenden Gerechten, sondern an den Glauben an Jesus Christus als Rechtfertigungsgeschehen. Der chronologische Abstand zwischen Gen 15,6 und Gen 17 hat bei Paulus theologische Qualität. Gilt die Beschneidung aus jüdischer Sicht als umfassender Treueerweis Abrahams gegenüber den Geboten Gottes, so trennt Paulus die Beschneidung von der Glaubensgerechtigkeit. Die Glaubensgerechtigkeit ging der Beschneidung voran, so dass die Beschneidung lediglich als eine nachträgliche Anerkennung und Bestätigung der Glaubensgerechtigkeit verstanden werden kann. Eine Schlüsselstellung nahm Ps 110,1LXX bei der Herausbildung der frühen Christologie ein35: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich dir deine Feinde als Schemel unter deine Füße lege.“ Hier fanden die frühen Christen den maßgeblichen Schriftbeleg für Jesu himmlische Würde und Funktion: Er wurde zur Rechten Gottes erhöht, hat Anteil an der Macht und Herrlichkeit Gottes und übt von dort seine Herrschaft aus (vgl. 1Kor 15,25; Röm 8,34; Mk 12,36; 14,62; Mt 22,44; 26,64; Lk 20,42; 22,69; Apg 2,34; Kol 3,1; Eph 1,20; Hebr 1,3.13; 8,1; 10,12). In diesem Kontext übertrugen die ersten Christen schon sehr früh die für Gott geläufige Anrede ‚Herr‘ auf Jesus (vgl. die Aufnahme von Joel 3,5LXX in Röm 10,12f; ferner 1Kor 1,31; 2,16; 10,26; 2Kor 10,17) und brachten damit seine einzigartige Autorität in Abgrenzung zu anderen Ansprüchen zum Ausdruck36. Bei der Ausformung der Sohnes-Christologie (vgl. 1Thess 1,9f; Röm 1,3b–4a; Mk 1,11; 9,7) dürfte Ps 2,7 („Kundtun will ich den Beschluss des Herrn; er sprach zu mir: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt“; vgl. ferner 2Sam 7,11f.14) eine zentrale Bedeutung eingenommen haben.

Als intertextuelles Phänomen leistet die christologische Relecture der Schrift zweierlei: Sie stellt die atl. Referenztexte in einen neuen Sinnhorizont und legitimiert zugleich die eigene theologische Position der ntl. Autoren. Dabei bildet nicht das Eigengewicht der Schrift, sondern Gottes endzeitliches Heilshandeln in Jesus Christus die sachliche Mitte ihres Denkens. Zentrale Inhalte jüdischer Theologie (Tora, Erwählung) werden neu bedacht und der Schrifttext in einen produktiven intertextuellen Interpretationsprozess hineingenommen.

4.5Religionsgeschichtliche Kontexte

Die Entwicklung der frühen Christologie vollzog sich in Kontinuität zu jüdischen Basissätzen, die wichtige Verstehenskategorien lieferten: Gott ist einer, er ist der Schöpfer, der Herr und der Erhalter der Welt. Traditionen des antiken Judentums37 ermöglichten es auch, am Monotheismus festzuhalten, zugleich aber Jesus von Nazareth als Χριστός, ϰύριος und υἱὸς τοῦ ϑεοῦ zu bezeichnen. Für das frühe Christentum war es ein naheliegender Vorgang, vornehmlich in der jüdischen Tradition verankerte Hoheitstitel (s.o. 3.9/s.u. 4.6) auf Jesus zu übertragen. Nach jüdischer Vorstellung gibt es nur einen Gott, aber er ist nicht allein. Zahlreiche himmlische Mittlergestalten wie die Weisheit (vgl. Prov 2,1–6; 8,22–31; Sap 6,12–11,1), der Logos oder die Namen Gottes haben ihre Heimat in unmittelbarer Nähe zu Gott38. Biblische Patriarchen wie Henoch (vgl. Gen 5,18–24)39 oder Mose und Erzengel wie Michael40 umgeben Gott und wirken nun in seinem Auftrag. Sie bezeugen die Weltzugewandtheit Gottes, zeigen, dass Gottes Macht überall präsent ist und alles seiner Kontrolle unterliegt. Als Teilhaber an der himmlischen Welt sind sie Gott untergeordnet, sie gefährden in keiner Form den Glauben an den einen Gott. Als geschaffene und untergebene Kräfte traten sie in keine Konkurrenz zu Gott, als göttliche Attribute beschreiben sie in der Sprache menschlicher Hierarchie die Aktivitäten Gottes für die Welt und in der Welt. Zugleich sind aber gravierende Unterschiede offenkundig41: 1) Die personifizierten göttlichen Attribute waren keine gleichwertigen Personen mit eigenständigen Handlungsfeldern. 2) Sie wurden nicht kultisch verehrt. 3) Innerhalb der Vielfalt jüdischer Vorstellungen war es undenkbar, dass ein gerade schmachvoll Verstorbener in gottgleicher Art verehrt wurde.

Das Judentum bildet auch bei der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten den religionsgeschichtlichen Rahmen und Hintergrund, hier formte sich diese Vorstellung im Rahmen der Apokalyptik im 3./2.Jh. v.Chr. aus42. Der einzig unbestrittene Auferstehungstext im AT ist Dan 12,2f: „Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten.“ Als zweiter zentraler Text ist Jes 26,19 zu nennen: „Deine Toten werden leben, die Leichen stehen wieder auf; wer in der Erde liegt, wird wachen und jubeln. Denn der Tau, den du sendest, ist ein Tau des Lichts; die Erde gibt die Toten heraus.“ Die in beiden Texten vorausgesetzte Auferstehungshoffnung hat eine Vorgeschichte im AT, zu verweisen ist auf Jes 26 und Ez 37,1–14. Im 2./1.Jh. v.Chr. bezeugen zahlreiche Texte die Auferstehungshoffnung: SapSal 3,1–8; äthHen 46,6; 48,9f; 51,1; 91,10; 93,3f; 104,2; PsSal 3,10–12; LAB 19,12f; 2Makk 7,9; TestBen 10,6–10. Von besonderer Bedeutung ist, dass es auch bei den Essenern den Glauben an eine Auferweckung der Toten gegeben hat. In 4Q521 2 II,12 wird von Gott lobpreisend gesagt: „Dann wird er Erschlagene heilen, und Tote wird er lebendig machen; Armen wird er frohe Botschaft verkünden …“ In der gleichen Handschrift findet sich in Fr. 7,6 folgender Text: „… der lebendig macht die Toten seines Volkes“43.

Auch genuin griechisch-hellenistische Vorstellungen dürften die Entstehung der frühen Christologie mit beeinflusst und ihre Rezeption erleichtert haben. Die pagane Erzählkultur um Götter in Menschengestalt, um Helden wie Herakles oder andere Heroen gehörte zur Sozialisation vieler Heidenchristen, vor allem in den Städten Kleinasiens und Griechenlands. Die Menschwerdung Gottes und die Gottwerdung eines Menschen ist keine jüdische, sondern eine griechische Vorstellung44. Die Inkarnation von Göttern bzw. gottähnlichen Wesen (und die Vergöttlichung eines Menschen) als eine genuin griechische Anschauung verweist auf kulturgeschichtliche Vorgaben, die bei der Ausbildung45 und der Rezeption46 der frühen Christologie eine wichtige Rolle gespielt haben dürften. Ein anthropomorpher Polytheismus ist geradezu das Kennzeichen der griechischen Religion47 (klassisch Eur, Alc 1159: „Viele Gestalten kennt das Göttliche“ = πολλαὶ μορφαὶ τῶν δαιμονίων). Göttliche Wesen in Menschengestalt stehen bereits im Zentrum des klassischen griechischen Denkens; Homer berichtet: „Durchwandern die Götter doch, Fremdlingen gleichend, die von weit her sind, in mancherlei Gestalt die Städte …“.48 Die Entstehung der Kultur wird auf das Eingreifen der Götter zurückgeführt, so schickt Zeus den Hermes, um die Menschen Recht und Scham zu lehren49; Hermes, Herakles und Apollo nehmen als Boten der Götter Menschengestalt an bzw. wirken als Götter unter den Menschen50. Götter in Menschengestalt können sowohl einen irdischen als auch einen ewigen Ursprung haben; Plutarch weiß über die Herkunft des Apollo zu berichten: „… denn die uralte Sage versetzt Apollo nicht unter diejenigen Götter, die einen irdischen Ursprung haben und erst durch Verwandlung zur Unsterblichkeit gelangt sind, wie Herakles und Dionysos, welche ihrer Verdienste wegen das Sterbliche und dem Leiden Unterworfene ablegten, sondern Apollo ist einer der ewigen, nicht geborenen Götter.“51 Herakles vernichtete als Sohn Gottes und Retter in Gehorsam gegenüber Zeus Unrecht und Gesetzlosigkeit auf der Erde; wegen seiner Tugend (ἀρετή) verlieh ihm Zeus die Unsterblichkeit52. Mythische Gestalten des Anfangs wie Pythagoras oder berühmte Wundertäter wie Apollonius von Tyana53 erschienen als Götter in Menschengestalt, die ihre Macht zum Wohl der Menschen einsetzten. Empedokles reiste als unsterblicher Gott umher, beglückte und heilte die Menschen54. Der Heroenkult setzte sich im Herrscherkult fort, der schließlich in den römischen Kaiserkult überging55; in den großen Kulturleistungen und Siegen der Geschichte offenbaren sich Gottheiten in Menschengestalt56.

Aufschlussreich sind Überlegungen Plutarchs zum Wesen der zahlreichen wirklichen oder angeblichen Götter: „Aus diesem Grunde tut man wohl am besten, wenn man alles, was von Typhon, Osiris und Isis erzählt wird, nicht für Begebenheiten einiger Götter oder Menschen, sondern gewisser großer Geister (δαιμόνων μεγάλων) hält, welche, wie auch Plato, Pythagoras, Xenokrates und Chrysipp mit den alten Theologen übereinstimmend behaupten, zwar stärker sind als Menschen und von Natur aus eine größere Macht besitzen als wir, aber auf der anderen Seite auch nicht eine ganz reine und unvermischte Gottheit, sondern so wie wir eine Seele und einen Körper haben, die Vergnügen und Schmerz empfinden können … Und Plato nennt diese Art von Dämonen Dolmetscher und Mittelpersonen zwischen den Göttern und Menschen (ὅ τε Πλάτων ἑρμηνευτιϰὸν τὸ τοιοῦτον ὀνομάζει γένος ϰαὶ διαϰονιϰὸν ἐν μέσῳ ϑεῶν ϰαὶ ἀνϑρώπων), die die Wünsche und Gebete der Sterblichen vor die Gottheit tragen und von da Prophezeiungen und gute Gaben zurückbringen“ (Is et Os 361). Im Kontext eines sich ausbreitenden (paganen) Monotheismus bestimmt Plutarch Mittlerwesen, die den Kontakt zu den wahren Gottheiten halten und eine für die Menschen unabdingbare Funktion wahrnehmen57.

Die Vorstellung eines sowohl göttlichen als auch menschlichen Mittlerwesens58 war gerade für Griechen und Römer auf ihrem eigenen kulturellen Hintergrund rezipierbar59. Für Juden hingegen war der Gedanke unerträglich, dass Menschen wie der römische Kaiser Caligula sich anmaßten, als Götter zu gelten und verehrt zu werden60. Hier setzt die frühe Christologie sowohl gegenüber dem jüdischen als auch gegenüber dem griechisch-römischen Denken eigene Akzente, denn die Gottessohnschaft eines Gekreuzigten blieb in beiden Bereichen ein fremdartiger und anstößiger Gedanke (vgl. 1Kor 1,23).

Auch der römische Kaiserkult61 dürfte die Ausbildung der frühen Christologie (indirekt) mit beeinflusst haben. Nicht im Sinne einer eigenständigen religionsgeschichtlichen Kategorie, wohl aber als (zumindest in Kleinasien) allgegenwärtige kulturell-religiöse Praxis. Der römische Kaiser galt als göttlich und als Weltherrscher (s. u. 9.1), er war der Bringer und der Garant des Friedens und der Gerechtigkeit (vgl. 1Thess 5,3), er erfuhr sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich eine vielfältige Verehrung62 und mit ihm verbanden sich eschatologische Hoffnungen63. Nicht wenige Begriffe (z.B. Evangelium; Kyrios; Sohn Gottes) und Texte (z.B. Phil 2,6–11; Mk 15,39; Mt 2,13–18; Lk 1–2; 24,50–52/Apg 1,1–3) lassen Nähe und/oder Kritik zum Kaiserkult und seiner Motivwelt erkennen.

Religionsgeschichtlich trifft somit auch für die Christologie zu, was bei fast allen zentralen Begriffen und Vorstellungen der ntl. Schriften gilt: Es gibt starke Hinweise auf eine (zumindest) doppelte Vorgeschichte, sowohl im jüdischen als auch im griechisch-römischen Bereich. Eine doppelte Traditionstiefe war gerade die Voraussetzung für eine erfolgreiche Rezeption des christlichen Glaubens in gemischten Gemeinden! Trotz oder gerade wegen dieser doppelten Verankerung zeigen fast alle ntl. Vorstellungen gegenüber den von ihnen aufgenommenen Traditionen ein erkennbares Eigenprofil. Die kritische Brechung durch die Christologie und Soteriologie verhinderte eine direkte Aufnahme geläufiger religiöser Muster und ermöglichte neue und zumeist kreative eigenständige Interpretationsprozesse. Fast alle ntl. Autoren/Schriften schmiedeten im Feuer der Christologie/Soteriologie eine neue Begriffs- und Vorstellungswelt.

Die Herausbildung der frühen Christologie vollzog sich nicht in räumlich oder zeitlich abgrenzbaren Stufen, sondern innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums traten die verschiedenen christologischen Anschauungen nebeneinander und zum Teil miteinander verbunden auf. Es setzte ein theologischer Durchdringungs- und Versprachlichungsprozess ein, der die Identität Jesu als Irdischer und Auferweckter in seinem Verhältnis zu Gott näher zu bestimmen suchte. Sehr schnell wurden mit den verschiedenen Hoheitstiteln zentrale Kategorien antiken Denkens auf Jesus übertragen, um ihn als Ort und Medium der Selbstoffenbarung Gottes zu definieren. Es gab keine Entwicklung von einer ‚niedrigen‘ judenchristlichen Christologie hin zu einer hellenistisch synkretistischen ‚hohen‘ Christologie64. Vielmehr bot das hellenistische Judentum von Anfang an zentrale Vorstellungshilfen an, die bei der frühchristlichen Neufüllung von Mittlerwesen und Titeln von Bedeutung waren. Die zentralen christologischen Titel und die Vorstellung eines Mittlers zwischen Gott und Mensch waren zudem für eine eigenständige hellenistische Rezeption offen. Alle wesentlichen mit den Hoheitstiteln verbundenen christologischen Aussagen über Jesus bildeten sich schon geraume Zeit vor Paulus und wurden von ihm mit Traditionen aufgegriffen: Der auferweckte Jesus ist der Sohn Gottes (1Thess 1,10; Gal 1,16; Röm 1,4), ihm wurde der Name Gottes verliehen (Phil 2,9f). Er ist Gott gleich bzw. das Abbild Gottes (Phil 2,6; 2Kor 4,4) und Träger der Herrlichkeit Gottes (2Kor 4,6; Phil 3,21). Als präexistentes Wesen war er am göttlichen Schöpfungshandeln beteiligt (Phil 2,6; 1Kor 8,6), ihm gelten nun Wendungen und Zitate, die eigentlich auf Gott bezogen sind (vgl. 1Kor 1,31; 2,16; Röm 10,13). Sein Platz ist im Himmel (1Thess 1,10; 4,16; Phil 3,20) zur Rechten Gottes (Röm 8,24), von dort aus herrscht er über das All (1Kor 15,27; Phil 3,21) und über die himmlischen Mächte (Phil 2,10). Von Gott gesandt, wirkt er gegenwärtig in der Gemeinde (Gal 4,4f; Röm 8,3), er ist der göttliche Bevollmächtigte bei dem mit seiner Parusie einsetzenden eschatologischen Gericht (1Thess 1,10; 1Kor 16,22; 2Kor 5,10). Diese Anschauungen lassen sich weder systematisieren noch auf ein geschlossenes Milieu zurückführen. Vielmehr ist zu vermuten, dass frühchristliche Gemeinden an verschiedenen Orten Urheber und Tradenten dieser Vorstellungen waren, denn es gab eine vielfältige Jesusrezeption im frühen Christentum. Die Verehrung Jesu neben Gott entstand aus den überwältigenden religiösen Erfahrungen der frühen Christen, wobei insbesondere die Erscheinungen des Auferstandenen und das gegenwärtige Wirken des Geistes zu nennen sind. Als ein weiterer wesentlicher Faktor innerhalb dieses Prozesses muss die Gottesdienstpraxis der frühen Gemeinden gelten. 1Kor 16,22 (‚Maranatha‘ = „unser Herr, komm!“) zeigt, dass die einzigartige Stellung und Bedeutung des erhöhten Christus von Anfang an die Gottesdienste bestimmte (vgl. auch 1Kor 12,3; 2Kor 12,8)65. Er ermöglichte den neuen Zugang zu Gott, der im geistgewirkten Gebetsruf ἀββά (‚Abba‘ = „Vater“: Gal 4,6; Röm 8,15; Mk 14,36) im Gottesdienst bekannt wird. In der liturgischen Praxis galt: „Rühmet Gott und den Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (Röm 15,6). Taufe, Herrenmahl und Akklamationen stehen in exklusiver Beziehung zum Namen Jesu, wobei die Vielfalt der Anschauungen auf die ihnen zugrunde liegende neuartige und umstürzende religiöse Erfahrung verweist. Neben die theologische Reflexion trat somit die gottesdienstliche Anrufung und rituelle Verehrung Jesu als ein weiterer Haftpunkt für die Herausbildung, Entfaltung und Verbreitung christologischer Vorstellungen.

4.6Die Sprache und Gestalt der frühen Christologie: Mythos, Titel, Formeln und Traditionen

Das Wirken, das Geschick und das Weiter-Wirken Jesu Christi führte die Christusgläubigen zu der Einsicht, dass in ihm Gott selbst handelte und gegenwärtig bleibt.

Mythos

Dies war nur in der Form des Mythos aussagbar (ὁ μῦϑος = Rede, Erzählung von Gott bzw. den Göttern), denn hier musste die Geschichte geöffnet werden für etwas, was rein geschichtlich nicht mehr darstellbar ist: Gott wurde Mensch in Jesus von Nazareth. Diese Verflechtung der göttlichen Welt mit der menschlichen Geschichte kann nur in der Form des Mythos formuliert und rezipiert werden. Der Mythos ist ein kulturelles Deutungssystem, das auf Sinngebung von Welt, Geschichte und Menschenleben zielt, zur Identitätsbildung führt und eine handlungsleitende Funktion gewinnt66. Medial werden Mythen zumeist als Erzählung präsentiert; sie erläutern in narrativer Form das, was Welt und Leben grundlegend bestimmt und stellen dabei die Symbole bereit, die für jede Aneignung unentbehrlich sind. Der Mythos öffnet das durch göttliches Wirken gewordene Seiende dem Verstehen und formuliert die verpflichtenden Implikationen für das Selbst- und Weltverständnis einer Gruppe.

Der Mythos besitzt eine eigene Rationalität, die kategorial, nicht aber qualitativ von der neuzeitlichen naturwissenschaftlichen Rationalität unterschieden ist. Auch das naturwissenschaftliche Weltbild beruht auf axiomatischen Basissätzen, die die allgemeine Art und Weise definieren, mit der die Wirklichkeit betrachtet wird. Sie stellen den Rahmen dar, in dem sich alles wissenschaftliche Behaupten und Konstruieren vollzieht; sie sind das Bezugssystem, in dem alles gedeutet und verarbeit wird; sie bestimmen die Fragen, die man an das Wirkliche stellt und somit auch die Antworten, die gegeben werden. „Die von der Wissenschaft erfasste Wirklichkeit ist demnach nicht die Wirklichkeit an sich, sondern sie ist stets eine auf bestimmte Weise gedeutete. Die Antworten, die sie uns gibt, hängen von unseren Fragen ab.“67 Auch der Mythos leistet Welterklärung, nur auf andere Art und Weise als das neuzeitliche naturwissenschaftliche Denken. Der Mythos ist ein Erfahrungssystem, ein Mittel von Erklärung und Ordnung. „Er erklärt allerdings nicht mit Hilfe von Naturgesetzen und geschichtlichen Regeln, sondern durch Archai, mögen sich diese nun auf den Bereich der Natur oder des Menschen beziehen.“68 Deshalb ist der Mythos nichts Defizitäres oder Unvernünftiges, das ‚entmythologisiert‘ und damit überwunden werden muss69. Vielmehr ist er ein unaufgebbares Element jeder Weltdeutung und damit auch des Glaubens, durch den menschliche Geschichte transparent wird für göttliches Handeln. Der Mythos erlaubt es, verschiedene Wirklichkeiten in Beziehung zueinander zu setzen und so verstehbar zu machen. Dabei ist der um sich selbst wissende Mythos alles andere als eine Verobjektivierung Gottes, denn er ist sich seiner eigentlichen Unsagbarkeit bewusst und verzichtet darauf, Gott für menschliche Zwecke und Menschen für angeblich göttliche Zwecke zu instrumentalisieren.

Mythen beschreiben das Handeln von Göttern in Erzählungen, im frühen Christentum ist dies das Handeln Gottes im und durch das Leben des Jesus von Nazareth. Im Zentrum des mythischen Redens im Neuen Testament steht die Vergottung des Jesus von Nazareth, die sehr früh in allen Bereichen des entstehenden Christentums einsetzte. Diese Mythisierung erfolgte nicht durch die Übernahme vorgegebener Konzepte, sondern auf der Basis jüdischer (Monotheismus) und griechisch-römischer Vorstellungen (Menschwerdung eines Gottes/Vergöttlichung eines Menschen) wurden Jesu vorösterlicher Anspruch und sein österliches Geschick so aufgenommen, dass ein eigenständiger und neuer Mythos entstand. Dabei wird die Geschichte durch den Mythos nicht aufgehoben, sondern in eine übergreifende Wirklichkeit integriert. Bereits 1Kor 15,3–5 verdeutlicht diesen für das frühe Christentum grundlegenden Sachverhalt (s.u. Formeltraditionen), denn die von Paulus angeführten geschichtlichen Eckdaten („Christus starb … er wurde begraben … ist auferweckt worden … und erschien dem Kephas“) erhalten ihre sinnstiftende Funktion erst durch die Aussagen „für unsere Sünden“ und „gemäß der Schrift“70. In besonderer Weise werden die göttliche und menschliche Wirklichkeit in der neuen Literaturgattung Evangelium in Beziehung gesetzt. Sie ist literaturgeschichtlich an der antiken Biographie orientiert, zugleich aber mit das Geschichtliche transzendierenden Elementen durchzogen: Vom ‚Anfang‘ (vgl. Gen 1,1; Mk 1,1; Joh 1,1) konnte nur mythisch erzählt werden und vor allem die christologischen Hoheitstitel bringen die Zugehörigkeit des in der Geschichte handelnden Jesus Christus zur himmlischen Welt zum Ausdruck. Die Evangelien werden so zu Grundbüchern einer neuen Religion, in deren Zentrum der Christusmythos stand: Die Geschichte des Gottessohnes Jesus von Nazareth, der für die Menschen eintrat und für ‚unsere Sünden‘ starb, damit wir leben können (vgl. 2Kor 8,9).

Frühe Christologie

Als maßgeblicher früher Zeuge bestätigt Paulus, dass die frühe Christologie schon bald eine feste Sprache und Gestalt in Titeln, Formeln und Traditionen gewann. Diese Formen frühchristlicher Überlieferung sind Wissensspeicher und verdichten das Christusgeschehen. Nach 1Kor 15,1–3a71 teilt Paulus der Gemeinde mit, was er selbst zuvor empfing (vgl. 1Kor 15,3b–5). In 1Kor 11,2 lobt Paulus die Gemeinde, „weil ihr in allen (Dingen) meiner gedenkt und an den Überlieferungen festhaltet, wie ich sie euch übergeben habe.“ Die Abendmahlsparadosis empfing Paulus nach 1Kor 11,23a vom Herrn, und er gibt sie nun an die Gemeinde weiter (1Kor 11,23b–26). Wann und wo Paulus über sein Vor- und Spezialwissen hinaus im christlichen Glauben unterwiesen wurde, lässt sich nicht mehr sagen. Er empfing nach Apg 9,17.18 in Damaskus den Geist und ließ sich taufen, vielleicht war damit auch eine Unterweisung im christlichen Glauben verbunden. Ohne Zweifel erhielt Paulus schon sehr früh eine solche Katechese, denn er beginnt schon bald nach seiner Berufung zum Apostel mit eigenständiger Missionsarbeit (vgl. Gal 1,17).

Form- und traditionsgeschichtlich lassen sich die frühen christologischen Anschauungen in verschiedene Kategorien einteilen, auch wenn geprägte Formeln sowie Wort- und Motivkombinationen über eine gewisse Variabilität verfügen, sich nicht immer exakt verorten lassen und die formgeschichtliche Klassifizierung teilweise unterschiedlich ausfällt72.

Christologische Titel

Bereits die christologischen Titel sind Abbreviaturen des gesamten Heilsgeschehens, das sie jeweils unter spezieller Perspektive aktualisieren; sie sagen aus, wer und was Jesus von Nazareth für die glaubende Gemeinde ist73. Die zentrale Hoheitsbezeichnung Χριστός bzw. Ἰησοῦς Χριστός (s.o. 3.9.3) haftet bereits an den ältesten Bekenntnistraditionen (vgl. 1Kor 15,3b–5; 2Kor 5,15) und thematisiert das gesamte Heilsgeschehen. Schon bei Paulus verbinden sich Aussagen über die Kreuzigung (1Kor 1,21; 2,2; Gal 3,1.13), den Tod (Röm 5,6.8; 14,15; 15,3; 1Kor 8,11; Gal 2,19.21), die Auferweckung (Röm 6,9; 8,11; 10,7; 1Kor 15,12–17.20.23), die Präexistenz (1Kor 10,4; 11,3a.b) und die irdische Existenz Jesu (Röm 9,5; 2Kor 5,16) mit Χριστός. Von der auf das gesamte Heilsgeschehen bezogenen Grundaussage verzweigen sich die Χριστός-Aussagen dann in vielfältige Bereiche. So spricht Paulus vom πιστεύειν εἰς Χριστόν (Gal 2,16: „glauben an Christus“; vgl. Gal 3,22; Phil 1,29), vom εὐαγγέλιον τοῦ Χριστοῦ („Evangelium Christi“, vgl. 1Thess 3,2; 1Kor 9,12; 2Kor 2,12; 9,13; 10,14; Gal 1,7; Röm 15,19; Phil 1,27) und versteht sich selbst als Apostel Christi (vgl. 1Thess 2,7; 2Kor 11,13: ἀπόστολος Χριστοῦ). Auch in den Evangelien nimmt der Titelname Ἰησοῦς Χριστός eine zentrale Stellung ein, wie z.B.Mk 1,1; 8,29; 14,61; Mt 16,16 und die lukanische Geistchristologie (s.u. 8.4.3) deutlich zeigen. Der selbstverständliche Gebrauch von Χριστός auch bei überwiegend heidenchristlichen Gemeinden ist kein Zufall, denn die Adressaten konnten von ihrem kulturgeschichtlichen Hintergrund Χριστός im Kontext antiker Salbungsriten rezipieren. Die im gesamten Mittelmeerraum verbreiteten Salbungsriten zeugen von einem gemeinantiken Sprachgebrauch, wonach gilt: „wer/was gesalbt ist, ist heilig, Gott nah, Gott übergeben“74. Sowohl Judenchristen als auch Christen aus griechisch-römischer Tradition75 konnten Χριστός als Prädikat für die einzigartige Gottnähe und Heiligkeit Jesu verstehen, so dass Χριστός (bzw. Ἰησοῦς Χριστός) gerade bei Paulus als Titelname zum idealen Missionsbegriff wurde.

Eine veränderte Perspektive verbindet sich mit dem ϰύριος-Titel76 (vgl. Ps 110,1LXX), der 719mal im Neuen Testament belegt ist. Indem die Glaubenden Jesus als ‚Herrn‘ bezeichnen, unterstellen sie sich der Autorität des in der Gemeinde gegenwärtig Erhöhten. Κύριος bringt Jesu einzigartige Würde und Funktion zum Ausdruck: Er wurde zur Rechten Gottes erhöht, hat Anteil an der Macht und Herrlichkeit Gottes und übt von dort seine Herrschaft aus. Der mit dem Kyrios-Titel verbundene Aspekt der Gegenwart des Erhöhten in der Gemeinde zeigt sich deutlich in der Akklamation und in der Abendmahlstradition als Haftpunkten der Überlieferung. Indem die Gemeinde akklamiert, erkennt sie Jesus als Kyrios an und bekennt sich zu ihm (vgl. 1Kor 12,3; Phil 2,6–11). Der Gott der Christen wirkt durch seinen Geist, so dass sie laut im Gottesdienst rufen (1Kor 12,3): ϰύριος Ἰησοῦς („Herr ist Jesus“), und nicht: ἀνάϑεμα Ἰησοῦς („Verflucht sei Jesus“). Gehäuft erscheint ϰύριος in der Abendmahlsüberlieferung (vgl. 1Kor 11,20–23.26ff.32; 16,22). Die Gemeinde versammelt sich in der machtvollen Gegenwart des Erhöhten, dessen heilvolle, aber auch strafende Kräfte (vgl. 1Kor 11,30) in der Abendmahlsfeier wirken. Neben die liturgische Dimension des Kyrios-Titels tritt besonders bei Paulus eine ethische Komponente. Der Kyrios ist die entscheidende Instanz, von der aus alle Bereiche des täglichen Lebens bedacht werden (Röm 14,8: „Wenn wir leben, so leben wir dem Herrn, wenn wir sterben, so sterben wir dem Herrn. Wenn wir nun leben oder sterben, so sind wir des Herrn“). Bei Markus und Matthäus spielt der Kyrios-Titel nur eine untergeordnete Rolle, während Lukas nicht nur den Irdischen (Lk 7,13.19; 10,1.39.41 u.ö.) und Auferstandenen (Lk 24,3.34), sondern auch Jesus vor und bei der Geburt (Lk 1,43; 2,11) als ϰύριος bezeichnen kann. Schließlich verbindet sich mit dem Kyrios-Titel auch eine politische Konnotation: Er bringt die einzigartige Autorität des Erhöhten in Abgrenzung zu anderen Ansprüchen zum Ausdruck77. Die im 1.Jh. zunehmende Verehrung römischer Kaiser verband sich (vornehmlich im Osten des Reiches) mit der Kyrios-Anrede (vgl. Apg 25,26; Suet, Dom 13,2), und auch innerhalb der Mysterienreligionen finden sich ϰύριος bzw. ϰυρία-Akklamationen78. Der ϰύριος Ἰησοῦς Χριστός kreuzt in der frühchristlichen Missionsgeschichte den Weg vieler Herren und Herrinnen; gerade deshalb gilt es zu sichern, dass ihn dieses Prädikat nicht zu einem unter vielen macht.

Der Titel υἱὸς (τοῦ) ϑεοῦ findet sich ca. 80mal im Neuen Testament, er steht vor allem in traditionsgeschichtlicher Kontinuität zu Ps 2,7 und verbindet sich mit verschiedenen christologischen Konzeptionen79. Paulus (15 Belege) übernahm ihn aus der Tradition (vgl. 1Thess 1,9f; Röm 1,3b–4a), wobei die besondere Platzierung von υἱός erkennen lässt, dass er diesem Titel eine hohe theologische Bedeutung zumaß. Der Sohnes-Titel bringt sowohl die enge Verbindung Jesu Christi mit dem Vater als auch seine Funktion als Heilsmittler zwischen Gott und den Menschen zum Ausdruck (vgl. 2Kor 1,19; Gal 1,16; 4,4.6; Röm 8,3). Bei Markus wird υἱὸς (τοῦ) ϑεοῦ zum zentralen christologischen Titel, der gleichermaßen Jesu himmlische und irdische Würde umfasst (s.u. 8.2.2). Auch Matthäus entfaltet eine ausgeprägte Sohn-Gottes-Christologie (s.u. 8.3.2), während bei Lukas der Titel nicht zentral ist.

Von besonderer Bedeutung ist die textpragmatische Funktion der Hoheitstitel; sie erscheinen gehäuft in den Briefpräskripten und Evangeliumseröffnungen und gehören dort zu den metakommunikativen Signalen, durch die Kommunikation eröffnet und Sinnwelten definiert werden. Voraussetzung für das Gelingen einer schriftlichen Kommunikation ist ein gemeinsames Wirklichkeitsverständnis zwischen Autor und Adressaten. Diese Wirklichkeit mit ihren vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Dimensionen wird durch die christologischen Titel benannt, zugleich auch vergegenwärtigt und als gemeinsames Glaubenswissen in Geltung gehalten80.

Formeltraditionen

Als Glaubensformel (Pistisformel) werden jene frühen Texte bezeichnet, die in kurzer und prägnanter Form das in der Vergangenheit liegende christologische Heilsgeschehen formulieren81. Der zentrale Text ist die vorpaulinische Tradition 1Kor 15,3b–5, die deutlich eine Grundstruktur erkennen lässt, die durch die Nennung der Geschehnisse und ihrer Deutung gekennzeichnet ist82:


Sprachliches Subjekt ist Χριστός; es geht um das Schicksal der entscheidenden Gestalt der Menschheit, die Individual- und Universalgeschichte in sich vereinigt. Dies ist möglich, weil Gott als das durchgängige sachliche Subjekt des Geschehens zu denken ist, sprachlich angezeigt durch die passiven Verbformen von ϑάπτω und ἐγείρω und das zweifache Interpretament ϰατὰ τὰς γραφάς. Die Reihung ‚gestorben – begraben‘ und ‚auferweckt – erschienen‘ benennt die Geschehnisse in ihrer zeitlichen und sachlichen Abfolge. Die Tempora der Verben haben Signalcharakter, denn die Aoristformen von ἀποϑνῄσϰειν und ϑάπτω bezeichnen ein abgeschlossenes und vergangenes Geschehen, während das Perf. Pass. ἐγήγερται83 die fortdauernde Wirkung des Geschehens betont84. Christus ist von den Toten auferstanden, und die Auferstehung hat für den Gekreuzigten eine bleibende Wirkung. Das Passivum ὤφϑη in V. 5 betont im Anschluss an atl. Theophanien, dass die Erscheinungen des Auferstandenen dem Willen Gottes entsprechen. Die Protepiphanie vor Kephas ist in der Tradition verankert (vgl. 1Kor 15,5; Lk 24,34), ebenso die Erscheinungen vor dem Jüngerkreis (vgl. Mk 16,7; Mt 28,16–20; Lk 24,36–53; Joh 20,19–29). Grundlage der Deutung ist das Schriftzeugnis; bei der ὑπέρ-Wendung könnte an Jes 53,10–12; Ps 56,14; 116,8 gedacht sein, der ‚dritte Tag‘ lässt mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu (historische Erinnerung, Bezug auf Hos 6,2; Bedeutung des 3. Tages in der antiken Kulturgeschichte des Todes)85. Vergleichbare Anschauungen zu 1Kor 15,3b–5 finden sich in Lk 24,34, wo die passiven Verbformen Gott wiederum als alleiniges Subjekt des Geschehens erscheinen lassen: „Der Herr ist auferweckt worden und dem Simon erschienen“ (ἠγέρϑη ὁ ϰύριος ϰαὶ ὤφϑη Σίμωνι).

Geprägte Formulierungen zu Tod und Auferweckung Jesu liegen ferner vor in: 1Thess 4,14 („denn wenn wir glauben, dass Jesus starb und auferstand“ [ὅτι Ἰησοῦς ἀπέϑανεν ϰαὶ ἀνέστη]), 1Kor 15,12.15; 2Kor 4,14; Gal 1,1; Röm 4,24; 8,34; 10,9b („und wenn du glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat“ [ὁ ϑεὸς αὐτὸν ἤγειρεν ἐϰ νεϰρῶν]); 14,9; Kol 2,12; 1Petr 1,21; Apg 3,15; 4,10. Die soteriologische Dimension des Christusgeschehens als ‚sterben für uns‘ betont die Sterbeformel, die sich in 1Thess 5,9f; 1Kor 1,13; 8,11; 2Kor 5,14; Röm 5,6.8; 14,15; 1Petr 2,21; 3,18; 1Joh 3,16 findet86. Die Dahingabeformel formuliert das Handeln Gottes am Sohn als Geschehen ‚für uns‘ (Gal 1,4; 2,20; Röm 4,25; 8,32; 1Tim 2,5f; Tit 2,14)87. Bemerkenswert ist die vorpaulinische Tradition Röm 1,3b–4a, die auch als Sohnesformel bezeichnet wird88. Hier wird Christus in seiner sarkischen Existenz als Davidssohn, in seiner pneumatischen Existenz aber als Gottessohn gesehen. Gottessohn ist er kraft seiner Auferstehung, die nach Röm 1,4a das πνεῦμα ἁγιωσύνης („Geist der Heiligkeit“), also der Geist Gottes bewirkt. Erst durch die Auferstehung wird Jesus zum Gottessohn inthronisiert, wobei die Präexistenz und Gottessohnschaft des Irdischen nicht vorausgesetzt ist. Das Wirken des Sohnes steht auch im vorpaulinischen Missionskerygma 1Thess 1,9f im Mittelpunkt89. Die Heiden wandten sich von den Götzen ab und dem vor dem Gericht rettenden Sohn zu, „den er (Gott) von den Toten auferweckt hat“ (ὃν ἤγειρεν ἐϰ τῶν νεϰρῶν). In geprägten Formulierungen wird auch die Sendung des Sohnes beschrieben, die sich in Gal 4,4; Röm 8,3 mit der Präexistenzvorstellung (Gal 4,4: „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, gestellt unter das Gesetz“) verbindet.

Hymnische Texte

Hymnen sind Loblieder auf Gott/Götter (vgl. Epict, Diss I 16,20f), die in unterschiedlicher Länge und Metrik abgefasst sein können90. Der wahrscheinlich älteste Hymnus im Neuen Testament und ein zentrales Zeugnis früher Christologie ist Phil 2,6–11, wo es über Jesus Christus heißt:

(6) ὃς ἐν μορφ ϑεοῦ ὑπάρχων οὐχ ἁρπαγμὸν ἡγήσατο τὸ εἶναι ἴσα ϑεῷ, der, obwohl er in der Gestalt Gottes war, es nicht als einen Raub ansah, Gott gleich zu sein,
(7) ἀλλὰ ἑαυτὸν ἐϰένωσεν μορφὴν δούλου λαβών,ἐν ὁμοιώματι ἀνϑρώπων γενόμενος· ϰαὶ σχήματι εὑρεϑεὶς ὡς ἄνϑρωπος sondern sich selbst entäußerte und die Gestalt eines Knechtes annahm; Gestalt eines Knechtes annahm; und er wurde der Gestalt nach wie ein Mensch gefunden.
(8) ἐταπείνωσεν ἑαυτὸν γενόμενος ὑπήϰοος Er entäußerte sich selbst und war gehorsam
μέχρι ϑανάτου (ϑανάτου δὲ σταυροῦ). bis zum Tod (Tod am Kreuz).
(9) διὸ ϰαὶ ὁ ϑεὸς αὐτὸν ὑπερύψωσεν ϰαὶ ἐχαρίσατο αὐτῷ τὸ ὄνομα τὸ ὑπὲρ πᾶν ὄνομα, Deshalb erhöhte ihn Gott über die Maßen und gab ihm den Namen über alle Namen,
(10) ἵνα ἐν τῷ ὀνόματι Ἰησοῦ πᾶν γόνυ ϰάμψῃἐπουρανίων ϰαὶ ἐπιγείων ϰαὶ ϰαταχϑονίων damit im Namen Jesu sich beugen alle Knieim Himmel und auf Erden und unter der Erde
(11) ϰαὶ πᾶσα γλῶσσα ἐξομολογήσηται ὅτι ϰύριος Ἰησοῦς Χριστὸς εἰς δόξαν ϑεοῦ πατρός. damit jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus der Herr ist zur Ehre Gottes, des Vaters.

Seit den Analysen von E.Lohmeyer91 gilt Phil 2,6–11 als vorpaulinische Tradition. Für Tradition sprechen die ntl. (ὑπερυψοῦν = „über die Maßen erhöhen“, ϰαταχϑόνιος = „unter der Erde“) und paulinischen (μορφή = „Gestalt“, ἁρπαγμός = „Raub“) Hapaxlegomena, die Häufung der Partizipial- und Relativkonstruktionen, der strophische Aufbau des Textes, die Unterbrechung des Gedankenganges innerhalb des Briefes und die kontextuellen Bindeglieder Phil 2,1–5.12–13. Zumeist wird V. 8c (ϑανάτου δὲ σταυροῦ = „Tod am Kreuz“) als paulinische Redaktion angesehen, denn nur das Dass, nicht aber die Art des Todes ist von Bedeutung. Die Gliederung der vorpaulinischen Texteinheit ist umstritten. E.Lohmeyer unterteilt die Tradition in sechs Strophen zu je drei Zeilen, die durch den Neueinsatz mit διό in V. 9 in zwei gleiche Teile zerfallen. Demgegenüber vertritt J.Jeremias92 eine Dreiteilung des Liedes zu je vier Zeilen (a: V. 6–7a, b: V. 7b–8, c: V. 9–11), wobei er vom Parallelismus membrorum als formgebendem Prinzip ausgeht. Alle anderen Rekonstruktionen müssen als Variationen der beiden grundlegenden Vorschläge von Lohmeyer und Jeremias betrachtet werden. Die metrisch-strophische Struktur von Phil 2,6–11 wird umstritten bleiben, deutlich ist jedoch der zweiteilige Aufbau des Textes mit V. 9 als Scharnier: V. 6–8.9.10.11. Formgeschichtlich wird der Text zumeist als ‚Hymnus‘ bezeichnet, andere Klassifizierungen sind ‚Enkomion‘93, ‚Epainos‘94 oder ‚Lehrgedicht‘95. Religionsgeschichtlich stellt der Hymnus keine Einheit dar; während der zweite Teil (V. 9–11) durch die atl. Zitatanspielung und liturgisches Formelgut auf jüdisches Denken hinweist, enthält der erste Teil (V. 6–7) starke begriffliche Parallelen zum hellenistischen religiös-philosophischen Schrifttum96. Seinen ‚Sitz im Leben‘ hat der Hymnus in der Gemeindeliturgie (vgl. Kol 3,16).

Schon vor Paulus weitete die christologische Reflexion den Statuswechsel von der Post- auf die Präexistenz aus. Diesem Vorgang liegt ein Gedanke zugrunde, der die Christologie zahlreicher Schriften im Neuen Testament bestimmt: Man kann nicht etwas werden, was man nicht schon immer war. Im Hymnus wird die Statustransformation nachdrücklich durch die Gegenüberstellung von μορφὴ ϑεοῦ (V. 6: „Gestalt Gottes“) und μορφὴ δούλου (V. 7: „Gestalt eines Knechtes“) betont. Jesus Christus verlässt seine gottgleiche Stellung und begibt sich in das denkbar krasseste Gegenteil. Dieser fundamentale Vorgang wird in seinen einzelnen Etappen im Hymnus weiter geschildert und bedacht. Jesus Christus entäußert sich selbst und nimmt einen machtlosen Status ein; nicht Herrschaft, sondern Ohnmacht und Erniedrigung kennzeichnen nun seinen Stand. Menschwerdung heißt Verzicht auf eigentlich zustehende Macht, sie bedeutet Demut und Gehorsam bis zum Tod97. V. 9 markiert die Wende im Geschehen, sprachlich angezeigt durch das neue Subjekt ὁ ϑεός. Die Statuserhöhung Jesu Christi vollzieht sich in der Namensverleihung (V. 9b–10), der die Einsetzung und Anerkennung als Kosmokrator folgen (V. 10–11b). Kyrios-Akklamation und kosmosweite Proskynese des Kyrios entsprechen dem Willen Gottes, zu dessen Ehre sie erfolgen (V. 11c). Der neue Status Jesu Christi ist mehr als eine bloße Rückkehr in die präexistente Gott-Gleichheit98. Nur die Selbsterniedrigung im Weg zum Tod gewährte die Erhöhung zum Weltherrscher, d.h. sogar der Präexistente durchlief eine Transformation, um zu werden, was er sein sollte.

Ein weiterer früher Christushymnus findet sich in Kol 1,15–20 (s.u. 10.1.2). Der traditionelle Hymnus beginnt in V. 15 mit einem plötzlichen Stilwechsel und gliedert sich nicht nur formal, sondern auch inhaltlich in zwei Strophen. Ist in der ersten Strophe (V. 15–18a) von der kosmologischen Bedeutung des Christusgeschehens die Rede, so steht in der zweiten Strophe (V. 18b–20) seine soteriologische Dimension im Mittelpunkt. Interpretamente des Autors des Kol liegen in V. 18a (τῆς ἐϰϰλησίας = „der Kirche“) und in V. 20 vor (διὰ τοῦ αἵματος τοῦ σταυροῦ αὐτοῦ = „durch das Blut seines Kreuzes“). Der Hinweis auf das Kreuzesgeschehen bindet die kosmischen Dimensionen des Christusgeschehens an das Kreuz und damit an die Geschichte. Parallelen zum Philipperbrief-Hymnus sind unverkennbar, hier wie dort wird das Traditionsstück durch Interpretamente mit dem Kontext verbunden. Religionsgeschichtlich knüpft der Hymnus an Vorstellungen des hellenistischen Judentums an, bei denen der Weisheit jene Prädikate zugelegt werden, die im Hymnus Christus gelten (Präexistenz, Schöpfungsmittler, universale Herrschaft)99.

Weitere Traditionen

In den Bereich frühchristlicher Liturgie gehören Akklamationen, mit denen die Herrschaft Jesu Christi bezeugt wird (vgl. 1Kor 12,3; 16,22). Von herausragender Bedeutung ist die vorpaulinische εἷς-Tradition 1Kor 8,6100, die in kühner Weise die Geschichte Gottes mit der Geschichte Jesu Christi verbindet: „So gibt es für uns (nur) einen Gott, den Vater, aus dem alles ist und wir auf ihn hin; und einen Herrn Jesus Christus, durch den alles ist und wir durch ihn.“ Der Text reflektiert das Verhältnis von Theo logie und Christologie im Horizont des Monotheismus; die εἷς-Prädikation gilt dem Vater, zugleich aber auch dem Kyrios Jesus Christus. Dadurch erfolgt keine Aufspaltung des einen Gottes in zwei Götter, vielmehr wird der eine Kyrios in den Bereich des einen Gottes mit einbezogen. Christus gehört seinem Ursprung und seinem Wesen nach ganz auf die Seite Gottes. Zugleich bleibt der eine Kyrios dem einen Gott nicht nur in der Textabfolge nachgeordnet101, denn der Schöpfergott ist der Vater des Kyrios Jesus Christus. Die präpositionalen Näherbestimmungen in V. 6b und 6d entfalten den Gedanken der untergeordneten Parallelität. Zunächst werden Schöpfung und Heil durch identische Begriffe (τὰ πάντα – ἡμεῖς) auf Gott und den Kyrios bezogen, dann aber erfolgt durch die Präpositionen ἐϰ und διά eine grundlegende Differenzierung. Ihre Existenz verdankt die Welt dem einen Gott allein, nur er ist der Ursprung alles Seienden. Der Kyrios ist präexistenter Schöpfungsmittler, der eine Gott ließ ‚alles‘ durch den einen Herrn entstehen.

Zu den von Paulus übermittelten Traditionen gehören Herrenworte102. Er zitiert sie in 1Thess 4,15ff; 1Kor 7,10f; 9,14; 11,23ff, ohne jedoch in jedem Fall aus der synoptischen Tradition bekannte Jesusworte anzuführen. Vorpaulinische Tauftraditionen finden sich in 1Kor 1,30; 6,11; 2Kor 1,21f; Gal 3,26–28; Röm 3,25; 4,25; 6,3f103, Abendmahlstraditionen in 1Kor 11,23b–25; 16,22. Eine ausgesprochene Bekenntnisformulierung findet sich in Röm 10,9a; traditionelle Topoi der Paränese liegen in 1Kor 5,10f; 6,9f; 2Kor 12,20f; Gal 5,19–23; Röm 1,29–31; 13,13 vor104.

Die Entstehung der Christologie

Alle historischen, theologischen und religionsgeschichtlichen Beobachtungen sprechen für die These, dass die Entstehung der Christologie eine natürliche Folge des vorösterlichen Anspruches Jesu sowie der grundlegenden Erfahrungen der ersten Christen mit dem Auferstandenen und dem Heiligen Geist ist. Die Frage der Identität Jesu von Gott her brach bereits im Leben Jesu auf und spitzte sich angesichts seiner Bereitschaft zu, für seine Sendung und Botschaft zu sterben. Vor allem die Erscheinungen des Auferstandenen wurden von den ersten Christen als Bestätigung der Verkündigung Jesu durch Gott verstanden und forderten ein verstärktes Nachdenken über das Wesen Jesu Christi und seines Verhältnisses zu Gott, das zu einer Übertragung göttlicher Prädikate auf Jesus führte. Weil Jesus das von ihm verkündigte Gottesbild in einzigartiger Weise verkörperte, wurde er selbst in dieses Gottesbild aufgenommen. Das neue Gottesbild ist somit nicht nur eine Wertidee, sondern es hat sich im Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi geschichtlich realisiert. Die denkerische Idee von Gott als Inbegriff der Liebe und des Guten und ihre einmalige geschichtliche Gestaltwerdung fallen in einer historischen Person zusammen! Das Kontinuitätsmodell als veränderte und verstärkte Bedeutsamkeit Jesu seit Ostern erklärt somit am besten die Entwicklung von Jesu vorösterlichem Anspruch hin zu seiner nachösterlichen Verehrung. Schon sehr früh finden sich innerhalb einer erstaunlichen Vielfalt Aussagen über die Präexistenz, Schöpfungsmittlerschaft und die umfassende Herrschaft Jesu Christi. Die frühen Christen fanden in den Schriften Israels und in den theologischen Modellen des antiken Judentums sowie der griechisch-römischen Religiosität maßgebliche Verstehens- und Interpretationshilfen für die Entwicklung der frühen Christologie. Die Übernahme christologischer Hoheitstitel bedeutete aber immer auch ihre Neucodierung! Was Jesus von Nazareth einst sagte und wie Jesus Christus nach Kreuz und Auferstehung erfahren und gedacht wurde, fließen nun ineinander und bilden etwas Neues: Jesus Christus selbst wird zum Gegenstand des Glaubens und zum Inhalt des Bekenntnisses. Nach Jesus wurde sachgemäß von und über Jesus erzählt, weil seine Person nicht ablösbar ist von seiner Verkündigung und seinen Taten. Jesus Christus wurde nicht als ‚zweiter‘ Gott verehrt, sondern in die Verehrung des ‚einen Gottes‘ (Röm 3,30: εἷς ϑεός) mit einbezogen, d h. es dominiert ein exklusiver Monotheismus in binitarischer Gestalt. In Jesus begegnet Gott, Gott wird christologisch definiert. Über das Verhältnis von Gott zu Jesus Christus wurde nicht in ontologischen Kategorien nachgedacht, vielmehr war die Erfahrung des Handelns Gottes an Jesus und durch Jesus Ausgangspunkt der Überlegungen. Die frühen Christen erkannten, dass Jesus sein Leben ‚für uns‘ gegeben hat, um es von Gott neu zu empfangen.

Die Entstehung der Christologie aus der Verkündigung und dem Anspruch Jesu heraus ist ein natürlicher historischer und theologischer Prozess. Ausgehend von der Verkündigung und dem Wirken Jesu und neu inspiriert durch das Ostergeschehen entfalteten die frühen Christen eine umfangreiche Text-, Traditions- und Sinnpflege, um so die Überlieferungen in ihrem Bestand zu wahren, weiter zu formen und durch Deutungsanstrengungen ihren Sinn aus der Vergangenheit mit der Gegenwart zu vermitteln. Daraus entstanden die Schriften des Neuen Testaments, die bis heute die grundlegenden Dokumente des christlichen Glaubens sind.

1 A. V. HARNACK, Das Wesen des Christentums (s.o. 3.4.5), 89f. Treffend formulierte auch der französische Kirchenhistoriker A.LOISY, Evangelium und Kirche, München 1904, 112f: „Jesus hatte das Reich angekündigt, und dafür ist die Kirche gekommen.“ Loisy meinte diese Feststellung nicht ironisch oder abwertend, sondern ging davon aus, dass die ursprüngliche Form des Evangeliums nicht erhalten werden konnte; die Kontinuität zum Anfang war nur durch die Diskontinuität (der Kirche) zu erreichen.

2 Protokoll der Tagung „Alter Marburger“ v. 21.–25.10.1957, 7 (UB Marburg).

3 J.JEREMIAS, Theologie, 295.

4 L.GOPPELT, Theologie, 342.

5 W.THÜSING, Die neutestamentlichen Theologien I, 247; zu den ‚jesuanischen Strukturkomponenten‘ vgl. a.a.O., 70f.

6 F.HAHN, Theologie I, 125.

7 Unter religionswissenschaftlicher Perspektive kommen als Vergleichsgestalten nur Pythagoras (ca. 570–480 v.Chr.), Apollonius von Tyana (gest. um 98 n.Chr.) und die jüdischen Zeichenpropheten (s.o. 3.6.1/3.10.2) infrage. Pythagoras war offenbar eine charismatische Gestalt, die auf allen Gebieten der damaligen Wissenschaft zuhause war und der sich niemand entziehen konnte; zum historischen Pythagoras vgl. CHR.RIEDWEG, Pythagoras. Leben – Lehre – Nachwirkung, München 2002. Apollonius trat als Wanderphilosoph in der Tradition des Pythagoras und als Wundertäter mit politischem Einfluss auf; um 200 n.Chr. verfasste Philostrat das maßgebliche Werk über Apollonius; vgl. dazu E.KOSKENNIEMI, Apollonios von Tynana in der neutestamentlichen Exegese (s.o. 3.6.1). P. BILDE, The Originality of Jesus (s.o. 3.1), 255f, sieht in den bei Josephus erwähnten messianischen Propheten und (politischen) Messiasanwärtern am ehesten eine Parallele zum Auftreten Jesu. Dies trifft für ihre Zeichenhandlungen und die prophetisch-messianischen Dimensionen zu, in keiner Weise aber für den Bereich der Lehre!

8 Vgl. dazu auch: M. KONRADT, Stellt der Vollmachtsanspruch des historischen Jesus eine Gestalt „vorösterlicher Christologie“ dar?; ZThK 107 (2010), 139–106; L. OBERLINNER, Jesu Anspruch in Botschaft und Wirken – Merkmale einer „impliziten Christologie“?, MThZ 64 (2013), 195–206; ST. SCHREIBER, Die Anfänge der Christologie (s.o. 4), 46–58.

9 Vgl. dazu U.LUZ, Das ‚Auseinandergehen der Wege‘. Über die Trennung des Christentums vom Judentum, in: Antijudaismus – christliche Erblast, hg. v. W.Dietrich/M.George/U.Luz, Stuttgart 1999, 56–73.

10 Zur umfangreichen Literatur zum Ostergeschehen s.u. 6.2.2.

11 Anders R.BULTMANN, Theologie, 48: „Legende sind die Geschichten vom leeren Grab, von denen Paulus noch nichts weiß.“

12 Vgl. die Argumentation bei M.HENGEL, Das Begräbnis Jesu bei Paulus und die leibliche Auferstehung aus dem Grabe, in: F.Avemarie/H.Lichtenberger (Hg.), Auferstehung, WUNT 135, Tübingen 2001, (119–183) 139ff.

13 Vgl. P.ALTHAUS, Die Wahrheit des christlichen Osterglaubens, Gütersloh 1940, 25: „In Jerusalem, am Orte der Hinrichtung und des Grabes Jesu, wird nicht lange nach seinem Tode verkündigt, er sei auferweckt. Dieser Tatbestand fordert, daß man im Kreise der ersten Gemeinde ein zuverlässiges Zeugnis dafür hatte, daß das Grab leer gefunden ist.“

14 Anders G.LÜDEMANN, Die Auferstehung Jesu (s.u. 6.2.2), 66, der ohne Begründung behauptet: „Da sich weder die Jünger noch die nächsten Familienangehörigen um Jesu Leichnam gekümmert haben, ist kaum denkbar, daß sie über den Verbleib des Leichnams informiert sein konnten, um später wenigstens seine Knochen zu bestatten.“

15 Vgl. H.-W.KUHN, Der Gekreuzigte von Givcat hat-Mivtar. Bilanz einer Entdeckung, in: C.Andresen/G.Klein (Hg.), Theologia Crucis – Signum Crucis (FS E.Dinkler), Tübingen 1979, 303–334.

16 Vgl. I.U. DALFERTH, Volles Grab, leerer Glaube (s.u. 6.2.2.1), 394f. Allerdings ist gegen Dalferth daran festzuhalten, dass es auch theologisch nicht gleichgültig ist, ob das Grab leer oder voll ist.

17 Zur Analyse der Texte vgl. U.WILCKENS, Auferstehung, Gütersloh 21977, 15–61.

18 Vgl. H. V. CAMPENHAUSEN, Der Ablauf der Osterereignisse (s.u. 6.2.2.1), 15.

19 Vgl. a.a.O., 41.

20 Vgl. U.WILCKENS, Der Ursprung der Überlieferung der Erscheinungen des Auferstandenen, in: P.Hoffmann (Hg.), Zur neutestamentlichen Überlieferung von der Auferstehung Jesu, Darmstadt 1988, 139–193.

21 Vgl. in diesem Sinn z.B. I.BROER, „Der Herr ist wahrhaft auferstanden“ (Lk 24,34). Auferstehung Jesu und historisch-kritische Methode. Erwägungen zur Entstehung des Osterglaubens, in: Auferstehung Jesu – Auferstehung der Christen, hg. v. L.Oberlinner, QD 105, Freiburg 1986, 39–62.

22 H.MERKLEIN, Der erste Brief an die Korinther (s.u. 4.6), 282.

23 TH. LUCKMANN, Religion – Gesellschaft – Transzendenz, in: H.-J.Höhn (Hg.), Krise der Immanenz (s.o. 1.2), 120f.

24 Vgl. R. V. BENDEMANN, Die Auferstehung von den Toten als ‚basic story‘, GuL 15 (2000), 148–162.

25 Vgl. dazu die Texte in: NEUER WETTSTEIN I/2, hg. v. U.Schnelle u. Mitarb. v. M.Labahn/M.Lang, Berlin 2001, 226–234.

26 Vgl. dazu grundlegend F.W. HORN, Das Angeld des Geistes (s.u. 6.3), 61ff.

27 Vgl. als Einführung E.WÜRTHWEIN, Der Text des Alten Testaments, Stuttgart 51988, 58–90; ferner R.HANHART, Die Bedeutung der Septuaginta in neutestamentlicher Zeit, ZThK 81 (1984), 395–416; M.HENGEL/A.M. SCHWEMER (Hg.), Die Septuaginta zwischen Judentum und Christentum, WUNT 72, Tübingen 1994; M.TILLY, Einführung in die Septuaginta, Darmstadt 2005.

28 Einen Überblick vermittelt ST.MOYISE, The Old Testament in the New. An Introduction, London/New York 2001.

29 Vgl. D.-A.KOCH, Die Schrift als Zeuge des Evangeliums, BHTh 69, Tübingen 1986, 21–23; zu den einzelnen Zitaten vgl. neben D.-A.Koch bes. H.HÜBNER u. Mitarb. v. A.LABAHN/M.LABAHN, Vetus Testamentum in Novo II: Corpus Paulinum, Göttingen 1995.

30 Vgl. hier D.C. ALLISON, The Intertextual Jesus. Scripture in Q, Harrisburg (PA) 2000.

31 Zu Markus vgl. ST.MOYISE, The Old Testament in the New, 21–33; J.MARCUS, Way of the Lord, London/Edinburgh 2005.

32 Vgl. zur Analyse bes. G.STRECKER, Weg der Gerechtigkeit (s.u. 8.3), 49–84; W.ROTHFUCHS, Die Erfüllungszitate des Matthäus-Evangeliums, BWANT 88, Stuttgart 1969, U.LUZ, Mt I (s.u. 8.3), 189–199. Zum Schriftgebrauch des Mt insgesamt vgl. M.J.J. MENKEN, Matthew’s Bible. The Old Testament Text of the Evangelist, BEThL 173, Leuven 2004.

33 Vgl. hier ST.MOYISE, The Old Testament in the New, 45–62.

34 Vgl. dazu G.REIM, Studien zum alttestamentlichen Hintergrund des Johannesevangeliums, MSSNTS 22, Cambridge 1974; B.G. SCHUCHARD, Scripture within Scripture, SBL.DS 133, Atlanta 1992; A.OBERMANN, Die christologische Erfüllung der Schrift im Johannesevangelium, WUNT 2.83, Tübingen 1996; W.KRAUS, Johannes und das Alte Testament, ZNW 88 (1997), 1–23; H.HÜBNER u. Mitarb. v. A. LABAHN/M.LABAHN, Vetus Testamentum in Novo I.2: Evangelium Johannis, Göttingen 2003; M.LABAHN, Jesus und die Autorität der Schrift, in: M.Labahn/K.Scholtissek/A.Strotmann (Hg.), Israel und seine Heilstraditionen im Johannesevangelium (FS J.Beutler), Paderborn 2004, 185–206.

35 Vgl. M.HENGEL, Psalm 110 und die Erhöhung des Auferstandenen zur Rechten Gottes, in: Anfänge der Christologie (FS F.Hahn), hg. v. C.Breytenbach/H.Paulsen, Göttingen 1991, 43–74. Zur Rezeption der Psalmen vgl. insgesamt St.MOYISE/M.J.J. MENKEN (Hg.), The Psalms in the New Testament, London/New York 2004.

36 Vgl. dazu M. DE JONGE, Christologie im Kontext (s.o. 4), 177f.

37 Vgl. dazu L.W. HURTADO, One God, One Lord, Edinburgh 21998, 17–92; W.HORBURY, Jewish Messianism and Early Christology, in: R.Longenecker (Hg.), Contours of Christology (s.o. 4), (3–24) 23, stellt heraus, „that early Christian conceptions of a crucified but spiritual and glorious Messiah are best interpreted by Jewish representations of the Messiah as a glorious king embodying a superhuman spirit.“

38 Vgl. exemplarisch Sap 9,9–11; Philo, Conf 146f. Zur Analyse der frühen Weisheitstraditionen im Neuen Testament vgl. H. V. LIPS, Weisheitliche Traditionen im Neuen Testament, WMANT 64, Neukirchen 1990, 267–280 (er betont zutreffend, dass von einer expliziten ‚Weisheitschristologie‘ nicht gesprochen werden kann); zu den Bezügen zur Weisheit in der Christologie der Logienquelle s.u. 8.1.2.

39 Als Text vgl. z.B. äthHen 61.

40 Vgl. z.B.Dan 10,13–21; äthHen 20,5; 71,3; 90,21. Zur möglichen Bedeutung von Engelvorstellungen für die Entstehung der frühen Christologie vgl. CHR.ROWLAND, The Open Heaven, London 1982; J.E. FOSSUM, The Name of God and the Angel of the Lord, WUNT 36, Tübingen 1985; L.T. STUCKENBRUCK, Angel Veneration and Christology, WUNT 2.70, Tübingen 1995. S.VOLLENWEIDER, Zwischen Monotheismus und Engelchristologie, in: ders., Horizonte neutestamentlicher Christologie, WUNT 144, Tübingen 2002, 3–27, sieht zwar deutlich die Grenzen einer angelologischen Interpretation (entlegene Einzeltexte bilden den Ausgangspunkt umfangreicher Konstruktionen, gewagte traditionsgeschichtliche Entwicklungslinien werden postuliert, Ausblendung der Sophia- und Logosvorstellung, im Neuen Testament werden Engelvorstellungen nur partiell und minimiert aufgenommen), will aber trotzdem die Angelologie als „praeparatio christologica“ verstehen. Er nennt fünf Bereiche, in denen eine Übertragung von Attributen Gottes auf Jesus Christus erfolgte: Name/Titel, Schöpfung, Weltherrschaft, Heil, Verehrung.

41 Vgl. L.W. HURTADO, One God, One Lord, 93–124.

42 Vgl. dazu O.SCHWANKL, Die Sadduzäerfrage (s.o. 3.8.1), 173–274.

43 Übersetzung nach J.ZIMMERMANN, Messianische Texte aus Qumran (s.o. 3.5.2), 345.372.

44 Gegen B. JANOWSKI, Die Einwohnung Gottes in Israel, in: B. Janowski/E. E. Popkes (Hg.), Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Schechina-Vorstellung in Judentum und Christentum, WUNT 318, Tübingen 2014, 3–40; J. FREY, Joh 1,14, die Fleischwerdung des Logos und die Einwohnung Gottes in Jesus Christus, in: B. Janowski/E. E. Popkes (Hg.), a.a.O., 231–256, die das hellenistische Material nicht berücksichtigen und einseitig die jüdische Schechina-Vorstellung, d.h. die ‚Einwohnung‘ ( = ‚wohnen‘) Gottes in der Welt, als Hintergrund annehmen. Zur Auseinandersetzung mit dieser Konzeption vgl. U. SCHNELLE, Joh (s.u. 12), 65–71.

45 Dies betont zu Recht D.ZELLER, Die Menschwerdung des Sohnes Gottes im Neuen Testament und die antike Religionsgeschichte, in: ders., Menschwerdung Gottes – Vergöttlichung des Menschen, NTOA 7, Fribourg/Göttingen 1988, 141–176. M.HENGEL, Der Sohn Gottes (s.o. 4), 65, baut in seiner Auseinandersetzung mit der religionsgeschichtlichen Schule und R.Bultmann falsche Alternativen auf, wenn er zu den griechischen Göttervorstellungen feststellt: „Dem Geheimnis der Entstehung der Christologie kommen wir mit alledem kaum näher.“ Es geht um die kulturellen Kontexte, in denen die frühen christologischen Aussagen entstehen und rezipiert werden konnten; dazu gehört auch der griechisch-hellenistische Bereich.

46 Die klassische traditionsgeschichtliche Fragestellung muss um rezeptionsgeschichtliche Aspekte erweitert werden; vgl. D.ZELLER, New Testament Christology in its Hellenistic Reception, NTS 46 (2001), (312–333), 332f.

47 Vgl. W.BURKERT, Art. Griechische Religion, TRE 14, Berlin 1985, (235–252) 238ff. Die Gründungslegende der griechischen Religion überliefert Herodot II 53,2: „Hesiod und Homer haben den Stammbaum der Götter in Griechenland geschaffen und ihnen ihre Beinamen gegeben, die Ämter und Ehren unter sie verteilt und ihre Gestalt geprägt.“ Zugleich findet sich aber in der Kritik der Anthropomorphismen der homerischen Götterwelt schon früh der Gedanke, dass es eigentlich nur ‚einen‘ Gott unter den Göttern geben könne; vgl. Xenophanes (ca. 570–475 v.Chr.) Fr. B 23: „Ein einziger Gott ist unter den Göttern und Menschen der Größte“ (εἷς ϑεὸς ἔν τε ϑεοῖσι ϰαὶ ἀνϑρώποισι μέγιστος).

48 Hom, Od 17,485f (= NEUER WETTSTEIN II/2, hg. v. G.STRECKER/U.SCHNELLE u. Mitarb. v. G.SEELIG, Berlin 1996, 1232); Hom, Il 2,167–172; 5.121–132; 15.236–238; vgl. ferner Hom, Od 7,199–210 (= NEUER WETTSTEIN I/2 [s.o. 4.3], 55); Eur, Ba 1–4.43–54 (= NEUER WETTSTEIN II/1, hg. v. G.STRECKER/U.SCHNELLE u. Mitarb. v. G.SEELIG, Berlin 1996, 672f); Plat, Soph 216a-b (= NEUER WETTSTEIN II/2, 1232); Diod S I 12,9–10 (= NEUER WETTSTEIN II/2, 1232f); Dio Chry, Or 30,27: „Solange nun das Leben noch neu gegründet war, besuchten uns die Götter in eigener Person und sandten aus eigener Mitte Führer, eine Art Statthalter, die sich um uns kümmern sollten, zum Beispiel Herakles, Dionysos, Perseus und all die anderen, die, wie man erzählt, als Söhne oder Nachfahren von Göttern unter uns weilten.“

49 Vgl. Plat, Prot 322c-d (= NEUER WETTSTEIN I/2 [s.o. 4.3], 56).

50 Vgl. nur Apg 14,11b–12, wo nach der Wundertat des Paulus in Lystra die Menge ruft: „Die Götter sind in Menschengestalt zu uns herabgestiegen. Und sie nannten den Barnabas Zeus, den Paulus aber Hermes, weil er der Wortführer war.“

51 Plut, Pelop 16 (= NEUER WETTSTEIN I/2 [s.o. 4.3], 57f.).

52 Vgl. Isoc, Or 1,50; Epict, Diss II 16,44; III 26,32 (Herakles als Zerstörer der Gesetzlosigkeit und der Ungerechtigkeit: „und dies alles vollbrachte er arm und bloß und allein“); Ench 15 (Diogenes und Herakles sind wegen ihres vorbildhaften Charakters Mitregenten der Götter „und heißen darum mit Recht göttlich“); Diod S IV 15,1; Dio Chrys, Or 1,84, wo über Herakles, den Sohn des Zeus, berichtet wird, dass er der Tyrannei ein Ende bereitet habe und jede gerechte Königsherrschaft schütze: „Und deshalb ist er der Retter der Welt und der Menschheit“ (ϰαὶ διὰ τοῦτο τῆς γῆς ϰαὶ τῶν ἀνϑρώπων σωτῆρα εἶναι). Bemerkenswert aus den unzähligen Herakles-Traditionen ist ferner Dio Chrys, Or 8,28, wo es über Herakles und seine qualvollen Kämpfe heißt: „Jetzt aber, nach seinem Tode, verehren sie ihn mehr als alle anderen, halten ihn für einen Gott und sagen, er wohne mit Hebe zusammen. Zu ihm beten sie alle, ihr Leben möge nicht so qualvoll sein – zu ihm, der die größten Qualen ertrug.“

53 Vgl. die Texte in: NEUER WETTSTEIN I/2 (s.o. 4.3), 59.

54 Vgl. Diog L 8,62: „Als ein unsterblicher Gott reise ich umher, nicht mehr sterblich, bei allem, wie es sich in meinem Fall gehört, mit Ehren ausgezeichnet, mit Binden umflochten und blühenden Kränzen. Von allen, deren blühende Städte ich besuche, von Männern wie von Frauen, werde ich verehrt. Und sie folgen mir zu Zehntausenden und fragen, wohin zum Gewinn der Pfad führe. Weissagungen verlangen die einen von mir, die anderen erbitten Auskunft bei Krankheiten aller Art, um ein heilbringendes Wort zu erfahren; werden sie doch schon lange von bohrenden Schmerzen gequält“ (zitiert nach J.MANSFELD [Hg.], Die Vorsokratiker II, Stuttgart 1986, 141).

55 Vgl. dazu H.FUNKE, Art. Götterbild, RAC 11, Stuttgart 1981, 659–828. Der ideale Herrscher glaubt „nicht nur an Götter, sondern auch an gute Zwischenwesen (δαίμονας) und Heroen (ἥρωας); das sind die Seelen tüchtiger Männer, die die sterbliche Natur abgestreift haben“ (Dio Chrys, Or 3,54).

56 Vgl. W.BURKERT, Art. Griechische Religion, 247f.

57 Vgl. ferner Plut, Is et Os 361: „Darauf wurden denn beide, Isis sowohl als Osiris, um ihrer Tugend willen aus der Zahl der guten Dämonen unter die Götter versetzt (ἐϰ δαιμόνων ἀγαϑῶν δι᾿ ἀρετῆς εἰς ϑεοῦς μεταλαβόντες), ebenso, wie nachmals Bacchus und Herkules; und nun werden sie mit Recht zugleich als Götter und Dämonen (ἅμα ϰαὶ ϑεῶν ϰαὶ δαιμόνων) verehrt, da sie überall, vorzüglich aber auf und unter der Erde, eine große Macht besitzen.“ Zu den Gottes-/Göttervorstellungen bei Plutarch vgl. R.HIRSCH-LUIPOLD (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch, Berlin 2005.

58 Bei Sen, Herc F 447–50, heißt es über die umstrittene Herkunft des Herkules: „Lycus: Warum kränkst du Jupiter? Das sterbliche Geschlecht kann mit dem Himmel sich nicht vermählen. Amphityron: Gemeinsam ist dieser Ursprung mehreren Göttern“; Herkules/Herakles wird z.B. in Dio Chrys, Or 2,78; 66,23 als υἱὸς τοῦ Διός („Sohn des Zeus“), in Or 31,16; 69,1 als ἡμίϑεος („Halbgott“), in Or 33,1 als ἥρως („Heros“) bezeichnet und in Or 33,45 unter die Götter gerechnet; vgl. ferner Or 33,47 (Herakles als Ahnherr von Tarsus). Herakles ist bei Dion von Prusa der Prototyp des Kynikers und des gerechten Herrschers; die zahlreichen Herakles-Traditionen in seinem Werk zeigen, wie selbstverständlich und verbreitet die Verehrung dieser Gestalt im 1.Jh. n.Chr. war.

59 Es geht dabei nicht um Ursachen oder Abhängigkeiten, sondern um Rezeptions- und Verstehenshorizonte! Umso unverständlicher ist es, dass L.W. HURTADO, Lord Jesus Christ (s.o. 4), auf den gesamten griechisch-hellenistischen Bereich faktisch nicht eingeht. Auch Vertreter der sog. ‚new perspective‘ wie J.D.G. DUNN, The Theology of Paul (s.u. 6) oder N.T. WRIGHT, PAUL (s.u. 6) übergehen diesen gerade auch für Paulus zentralen Bereich einfach.

60 Vgl. Philo, Leg Gai 118 (= NEUER WETTSTEIN I/2 [s.o. 4.3], 54f).

61 Vgl. dazu U. SCHNELLE, Die ersten 100 Jahre (s. u. 5), 432–436 (dort auch Lit.!).

62 Vgl. hierzu B. EDELMANN, „Wie kommt der Kaiser zu den Göttern?“, in: P. Barceló (Hg.), Religiöser Fundamentalismus in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2010, 81–97; S. PFEIFFER, Das Opfer für das Heil des Kaisers und die Frage nach der Praxis von Kaiserkult und Kaiserverehrung in Kleinasien, in: T. Schmeller/M. Ebner/R. Hoppe (Hg.), Die Offenbarung des Johannes, QD 253, Freiburg 2013, 9–31.

63 Vgl. z.B. den mit Paulus zeitgleichen Calpurnius Siculus, 1. Ekloge 33–99, über Nero: „Goldene Zeit mit gefahrlosem Frieden wird wiedergeboren“ (43); „Jeglicher Krieg wird dann in den Kerker des Tartarus geworfen“ (53); „Strahlend erscheint dann die Göttin des Friedens“ (55); „Numas erneuertes Reich“ (65); „Alle Völker sollen sich freuen, die unten im Süden wohnen und die oben im Norden, gen Osten und Westen sich dehnen oder die unter der Mitte des Himmels vor Hitze erglühen“ (74–76).

64 Von dieser Differenzierung sind die Arbeiten von W.KRAMER (Christos Kyrios Gottessohn [s.o. 4]) und F.Hahn tendenziell bestimmt; vgl. aber die vorsichtige Selbstkorrektur bei F.HAHN, Christologische Hoheitstitel (s.o. 4), 446–448.

65 Zur Bedeutung der gottesdienstlichen Praxis für die Herausbildung der frühen Christologie vgl. W.SCHRAGE, Unterwegs zur Einheit und Einzigkeit Gottes (s.o. 4), 158–167; M.HENGEL, Abba, Maranatha, Hosanna und die Anfänge der Christologie (s.o. 4), 154: „Bereits in der aramäischsprechenden Urgemeinde bringen die Akklamationen Abba und Maranatha elementare Gewissheiten zum Ausdruck.“

66 Zum Mythosbegriff vgl. R.BARTHES, Mythen des Alltags, Frankfurt 232003 (= 1957); L.KOLAKOWSKI, Die Gegenwärtigkeit des Mythos, München 1973; K.HÜBNER, Die Wahrheit des Mythos, München 1985; G.SELLIN, Art. Mythos, RGG4 5, Tübingen 2002, 1697–1699.

67 K.HÜBNER, Die Wahrheit des Mythos, 252.

68 A.a.O., 257.

69 R.Bultmanns ‚Entmythologisierung‘ ging nicht nur von einer historischen, sondern auch von einer sachlichen Überlegenheit des neuzeitlichen naturwissenschaftlichen Denkens aus; vgl. dazu R.BULTMANN, Neues Testament und Mythologie, München 21985 (= 1941); DERS., Jesus Christus und die Mythologie, Hamburg 1964. Zur Diskussion vgl. K.JASPERS/R.BULTMANN, Die Frage der Entmythologisierung, München 1981 (= 1953/54); B.JASPERT, Sackgassen im Streit mit R.Bultmann, St. Ottilien 1985.

70 Vgl. G.SELLIN, Art. Mythos, 1698.

71 Paulus greift mit παραλαμβάνειν und παραδιδόναι in 1Kor 11,23a; 15,3a auf jüdische Traditionssprache zurück; vgl. H.CONZELMANN, Der erste Brief an die Korinther, KEK V, Göttingen 1969, 230.

72 Die formgeschichtlichen Probleme werden diskutiert bei R.BRUCKER, ‚Christushymnus‘ oder ‚epideiktische Passagen‘?, FRLANT 176, Göttingen 1997, 1–22.

73 Zusammenfassende Darstellung bei L.W. HURTADO, Lord Jesus Christ (s.o. 4), 98–118.

74 M.KARRER, Der Gesalbte (s.o. 4), 211.

75 Der Begriff ‚Heidenchristen‘ ist missverständlich, weil er suggeriert, Menschen aus griechisch-römischer Religiosität hätten vor ihrem Anschluss an die neue Bewegung der Christusgläubigen keine ernst zu nehmenden religiösen Bindungen gehabt.

76 Vgl. dazu W.KRAMER, Christos Kyrios Gottessohn (s.o. 4), 61–103.149–181; F.HAHN, Christologische Hoheitstitel (s.o. 4), 67–132.461–466; J.A. FITZMYER, Art. ϰύριος, EWNT 2, Stuttgart 1981, 811–820; G.VERMES, Jesus der Jude (s.o. 3), 89–114; D.B. CAPES, Old Testament Yahweh Texts in Paul’s Christology, WUNT 2.47, Tübingen 1992.

77 Vgl. dazu M. DE JONGE, Christologie im Kontext (s.o. 4), 177f.

78 Vgl. z.B.Plut, Is et Os, 367, wo Isis ἡ ϰυρία τῆς γῆς („Herrin der Erde“) genannt wird; vgl. ferner NEUER WETTSTEIN II/1 (s.o. 4.5), 313–316; D.ZELLER, Art. Kyrios, DDD, Leiden 21999, 492–497.

79 Das relevante Material wird besprochen bei M.HENGEL, Der Sohn Gottes (s.o. 4), 35–39.67–89; vgl. ferner L.W. HURTADO, Art. „Son of God“, DPL (1993), 900–906; A.LABAHN/M.LABAHN, Jesus als Sohn Gottes bei Paulus, in: U.Schnelle/Th. Söding/M.Labahn (Hg.), Paulinische Christologie (FS H.Hübner), Göttingen 2000, 97–120. Zu Qumran (vgl. neben 4QFlor I 11–13; 1QSa II 11 bes. 4Q 246) vgl. J.A. FITZMYER, The „Son of God“ Document from Qumran, Bib 74 (1993), 153–174; J.ZIMMERMANN, Messianische Texte aus Qumran (s.o. 3.5.2), 128–170.

80 Vgl. U.SCHNELLE, Heilsgegenwart. Christologische Hoheitstitel bei Paulus, in: U.Schnelle/Th. Söding/M.Labahn (Hg.), Paulinische Christologie (FS H.Hübner), Göttingen 2000, 178–193.

81 Vgl. hierzu W.KRAMER, Christos Kyrios Gottessohn (s.o. 4), 15–40.

82 Zur Interpretation dieses Textes vgl. H.CONZELMANN, Zur Analyse der Bekenntnisformel 1Kor 15,3–5, in: ders., Theologie als Schriftauslegung, BEvTh 65, München 1974; 131–141; CHR.WOLFF, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, ThHK 7, Leipzig 22000, 354–370; G.SELLIN, Auferstehung der Toten (s.u. 6.2), 231–255; A.LINDEMANN, 1Kor (s.u. 6.3.2), 325–333; W.SCHRAGE, Der erste Brief an die Korinther, EKK VII/4, Neukirchen 2001, 31–53; H.MERKLEIN, Der erste Brief an die Korinther (mit M.Gielen), ÖTK 7/3, Gütersloh 2005, 247–283.

83 Vgl. zu ἐγείρειν 1Thess 1,10; 2Kor 4,14; Röm 4,24b; 6,4; 7,4; 8,11b.

84 Vgl. F. BLASS/A.DEBRUNNER/F.REHKOPF, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen 141975, § 342.

85 Alle Möglichkeiten erörtern CHR.WOLFF, 1Kor, 364–367; M.KARRER, Jesus Christus (s.o. 4), 42f.

86 Vgl. dazu K.WENGST, Christologische Formeln und Lieder (s.o. 4), 78–86.

87 Vgl. hier W.POPKES, Christus traditus (s.o. 4), 131ff.

88 Zur Analyse vgl. E.SCHWEIZER, Röm 1,3f und der Gegensatz von Fleisch und Geist bei Paulus, in: ders., Neotestamentica, Zürich 1963, 180–189.

89 Vgl. die Analyse bei C.BUSSMANN, Themen der paulinischen Missionspredigt auf dem Hintergrund der spätjüdisch-hellenistischen Missionsliteratur, EHS.T 3, Bern/Frankfurt 1971, 38–56.

90 Vgl. als pagane Hymnen z.B. die Sammlung ‚Homerische Hymnen‘; hg. v. A.Weiher, München 51986, wo Hymnen auf griechische Götter in verschiedener Länge zusammengefasst sind.

91 Vgl. E.LOHMEYER, Kyrios Jesus, SAH 4, Heidelberg 1928; zur neueren Forschungsgeschichte vgl. J.HABERMANN, Präexistenzaussagen im Neuen Testament (s.u. 12.2.1), 91–157. Für eine paulinische Verfasserschaft von Phil 2,6–11 plädiert R.BRUCKER, ‚Christushymnus‘ oder ‚epideiktische Passagen‘?, 304.319.

92 Vgl. J.JEREMIAS, Zur Gedankenführung in den paulinischen Briefen (4. Der Christushymnus Phil 2,6–11), in: ders., Abba, Göttingen 1966, 274–276; DERS., Zu Philipper 2,7: ἑαυτὸν ἐϰένωσεν, a.a.O., 308–313.

93 K.BERGER, Formgeschichte des Neuen Testaments, Heidelberg 1984, 345.

94 R.BRUCKER, ‚Christushymnus‘ oder ‚epideiktische Passagen‘?, 319f.330f.

95 N.WALTER, Der Philipperbrief, NTD 8/2, Göttingen 1998, 56–62.

96 Vgl. dazu S.VOLLENWEIDER, Der ‚Raub‘ der Gottgleichheit: Ein religionsgeschichtlicher Vorschlag zu Phil 2,6(-11), in: DERS., Horizonte neutestamentlicher Christologie, WUNT 144, Tübingen 2002, 263–284; DERS., Die Metamorphose des Gottessohnes, a.a.O., 285–306.

97 Zur paulinischen Interpretation des Hymnus Phil 2,6–11 s.u. 6.2.1.

98 Vgl. G.BORNKAMM, Zum Verständnis des Christus-Hymnus Phil 2,6–11, in: ders., Studien zu Antike und Urchristentum, BEvTh 28, München 1970, (177–187) 183.

99 Vgl. hierzu den Nachweis bei E.LOHSE, Die Briefe an die Kolosser und an Philemon, KEK IX/2, Göttingen 21977, 85–103.

100 Zum Nachweis des vorpaulinischen Charakters und zur Bestimmung der zahlreichen religionsgeschichtlichen Bezüge vgl. W.SCHRAGE, Der erste Brief an die Korinther, EKK VII/2, Neukirchen 1995, 216–225; ferner D.ZELLER, Der eine Gott und der eine Herr Jesus Christus, in: Th. Söding (Hg.), Der lebendige Gott (FS W.Thüsing), NTA 31, Münster 1996, 34–49.

101 Treffend W.THÜSING, Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus III, 371: „Trotz der unvorstellbar engen Einheit mit sich selbst, in die Gott den gekreuzigten Jesus durch seine Auferweckungstat hineingestellt hat, bleiben die spezifischen Relationen erhalten; mehr noch: Erst durch diese Relationen wird die Einheit grundlegend strukturiert und dadurch wiederum konstituiert. Nur ein Mittler, der in Einheit mit Gott lebt, kann ‚Mittler zur Gottunmittelbarkeit‘ sein.“

102 Einen kritischen Forschungsüberblick mit umfassender Literaturverarbeitung bietet F.NEIRYNCK, Paul and the Sayings of Jesus, in: ders., Evangelica II, BETL 99, Leuven 1991, 511–568.

103 Vgl. zur Analyse U.SCHNELLE, Gerechtigkeit und Christusgegenwart, GTA 24, Göttingen 21986, 33–88.175–215.

104 Vgl. hierzu G.STRECKER, Literaturgeschichte des Neuen Testaments (s.o. 4), 95–111; W.POPKES, Paränese und Neues Testament, SBS 168, Stuttgart 1996.

Theologie des Neuen Testaments

Подняться наверх