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6. Religionswissenschaft im Mittelalter 6.1 Einführung

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Vormoderne

In den Kultur- und Geisteswissenschaften hat sich der Begriff „Vormoderne“ eingebürgert, um eine extrem lange Epoche von immerhin 1000 Jahren zu begreifen: die Spanne zwischen dem Ende der griechischen Antike und der Aufklärung. Am Anfang stand die karolingische „Bildungsoffensive“ der „Correctio“ (Korrektur des Sprachgebrauchs), die mit der 789 durch Karl den Großen erlassenen „Admonitio generalis“ („allgemeine Ermahnung“) begann und zur „karolingische Renaissance“ führte. In der Zeit um 800 wurden die Fundamente für die weitere Geschichte Europas gelegt. Im frühen Mittelalter fand ein beeindruckender Wissenstransfer von der Antike her statt. Der Begriff Mittelalter bezeichnet „eine nachantike Kultur vorwiegend christlicher Prägung wie auch lateinischer Elitensprache“ (Borgolte 2001: 2), begrenzt auf das westliche und mittlere so genannte „Rumpfeuropa“. Über die Kirchenväter fand antikes Wissen – auch über „heidnische“ Götter und Religionen – Eingang in den karolingischen Bildungskanon. Bibliotheken speicherten das Wissen, wobei geistige Eliten eine Führungsrolle spielten. Als Ende der „Vormoderne“ gilt die „Sattelzeit“ (Reinhart Koselleck) – Metapher abgeleitet von Bergsattel – zwischen 1770 und 1830.

„Sattelzeit“

Den Aufklärern erschien das Mittelalter als „finster“, eng, antiaufklärerisch. Die Wissenschaften und Sitten waren „durch elende Fratzen entstellet“ (Kant), in der Scholastik sah Hegel die „gänzliche Verwirrung des Verstandes“. Die Romantik kehrte diese Stigmatisierung positiv um und stilisierte das Mittelalter zu einer vergangenen Zeit der Sehnsucht.

Europas erste Aufklärung

Neuere Mittelalterforschungen (u.a. Kurt Flasch, Peter Blickle, Johannes Fried) haben den Klischeecharakter solcher Vorstellungen nachgewiesen. So gab es bereits in der hochmittelalterlichen Scholastik die ersten Aufklärer im christlichen Europa (Zeit der Staufer: „Europas erste Aufklärung“). Das 10. Jh. war „der Vernunft verfallen“ (Fried). Albertus Magnus (um 1200–1280) führte methodischen Zweifel, systematische Beobachtung und experimentelle Überprüfung in die Wissenschaft ein. Vor ihm hatte Petrus Abaelard (1079–1142) auf die Bedeutung des Zweifels hingewiesen, durch den man erst zur Wahrheit gelangte: „Credo ut intelligam“ („Ich glaube, damit ich verstehe“) und „fides quaerens intellectum“ („Der Glaube sucht die Vernunft“) waren Wahlsprüche des Anselm von Canterbury (1033–1109). Die Scholastik wollte die Übereinstimmung von kirchlicher Lehre und Vernunft nachweisen. Im13. Jh. bildete sich nach Kurt Flasch „das umfassendste Konzept von Rationalität vor Descartes“ heraus.

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