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Unruhig lief Ismael vor seiner Bank auf und ab. Irgendetwas war schiefgelaufen. Er spürte es in allen Knochen. Es war schon nach halb fünf – Raphael war bereits mehr als vier Stunden überfällig. Er zog die letzte Nil aus seiner Schachtel und zündete sie an.

Gegen fünf sah er einen Mann über den Mittelweg des Parks schlendern. Er trug dunkle Hosen mit Taschen an den Beinen. Der Schritt hing ihm fast zwischen den Kniekehlen. Ein schwarzer Blouson schlotterte um seinen Oberkörper. Sein Gesicht war zur Hälfte durch eine lächerlich große Sonnenbrille verdeckt. Auf dem schmalen Kopf des Mannes saß eine Rastamütze.

Ismael nahm seine eigene Sonnenbrille ab und musterte den Mann. Er war noch gut hundertfünfzig Schritte von seiner Bank entfernt. Zielstrebig hielt er auf ihn zu. Jetzt erkannte Ismael die Aktentasche unter dem Arm des Mannes. Und dann erkannte er den Gang – es war Raphael und niemand sonst!

Er musste sich beherrschen, um nicht aufzuspringen und ihm entgegenzulaufen. Raphael kam zur Bank. Am anderen Ende setzte er sich und zündete sich eine Zigarette an.

„Was ist passiert, Brüderchen?‟ Ismael sprach, ohne den anderen anzublicken.

„Sie haben beide Stützpunkte vernichtet ...‟

„Bei Allah!‟, zischte Ismael. „Was für eine Katastrophe ...!‟

„Ich kam gerade aus dem Haus, als sie angriffen. FBI. Dreißig Sekunden früher, und sie hätten mich gehabt.‟ Raphael berichtete mit ruhiger, fast unbeteiligt wirkender Stimme. „Ich musste eine Handgranate einsetzen, um mich und die Ausrüstung zu retten.‟

Er zog seine Mütze ab. Sein Kopf war vollständig kahl. „Und ich musste mich schon wieder verändern. Sie werden die ganze Stadt nach einem blonden Mann mit dunklem Teint absuchen.‟

„Woher weißt du, dass auch der zweite Stützpunkt gefallen ist?‟

„Ich hab angerufen. Auch die Geheimnummern. Auch die Handys. Keine Reaktion.‟

„Ob Ali Sadr geredet hat?‟

„Möglich.‟

Sie schwiegen und rauchten.

Es war schon nach fünf, als Ismael aufstand und den Griff seines Einkaufswagens packte. Er schob das klappernde Ding an der Bank entlang und ließ es vor Raphael stehen. Ächzend bückte er sich und fummelte am Schnürsenkel seines Turnschuhs herum.

„Das ändert alles, kleiner Bruder‟, sagte er. „Wir haben nur noch ein paar hundert Dollar. Waffennachschub gibt es nun nicht mehr. Wir können uns nirgends verstecken, und sämtliche Polizisten dieser verfluchten Stadt suchen dich.‟

„Was sollen wir tun?‟ Raphael öffnete die schwarze Aktentasche und nahm ein Handy heraus.

„Wir können die Hinrichtung der Frau nicht tagelang vorbereiten. Sobald wir den Mann bestraft haben, müssen wir uns die Frau vornehmen. Morgen, spätestens übermorgen. Unsere Zeit ist knapp. Sehr knapp.‟

„Ohne unsere Operationsbasis werden wir nicht mehr aus der Stadt herauskommen‟, murmelte Raphael.

„Nur mit Allahs Hilfe.‟ Ismael richtete sich auf und sah seinen Bruder an.

Raphael schloss die Aktentasche und ließ sie in den Einkaufswagen gleiten. „Im Außenfach ist das Handy‟, sagte er. „Wenn ich dich anrufe, hat er bereits das Haus verlassen.‟

Ismael nickte und fasste den Griffholm des Wagens. „Gott segne dich, kleiner Bruder.‟

Der Wagen rasselte, als Ismael ihn über die Parkwege schob. Kurz vor dem Ausgang zur 9th Avenue hielt er an und sah sich um. Jetzt, um die späte Nachmittagszeit, hatte der Park sich trotz des Regens mit Menschen gefüllt. Niemand aber achtete auf den Berber mit seinem armseligen Einkaufswagen.

Ismael griff in den Wagen, öffnete das vordere Fach der Aktentasche und zog das Handy heraus. Er schloss die Tasche wieder, und hob sie kurz an. Sie wog etwas mehr als zwei Pfund.

Ja – mehr wog die Waffe nicht, vor der es kein Entrinnen gab. Zwei Pfund. Zwei Pfund knetbarer Plastiksprengstoff. Zwei Pfund Semtex. Genug, um ein großes Flugzeug zu zerstören. Oder ein mittleres Haus ...

Ismael schob den Wagen aus dem Park, rollte ihn ein Stück die 9th Avenue nach Norden hinauf, und überquerte schließlich die 28. Straße. Als er in die Straße hineinblickte, sah er von Weitem den Streifenwagen vor dem Haus des Verurteilten stehen ...

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015

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