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Prolog

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Wohin ein Teil von dir geht,

Wird auch der Rest von dir folgen – mit der Zeit.

Du nennst dich Lehrer:

Also lerne.

Rābi’a al-’Adawiyya

Als kleiner Junge in Nigeria in den 1960er-Jahren schnüffelte ich in der Aktentasche meines Vaters herum und stieß auf ein paar Fotos. Mein Vater, der für die UNICEF arbeitete, hatte sie während einer Dienstreise aufgenommen, um die Verwüstung nach dem Biafra-Krieg festzuhalten. Sie zeigten kleine Kinder, die an Unterernährung litten. Einige von ihnen waren kurz vor dem Verhungern. Für meinen jungen Verstand war es nicht zu begreifen, dass wir Menschen so viel Brutalität mit so viel Gleichgültigkeit begegnen und sogar zulassen konnten. Schon damals wusste ich, dass ich das Leiden anderer lindern wollte, obwohl es noch fünfzehn Jahre dauern sollte, bis ich mit der eigentlichen Praxisarbeit begann – die Welt hatte mich damals schon mental auf diese Aufgabe vorbereitet.

Direkt nach dem College lebte ich in New York City und wurde geradezu in die Welt des Heilens hineingeworfen. Ich hatte mein Pre-Med-Programm, eine Vorbereitung auf das Medizinstudium in den USA, beendet und ein Praktikum als Akupunkteur in der South Bronx begonnen. Ich behandelte Drogenabhängige, als die AIDS-Epidemie zu wüten begann. Dies führte mich zur Palliativpflege und dem damit einhergehenden Gefühl der Hilflosigkeit. Um den ständigen Seelenschmerz bei der Arbeit mit jungen Männern, die an AIDS sterben, auszugleichen, begann ich, Frauen bei Geburten mit Akupunktur und Atemarbeit zu unterstützen.

Ich habe verschiedene Heilmethoden buchstäblich inhaliert. Zusätzlich zu meiner Begeisterung für Kampfkünste, die ich schon als Teenager erlernte, beschäftigte ich mich mit Qigong sowie inneren chinesischen Kampf- und Meditationskünsten. Außerdem machte ich weiterführende Ausbildungen in Shiatsu, Reflexzonenmassage, Massage, Biofeedback und Akupunktur.

Nach mehreren Jahren des Studiums und der Praxisarbeit stellte ich fest, dass ich Defizite im Bereich der klinischen Psychologie hatte. Um dem Abhilfe zu schaffen, studierte ich Neo-Reichianische Körperarbeit und die Analytische Psychologie nach C. G. Jung. In den folgenden zwanzig Jahren habe ich diese beiden Systeme sowohl bei mir selbst als auch bei meinen Patient*innen zur Anwendung gebracht.

Die Verankerung in somatischen und psychologischen Therapien war ein Anfang, aber die spirituelle Komponente der Heilung, auf die ich immer wieder stieß, insbesondere bei der Palliativpflege am Lebensende, offenbarte eine weitere Lücke in meinem klinischen Werkzeugkasten. Gleichzeitig brauchte mein eigenes psychisches Erwachen ein Gefäß, in dem ich arbeiten konnte. Also begann ich die Heilungswelt des indianischen und südamerikanischen Schamanismus zu erkunden. Ich verbrachte Jahre während meinen Zwanzigern und Dreißigern in schamanischen Kreisen und praktizierte mit zwei Lehrern, die sehr erfahren darin waren, ihre Intuition zu nutzen; damals nannte man sie Hellseher.

Vieles von dem, was ich weiß, lernte ich als Lehrling. Eine Ausbildung zu machen war ein Modell, das mir gefiel, und ich hatte das Glück, bei einigen beeindruckenden Praktikern in die Lehre zu gehen, darunter Energieheiler, Akupunkteure, Biofeedback-Therapeuten, intuitive Heiler, Schamanen, Psychotherapeuten und Psychologen.

Um mein eigenes Verständnis zu vertiefen, wurde ich von meinen Lehrern ermutigt zu unterrichten. Das habe ich getan und habe mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung im Unterrichten von Akupunktur, Kampfkunst und Meditation sowie in der Leitung von Workshops und Gruppenmeditationen.

Die Idee, dieses Buch zu schreiben, entstand aus der Beobachtung, dass viele meiner Patient*innen sich selbst zur Arbeit in einem Heilberuf berufen fühlten – alle unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichem Background. Einige ließen alles stehen und liegen und tauchten vollends in die Heilpraxis ein, andere begannen mit einem Abend hier und einem Wochenende dort.

Solche Ausbildungen sind heutzutage viel organisierter und durchdachter. Dem praktischen Anteil wird dabei viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Aber unabhängig von der Art und Weise gibt es, soweit ich sehen kann, immer noch Schwachpunkte bei dem, was in solchen Einrichtungen stattfinden kann.

Wir leben in einer unbewussten Kultur; kein Wunder, dass unsere Einstellung zu verschiedenen Heilungspfaden auch Aspekte dieses Mangels an Bewusstheit widerspiegelt. Ich habe Fehler gemacht, weil meine Lehrer in dieser Beziehung kein spezifisches Wissen hatten, um es an mich weiterzugeben, und oft kam mir auch mein eigenes unbewusstes und ungelöstes emotionales und psychologisches Material in die Quere.

Ich habe viel Zeit damit verbracht herauszufinden, was ich aus meinen 35 Jahren Erfahrung in der Praxis teilen kann und soll. Dieses Buch ist ein Versuch, einen konzentrierten Blick darauf zu werfen, wie Selbstprüfung und Reflexion für Menschen in Heilberufen nützlich sein können.

Es ist eine große Verantwortung, dazu berufen zu sein, sich um die Bedürfnisse eines anderen Menschen zu kümmern. Um ein Kanal zu werden, der klar genug ist, um für andere von Nutzen zu sein, muss man sich selbst im Spiegel anschauen. Unabhängig von der Methode ist die Selbstprüfung von entscheidender Bedeutung für den Prozess, wenn man sich in und auf den Heilungsbereich einlässt. Ich lade Sie ein, genau das zu tun, wie ich einst von denen eingeladen wurde, die vor mir kamen.

Handbuch der Selbstfürsorge

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