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Auftrag und Doktrin

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Einsatzformen

Der zentrale Begriff der chinesischen Militärstrategie ist die „aktive Verteidigung“. Er bedeutet, dass China von sich aus keine Kampfhandlungen eröffnet oder Angriffskriege führt. Diesem Prinzip entsprechend werden Militäroperationen nur dann als gerechtfertigt erachtet, wenn sie die nationale Souveränität oder das Territorium der Volksrepublik verteidigen. Angriffe sind demnach nur zulässig, wenn China selbst zuvor angegriffen wurde. Allerdings ist nicht klar definiert, was als Angriff angesehen wird. So wurde die Invasion in Vietnam 1979 als „Gegenangriff zur Selbstverteidigung“ gerechtfertigt.

Darüber hinaus entdeckt die chinesische Strategie zunehmend die Herausforderung durch „lokale Kriege unter den Bedingungen der Informationstechnik“ (offizieller Verteidigungsbericht 2004). Dieses Leitbild soll die alte Ausrichtung ablösen, in der die VBA vor allem dazu in der Lage sein sollte, das chinesische Staatsgebiet bodengebunden durch den Einsatz großer Mengen von Mensch und Material zu verteidigen. Das neue Konzept sieht vor, Einheiten schneller zu bewegen. Die höhere Geschwindigkeit und Bewegungsreichweite soll es erstens ermöglichen innerhalb des Landes bei einer insgesamt kleineren Armee ausreichend starke Truppenkonzentrationen zu bilden. Zweitens soll sie es ermöglichen militärische Wirkung über größere Entfernungen zu erzielen und schneller auch an weit entfernten Orten einsatzfähig zu sein. Darüber hinaus wächst die Bedeutung von Operationen im Verbund aller vier Teilstreitkräfte. 1999 wurde diese Gefechtsform erstmals in einer offiziellen chinesischen Militärdoktrin festgeschrieben. Um diese Ziele zu erreichen, wird intensiv daran gearbeitet, die Abläufe und Technik für Kommunikation, Führung und Aufklärung zu verbessern. Noch steht die VBA jedoch großen Schwierigkeiten bei der Koordinierung der verschiedenen Truppengattungen gegenüber. Darüber hinaus dürften sämtliche Einheiten des chinesischen Militärs durch die schlecht entwickelte Logistik zur Versorgung mit Nachschubgütern massiv in ihren Fähigkeiten eingeschränkt sein. Das gilt insbesondere für mögliche Operationen in weiterer Entfernung vom Mutterland. Zunehmend werden in chinesischen Militärkreisen auch Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte erörtert, die unter der Schwelle eines Krieges liegen.

Vermutlich wurden in chinesischen Militär- und Forschungskreisen die US-Militäraktionen in Afghanistan sowie der Dritte Golfkrieg analysiert, um daraus Schlüsse für die Weiterentwicklung der VBA zu ziehen. Das US-Verteidigungsministerium sieht den schnellen Sieg seiner Truppen über den Irak während des Zweiten Golfkriegs 1991 als ausschlaggebenden Faktor für die seit den 1990er-Jahren beschleunigte Modernisierung der VBA, insbesondere der Kommunikationsstrukturen. Eine ähnliche Beispielwirkung, vor allem auf dem Feld der Flugabwehr und der elektronischen Kriegsführung (EloKa), hatte demnach der Luftkrieg gegen Serbien (Kosovokrieg) 1999.

Zunehmend beginnt China auch nicht-militärische Werkzeuge der Sicherheitspolitik zu nutzen. Mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit versucht es eine Organisation aufzubauen, mit der es eine ähnlich dominierende Stellung innerhalb der südostasiatischen Region erreichen könnte, wie die USA in der Nato.

Einsatz im Inneren

Die Volksbefreiungsarmee übernimmt zahlreiche Aufgaben innerhalb der chinesischen Zivilgesellschaft. Neben Polizei- und Grenzschutzaufgaben, die insbesondere von der bewaffneten Volkspolizei ausgeführt werden, kommen Einheiten aus allen Teilstreitkräften bei der Hilfe in Katastrophenfällen zum Einsatz. Nach chinesischen Angaben waren 2007 und 2008 600.000 Soldaten und 1,39 Millionen Mitglieder von Miliz und Reserve zumindest einmal im Katastrophenschutzeinsatz. Auch die Sicherung der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking oblag zum Teil Einheiten der VBA mit einer Stärke von insgesamt 46.000 Mann und 85.000 Mann der PAPF.

Auch zu Bauarbeiten zur Verbesserung der Infrastruktur werden regelmäßig Soldaten herangezogen.

Geostrategie

Die Wiedervereinigung mit der Insel Taiwan sehen viele chinesische Politiker und Militärs als höchstrangiges strategisches Ziel an. Dieser Anspruch drückt sich auch in der Dislozierung aus, welche die modernsten Waffensysteme und die am besten ausgebildeten Einheiten in den Küstenregionen gegenüber Taiwan stationiert. Mit dem Antisezessionsgesetz vom März 2005 übertrug der Nationale Volkskongress die Entscheidungsbefugnis über die Anwendung nicht-friedlicher Mittel im Hinblick auf Taiwan auf den Staatsrat. Zuvor lag diese Entscheidung ausschließlich bei der Zentralen Militärkommission. Dieser Schritt wurde von Taiwan und den USA heftig kritisiert, da die chinesische Regierung damit eine militärische Aktion gegen Taiwan erleichtern würde. Allerdings war vor der Verabschiedung des Antisezessionsgesetzes durch den Nationalen Volkskongresses keinerlei rechtliche Regelung für einen Angriff auf Taiwan vorhanden, die VR hätte jederzeit und ohne Begründung Taiwan angreifen können. Mit dem Antisezessionsgesetz besteht eine rechtliche Beschränkung, außerdem ist die Entscheidungsbefugnis nun auf zwei Gremien, das ZMK und den Staatsrat, verteilt.

In jüngster Zeit werden in chinesischen Militärkreisen auch die Aufrüstungsbestrebungen Nordkoreas und die Diskussion über eine offensivere Ausrichtung der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte erörtert. Für die Ausrichtung gegen Korea spricht die Stationierung der modernsten Panzerdivisionen sowie der schnellen Eingreiftruppen des Heeres, der 15. Luftlandedivision sowie der 38. und der 39. Armee, in den angrenzenden Militärregionen Peking und Shenjang. Weitere geostrategische Brennpunkte sind aus chinesischer Sicht die Insel Sachalin, wo China neben den Hauptkonfliktparteien Russland und Japan ebenfalls Interessen hat, die benachbarte Atommacht Nordkorea, einige umstrittene Meeresregionen im Südchinesischen Meer, der Grenzverlauf zu Indien im Himalaja, die Gebiete der Tibeter und anderer grenznaher Minderheiten sowie der Konflikt zwischen den beiden atomar bewaffneten Nachbarstaaten Indien und Pakistan.

Im Zuge des rasanten Wachstums der chinesischen Wirtschaft erlangen auch wirtschaftliche Aspekte wachsende Bedeutung für das chinesische Militär. In den Blickpunkt rückt die Straße von Malakka, da durch sie rund 80 Prozent der chinesischen Erdöl-Importe transportiert werden. Wichtige Leitlinien der chinesischen Geostrategie sind die "erste und zweite Inselkette". Erstere schließt sich südlich an Japan an, verläuft östlich von Taiwan, westlich der philippinischen Küste, durch das Südchinesische Meer und entlang der vietnamesischen Küste. Innerhalb dieser Seezone beansprucht China die militärische Kontrolle. Die zweite Inselkette verläuft weit in den Pazifik hinaus und erstreckt sich bis zu den Marianen, Guam, Mikronesien und Palau. In diesem Bereich strebt die Volksrepublik militärische Operationsfähigkeit an.

Die neun größten Armeen der Kriegsgeschichte

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