Читать книгу Mein langer Weg zur fleischlosen Ernährung - Adam Fischer - Страница 5

Оглавление

Warum wir Fleisch essen

Isst der Mensch von Natur aus Fleisch – werden wir als Fleischesser geboren oder nicht? Immer wieder wird diese Frage kontrovers diskutiert, besonders in dieser heutigen Zeit, in der verstärkt gesundheitliche Erwägungen, aber auch Einflüsse auf das Klima und die Umwelt bei der Beantwortung in Betracht gezogen werden. Doch unabhängig davon und obwohl es so selbstverständlich ist – wie es nur sein kann –, spreche ich es hier aus: Der Verzehr von Fleisch ist nur möglich, weil zu diesem Zweck einem Tier sein Leben genommen wird!

Wie kommt ein Mensch, der traditionell mit der üblichen Mischkost aufgewachsen und an diese gewohnt ist, dazu, Fleisch von seinem Speiseplan zu streichen? Die Gründe hierfür sind so vielschichtig wie es das Problem selbst ist: Es kann für den einen Menschen die spontane Entscheidung des Augenblicks sein, weil er gerade eben erst grausame Berichte gehört und schreckliche Bilder gesehen hat in einer Dokumentation über die „moderne“ Massentierhaltung. Die unwürdigen Verhältnisse, in denen Tiere leben und sterben müssen, kommen vermutlich häufiger vor, als wir glauben sollen. Bei einem anderen Menschen kann sich eine solche Entscheidung erst aus einem langen, viele Jahre dauernden Entwicklungsprozess ergeben. Die Lebenswege der Menschen, mit ihren Seitenpfaden, Verirrungen und Verwirrungen, sind verschlungen, und bei den Milliarden Menschen auf der Erde lassen sich keine zwei Lebenswege finden, die sich gleichen.

Wieso ernähren wir uns eigentlich nicht von Geburt an fleischlos? Warum ist es uns von Natur aus nicht so eingegeben, Tierfleisch als Nahrung abzulehnen? Dann gäbe es diesen Zwiespalt in der Ernährungsfrage überhaupt nicht. Bei den meisten Tieren ist diese Frage eindeutig geregelt: Niemals wird ein Pferd oder ein Rind etwas zu sich nehmen, was auch nur entfernt nach tierischer Herkunft riecht. Andererseits gibt es natürlich Tierarten, die Allesfresser, oder besser gesagt Allesesser sind, wie etwa manche Bären und andere Raubtiere.

Für den Menschen ist es nicht so eindeutig, aber warum ist das so? Betrachten wir allgemein das menschliche Verhalten, so fällt auf, dass es meist nicht von den angeborenen Instinkten bestimmt wird, sondern durch Anerziehung und Prägung, was je nach Kulturkreis sehr verschieden sein kann. In das jeweilige Umfeld, mit allen Traditionen, Gewohnheiten, Sitten und Gebräuchen, wird der Mensch hineingeboren und wächst darin auf. Warum sollte er an den bestehenden Normen oder der Lebensführung zweifeln und dem, was ihm Eltern, Großeltern, weltliche oder religiöse Lehrer vermitteln, nicht glauben? Er geht davon aus, dass diese Menschen es gut mit ihm meinen. Außer der Kultur, in der er lebt, kennt er nichts anderes. Er hat keine Wahl und empfindet auch kein Bedürfnis, etwas anderes zu wählen. Etwas anderes ist für ihn gar nicht denkbar.

Den kulturübergreifenden Informationsaustausch, wie wir ihn heute in der globalisierten Welt haben, gibt es, gemessen an der Menschheitsgeschichte, erst einen Augenblick lang. Davor war es für die große Masse der Bevölkerung so gut wie unmöglich, etwas über andere Kulturen, andere Lebensformen und Lebensführungen in den verschiedenen Ländern der Welt zu wissen. Die Menschen waren von Kindheit an daran gewöhnt, dass alle Fleisch essen – das war die Normalität. Noch nie hatte man etwas von Vegetariern gehört, nicht einmal dieses Wort existierte. Wie sollte man da von sich aus auf den Gedanken kommen, sich fleischlos ernähren zu wollen? Warum das Althergebrachte plötzlich infrage stellen, ohne irgendeinen Anstoß von außen?

Und doch hat es diese Menschen immer wieder gegeben! Für sie bedurfte es dieses äußeren Anstoßes nicht. Ihre Seele brachte gleichsam die Ehrfurcht vor allem Leben und die Abscheu vor jedwedem Töten schon mit in dieses Erdenleben – und damit war für eine solchermaßen wache Seele zwangsläufig der Verzicht auf den Fleischverzehr verbunden. Albert Schweitzer1 war beispielsweise ein solcher Mensch. Er war bei Weitem nicht der Einzige – er mag hier stellvertretend für die vielen anderen stehen, in denen dies von Kind an so angelegt war.

Hermann Hesse beschreibt in seinem Gedicht „Das Leben, das ich selbst gewählt“ eine Seele, die den Verlauf ihres künftigen Lebens sieht, bevor sie in die Erdenreise einwilligt. Darin ist vieles für das neue Leben festgelegt. Es bleiben aber die Spielräume, die der freien Willensentscheidung des Menschen geschuldet sind. Wie er diese nutzt, bestimmt dann letztlich den genauen Kurs seines Lebensweges – trotz aller Fixpunkte. Seine freien Willensentscheidungen führen ihn entweder auf den engen, schmalen, aufwärts führenden Pfad oder auf jenen „breiten Weg“2.

Doch auch die Seelen, welche mit einer Eingebung geboren werden, wachsen zunächst in der Tradition ihrer Umgebung auf. Traditionen! Was steht nicht alles hinter diesem Wort! Das Althergebrachte soll hier nicht per se infrage gestellt werden – vieles hat sich auch bewährt und stellt Konstanten im Leben des Menschen dar, die ihm auch das Gefühl von Sicherheit geben können. Doch nicht jede etablierte Tradition vertritt von vornherein ausschließlich positive Werte.

Wir wissen nur zu genau: Der Mensch kann sich auch schlechte Gewohnheiten aneignen, und nicht wenige leiden unter traditionellen Gepflogenheiten. Dass beispielsweise in vielen, meist islamisch geprägten, Ländern junge Frauen in einem ungewöhnlich frühen Alter zwangsweise verheiratet werden, kann kaum als Positiv angenommen werden. Hier gibt es schlicht keine freie Entscheidung für die Mädchen. Ohnehin ist die Stellung der Frau im Islam nachrangig hinter dem Mann. Aber lassen wir uns nicht täuschen: Das Frauenbild der sich christlich nennenden katholischen Kirche war vom Beginn ihrer Entstehung an nicht bessergestellt und hat das Abendland geprägt. Nach Thomas von Aquin war „die Frau geradezu ein Missgriff der Natur“, eine Art „verstümmelter, misslungener Mann“ (zitiert nach Karlheinz Deschner). Da wundert es nicht, dass überwiegend Frauen auf den Scheiterhaufen lebendig verbrannt wurden. Und in der heutigen Zeit? Erst seit 100 Jahren gibt es in Deutschland ausgeübtes Frauenwahlrecht, und hart und lange haben Frauen dafür kämpfen müssen!

*

Liebe Leser, haben Sie bitte Geduld, wenn im Folgenden Themen tangiert werden, die vordergründig nichts mit dem Grundanliegen dieses Buches zu tun zu haben scheinen. Das ist richtig so, und Sie werden es selbst noch sehen! Denn in welcher Weise alles miteinander verwoben ist und ineinandergreift, kann man erst nach jahrelanger, intensiver Auseinandersetzung mit dieser Problematik erfassen.

Dem Menschen wohnt ein unsterblicher Geistleib inne – auch als Seele bekannt –, der seinen Ursprung im Reich Gottes hat und der auch Träger seines Bewusstseins ist. Nicht das materielle Gehirn ist der Sitz des Bewusstseins, wie es die materialistische Weltsicht fälschlicherweise behauptet. Der Autor Deepak Chopra schildert in seinem Buch „Schöpfung oder Zufall“ ein Gespräch, das er mit einem bekannten Physiker über das Problem des Bewusstseins führte. Er schlug ihm vor, das doch einmal öffentlich zu diskutieren. Darauf meinte dieser nur: „Sie verstehen das nicht. Das Bewusstsein ist das Problem, das wir unter den Teppich gekehrt haben. Man diskutiert nicht darüber. Wenn ich mich darauf einließe, wäre mein berufliches Ansehen irreparabel beschädigt.“

Der angesprochene Geistleib, die Seele, macht unser eigentliches Leben aus. Während der Erdenreise bildet der menschliche Körper nur das „Gefährt“ für die Seele – die Seele bedient sich sozusagen nur des Körpers, um sich im materiellen Dasein ausdrücken zu können. Wir sind also nicht der Körper, sondern wohnen nur vorübergehend in ihm. Bei dem Vorgang, den die Menschen Tod nennen, verlassen wir in Wirklichkeit nur dieses irdische Gefährt, um in einer anderen Sphäre weiter zu existieren. Für die Seele gibt es keinen Tod – sie existiert ewig. In der Seele ist auch alles festgelegt, gespeichert, gleichsam eingraviert, was wir aus früheren Inkarnationen in ein neues Erdenleben mitbringen. Die Seele überträgt bei der Einverleibung diese Speicherungen auf die Gene, die eine Verbindungsstelle zum Geistigen bilden. Dadurch kann ein Mensch wieder dieselben Wesensmerkmale ausbilden wie im entsprechenden Vorleben. Oder hat er gleiche Veranlagungen oder Begabungen wie im Vorleben. Nur so sind beispielsweise die ungewöhnlichen, frühkindlichen Begabungen Mozarts erklärbar.

Von der Seele werden auch feinste Signale an den Menschen ausgesandt, die über das Gehirn laufen. Der Mensch nennt diese „Stimme“ dann sein Gewissen. Dieser stille, untrügliche Mahner kommt stets aus der Wahrheit – darauf werden wir später ausführlich zurückkommen – und seine Sprache sind feinste Impulse, die wir in unserem Innern wahrnehmen, aber nicht in menschliche Worte übersetzen können. Die menschliche Sprache ist dafür viel zu grob – bei all ihrer Großartigkeit bleibt sie doch nur eine Erfindung für den Alltagsgebrauch, damit Menschen sich durch äußerliche Kommunikation miteinander verständigen können. Sie wissen selbst, wie unzureichend Sprache ist und wie oft wir „aneinander vorbeireden“. Eine höhere Kommunikation – von Seele zu Seele – geschieht erst auf höherer Ebene, ohne menschliche Worte und ohne Missverständnisse.

1 Albert Schweitzer; Die Ehrfurcht vor dem Leben; Becksche Reihe

2 Matthäus 7, Vers 14

Mein langer Weg zur fleischlosen Ernährung

Подняться наверх