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Donnerstag, 10. Februar

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Erzählte heute Morgen beim Frühstück Anne und Gerald von Glander. Ich sagte: »Warum konnte Gott ihm nicht einfach das Maul stopfen und seine dämliche Erkältung heilen? Jetzt muss ich mir den ganzen Tag seine blöden Sprüche anhören.« Anne erwiderte: »Es ist wirklich schade, dass du so viel Mitgefühl an ihn verschwendest, Schatz. Man sollte erwarten, dass all die Wärme und Liebe und echte Anteilnahme und das Wohlwollen, die du ihm entgegenbringst, ihm gar keine andere Wahl lassen würden, als geheilt zu sein. In Zukunft solltest du dir nicht die Mühe machen, all diese positive Energie an Leute zu verschwenden, die du jeden Tag siehst. Spar sie dir lieber für die Leute auf deinen Versammlungen auf. Meinst du nicht auch, Gerald?«

Konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass Anne ziemlich übertrieb.

Gerald reichte mir einen Briefumschlag, auf dessen Rückseite etwas geschrieben stand. Er sagte: »Du hast völlig recht, Mama, und ich habe hier ein kleines Gedicht für Mr. E. Bass geschrieben, den beliebten Laienprediger und Verfasser des

›Frohen Choristen‹. Er kann es bei seiner nächsten Versammlung vorlesen.«

Las das Gedicht laut vor.

»Hilf mir, denn dies ist mein Entschluss, o Herr,

dass ich zu denen, die sich täglich mit mir quälen,

dereinstmals durch ein Wunder deiner Gnade

genauso freundlich bin wie vor den vollen Sälen.«

Jaja, schon gut, schon gut …

Fuhr zur Arbeit mit dem Wissen, dass ich Glander, falls ich seinen Sarkasmus noch einen weiteren Tag lang ertragen musste, wie falsch meine Einstellung auch gewesen sein mochte, wirklich etwas verpassen würde, wovon er sich heilen lassen könnte. Glücklicherweise hatte er sich heute krankgemeldet, sodass es nicht dazu kam.

Preis dem Herrn!

Musste trotzdem den ganzen Tag über Heilung nachdenken. Als ich nach Hause kam, bat ich Gerald, mir ernsthaft zu sagen, wie er über die ganze Sache dachte.

»Papa«, sagte er, »ich habe eine Weile darüber nachgedacht, und mir scheint, dass viele Leute, wenn es um Dinge wie Heilung geht, die Bibel gerne umschreiben, damit sie in ihr Konzept passt. Besonders die Dinge, die Jesus gesagt und getan hat. Mir ist schleierhaft, wie manche Leute das, was sie tun, mit dem vereinbaren können, was sie in den Evangelien lesen. Es gibt so eine Art religiöser Sturheit, die nicht zulassen will, dass die Direktheit im Handeln Jesu zu einem Faktor in der Gleichung des täglichen Lebens wird. Ich denke, dahinter steckt wohl die Angst vor dem kosmischen Schock, den man erleidet, wenn man die Augen aufmacht und sich voll der Tatsache stellt, dass Gott wirklich Mensch geworden ist.«

Völlig verdattert von dieser Rede. Erstaunlich! Ist das wirklich derselbe Gerald, der sich vor nicht allzu langer Zeit in der Diele von hinten an mich heranschlich, mir ein rohes Ei in die Anorakkapuze legte, als ich gerade bei Regen hinausgehen wollte, und sich dann kaputtlachte, als ich zurückkam und sagte, irgendein Riesenvogel müsse das Ei aus großer Höhe auf meinen Kopf fallengelassen haben, als ich gerade die Kapuze aufsetzte? Ich hoffe, er wird nicht zu ernsthaft.

Später gab mir Gerald noch einen dieser Texte, die er am Computer zusammenbastelt. Er sagte: »Sieh dir mal diesen Abschnitt aus dem Pseudo-Lukas an, Paps. So etwas habe ich gemeint, als ich sagte, dass manche Leute die Bibel umschreiben. So muss es gewesen sein, wenn manche Christen, die ich kenne, recht haben sollten.«

Folgendes hatte Gerald geschrieben:

»Ein Mann mit Aussatz kommt zu ihm und spricht: ›Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen.‹ Und Jesus streckt seine Hand aus und berührt den Mann. ›Ich will‹, spricht er. ›Sei rein!‹

Und siehe, Jesus schlendert voll Freude von dannen, doch der Aussätzige ruft ihm mit lauter Stimme nach und spricht:

›Äh, Entschuldigung, vielleicht ist es dir entgangen, aber ich bin immer noch aussätzig. Ein kleines Detail, aber für mich nicht ganz unwesentlich.‹

Und Jesus zischt voll Verärgerung durch die Zähne und erwidert: ›Weißt du nicht, dass ich ganzheitliche Heilung bevorzuge? Wahrlich, wahrlich, du musst ganz schön naiv sein, wenn du wähnst, die Heilung betreffe allein den Leib. Wandelst du etwa nicht auf dem neuesten Stand der einschlägigen Literatur?‹

Der Mann spricht: ›Ich weiß nur, dass ich vor fünf Minuten noch aussätzig war, und siehe, ich bin immer noch aussätzig.‹

›Nun‹, entgegnet Jesus, ›trotz deiner Klagen bist du in einem sehr realen Sinne nicht mehr aussätzig.‹

›Na fantastisch‹, beharrt der Mann, und Sarkasmus bemächtigt sich seiner, ›aber ich bin immer noch aussätzig in dem trivialen, doch ebenso realen Sinne, dass Teile von mir herabgefallen sind und du offenbar nicht in der Lage bist, sie zu ersetzen.‹

Da schnaubt Jesus und spricht: ›Einer muss sich doch immer beschweren! Also schön, mein Junge, es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, von denen, wie ich hinzufügen möchte, keine ein Versagen aufseiten meiner Person oder irgendeines anderen Mitgliedes des Managements darstellt. Mögest du sie an deinen Fingern abzählen.‹

›Dann sollten es aber nicht mehr als drei sein‹, spricht der Aussätzige.

Jesus ignoriert ihn. ›Erstens, dir mangelt es an Glauben – ziemlich wahrscheinlich. Zweitens, du hast es versäumt, deine Heilung in Anspruch zu nehmen – den Fehler machen viele. Drittens, du bist eigens dazu auserwählt worden, dass andere durch dein Leiden gesegnet werden – herzlichen Glückwunsch. Viertens, deine Heilung wird in Gestalt des Todes kommen. Und tschüss! Fünftens, du bist berufen, aber nicht auserwählt – Pech. Wie auch immer, ich muss von hinnen. Ich habe eine große Speisung vorzunehmen, und der Umfang des Budgets stellt mich vor eine große Herausforderung.‹

Er geht, und der Aussätzige rafft sich auf und spricht abermals und abermals zu sich selbst: ›Ich bin nicht aussätzig! Ich bin nicht aussätzig! Ich bin nicht aussätzig …‹ Und siehe, von diesem Tag an war er im ganzen Land als der verrückte Aussätzige bekannt.«

Muss mir wohl doch keine Sorgen machen, dass Gerald übermäßig ernst wird!

Anne sagte heute Abend: »Ich weiß gar nicht, warum du auf einmal diese fixe Idee mit der Heilung körperlicher Krankheiten hast. Sicher, diese Reginald-und-Dingsbums-Veranstaltung war eine Katastrophe, aber du weißt doch von deinen anderen Veranstaltungen und Büchern her, dass Gott dich auserwählt hat, ihm zu helfen, die Gefühle und inneren Spannungen und Sorgen der Leute zu heilen, indem du sie dazu bringst, zu lachen, ein bißchen zu weinen und sich zu entspannen. Eine Menge Leute würden ihre Großmutter dafür verkaufen, dazu fähig zu sein.«

Sagte heute Abend zu Gott: »Anne hat wohl recht, wie immer. Ich sollte dankbar sein, ich weiß. Es ist nur, dass – nun, man kann nun einmal keine geheilten Gefühle aus Rollstühlen aufspringen sehen. Ich will mich nicht beklagen …«

»Tust du aber«, sagte Gott.

Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten

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