Читать книгу HERRliche Erkenntnisse - Agnese Amalfi - Страница 10
Tom D.
ОглавлениеTom D lernte ich bei meiner Arbeit kennen. Hahaha, mal wieder. Es handelte sich bei Tom D um meinen Vorgesetzten. Tom D und ich wollten gemeinsam nach unserer Arbeit zur Feier eines Kollegen fahren.
Ich war noch nicht lange bei meiner Arbeitsstelle, hatte aber eine Fahrgemeinschaft mit meinem Chef Tom D. Es ist bekannt, dass Fahrgemeinschaften mit dem Chef von den anderen gern argwöhnisch betrachtet werden. Ich hatte den Eindruck, dass meine Kollegen/innen unsere Fahrgemeinschaft eher neugierig ansahen.
Sie hatten recht schnell ein Bild von mir und konnten sich zu Recht nicht vorstellen, dass ich irgendwelche Dinge über die Arbeit beim Chef ausplaudern würde. So kam es auch, dass mein Chef Tom D und ich uns darüber einig wurden, dass während der Fahrt zur Arbeit und auf dem Weg von der Arbeit nach Hause die Arbeit nicht Thema sein sollte.
Wir hielten uns daran. Bei dieser Feierlichkeit, von der ich anfangs schrieb, handelte es sich um ein Jubiläum eines weiteren Kollegen. Ich hatte an diesem Tag den Fahrdienst. Auf dem Weg zur Feier sagte ich Tom D, dass ich heute sehr müde von der Arbeit sei und dass wir nicht allzu lang bleiben würden. Tom D dachte sich vielleicht: »Mal schauen, wie alles so wird und dann wird sich schon finden, wie lange wir bleiben.«
Es war mir wichtig zu erwähnen, dass wir uns daran hielten, wenn ich sagte: »Das ist das letzte Bier.« Tom D war einverstanden. So kam es, dass wir einen sehr netten Abend verbrachten.
Es war lustig. Ich bin ein extrovertierter, freundlicher Mensch. So bin ich meistens, ob ich etwas getrunken habe oder nicht. So kam es, dass ich Tom D fragte, ob er denn sein Bier austrinken könnte, da ich nach Hause wollte. Ich sah, dass seine Bierflasche leer war und er fragte mich, ob wir noch länger dort bleiben könnten, Tom D wolle noch ein Bier trinken, und wir würden dann aber wirklich fahren.
Nach einiger Zeit ging ich erneut zu Tom D und unterhielt mich mit ihm. Ich wollte ihn dezent darauf aufmerksam machen, dass die Zeit des Biertrinkens nun ein Ende hatte und dass ich ihn nach Hause fahren würde. Dabei fiel mein Blick auf seine Bierflasche. Diese war komplett voll. Ich fragte ihn, woher denn dieses Bier nun käme und ob er nichts getrunken habe in der letzten halben Stunde. Er sagte: »Nein, das habe ich gerade geholt.«
Ich sagte ihm, er könne gern bleiben und ich würde meinen Weg nach Hause alleine fortsetzen. Diese Unterhaltung wurde neugierig von den Kollegen/innen beobachtet.
Ich hatte den Eindruck, dass sie darauf amüsiert reagierten. Schließlich handelte es sich um den Chef, den ich nach Hause fahren würde.
Er sah mich dagegen belustigt an und meinte, es sei ja nicht schlimm, da es sich ja nur um ein weiteres Bier handelte. Ich entgegnete, es sei vorher anders besprochen worden und dass ich ihm eine Bierlänge schon genehmigt hatte. Ohne eine Reaktion abzuwarten und ohne jegliche Wut oder Argwohn ging ich in Richtung meiner Jacke und meiner Schuhe. Ich zog mich an, um dem Ganzen die Deutlichkeit zu verleihen, die notwendig war, um meinen Abschied zu unterstreichen.
Mit den Worten: »Alles klar, Tom, ich fahre dann jetzt los, du kannst ja ein Taxi nehmen«, verabschiedete ich mich. Die um uns herum Stehenden konnten sich nur schwer ihr Lachen verkneifen. Ich mir innerlich fast auch nicht. Tom D entschloss sich nun doch, den Weg mit mir anzutreten. Wohl auch, da der Weg von Hannover auf das Land hinaus doch etwas mehr Zeit und auch Geld, würde man ein Taxi nehmen, beanspruchen würde.
Auf der Fahrt nach Hause unterhielten wir uns lustig angeregt und ich hatte nicht den Eindruck, dass Tom D mit mir böse sein konnte. Was er auch tatsächlich nicht war. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass ihm das imponiert hatte.
Es verging einige Zeit. Ich hatte mir nie etwas bezüglich unserer Fahrgemeinschaft gedacht. Wir unterhielten uns nett und angeregt und erzählten Privates. So kam es, dass Tom D eines Tages vor meiner Haustür stand.
Wir hatten uns bei der letzten Fahrt darüber unterhalten, dass ich das Carport gestrichen hatte. Tom D klingelte. Ich öffnete verdutzt in meinem Schlabberlook die Haustür, was mich aber nicht störte. Tom D stand vor mir. Ich fragte ihn in relativ deutlichem Ton und ohne große Freude, was er denn hier machen würde.
»Ich wollte mir das Carport ansehen«, war seine Antwort.
»Das hast du dann ja jetzt gesehen«, sagte ich und hinterher noch ein: »Tschüss, einen schönen Nachmittag wünsche ich dir noch«, und schloss die Tür.
Liebe Leser, das mag unhöflich erscheinen, aber ich bin eine alleinerziehende Mutter, deren Plan klar getaktet ist. Hätte meine Freundin oder Nachbarin vor der Tür gestanden oder für Tom D ein Notfall bestanden, hätte ich nicht so reagiert. Wenn aber alles in Ordnung ist, ziehe ich es vor, Einladungen auszusprechen und nicht überrascht zu werden. Zudem war es notwendig, Tom D ein deutliches Zeichen zu geben, dass er mein Chef und meine Fahrgemeinschaft war, aber nicht mit mir anbandeln konnte.
Er wohnte doch etwas weiter weg, so dass wir uns für die Fahrgemeinschaft immer in der Mitte trafen und so rechtfertigte es keinen Überraschungsbesuch. Zumal ich wusste, dass es mit seiner Frau kriselte und diese mir bei einem Besuch bei seiner Familie zuhause, zur Abholung und dem Abkauf von Spielzeug für mein Kind, deutlich gemacht hatte, dass, sollte ihr Mann ein Verhältnis haben, ich als ihre Favoritin in Frage kommen würde.
Das hatte mich damals sehr verletzt, da sie mich nicht kannte, ihr Mann nicht meinem Beuteschema entsprach und er und sie in ihrer Ehe machen sollten, was sie wollten und mich dabei raushalten sollten.
So musste Tom D hinter meiner Tür ohne Kaffee oder was er sich auch immer von diesem Besuch erhofft hatte, fahren. Vielleicht hat er noch versonnen das Carport begutachtet, was mich aber sehr wundern würde, da seine handwerklichen Interessen sehr gering waren.
Auch hier war Tom D mir nicht böse und es wirkte sich auch nicht auf die Arbeit aus. Vielmehr war er sicher froh darüber, dass ich niemandem auf der Arbeit davon erzählte.
Wieder verging einige Zeit. Ich bekam in diesem Fall einen Anruf von Tom D. Er war etwas unruhig und seine Stimme aufgeregt. Tom D meinte gleich zu Beginn des Telefonats, dass dies ein Notfall sei und dass er dringend meine Hilfe benötige.
Ich lauschte gespannt, was nun kommen würde. Er habe ein delikates Problem und da ich mich auch in der Vergangenheit in Bezug auf ihn verschwiegen gezeigt hatte, wende er sich nun an mich. »Jaaahaaaa, komm auf den Punkt«, dachte ich mir.
Also, es sei so, dass …, nun ja …, also seine Frau und er hätten in letzter Zeit ja nicht so gut miteinander kommuniziert und schon gar nicht kopuliert. Und nun …, also nun habe er dieses besonders spezielle Problem.
Man/n habe zur Verbesserung des Verhältnisses in jeglicher Hinsicht etwas Neues ausprobieren wollen und nun hinge die Ehefrau am Bett fest und komme nicht mehr ab. Er habe keinen Seitenschneider, da er sie mit den Plastikteilen festgemacht und dabei nicht über Weiteres nachgedacht habe.
Sagte ich doch, keine Ahnung vom Handwerk. Ich verkniff mir das Aussprechen meiner Meinung, die besagte, er könne seine Frau dort gern hängen lassen, da sie Böses von mir dachte. Ach ja, das Schicksal ist manchmal die größte Genugtuung.
Allerdings musste ich Tom D enttäuschen. Ich hatte auch keinen Seitenschneider und konnte ohnehin nicht weg mit meinem kleinen Kind. Ich empfahl ihm, die Nachbarschaft zu befragen, da ich ihm nicht weiterhelfen könnte und wünschte ihm viel Glück. Tom D verabschiedete sich und legte auf. Es muss erwähnt werden, dass es sich um einen Sonntag handelte und die Geschäfte geschlossen hatten.
Am darauffolgenden Arbeitstag fuhr Tom D. Ich stieg in sein Auto ein und grinste im Kreis. Tom D bat mich, nichts zu sagen und ich fragte nur, ob alles gut ausgegangen sei, was er bejahte.
Tom D besuchte mich nie wieder. Jahre später erfuhr ich von einem Kollegen, dass Tom D sich tatsächlich Hoffnungen bei mir gemacht hatte.
Ich kann euch zum Charakter des Tom D folgendes schreiben, was ich aus meiner hobbypsychologischen Betrachtungsweise feststellen konnte:
Er war Mitte 40, etwa 170–175 cm groß, normale Figur, meistens ein ruhiger Mann, gegenüber Mitarbeitern sehr deutlich, aber selbst stellenweise etwas bequem. Freundlich und zuvorkommend gegenüber Frauen, gepflegte Erscheinung. Ein durchschnittlicher Mann vom Aussehen.
An die Frau von Tom D gerichtet, sollten sie inzwischen wieder zusammen sein und sie zu meinen Lesern gehören, möchte ich erwähnen, dass Sie einen sehr experimentierfreudigen Mann haben. Dieses wussten Sie nicht zu schätzen, was ich bei den bekannten Konsequenzen sehr gut nachvollziehen kann. Wenn Sie sich so kratzbürstig gegenüber Frauen verhalten, die Sie zum ersten Mal sehen und die besser aussehen als Sie, dann sollten Sie sich nicht wundern, wenn ihr Mann versucht, dort oder an anderer Stelle bei Frauen zu landen. Insgesamt litt Tom D sehr bei Ihnen. Dass er noch diesen experimentellen Versuch gewagt hat, spricht dafür, dass er entweder in einer anderen Notlage war oder ihm noch etwas an Ihnen lag.
Mit Ihnen würde ich nicht nach Mallorca in den Urlaub fliegen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie ohnehin nicht mit mir verreisen wollen, nachdem Sie derart über mich gesprochen haben. Sehr kleingeistig. Das konnte ich bei Tom D nicht feststellen. Sein Horizont mag begrenzt erscheinen, in seinem Herzen schien noch Platz zu sein.
Ende Tom D.