Читать книгу HERRliche Erkenntnisse - Agnese Amalfi - Страница 7
Marco A.
ОглавлениеMarco A hat beruflich einen Chefposten. Er ist inzwischen mäßig kräftig, verbrachte zuletzt seinen Urlaub auf Mallorca, worauf ich gleich noch eingehen werde. Marco A kenne ich seit meiner Ausbildung, die inzwischen über 20 Jahre zurückliegt. Ich nahm ihn damals nicht wirklich wahr. Ich war zu sehr mit der Ausbildung beschäftigt. Marco A hatte es in den letzten drei Jahren mehrfach zustande gebracht, immer wieder Kontakt zu mir aufzunehmen.
Marco A ist verheiratet, hat Kinder. Er hat inzwischen in seinem Beruf Ansehen erlangt. Was mich sehr verwundert. Marco A scheint ein gestandener Mann zu sein. Er ist fleißig in seinem Beruf, macht viele Überstunden und ist dadurch wenig zu Hause. Er dürfte mittlerweile 50 Jahre alt sein. Möglicherweise ist er somit in seiner Midlife-Crisis. Vorausgesetzt, er wird 100 Jahre alt. Vielleicht lässt es sich dadurch erklären, dass er sich so wechselhaft verhält. Man könnte auch launisch sagen. Da ich ihn als Mann aber nicht uninteressant fand, kam es immer wieder dazu, dass ich mich von ihm beinahe hätte einlullen lassen.
Marco A nahm gerne Kontakt per E-Mail auf. Er wollte sich immer wieder mit mir treffen. Dies versuchte er meist zunächst auf freundliche Art und mit netten Worten, ohne dabei allerdings Komplimente zu machen. Damit war er nämlich sehr sparsam.
Deshalb fragte ich mich, wie sollte ein Verhältnis zustande kommen, wenn er so ruppig war?
Er besaß die Charaktereigenschaft, sich dennoch durch eine latent vorhandene schelmische Art bei mir subtil interessant zu machen. Einmal trafen wir uns in einem Restaurant. Dabei quatschen wir über dieses und jenes. Dachte ich zumindest. Er war insbesondere daran interessiert, wie es bei mir mit den Männern lief. Diesbezüglich hielt ich mich jedoch sehr zurück. Als Gegenfrage fragte ich ihn, wie es denn mit seiner Frau liefe. Somit war DAS Thema erst mal erledigt.
Er fragte mich immer wieder auf eine sehr direkte und schon fast unangenehme Art über mein Leben aus oder versuchte das zumindest. Ich wies ihn darauf hin, dass ich nicht seine Kundschaft sei und dass er mir derartige Fragen nicht zu stellen habe und ihn dies zudem nichts angehen würde. Marco A meinte daraufhin, dass ich sehr direkt sei, was er aber an mir schätzen würde.
Dass ich direkt bin, dürfte ihm ausreichend bekannt sein, da er mich ja schließlich seit vielen Jahren kannte und das nichts Neues für ihn war. Unser Treffen endete relativ abrupt, da es Marco A nicht ertragen konnte, von einer Frau Kontra zu bekommen. Sehr merkwürdig und widersprüchlich zu dem, was er sagte und wie er handelte.
Es verging einige Zeit und ich lebte mein Leben wie immer fröhlich vor mich hin, bis nach Monaten eine E-Mail bei mir eintraf. Marco A schrieb mir, dass das letzte Treffen ja nicht so verlaufen wäre, wie er es sich vorgestellt habe. Daraufhin antwortete ich ihm, dass das nicht an mir gelegen habe, sondern an seinem Problem, mit meiner direkten Art umzugehen.
Zudem fragte ich ihn, warum er wieder Kontakt mit mir suche, wenn das Gespräch schlecht verlaufen sei. Marco A meinte, dass er ein Treffen wünsche, weil er sich vorstellen könne, mich »näher« kennenzulernen und dann besser zu verstehen. Aha. Ob es nicht möglich wäre, ein neues Treffen zu vereinbaren.
Ich war inzwischen sehr belustigt über die ganzen Ereignisse und auch ehrlich gesagt nicht uninteressiert. So kam es, dass wir mehrfach hin und her schrieben. In diesen E-Mails fing er wieder an, mich über diverse Dinge auszufragen, die dort nichts zu suchen hatten. Es ging um sexuelle Vorlieben, die ich ihm niemals erzählen würde, schon gar nicht per E-Mail. Das Wort »sexuell« benutzte er dabei nicht. Da frage ich mich doch, was es für Frauen gibt, die den Männern so etwas direkt erzählen. Ansonsten würden die Herren vermutlich nicht immer wieder auf die Idee kommen, solche Fragen zu stellen. Ich bin nicht bei Tinder oder ähnlichem. Aber in einem anderen Kapitel werde ich noch über andere, ähnliche Datingseiten berichten. Jedenfalls wehre ich mich deutlich gegen derartige Fragen. Marco A ließ davon ab, meinte jedoch, dass ich ihm das sagen könne, da man ja unter Kollegen sei.
Ich teilte ihm mit, dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und versuchen könnten, noch einmal ein Treffen zu vereinbaren. Es wurde ein Treffen für einen Nachmittag. Der Termin war noch zwei Wochen entfernt, so dass wir bis dahin fleißig hin und her schrieben.
Wir waren stellenweise kurz angebunden aufgrund von Dingen, die man im alltäglichen Leben erledigen musste. Marco A konnte nicht so viel schreiben, da es ansonsten seiner Frau aufgefallen wäre. Somit einigte man sich darauf, am Wochenende und nach 20 Uhr nicht mehr zu schreiben. Das war für mich kein Problem. Merkwürdig fand ich es schon, da er offensichtlich eine Affäre anberaumen wollte. Ich war neugierig und sah mir das Ganze an.
Nach etwa einer Woche befand sich Marco A auf Mallorca für einem Männerurlaub. Ein Männerurlaub, von dem ich als Frau nun ja wenig berichten kann, da ich selbst an keinem teilgenommen habe. Schließlich ist das den Frauen untersagt. Wobei es daran liegen könnte, dass viele Frauen angebaggert werden sollen. Siehe Spruch der Männer: »Wer nimmt schon sein Bier mit in die Kneipe?« Für mich entstand der Eindruck, dass es sich bei einem Männerurlaub um eine Sauforgie handelte.
Dies bewahrheitete sich insbesondere in Fotos, die ich von Marco A erhielt. Auf diesen Fotos konnte ich Einlitergläser, also quasi einen Maßkrug mit unbekanntem Inhalt und einem Strohhalm erkennen. Auf meine Nachfrage, worum es sich beim Inhalt handeln würde, teilte er mir mit, dass es sich um Wodka-Lemon handeln würde.
Nun war ich doch sehr überrascht, da sich mein Alkoholpensum auf ein seltenes Glas Wein reduziert. Mir ist bewusst, dass viele Personen dem ausgiebigen Alkoholkonsum frönen, was mir aber, insbesondere in meinem inzwischen fortgeschrittenen Alter, ein Rätsel ist.
So hatte ich diese Zeiten in jüngeren Jahren, etwa von den Anfang zwanzig bis Mitte zwanzig, bereits hinter mir. Nun stellte ich immer wieder fest, dass Männer auch im Alter über 50 ausgiebigst Alkohol trinken.
Bei Diäten, die sie machen, um ihren BIERbauch loszuwerden, wundern sie sich dann, warum sie, obwohl sie weniger essen, nicht abnehmen. Das Bierchen am Abend oder andere alkoholische Getränke, in denen sich vorzugsweise haufenweise Zucker befindet, lehnen die Männer nach meiner Theorie als Grund für den Bierbauch ab. Entschuldigt diesen kleinen Ausschweifer.
Als ich nun Marco A mitteilte, dass ich überrascht sei, dass es sich dabei um Wodka-Lemon handelte und nicht etwa um ein Erfrischungsgetränk, welches ohnehin schon ungesund genug sei, teilte er meine Überraschung nicht. Vielmehr kommentierte er nun diesen Umstand damit, dass er schrieb, davon gäbe es hier täglich 20 bis 30!
Verzeiht mir an dieser Stelle meine Naivität und meinen doch so guten Glauben an die männliche Menschheit. Denn ich fragte zurück, was mit »hier« gemeint sei. Daraufhin die Antwort: »Na, wir sechs.« Somit erfuhr ich, dass es sich um einen Sechs- Männer-Urlaub handelte.
Diese verbrachten ihre Zeit gemeinsam auf Malle, um dort täglich 20 bis 30 Liter Wodka-Lemon zu trinken. Inzwischen bin ich geläutert und gehe davon aus, dass es sich dabei nicht um das einzige Getränk handelte, welches an einem Tag getrunken wurde.
Somit müsste man sagen, 20 bis 30 Liter Wodka-Lemon plus? Ich schickte eine Nachricht mit den Worten: »Oh, das sind ja drei bis fünf Liter Wodka-Lemon am Tag für einen Mann.«
Daraufhin erhielt ich eine sehr weise Nachricht, deren Inhalt ich nicht gleich verstehen konnte. Die Antwort lautete: »Häh?«
Ich fragte Marco A, was denn »Häh« heißen solle, da ich es nicht verstehen konnte. Möglicherweise handelte es sich auch um die Autokorrektur des Mobiltelefons. Marco A setzte mich in Kenntnis, dass es sich bei dem Wort um eine unmissverständliche Aussage handeln würde.
Diese Aussage regte mich dazu an, weiter nachzuforschen. Ich muss gestehen, dass ich inzwischen Gefallen daran fand, dies philosophisch auszubauen. Gleichwohl ist mir bewusst, dass Marco A aufgrund seines Pensums von mindestens drei bis fünf Liter Wodka-Lemon am Tag plus? Schwierigkeiten beim Kommunizieren und mit dem allgemeinen Verständnis haben könnte.
Marco A schickte mir gleich eine weitere Nachricht hinterher. Diese lautete: »Ach, komm, lass gut sein. Deine Kommunikation ist sehr schwierig. Den Termin nächste Woche streichen wir. Lösche bitte meine Nummer, ich wünsche dir alles Gute für dein Leben, mach’s gut.«
Dies führte dazu, dass ich mit Freude eine weitere Nachricht an Marco A schickte. Mit dem Inhalt, dass es ganz in meinem Sinne sei, das Treffen nicht mehr wahrzunehmen.
Eine Kommunikation zu dem Treffpunkt-Zeitpunkt könnte sich doch schwierig gestalten, da es bereits jetzt Missverständnisse gab. Außerdem bat ich ihn, meine Nummer ebenfalls zu löschen.
Ferner war es mir besonders wichtig, auch diese Worte in der Nachricht unterzubringen, welche lauteten: »Bitte vergiss nicht, mir auch keine E-Mails mehr zu schicken, in denen du versuchst, mich anzugraben. Dies ist nun zum wiederholten Male misslungen, obwohl kein völliges Desinteresse meinerseits bestand. Viel Erfolg bei der Suche nach einem passenden und kommunikativ angemessenen Verhältnis.«
Nun wissen wir nicht, ob diese Geschichte mit Marco A hier ihr tatsächliches Ende findet. Ich kann euch mit Gewissheit sagen, dass ich ihn nicht mehr treffen möchte. Zumindest nicht privat. Beruflich wird es sich vielleicht nicht vermeiden lassen.
Ich kann euch zum Charakter des Marco A folgendes schreiben, was ich aus meiner hobbypsychologischen Betrachtungsweise feststellen konnte:
Wie bereits berichtet, ist er circa 50 Jahre alt, mit den Jahren etwas kräftiger geworden, aber dennoch recht ansehnlich und seine schelmische, spitzbübisch-jugendliche Art ist sicher nicht uninteressant. Allerdings schafft er es immer wieder, Frauen, beziehungsweise mich durch seine ruppige Art auszufragen und das auch auf das Sexuelle bezogen.
Das bringt mich aber dazu, ihn nicht ernst zu nehmen; vielmehr denke ich von ihm, dass er nicht nur äußerlich ein Spitzbube ist, sondern auch innerlich sehr kindlich. Das zeigt sich insbesondere in seiner Hochempfindsamkeit was Worte anbelangt. Zum einen befürwortete er ausgiebig und ausdrücklich eine direkte Art und dass ich mir – Originalton Marco A – »nichts gefallen lasse«. Wenn dies dann doch der Fall ist, zeigt er sich hochsensibel, sieht Dinge zwischen den Worten, die nicht vorhanden sind, so dass sich bei mir das Gefühl einschleicht, dass es sich bei ihm, wenn ich es nicht besser wüsste, um eine Frau handeln könnte. Wobei der letztendliche Beweis ja nicht erbracht wurde.
An seine Frau gerichtet, sollte sie zu meinen Lesern gehören, möchte ich an dieser Stelle schreiben, dass es nie zum Austausch von Körperlichkeiten kam. Es gab keinen Kuss, kein Hand anfassen, geschweige denn Dinge darüber hinaus. Es gab lediglich Begrüßungsumarmungen, die nicht mal mit einem Luftkuss endeten.
Liebe Frau von Marco A, ich würde Sie gern für einen Orden vorschlagen, wenn es einen geben würde, der sich auf einen besonderen Zusammenhalt in Bezug auf seinen Ehemann bezieht. Sollte Ihr Ehemann bei Ihnen ebenso empfindsam wie bei mir sein, wenn doch beim Austeilen sehr großzügig, so finde ich sehr wohl, dass Sie es verdient hätten, dafür besonders beglückwünscht und honoriert zu werden. Vielleicht sollten Sie einmal Urlaub auf Mallorca machen. Gerne würde ich dazu kommen. Vielleicht haben Sie ein Verhältnis, was ich völlig nachvollziehen könnte. Aber ich denke, seien Sie ohne Sorge, sollte sich ihr Mann weiterhin so anstellen, wird es nicht dazu kommen, dass er ein Verhältnis haben wird. Vorausgesetzt, ich gehe von meiner Art von Humor und Intelligenz aus. Wenngleich nicht jede Frau in der gleichen Form gestrickt ist. Soviel zu Marco A, der schließlich der Grund war, dieses Buch zu schreiben. Somit war Marco A der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Ende Marco A.