Читать книгу My Little Pony - Daring Do und die verbotene Wolkenstadt - A.K. Yearling - Страница 4
Kapitel 1
ОглавлениеDer verlassene Pfad hinter dem Kupfertaler-Canyon
„Da ist sie!“, riefen die Ponys. „Schnappt sie euch! Vorwärts!“ Die Stimmen rissen Daring Do aus einem so tiefen Schlaf, dass sie fast vergessen hätte, wo sie war. Ein kurzer Blick erinnerte die Abenteurerin jedoch daran, dass sie noch immer mitten im Nirgendwo in einem Zelt lag, ganz allein auf sich gestellt.
Nachdem sie fünf Tage die San-Palomino-Wüste durchquert und gegen die trockene, ermüdende Hitze sowie wütende Sandstürme angekämpft hatte, musste Daring Do jetzt das juwelenbesetzte Verfluchte Diadem von Xilati vor ein paar brutalen CowPonys beschützen, die nicht wussten, was gut für sie war. Wieder einmal.
Das gelbe Pegasuspony richtete seinen braunen Tropenhelm mit dem grünen Band und spähte durch einen Riss seines Zeltes. Durch den Streifen des verstaubten Stoffes konnte Daring Do die Umrisse der Gang am Horizont ausmachen. Sie seufzte tief, wie ein Pony, das immer wieder lästige Moskitos wegschlagen musste.
Seit Daring das Diadem aus dem zerfallenen Schrein am Rand der Wüste gerettet hatte, waren ihr verschiedene Diebestruppen dicht auf den geschundenen Hufen gewesen. Sie dachte, sie hätte sie alle endlich abgeschüttelt, da sie fast einen ganzen Tag lang keinem Pony begegnet war, und war davon ausgegangen, dass ein paar Stunden geschützt vor den unbarmherzigen Sonnenstrahlen keinen Schaden anrichten würden.
Daring verfluchte sich stumm dafür, dass sie eingeschlafen war, aber jetzt war es zu spät für Reue. Jetzt war es an der Zeit zu handeln und ihren Schatz zu beschützen. Zum Glück war niemand besser für diese Aufgabe geeignet als Daring Do.
„Gib uns die Krone, Darin’ Do!“, rief ein brauner Hengst, der nun deutlich zu erkennen war. Sie bemerkte seinen typischen Cowpony-Hut mit breiter Krempe und das verstaubte rote Taschentuch.
Als ihre Reise sie durch die San-Palomino-Wüste geführt hatte, hatte sie schon vermutet, dass die Wilder-Haufen-Gang auftauchen könnte. Slingshot und seine zwielichtigen Räuberkumpanen North Star und Spaghetti Slim würden sich von nichts aufhalten lassen, um Beute zu machen. Aber diese Schatzsucher waren anders als sie. Für sie war Geld das Einzige, was zählte. Ihnen war es egal, ob es sich um gestohlene Taler einer Bank handelte oder ein kostbares Artefakt, das sie aus einem verfallenen Tempel gerettet hatte. Wenn sie mit dem fraglichen Gegenstand Apfelsaft und andere Gefälligkeiten von ihrem Boss Old Tex bekamen, nahmen sie es sich. Außer natürlich es gehörte Daring Do. Anscheinend musste sie ihnen diese Lektion noch einmal erteilen.
„Netter Versuch, Slingshot!“, rief Daring Do und sprang aus ihrem Zelt. Mit einer schnellen Bewegung packte sie das funkelnde Diadem und ihren gesamten Besitz. Sie ließ ihr Vorderbein nach vorn schnellen, schnappte nach ihrem Zelt und verschnürte alles zu einem ordentlichen Paket. Dann schwang sie sich den Riemen über die Schulter und glättete den Kragen ihres grünen Abenteurerhemdes. Sie tastete kurz nach der Karte in ihrer linken Brusttasche, um sicherzugehen, dass sie noch da war.
Daring Do richtete sich stolz auf und rief den Ponys zu: „Ihr verschwendet eure Energie, Cowponys! Nehmt meinen Rat an, spart euch euer Gewieher und macht, dass ihr zurück ins Lager kommt, bevor Old Tex euch erwischt und aus eurem Fell seinen nächsten Halfter macht! Die Krone bekommt ihr niemals von mir!“
„Ach wirklich?!“, rief Slingshot zurück. Seine Vorderbeine schnellten herauszufordernd in die Höhe.
„Zu eurem Pech … ja.“ Aus dem Augenwinkel versuchte Daring Do ihre Umgebung zu scannen, doch sie hatte das Gefühl, als würde sie durch ein Fischaugenobjektiv schauen. Der Nebel des Schlafes hatte sich noch nicht ganz gelichtet, schließlich war sie seit Tagen auf den Hufen.
In der Ferne entdeckte sie einen auffälligen Kaktus, an den sie sich vom letzten Mal erinnerte, als sie hier unterwegs gewesen war. Er sah aus wie ein großer, gezackter Heißluftballon. Ihr fiel wieder ein, dass er am Rand der Wüste stand, aber auch, dass es noch mindestens ein vierstündiger Hufmarsch bis zur nächsten Ponystadt war, in der sie untertauchen könnte.
Die weite Wüste ließ ihr keine andere Wahl, als sich zu verstecken. Den einzigen Schutz boten nur ein paar spitze, grüne Kaktuspflanzen, die spärlich verteilt herumstanden, und riesige Steppenläufer, die hin und wieder über den Wüstenboden fegten. Ihre einzige Chance, die Wilde-Haufen-Gang dieses Mal abzuschütteln, bestand darin, in den wolkenlosen Himmel hinaufzufliegen. Doch North Star, Slingshots rechte Hand, war ebenfalls ein Pegasus. Und auch wenn der bullige, dunkelblaue Hengst meistens nur einen langsamen Start hinlegte, konnte er in der Luft ziemlich schnell werden.
Daring verzog keine Miene. Vielleicht konnte sie dieses Mal gewinnen, indem sie die Ponys unter Druck setzte. Sie hob eine Augenbraue und machte eine Hufbewegung: „Ich empfehle euch dringend weiterzuziehen, kleine Ponys.“
„Ich fürchte, das können wir nicht tun, Ma’am.“ Slingshot grinste unter seinem Dreitagebart. „Weißt du … Wir folgen dir schon, seit du den Kupfertaler-Canyon durchquert hast.“ Slingshot kniff seine blauen Augen zusammen und nahm seinen Hut ab. Darunter kam eine glanzlose blaue Mähne zum Vorschein, die verschwitzt an seinem Kopf klebte. Er tat so, als würde er sich sehr darauf konzentrieren, Dreck von seiner Hutkrempe zu reiben, während er sprach – eine Taktik, um sein Desinteresse an dem zu zeigen, was Daring Do zu sagen hatte, auch wenn genau das Gegenteil der Fall war. „Die Reise durch die Schlucht der Klapperschlangen war auch kein Sonntagsspaziergang im Park.“
„Wirklich?“ Daring Do lachte und ging ein paar Schritte vor. „Ich hatte mit den Schlangen keine Probleme! Du und deine Jungs sind wohl etwas verweichlicht …“
„Hör zu, kleine Lady!“ North Star hustete, während er sich mit einem weißen Taschentuch über die Stirn wischte. Er sah aus, als würde er durch die stickige, trockene Hitze bald alle Hufe von sich strecken. Vielleicht war er doch nicht in der Lage, sie im Fliegen zu schlagen. „Glaubst du wirklich, dass wir den Schatz zurücklassen, wenn wir ihn doch … äh … brauchen? Also, wir sollten ihn bekommen, weil du ihn hast und wir ihn wollen und, äh …“ Er schaute verwirrt auf seine Hufe.
Slingshot verdrehte die Augen. „Ich glaube, was mein Kumpel hier versucht zu sagen, ist, dass wir nicht mit leeren Hufen zurückkehren!“
„Ja!“, rief North Star und nickte. „Nur mit vollen Hufen!“
Spaghetti schwang sein Lasso und hoffte, Daring Do damit einzuschüchtern. „Also wirf einfach das Diadem rüber, und kein Pony wird verletzt!“
„Du bist erledigt, Do!“, sagte Slingshot und nickte zustimmend. „Die Krone gehört uns so sicher wie Steppenläufer durch die Steppe laufen!“
„Genau das ist dein Problem, Slingshot.“ Daring lachte. Sie klopfte auf den Schatz, der sicher in ihrer provisorischen Leinentasche lag. „Du weißt nicht mal, was ihr von mir stehlen wollt.“ Daring Do griff in ihre Tasche und hielt das Diadem für alle in die Höhe. Die Hengste schnappten nach Luft. „Weil ich aber so ein Geschichtsfan bin, will ich mal nicht so sein …“
„Gib es mir!“, knurrte Slingshot und stampfte mit den Hufen auf den Boden.
„Wie wär’s mit etwas Nachhilfe?“, fuhr Daring fort und ignorierte seinen Befehl. „Dieses hübsche Ding hier ist das Verfluchte Diadem von Xilati, und es gehörte der Herrscherin des Wüstenhimmels.“ Daring Do strich mit einem Huf über das goldene Artefakt, das mit funkelnden Saphiren und Diamanten besetzt war. Die Sonnenstrahlen fielen auf den Schatz und überzogen die dreckige, mürrische Räubertruppe mit Hunderten von winzigen Regenbögen. Da versuchten sie, einen auf harte Ponys zu machen und bedrohlich zu wirken, und funkelten dabei überall! Daring Do fand diesen Widerspruch ziemlich belustigend.
„Die alte Legende besagt, dass diese Krone zu ihrem Schwesterndiadem gehört – der Krone von Teotlale, das von der Herrscherin des Wüstensandes getragen wurde. Der Legende nach liebte Teotlale ihre Schwester Xilati so sehr, dass sie sich wünschte, sie könnten für immer zusammen sein. Als Xilati den Herrscher eines anderen Königreiches heiratete, vermisste Teotlale sie so sehr, dass sie die Juwelen für immer verfluchte!“ Sie ließ das Diadem vor Slingshot an ihrem Huf baumeln, der den Blick nicht abwenden konnte und einen Huf danach ausstreckte.
„Deshalb ist sie verflucht, versteht ihr?“ Daring Do blinzelte, nahm die Krone an sich und ging ein paar Schritte zurück. „Wenn die beiden Kronen länger als vierzehn Monde voneinander getrennt sind, wird es auf ewig Nacht … und zwar für alle Ponys!“ Daring senkte ihre Stimme und flüsterte: „Gut, dass ich weiß, wo die Krone von Teotlale sich befindet, seit sie vor dreizehn Monden gestohlen wurde …“
„Was für ein Haufen verfaultes Heu!“, grummelte North Star und spuckte einen dicken Klumpen Apfelkaubonbon auf den Boden. Er lehnte sich nach vorn und breitete die Flügel aus, bereit für den Start. „Ich hab das Gequatsche wirklich satt, Sling. Gleich erzählt sie uns auch noch, dass es den Heiligenschein des Himmels wirklich gibt. Dabei weiß doch jedes Pony, dass es den nicht …“
„Jetzt halt doch mal dein Schnäuzelchen!“, rief Slingshot und hob einen Huf, um seinen Kameraden zum Schweigen zu bringen. „Ich mach das!“
„Wirklich?!“, rief Daring Do über die Schulter, als sie in einen Galopp ausbrach und von der Gruppe davonlief. Sandfarbene Staubwolken blähten sich auf und erzeugten einen beigen Schleier. Als er sich legte, sahen die Ponys in der Ferne einen Zug, der direkt auf sie zusteuerte.