Читать книгу My Little Pony - Daring Do und der gezeichnete Dieb von Marapore - A.K. Yearling - Страница 6
KAPITEL 2
ОглавлениеEin geheimnisvoller Fremder
Als Daring Do am nächsten Tag endlich im Wald ankam, schritt bereits ein Pony vor ihrer bescheidenen Hütte auf und ab. Das winzige, zweistöckige Häuschen hatte ein strohgedecktes Dach und einen braunen, gepunkteten Kamin. Es war nicht viel, aber ihr Zuhause, zumindest in den wenigen Tagen im Jahr, in denen sie nicht nach verlorenen Schätzen und gestohlenen Amuletten suchte. Daring Do mochte die Hütte hauptsächlich deswegen, weil sie so unscheinbar wirkte – kein Pony würde jemals darauf kommen, dass hier eine weltbekannte Schatzjägerin wohnte. Doch offenbar galt das nicht für diesen Hengst.
Das goldene Pegasuspony huschte hinter einen nahegelegenen Felsen, damit ihr Besucher sie nicht bemerkte. Sie war erfahren genug, um zu wissen, dass nicht jedes x-beliebige Pony etwas Gutes zu bedeuten hatte. Es konnte auch böse oder eine Falle sein. Natürlich hatte Daring keine Angst vor Fallen, aber eine Situation im Vorfeld einzuschätzen, hatte seine Vorteile. „Sieh hin und lerne“, hatte sie A. B. Ravenhoof immer gesagt. „Ponys verraten durch ihr Verhalten mehr von sich, als sie jemals freiwillig preisgeben würden.“
Das geheimnisvolle Pony klopfte erneut an die Tür, dieses Mal jedoch etwas lauter. Es wurde ungeduldig. Der Hengst schob seine samtgrüne Kapuze zurück und eine zerzauste, goldene Mähne, tiefliegende Augen und breite Gesichtszüge kamen zum Vorschein. Sein gelber Umhang war so schmierig, dass er aussah, als wäre er durch einen Rattentunnel gekrochen, um hierherzukommen. In seiner Mähne klebten Schlammklümpchen und Blätter, und er roch intensiv nach süß gepfefferten Birnen, was überhaupt nicht zu seiner schmutzigen Erscheinung passen wollte. Er runzelte die Stirn und schritt zu einem der Fenster.
Daring Do reckte den Hals, um seinen Schönheitsfleck zu sehen. Wenn sie doch nur einen kurzen Blick erhaschen könnte! Dann wüsste sie vielleicht, ob er eher Freund oder Feind war. Glücklicherweise rutschte sein grüner Umhang immer tiefer in die Rundung seines Rückens, und als der Samt endlich seine Flanke freigab, entdeckte Daring einen Schönheitsfleck, der die Form eines gelben Dreiecks hatte, mit schwarzen Markierungen an der Seite. Es war eine Art dreieckiges Lineal, wie man es in der Schule verwendete. Und da Daring ein fotografisches Gedächtnis hatte, wenn es um Schönheitsflecken ging, wusste sie sofort, dass sie dieses Pony noch nie gesehen hatte. Nicht vertrauen – nur beobachten, lautete die Devise.
Vielleicht war er ja einer von Dr. Caballerons Handlangern. Caballeron hatte nie verwunden, dass sich Daring Do geweigert hatte, als Team zusammenzuarbeiten, um gemeinsam nach Relikten zu suchen und ganz Equestria vor den bösen Machenschaften des riesigen blauen Hundemonsters Ahuizotl zu beschützen. Seitdem ließ Caballeron keine Gelegenheit aus, Daring Steine in den Weg zu legen. Wenn Daring Do auf der Suche nach etwas war, konnte man sicher sein, dass Caballeron ihr dicht auf den Fersen war und versuchte, alle Hinweise zu entschlüsseln, die sie zurückgelassen hatte, um sie auf der Zielgeraden zu überholen. Er brauchte sie, aber das beruhte nicht auf Gegenseitigkeit. Darin Do arbeitete lieber allein – abgesehen von äußerst seltenen Ausnahmen, wie im Fall der Ringe von Scorchero.
Doch wer war dieser geheimnisvolle, schmutzige Fremde, der vor ihrer geheimen Waldhütte stand? Seine seltsame Kleidung und seine ausgeprägten, fremd anmutenden Gesichtszüge ließen darauf schließen, dass er weit gereist war, um sie zu finden.
Daring Do erinnerte sich, auf einer Reise ins Tenochtitlanbecken in den südlichen Gefilden eine Gruppe Ponys getroffen zu haben, die ähnliche Mäntel getragen hatte. Daring Do war Wochen unterwegs gewesen, um das Lager der Kaiserin Ketztwctl zu finden und dafür zu sorgen, dass sie nie wieder das Amulett der Versöhnung mit ihrer dunklen Magie kontrollierte. Daring hatte sich jedoch an einem Wandernden Baum orientiert und sich ohne es zu merken jeden Tag weiter von ihrem Ziel entfernt! Zum Glück hatten sie drei Stuten aus einem Dorf namens Lusitano in der Nähe des Appleloosa-Pfades gefunden. Sie hatten bemerkt, dass der Baum durch die Gegend wanderte und sich schon gedacht, dass er ein neues Opfer für seine grausamen Scherze gefunden hatte. Daring Do war es peinlich gewesen, den Baum nicht als das entlarvt zu haben, was er war, hatte sich aber bei den Ponys bedankt. Die Ponys waren sogar so freundlich gewesen, sie zu ihrer Kaiserin zu führen, obwohl sie sich damit selbst in große Gefahr gebracht hatten, da die Kaiserin dafür bekannt war, jeden zu verhexen, der ihren Weg kreuzte, und in ihre finsteren und verdrehten Pläne einzuspannen.
Aufgrund seines Aussehens war es also durchaus möglich, dass dieses blonde Pony zu den edelmütigen Bewohnern dieser Region gehörte, doch solange das nicht bewiesen war, würde sie ihm nicht vertrauen. Daring Do spürte nämlich, dass hier etwas faul war. Und das galt nicht nur für diesen gepfefferten Birnengeruch.
„Daring Do!“, brüllte der Hengst über die gesamte Lichtung. „Falls du hier bist – und das hoffe ich -, wäre es eine gute Idee, den Ort Marapore aufzusuchen, bevor es zu spät ist!“ Er drehte sich um und starrte genau auf den Felsen, hinter dem sie sich versteckte. Seine Augen bohrten sich in den Stein, als wäre er aus Glas. Daring hielt den Atem an. „Vielleicht ist es jedoch schon zu spät“, sagte er voller Bedauern.
„Hier, für deine Studien“, sagte er und legte etwas auf ihre Türschwelle. Er seufzte, verweilte noch einen Augenblick und ließ seinen Blick über den Waldrand streifen. „Ich wünschte, ich könnte dir alles erklären, aber wir brauchen dich und deinen brillanten Geist, um uns vor ihm zu beschützen. Bitte, komm und rette uns, Daring Do.“ Dann galoppierte er mit flatternder Mähne und Umhang in den Wald.
Für meine Studien? Sie retten? Was hatte das alles bloß zu bedeuten? Daring trat aus ihrem Versteck und ging zu ihrer Haustür. Sie zermarterte sich das Gehirn, um sich einen Reim auf das soeben Erlebte zu machen.
„Uuf!“, stieß Daring aus, als sie mit ihrem Huf gegen einen Gegenstand stieß. Sie traute ihren Augen kaum, als sie sah, was da vor ihr lag. Danach hatte sie seit Jahren gesucht! Es war wertvoller als jedes juwelenübersäte Relikt oder jede heilende Kristallkugel. Es war ein Buch!