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ОглавлениеDer Phallus des Baphomets
Die Hölle sexueller Animalität
Ich stand am Rande eines ungeheuren Abgrunds im Ausmaß einer großen Fußballarena. Im Hexenkessel unten sah ich eine Reihe von Sündern kreisförmig auf Räder geflochten, umgeben von rüden Folterknechten, die ihnen heißes Öl auf die geschundenen Leiber träufelten. Anderen wurden breite Keile zwischen die zwischen zwei Brettern zusammengebundenen Beine getrieben, bis ihnen die Knochen zersprangen und das Knochenmark herausquoll. In der Mitte befand sich eine große Feuerstelle in einer Vertiefung. Sie war durch einen kubusförmigen kleinen Tempel überdacht, der einem Gehörnten als Schemel diente, der wie das lebendige Ebenbild des Baphomets auf dem Fresko wirkte. Vor ihm auf dem Boden lagen weitere Opfer in langen Reihen hingestreckt, die ein seltsames Gebilde zwischen seinen Hörnern anbeteten. „Es ist die männliche Sexualität, die wie ein blendendes Licht aus dem Horn des Teufels strömt“, hatte ich Akrons Stimme im Ohr.
„Die Hölle ist doch nicht das sexuelle Paradies“, warf ich ein. Die Bilder drückten mir auf die Seele. Mir war, als ob ich in die Windungen eines riesenhaften Gehirns hineinblickte und die vor mir liegenden Szenen die wiederbelebten Bilder mittelalterlicher Folterszenen waren.
„Keineswegs“, antwortete mein aufgerichtetes Geschlechtsorgan an seiner Stelle, „die Flamme ist die unerfüllte Sexualität der Sünder, die sich in einem kollektiven Bild manifestiert. Sie ist ein Teil ihres Frusts, der sich in dieser Hölle artikuliert. Der Teufel ist nichts anderes als die frustrierte Lust der Sünder, denn alles, was hier existiert, ist ein Teil ihrer Angst.“
„Und wo ist Akron geblieben?“ fragte ich und drehte mich erschrocken um. Akron war ebenso verschwunden wie die Galerie; ich befand mich mitten im Gedränge der Sünder, die alle zur Vertiefung in der Mitte hinströmten.
„Akron mag diese Hölle nicht. Sie ist ihm zu brutal und zu intensiv. Er wartet in den Gängen zwischen den einzelnen Abteilungen auf dich“, pulsierte mein Schwanz.
Als ich sah, daß er mein Führer durch die Schreckenskammern meiner abgründigsten sexuellen Phantasien war, fragte ich mich, ob er die verdrängte Sexualität von Akron repräsentierte, die dieser von sich abgespalten hatte, oder ob seine äußere Erscheinung eine Art Tarnkappe war, die sich der tief in der Urkraft hinabtauchende Geist aufgesetzt hatte, um mich in dieser Erscheinung sicher durch meine Abgründe zu begleiten? „Und wer ist dieses Weib zwischen seinen Hörnern?“ versuchte ich in Erfahrung zu bringen, als ich mich wieder gefangen hatte.
„Sie ist die Libido des Teufels, Baphoma, die die unbefriedigten Seelen befällt. In den Überlieferungen der Templer wurde sie eine vampirhafte Hure und Hexe genannt. Nun ist sie aus den numinosen Tiefen wieder aufgetaucht, als Objekt der Begierde, die die unbefriedigten Seelen dieser Hölle halluzinieren, die keine sexuelle Erfüllung erfahren können. In der Maske der Stiere werden sie zur Schlachtbank geführt.“
„In der Maske der Stiere…?“
„Jeder Neuankömmling bekommt die Maske des Stiers aufgesetzt. Es ist das Fruchtbarkeitssymbol des gegenüberliegenden Tierkreises, mit dem jeder Sünder geschmückt wird, bevor ihm die Triebkraft für immer genommen wird“, wisperte mein Schwanz.
„Was passiert mit ihm?“
„Ihm geschieht, was jedem passiert, der diese Hölle betritt… er wird kastriert!“
Ich stand inmitten der ankommenden Sünder und sah, wie sie sich bemühten, ihre Todesangst hinter ihren ledernen Masken zu verbergen, rechts und links flankiert von den stämmigen Wächtern, die sie der Reihe nach zu einem kleinen Schafott zwischen den Beinen der riesigen Gestalt führten. Ihre Blicke waren gesenkt, nur hin und wieder wagte einer den Kopf ein wenig zu heben. Einer nach dem anderen wurde hinuntergezerrt und zu einer zu einer Guillotine umfunktionierten Betbank geführt. Ihr Kopf blieb frei, doch die Handgelenke wurden in zwei eiserne Scharniere gelegt. Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Schafott wurde statt des Kopfes das Glied mittels eines unter der Eichel festgeknoteten dünnen Lederbandes durch die Manschette gezogen und stramm fixiert.
„Was ist der Sinn dieser Strafe?“ Ich spürte die Angst der von mir beobachteten Kreatur am eigenen Leib, als sich das Messer mit einem sirrenden Geräusch löste.
„Selbstverstümmelung als Selbstverwirklichung, dafür gibt es die verschiedensten Variationen hier…“, der Angstschweiß stand meinem kleinen Begleiter auf der Stirn, „einigen wird der Stengel entfernt, anderen die Bällchen zerquetscht, wieder anderen wird das ganze Gehänge amputiert, aber keine Panik, Kopftäter wie du behalten normalerweise ihre Eier.“
„Das mag ich mir nicht länger ansehen“, sagte ich und wandte mich ab.
„Hast du vergessen, wo wir sind? Was du hier erlebst, sind nicht die sadistischen Spiele von Teufeln“, erwiderte mein eigenes Gegenüber in der Hand, „sondern die Vorstellungen der Sünder selbst. Sie sind nichts anderes als die Ausgeburten ihrer Phantasien. Selbst die Peiniger in dieser Hölle sind von den Strafen nicht ausgenommen…“
„Was ist mit den Peinigern?“ hakte ich nach.
„Sie müssen sich einer Vasektomie unterziehen, bevor sie den Dienst hier antreten können…“
„Vasektomie?“
„Das bedeutet die Entfernung eines Stückes vom Samenleiter. Dabei werden die Nerven getrennt und die Arterien abgeklemmt, die das Blut in den Penis pumpen. Damit sind sie nicht mehr in der Lage, einen hochzukriegen, ohne aber die psychische Begierde zu verlieren. Ohne die Möglichkeit sexueller Entspannung sind sie zur ewigen Pein verdammt. Deshalb kannst du von ihnen auch keine Milde erwarten. Schau, da bringen sie den Nächsten!“
„Was passiert eigentlich mit den weiblichen Seelen?“ wollte ich wissen, nachdem der nächste Sünder in die Gebetsbank gezerrt, die Hände in die Scharniere gelegt und das Glied durch die Öffnung der „Spanischen Manschette“ geführt worden war. Wieder die angstvolle Pein, das sirrende Geräusch des fallenden Messers und dann der entsetzte Schrei, bevor das Opfer aus den Fesseln gelöst und weggetragen wurde. „Wie werden die Sünderinnen in dieser Hölle bestraft? Sie haben ja keine Genitalien…“
„Genauso wie die Flamme aus dem Kopf des Teufels strömt und damit die Libido der Göttin erhitzt, genauso ist die Kraft der Sünderinnen an die Pein der männlichen Kreaturen gebunden“, antwortete mein eng verbundener Kamerad, „die sie ständig am Köcheln halten müssen, um nicht selbst zu leiden. Magst du es sehen?“
„Wenn ich dich richtig verstehe, dann wäre der Teufel das Energiepotential und die Vampirin die libidinöse Erlösung, die das Energiepotential anzieht und in Bewegung hält?“
„Er nimmt den Sündern die Kraft und reflektiert sie ihnen im Weib, deshalb fühlen sich alle zu seinen Füßen kastriert“, entgegnete er und spannte sich in meiner Hand.
Wir gingen um den mächtigen Kubus herum und betraten von hinten einen düsteren Raum. Darin herrschte ein übler Gestank und instinktiv zog ich die eigene Vorhaut zurück, wobei mein Begleiter von einer Sekunde zur anderen anschwoll. In der Mitte war ein großer steinerner Tisch, und darauf lag ein schneckenförmiges, befremdlich auf mich wirkendes Riesengebilde, das bis an die Decke reichte. „Schau es dir genau an“, sagte er stolz. Zögernd hob ich meinen Blick. Das, was ich sah, war ein riesiges, gestauchtes Genital, das durch ein Loch in der Decke drang.
„Was machen sie da?“ fragte ich das Energiepotential in meiner Faust. Blutbespritzte Frauen mit großen Messern in den Händen versuchten das monströse Gekröse scheibchenweise zu verkleinern, während andere in die hängenden Glocken kniffen, um die mit dem Erlöschen ringende Liebesflamme wieder in die Höhe zu bringen. Eine grausigere Szene konnte man sich nur sehr schwer vorstellen.
„Sie stimulieren die verdrängte Libido…“, stöhnte mein Schwanz. Ich fühlte winzige Tröpfchen auf seinem Haupt.
„Welche Libido?“ stieß ich heraus.
„Schau mal hinauf!“ Da erkannte ich mit einem Schlag, daß die Kammer, in der wir uns befanden, der Raum unter der Sitzfläche des Würfels war. Es war der riesige Phallus des Baphomets, der durch die Deckenöffnung herunterhing und auf dem Behandlungstisch vor uns auflag. „Du wolltest wissen, wie die weiblichen Seelen in dieser Hölle leiden“, dröhnte der Kleine in meinen Gehörwindungen, „und hier findest du die passende Antwort!“
„Sind das nicht Halluzinationen“, erwiderte ich, während ich ihn mit der Rechten massierte, „Auswirkungen der bestialischen Dünste, denen wir in dieser Hölle ausgesetzt sind?“
„Alles, was du siehst, sind Halluzinationen“, krächzte mein Begleiter, „aber es sind die sadistischen Trugbilder der Betroffenen, und sie lassen in dir die Bilder entstehen, in denen du ihnen aus deiner eigenen Perspektive gegenübertrittst. Wir befinden uns in den Erinnerungen der weiblichen Schlächter, die ihre Opfer verstümmeln. Ihr Energiefeld ist mit dem Schmerzzentrum im Hirn der jeweiligen Täter verbunden und nur die Pein, die sie ihnen zufügen, müssen sie nicht selbst erleiden. Deshalb ist es ihr Ziel, sie zu peinigen, um die Hölle nicht am eigenen Leib erleben zu müssen.“
„Bei den Mätressen scheint es umgekehrt“, seufzte ich, da ich sah, wie sie nicht den Penis malträtierten, sondern die Eier stimulierten.
„Die Mätressen müssen den Teufel reizen, so daß er beim Schmerz gleichzeitig Lust verspürt. Ähnlich wie ihre Schwestern tragen sie ein mit ihrem Hirnzentrum verbundenes Aggregat im Inneren. Ist das Objekt ihrer Begierde angeregt, dann empfinden sie im Gegensatz zu den Metzgerinnen Lust, was diese wiederum anspornt, die Schmerzen zu verstärken; ist der Ärmste wegen der ihm zugefügten Pein hingegen zu wenig stimuliert, dann heizt sich das Gerät in ihrem Po bis zum Siedepunkt auf und röstet sie von innen.“
„Diese ganze Szenerie ist unerträglich…“, kreischte ich. Ich schloß die Augen, und meine Phantasie nahm meine Vorstellungen auf, spann sie zurück durch die Jahrzehnte und webte vor meinem inneren Empfinden ein gemeines Bild, das mir so niederträchtig erschien, daß ich erst gar nicht glauben wollte, daß es meine abgespaltene sexuelle Phantasie war, die mich in dieser Hölle berührte.
„Diese physische Pein ist die Voraussetzung für das psychische Gleichgewicht in dieser Hölle“, ächzte das erigierte Bündel in meiner Hand. „Die Eier müssen ständig angereizt werden, damit der Schaft nachwächst und die Libido produziert, die diese Hölle überhaupt am Leben hält, und gleichzeitig muß das Glied ständig zurückgeschnitten werden, damit es nicht zu groß wird und die Räume zerstört, denn es besitzt eine unbegrenzte Ausdehnung…“
Im gleichen Moment hatte ich eine schreckliche Vision. Ich öffnete die Faust und bewegte die Finger. Zuerst glaubte ich, einen gezackten Wurm zu fühlen, doch dann merkte ich, ich hielt nur meinen tapferen kleinen Freund in der Hand. Ich rieb ihn vor und zurück, bis er sich riesig ausdehnte. Ein heftiges Zittern jagte in eruptiven Schauern durch meinen Körper hindurch und ich spürte den großen, ewigen Kreislauf, der alle Lebensformen verband, wobei ich mich selbst als untrennbaren Teil des Lebendigen empfand. Eine niemals zuvor gekannte Liebe zur gesamten Schöpfung überflutete mich, grenzenlose Hingabe, bedingungsloses Annehmen, als sich meine libidinöse Flamme durch Baphomets Horn in die Göttin bohrte: „Keiner darf ungestraft in mich eindringen! Wer sich mit mir vereinigen will, muß versuchen, sich durch sein eigenes Bild von mir in seine Vorstellung zu onanieren“, triumphierte sie, als sie meinen Harten in sich spürte, und mit einem brutalen Schnitt trennte sie mir das Glied an der Schwelle zur spirituellen Verschmelzung ab. Ich sah das klaffende Loch zwischen meinen Beinen, aus dem das Blut in dunklen Strömen herausquoll. „Das sind ja Schreckensszenen aus den Folterkammern der Inquisition“, winselte ich.
„Da hast du recht! Das Ganze ist so schrecklich wie die Hirne, die sich solche Szenen ausbrüten“, brüllte meine abgespaltene Eichel, „und ihre Eignerinnen sind wahre Teufelinnen. Spürst du, wie geschickt sie ihre Aufgabe erledigen?“ Voller Hektik versuchten die Mätressen meine Blutung zu stillen. Mit einem dünnen Lederband schnürten sie mir die verbliebene Hälfte ab. Ein letztes Mal versuchte ich mich aufzubäumen. Dann wurde es dunkel um mich.
„Komm zu dir!“ Akron gab mir einen Schlag. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“
„Wo bin ich hier?“ Ich stand am Rande eines ungeheuren Abgrunds.
„Du hast eine kleine Reise gemacht.“ Akron zeigte mit der Hand in die Tiefe: „Siehst du den armen Kerl dort unten?“
Ich sah hin und die Erkenntnis traf mich wie ein Hammer. Mitten in einer Schar von Büßern sah ich mich selbst vor dem gehörnten Götzenbild knien, über dem Baphoma auf einer züngelnden Flamme thronte. „Wie ist das möglich?“ plärrte ich und zog Akron am Ärmel.
„Um die kollektiven menschlichen Ängste in dieser Hölle zu erleben, mußtest du dich selbst in diesen Teil hineinbegeben, durch den ich dich nicht begleiten konnte. Weil du dich ohne mentalen Beistand aber möglicherweise in diesen Energien verlaufen hättest, habe ich dich aus sicherer Entfernung von hier oben dirigiert. Komm jetzt, wir müssen weiter!“ sprach er sanft und zog mich an der Hand.
Akron geleitete mich die lange Galerie entlang und sagte dann: „Die wahre Hölle ist in dir, wo dich der Dämon der Alpträume erwartet, um dich mit den Vorstellungen deiner eigenen Seele zu konfrontieren. Wie ein Ungeheuer, das dich zu Tode erschreckt, um dich eindringlich vor den Konsequenzen deines Handelns zu warnen, verschlingt dich der Dämon, aber bevor er dich kastriert, drückt er dir seinen vergifteten Kuß auf, und mit einem Stöhnen der Wollust durchglüht dich der rasende Schmerz…“ Nach tausend Schritten kamen wir zu einem wunderbaren bronzenen Teufelskopf aus ineinander verschlungenen Pentagrammen, zwischen dessen Hörnern eine geheimnisvolle weibliche Erscheinung thronte.
„Sei gegrüßt“, sagte Akron ehrerbietig zu der schwebenden Schimäre. „Ich bringe dir den Sünder. Er ist jetzt bereit, dein Geheimnis zu erfahren, um in der Welt Zeugnis abzulegen über deine Kraft und Herrlichkeit. Das gelobt er bei seinem sündigen Leben.“
„Ich freue mich“, antwortete sie ihm, während sich die gleissende Gestalt von der Flamme löste, „daß du mich für diese Aufgaben ausersehen hast, denn ich diene jedem, der nach der Stimulation verlangt, die die eigene Frustration aufbaut!“ Eine Sekunde hatte ich den Eindruck, es wären ihre Worte, die durch das geheimnisvolle Bild sprachen, aber ich mußte mich wohl verhört haben, denn das Ganze war nur eine Malerei auf der Tür zur nächsten Hölle. Sie war als Isis auf dem Horn des Baphomets dargestellt, die mit geöffneten Armen die Sonnenstrahlen empfing, während sie von den Wellen der Lust aus der prallen, glänzenden Eichel unter ihr weit emporgehoben wurde.
„Schau näher hin! Von der Hitze des Begehrens entfacht, steigt das Feuer auf und strömt als heilende Flamme aus dem mittleren Horn des Dämons hervor“, wandte sich Akron zu mir und zeigte mit dem Stab auf die flammende Fackel zwischen den Hörnern des Teufels. „Was siehst du dort?“
Ich folgte seiner Bewegung mit den Augen und bekam einen heftigen Schreck, als ich seine Botschaft verstand, denn das Horn auf dem Bild war mein eigener Phallus, der durch den Schädel des Baphomets in den Tabernakel der Göttin eindrang.
„Mach dir keine Sorgen“, lächelte Akron vergnügt, „der beste Führer in der Skorpion-Hölle ist der eigene Schwanz!“