Читать книгу ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film - Alan Dean Foster - Страница 8
II
ОглавлениеDaniels schlief. Daniels träumte. Der kognitive Grenzbereich, den ihre Gedanken bevölkerten, war tief, doch der Unterschied kümmerte sie nicht. Es zählte nur, dass ihr Inhalt sie glücklich machte.
Etwas strich über ihre Lippen. Es war dünn, fleischig, und der Druck, den es ausübte, war schwach. Genug, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie es erkannte, lächelte sie, bevor ihre Augen sich öffneten. Ihr für gewöhnlich leicht nach unten gebogener Mund formte sich zu einem Lächeln.
Ein ihr vertrautes Gesicht beugte sich über sie. Sie kannte jede Pore und jedes Fältchen darin. Von Letzteren waren noch nicht so viele zu sehen, aber es wäre ihr egal, wenn da noch ein paar mehr gewesen wären. Mit der Zeit würden sie ohnehin auftauchen. Und ganz bestimmt würde sie für einige von ihnen verantwortlich sein. So war das in der Realität. Im echten Leben.
Das war etwas, worauf sie sich freute. Dass sie sich gegenseitig formen würden. Ein Teil von mir in deinem Gesicht, ein Teil von dir in meinem. Zusammen leben und zusammen wachsen. Ehefrau, Ehemann, und schließlich Kinder.
Das weiche Gesicht von Jacob beugte sich näher heran und küsste sie.
»Guten Morgen«, sagte er. »Ich hab den Schornstein versetzt.«
Informationen, aber keinesfalls Neuigkeiten. Mit einem Stöhnen lächelte sie erneut und versuchte, sich unter einem Berg Kissen zu begraben. Grinsend schob er sie beiseite. Sie blinzelte, und ihre großen braunen Augen sahen ihn liebevoll an. Sie dominierten ein Gesicht, das mädchenhaft und doch ernst war, eingerahmt von einer ordentlichen Ponyfrisur, die ihre Stirn bedeckte, und einem leicht eingekerbten Kinn. Obwohl sie wie jemand aussah, der mit seinen Gedanken oft woanders war, nahm sie ihre Umgebung stets sehr bewusst wahr.
»Komm schon, Schlafmütze. Das musst du dir ansehen.«
Er rieb an einer verfärbten Seite eines kleinen Würfels, den er in der Hand hielt. Ein dreidimensionales Bild erwachte daraus zum Leben, und dehnte sich vor ihnen aus. Es schien absolut echt zu sein. Während er den Würfel in der einen Hand hielt, benutzte er die andere, um das Bild eines einfachen Bauwerkes zu verändern, drehte es gelegentlich, um einen anderen Blickwickel darauf zu haben, zoomte ins Innere, dann wieder heraus. Mit einer einfachen Fingerbewegung rief er Bezeichnungen zu dem Bild auf. Manchmal vergrößerte er sie, um sie besser lesen zu können, manchmal wischte er sie beiseite. Als er schließlich die Perspektive eingestellt hatte, die er wollte, stieß er eine Ansammlung von Anmerkungen zur Seite, um einen unverstellten Blick auf das Gebäude zu bekommen. Er konnte seine Aufregung kaum zurückhalten.
»Schau es dir an. Ich hab ihn von der südwestlichen in die nordwestliche Ecke verschoben. Sieht besser aus, oder? Und wenn wir ihn wirklich jemals zum Heizen benutzen müssen, ist der Luftstrom im Nordwesten besser.«
Mit schicksalsergebener Belustigung schüttelte sie ein paarmal den Kopf und umklammerte eines der Kissen, während sie zu ihm aufsah.
»Du hast mich nicht deswegen geweckt«, sagte sie. »Bitte sag mir, dass du mich nicht deswegen geweckt hast.«
»Und ich habe Kaffee gemacht«, fügte er entschuldigend hinzu.
»Und es schneit.«
Sie seufzte, begrub noch einmal für einen Moment ihr Gesicht in dem Kissen, und rollte sich dann aus dem Bett.
Er hätte ihr den Kaffee gebracht, wenn sie ihn darum gebeten hätte, aber irgendwie bekam er seine Version des uralten Gebräus nie so richtig hin. Es war einfacher, wenn sie ihn selbst zubereitete. Ein Blick aus dem Fenster sagte ihr, dass es tatsächlich schneite. Dicke Flocken sammelten sich draußen auf den Dächern der großen Gebäude und ließen das normalerweise eher trostlose Stadtbild etwas sanfter erscheinen. Die Großstadt war müde, seelenlos und schien von ihrer eigenen Last erdrückt zu werden.
Ein paar Fußgänger, die bei dem Wetter unterwegs sein mussten, trotteten auf den Gehsteigen dahin, wortlos, ohne nach oben zu schauen, ohne mit ihren Nachbarn zu sprechen. Ihre sichtliche Schwermut deckte sich mit dem Aussehen der sie umgebenden Bauwerke. Bei diesem Wetter schienen ihre Leben und Erwartungen keine Freude zu beinhalten.
Mit dem Kaffee in der Hand – doppelt Milch, zwei Stück Zucker – lief sie zurück zum Bett. Jacob, der ihren Platz beschlagnahmt hatte, lag auf dem Rücken und spielte an der Projektion herum. Kleinigkeiten der Hütte reagierten auf die Bewegungen seines Zeigefingers.
»Das wird einmal unser Zuhause werden. Die Position des Schornsteins ist wichtig.« Er runzelte die Stirn. »Warte, vielleicht sah er doch besser auf der anderen Seite aus. Schwierig zu sagen, ohne ein anständiges Bild der tatsächlichen Umgebung. Der Luftstrom ist wichtig, aber Ästhetik ebenso. Wir bauen das nur einmal, also sollten wir es gleich beim ersten Mal richtig machen.«
Sie unterbrach ihn nicht. Nippte nur an ihrem Kaffee und beobachtete ihn. Er war so verliebt in dieses Blockhaus … und sie war so verliebt in ihn. Sie hätte etwas sagen können, eine Meinung äußern, und sei es nur, um anzuzeigen, dass sie ihm zuhörte, aber sie wollte ihn nicht unterbrechen. Nicht in seinen Traum platzen.
Sie drehte sich um und sah zu dem Fenster und auf die Winterlandschaft hinaus. Sie fragte sich, ob es in ihrer neuen Heimat Schnee geben würde. Nach allem, was sie bislang wussten, waren ihre Optionen ausschließlich tropischer Natur.
Eine Stimme ertönte. Sie wollte es nicht hören. Es war nicht Jacob, und es war nicht in seinem Traum. Es war nicht in ihrem Traum. Sie war real.
»Sieben Uhr«, verkündete Mutter mit der gleichen Stimme, die sie für alle Ansagen dieser Art verwendete. »Es ist alles in Ordnung.«
Auf die Durchsage folgte eine kurze Melodie. Es war die Aufnahme einer Schiffsglocke, frühes zwanzigstes Jahrhundert, welche aus einer Laune der Designer der Covenant heraus durch die Zeit gereist war. Ein Stück Vergangenheit, das von den Erbauern der Gegenwart weit in die Zukunft getragen wurde. Ein kleiner Scherz zur Belustigung derer, die es dem Programm des Schiffs hinzugefügt, es aber, da sie auf der Erde festsaßen, niemals im Einsatz hören würden.
Auf der anderen Seite einer langen gebogenen Durchsichtigkeit, die nicht aus Glas und auch kein Fenster war, das auf ein düsteres städtisches Panorama hinaus zeigte, stand eine Person, die auf die schlafende, lächelnde Daniels hinunterblickte. Ihr Name war Walter, und es … er … war perfekt – so perfekt wie man Perfektion auf synthetische Art herzustellen vermochte.
In ihrem Traum lächelte Daniels erneut über einen geheimen Gedanken. Das löste bei dem Androiden ebenfalls ein reflexhaftes Lächeln aus. Er trat an die Seite der Kapsel der schlafenden Frau und überprüfte flüchtig die Anzeigen. Alle normal. Methodisch, ohne die Wiederholung zu beachten, die einen Menschen mürbe gemacht hätte, ihn aber in keiner Weise störte, bewegte er sich weiter, um die angrenzende Kapsel zu überprüfen.
Jacob.
Ebenfalls alles normal.
Nachdem er seine Morgenrunde im Hyperschlafbereich der Crew beendet hatte, machte er kehrt und begab sich in die benachbarte Kabine.
Entlang der sich gegenüberliegenden Wände befanden sich zweitausend einzelne Kälteschlaf-Kapseln, eine neben der anderen, und trotzten gleichzeitig der Zeit und dem Verständnis. Hinter den transparenten Sichtfenstern waren die schlafenden Gesichter von Männern, Frauen und Kindern zu sehen. Jeder für sich zufrieden, schlummernd, eingehüllt in der Behaglichkeit beruhigender Träume. Ihre Leben, ihre Gesundheit, und ganz besonders die Zukunft jedes Einzelnen, lag in seiner Verantwortung.
Walter nahm das nicht auf die leichte Schulter.
In einiger Entfernung leuchtete eine bernsteinfarbene Sonde auf. Keinem Menschen – selbst jemandem mit bestem Sehvermögen – wäre es aufgefallen. Er hingegen bemerkte es sofort. Er machte sich auf den Weg zu der Quelle und überprüfte die entsprechende Diagnose an der Kapsel. Er erlaubte sich eine sehr kurze Pause für die Analyse des Problems, gefolgt von ein paar kleinen notwendigen Anpassungen. Die bernsteinfarbene Anzeige wechselte sofort zu einem durchgehenden Grün zurück. Er war zufrieden.
Zeit, die Sicherheitsbehälter der Embryonen zu überprüfen. Er öffnete eine der Laden, von denen jede einen menschlichen Embryo in verschiedenen Entwicklungsstadien enthielt, und fragte die Werte ab. Alle Anzeigen waren grün, und da Mutter über sie wachte, war alles in Ordnung.
Er erlaubte sich ein Lächeln.
»Walter.« Wieder Mutters Stimme. Informativ, hilfreich, niemals befehlend. Ein Computer konnte ebenso wenig Befehle erteilen wie ein Androide. »Bitte auf der Brücke melden. Es ist Zeit, das Energiegitter aufzuladen. Wir sollten damit beginnen.«
»Bin auf dem Weg, Mutter.«
Bitte hatte sie gesagt. Wie umsichtig von ihren Designern, ein Höflichkeitsprotokoll zu integrieren, welches selbst dann eingesetzt wurde, wenn sie mit einem Androiden sprach. Walter benötigte keine gesprochenen Höflichkeitsfloskeln, aber er wusste sie dennoch zu schätzen.
Verglichen mit der restlichen Größe der Covenant wirkte die Brücke beinahe intim. Sie hatte, wie Walter befand, genau die richtige Größe, um eine Crew und all die nötigen Instrumente und Funktionen unterzubringen.
Obwohl die Erbauer des Schiffs die Räumlichkeiten ohne Weiteres hätten größer anlegen können, waren sie nicht die Art von Menschen, die gern Platz verschwendeten.
No waste space in space, sagte er zu sich selbst; nicht zum ersten Mal und wohl auch nicht zum letzten Mal. Er war durchaus in der Lage, seinen eigenen Sinn für Humor zu schätzen, auch wenn im Moment niemand da war, mit dem er ihn hätte teilen können.
Er ließ sich an seiner Station nieder und ging die Vorab-Checks durch, die vor dem Aufbau eines Energiegitters nötig waren. Die Kontrollen und Anzeigen reagierten sofort.