Читать книгу Schülerinnen und Schüler kompetent führen (E-Book, Neuausgabe) - Albert Meier - Страница 8
Einleitung
ОглавлениеEine Lehrperson erhält mit dem Eintritt ins Berufsleben institutionelle Macht, denn Schule hat auch den Auftrag zur Selektion und repräsentiert die Gesellschaftsordnung. Lehrpersonen und Lernende treffen sich in der Schule und sind trotz vielfältigen persönlichen Lebenshintergründen und trotz den gegenseitigen Erwartungen und Ansprüchen, die damit verknüpft sind, an verbindliche Vorgaben gebunden. Beide unterliegen auf diese Weise ein Stück weit institutionell definierten Machtverhältnissen. In der Funktion als Führende gilt es, die Vorgaben als Gemeinsames transparent zu machen und die Umsetzung zu organisieren und einzufordern, aber auch, außerhalb der Vorgaben Spielräume zu gewährleisten.
Neben der institutionellen Macht – und trotz ihr – stellt sich für jede Lehrperson die wesentliche Frage, wie eine adäquate Führung der Schülerinnen und Schüler im alltäglichen Geschäft persönlich erarbeitet und aufgebaut werden kann, wie sich persönliche Führung und damit verbundene Macht, über den institutionellen Aspekt hinaus, legitimieren lässt.
Wer Schülerinnen und Schüler führt, muss sich mit dem eigenen Macht- und Führungsanspruch, mit den unterschiedlichen Bedürfnissen und der unterschiedlichen Bereitschaft der Lernenden, Führung zu akzeptieren (je nach Alter, Sozialisation oder Temperament), auseinandersetzen. Wechselt man den Blickwinkel, wird klar, dass Schülerinnen und Schüler einen Beitrag zu gelungener Führung leisten, indem sie einer Lehrperson Autorität zugestehen und Vertrauen in die Führung bekunden.
Gelungene Führung legitimiert sich unter dieser Perspektive nicht aus einem prinzipiellen Machtanspruch. Sie kann als eine Form des Eingehens auf ein Gegenüber verstanden werden, das trotz Vorgaben, Zielen und Inhalten die Möglichkeiten und den Selbstausdruck des Gegenübers mitberücksichtigt und respektiert.14 Lehrpersonen agieren aus einer professionellen Distanz heraus, in Bezug auf eine Situation – und nicht aus Prinzip. Sie treten also in ihrer Führungsaufgabe jeden Tag wieder neu in Beziehung und in den Dialog mit den Lernenden und müssen präsent sein (ich bin hier, ich nehme dich wahr, ich werde dich nicht aufgeben, aber auch nicht immer nachgeben, wir suchen nach Lösungen …).15
Im Führungsauftrag dürfen sich auch das Engagement, die Freude und die Motivation der Lehrperson spiegeln, Schülerinnen und Schüler ein Stück weit in ihrer Entwicklung und ihren Anliegen zu begleiten, sie zu fördern und zu unterstützen.
Das persönliche Führungsverständnis ist mitbestimmt durch ein vorhandenes Menschenbild, durch Annahmen zu Disziplin und Erziehung und auch durch Überlegungen zur Beziehungsgestaltung zwischen Lehrpersonen und Lernenden. Diese Zugänge und Annahmen werden nachfolgend in den Blick genommen.