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Die Wüste

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für Jean Grenier

Leben ist sicher so ziemlich das Gegenteil von Gestalten. Haben die großen toskanischen Meister recht, so bedeutet es dreimal Zeugnis ablegen – schweigend, brennend und regungslos.

Es braucht viel Zeit, bis man begreift, dass man die Personen auf ihren Bildern alle Tage in den Straßen von Florenz und Pisa trifft. Aber wir haben ohnehin verlernt, die wirklichen Gesichter der Leute in unserer Umgebung zu sehen. Wir sehen uns unsere Zeitgenossen nicht mehr an, sondern nur noch das an ihnen, was uns nützt und unser Verhalten bestimmt. Wir ziehen dem Gesicht selber seine »Poesie« vor, und sei sie noch so vulgär. Giotto oder Piero della Francesca hingegen wissen, wie wenig an der Empfindsamkeit eines Menschen liegt. Und ein Herz kann schließlich jeder haben. Aber die großen, einfachen und ewigen Gefühle: Lebenslust, Hass und Liebe mit ihrem Jubel und ihren Tränen kommen aus der Tiefe des Menschen und formen das Antlitz seines Schicksals – wie in der Grablegung des Giottino den Schmerz der Maria, die mit zusammengebissenen Zähnen duldet. Auf den gewaltigen Bildern der »thronenden Gottesmutter« in den toskanischen Kirchen sehe ich zwar eine Menge von Engeln mit immer den gleichen Gesichtern; und doch verrät jedes dieser stummen, leidenschaftlichen Gesichter mir seine Einsamkeit.

Hochzeit des Lichts

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