Читать книгу La San Felice Band 11 - Александр Дюма - Страница 1
Elfter Theil
Erstes Capitel.
Schipani
ОглавлениеWir haben erzählt, daß, während Ettore Caraffa gegen Cesare abgeschickt ward, Schipani commandirt ward, dem Cardinal entgegenzurücken.
Schipani war zu dem hohen Posten eines Corpsführers nicht wegen seiner militärischen Talente, denn obschon jung in den Dienst getreten, hatte er doch noch niemals Gelegenheit gehabt, an einem Kampfe theilzunehmen, sondern wegen seines wohlbekannten Patriotismus und seines unbestreitbaren Muthes ernannt worden. Wir haben bereits gesehen, wie er unter dem Dolche der Sbirren Carolinens zu conspiriren mußte.
Auf dem Schlachtfelde sind jedoch die Tugenden des Bürgers und der Muth des Patrioten nur untergeordnete Eigenschaften, und das Genie des zweideutigen Dumouriez gilt hier mehr als die Rechtschaffenheit des unbeugsamen Roland.
Auch war Schipani von Manthonnet ausdrücklich empfohlen worden, keine Schlacht zu liefern, sondern sich mit der Bewachung der Engpässe der Basilicata zu begnügen, eben so wie Leonidas die Thermopylen bewacht hatte, um ganz einfach den Marsch Ruffos und seiner Sanfedisten aufzuhalten.
Schipani durchzog, erfüllt von Enthusiasmus und Hoffnung, Salerno und mehrere andere befreundete Städte, über welchen das Banner der Republik flatterte.
Der Anblick dieses Banners machte sein Herz vor Freude schlagen; eines Tages aber langte er am Fuße des Dorfes Castelluccio an, auf dessen Thurme die königliche Fahne wehte.
Die weiße Farbe derselben äußerte aus Schipani dieselbe Wirkung, welche die rothe auf einen Stier hervorzubringen pflegt.
Anstatt vorüberzuziehen und die Augen abzuwenden, anstatt seinen Marsch nach Calabrien weiter fortzusetzen, anstatt den Sanfedisten die Gebirgspässe abzuschneiden, welche von Cosenza nach Castravillari führen, wie ihm dies ausdrücklich empfohlen worden, ließ er sich zum Zorne hinreißen und wollte das Dorf Castelluccio für seine Keckheit züchtigen.
Zum Unglücke war dieser Ort ein elendes Dorf oder Städtchen, welches blos einige tausend Einwohner zählte, von zwei Gewalten vertheidigt, einer sichtbaren und einer unsichtbaren.
Die sichtbare Macht war die Lage des Ortes, die unsichtbare war den Capitän oder vielmehr der Gerichtsbeamte Sciarpa. Dieser gehörte zur Zahl der Männer, deren Ruf auf derselben Höhe steht wie der eines Pronio, eines Mammone, eines Fra Diavolo, war aber zu jener Zeit noch völlig unbekannt.
Er war, wie wir angedeutet, als Subalternbeamter bei dem Gericht in Salerno angestellt gewesen. Als die Revolution ausbrach und die Republik proklamiert wurde, bekannte er sich eifrig zu den Principien derselben und verlangte in die Gendarmerie einzutreten.
Vielleicht glaubte er, er brauche um diesen seinen Wunsch erfüllt zu sehen, blos die Hand auszustrecken oder nur einen Schritt zu thun.
Gleichwohl erhielt er auf seine Anfrage die unkluge Antwort:
»Die Republicaner wollen keine Spione und Häscher in Ihren Reihen.«
Die Republikaner glaubten nämlich vielleicht ihrerseits, daß es sich beim Uebergang vom Gerichtsbeamten zum Spion nur um einen Schritt handle.
Da Sciarpa aus diese Weise nicht Manthonnet seinen Säbel anbieten kannte, so bot er dem König Ferdinand seinen Dolch.
Der König war weniger mißtrauisch als die Republikaner. Er nahm mit begieriger Hand, Alles war für ihn gut, und je weniger seine Vertheidiger zu verlieren hatten, desto mehr hatte er, wie er glaubte, zu verlieren.
Das Schicksal wollte, daß Sciarpa das kleine sanfedistische Detachement commandirte, welches Castelluccio besetzt hielt.
Schipani konnte Castelluccio ohne Furcht im Rücken lassen. Es war keine Gefahr vorhanden, da die Contrerevolution, welche sich darin barg, sich nach außen verbreitete, denn sämtliche umliegende Dörfer waren patriotisch gesinnt.
Man hätte Costelluccio durch den Hunger zur Unterwerfung zwingen können. Es war leicht dieses Dorf zu blockieren, welches blos auf drei oder vier Tage mit Lebensmitteln versehen war und mit allen umliegenden Dörfern auf feindseligen Fuße stand.
Ueberdies konnte man während der Blockade auf einer Anhöhe, welche das Dorf beherrschte, Geschütze aufpflanzen und es von hier aus durch einige Kanonenschüsse zur Unterwerfung zwingen.
Diese Rathschläge wurden von den Bewohnern von Roten und Albavena unglücklicherweise einem Manne gegeben, welcher unfähig war sie zu begreifen und zu würdigen. Schipani war eine Art calabresischer Henriot; voll von Vertrauen zu sich selbst, glaubte er, er werde, wenn er einen nicht von ihm selbst ausgehenden Plan befolgte, gleichsam von dem Piedestal herabsteigen, auf welches die Republik ihn gestellt.
Außerdem hätte er auch das Anerbieten der Bewohner von Castelluccio annehmen können, welche sich bereit erklärten, sich der Republik anzuschließen und die dreifarbige Fahne aufzupflanzen, dafern Schipani ihnen nicht die Schmach anthäte, als Sieger in ihr Dorf einzuziehen.
Ferner hätte er auch mit Sciarpa unterhandeln können, denn dieser war ein Mann, der ein Wort mit sich reden ließ und erbot sich, seine Truppen mit denen der Republik zu vereinigen, dafern man ihn für seinen Abfall eben so viel bezahlte, als er verlöre, wenn er die Sache der Bourbons aufgäbe.
Schipani antwortete aber:
»Ich komme, um Krieg zu führen und nicht um zu unterhandeln. Ich bin kein Kaufmann, sondern Soldat.«
Nachdem wir den Charakter Schipani’s auf diese Weise geschildert, kann der Leser sich leicht denken, daß sein Plan, sich Castelluccios zu bemächtigen, sehr bald entworfen war. Er gab Befehl, die nach dem Orte führenden steilen Fußwege zu ersteigen.
Die Bewohner von Castelluccio waren in der Kirche versammelt und erwarteten die Antwort auf die von ihnen gemachten Vorschläge.
Man setzte sie von Schipani’s Weigerung in Kenntniß.
Die Oertlichkeiten spielen bei den Entschlüssen, welche die Menschen fassen, oft eine große Rolle.
Als einfache Landleute und in der That glaubend, die Sache Ferdinands sei die Sache Gottes, hatten sich, wie eben bemerkt worden, die Bewohner von Castelluccio in der Kirche versammelt, um hier die himmlische Eingebung zu empfangen. Schipani’s Weigerung verletzte sie in ihrem Glauben.
Mitten unter dem Tumult, der auf den Bericht des Boten folgte, erstieg Sciarpa die Kanzel und verlangte das Wort.
Man wußte nichts von seinen Unterhandlungen mit den Republikanern; in den Augen der Bewohner von Castelluccio war Sciarpa rein und makellos.
Es trat daher sofort Todtenstille ein und das verlangte Wort war augenblicklich gegeben.
Er erhob demgemäß die in diesen geheiligten Wölbungen lauthallende Stimme und sagte:
»Brüder, Ihr habt jetzt nur noch zwei Entschlüsse zu fassen: entweder zu fliehen wie Feiglinge, oder Euch zu vertheidigen wie Helden. Im ersten Falle würde ich mit meinen Leuten das Dorf verlassen, mich in das Gebirge werfen und die Vertheidigung eurer Weiber und Kinder Euch selbst überlassen. Im zweiten Falle dagegen werde ich mich an eure Spitze stellen und unter dem Beistand Gottes, der Euch sieht, Euch zum Siege führen. Wählet!«
Ein einziger Ruf war die Antwort auf diese so einfache und folglich für die Zuhörer an die sie gerichtet war, sich trefflich eignende Anrede; es war der Ruf:
»Krieg! Krieg!«
Der Pfarrer segnete in seinem Amtsgewand am Altare stehend, die Waffen und die Kämpfenden Sciarpa ward einmüthig zum ersten Anführer ernannt und man überließ ihm die Entwerfung des Schlachtplanes.
Die Bewohner von Castelluccio stellten ihr Dorf unter seine Obhut und ihr Leben zu seiner Verfügung.
Es war die höchste Zeit. Die Republikaner waren nur etwa noch hundert Schritte von den ersten Häusern entfernt. Keuchend und von dem raschen Klettern ermüdet gelangten sie an den Eingang des Dorfes. Hier aber und ehe sie noch Zeit gehabt, steh zu erholen, wurden sie von einem unsichtbaren Feinde zu allen Fenstern heraus durch einen fürchterlichen Kugelregen begrüßt.
Wenn aber der Eifer der Vertheidigung lebhaft war, so war auch die Erbitterung des Angriffs eine furchtbare. Die Republikaner wichen nicht vor dem Feuer zurück, sondern drangen vorwärts, geführt von Schipani, der mit dem Säbel in der Faust an der Spitze der Colonne marschierte.
Dann kam ein Augenblick nicht des Kampfes, sondern der Todesverachtung.
Dennoch aber sah Schipani, nachdem er ein Drittel seiner Leute verloren, sich genöthigt, Befehl zum Rückzuge zu geben.
Kaum jedoch hatten er und seine Leute zwei Schritte zurückgethan, als jedes Haus Feinde auszuspeien schien, Feinde, die schon, als man sie nicht gesehen, furchtbar gewesen, die aber jetzt, wo man sie sah, noch furchtbarer waren.
Schipani’s Trupp stieg nicht den Weg wieder hinab, sondern rollte hinab bis in den Thalgrund gleich einer von der Hand des Todes gewälzten Menschenlawine und ließ an dem steilen Abhang des Berges eine solche Menge Todte und Verwundete zurück, daß das Blut an zehn verschiedenen Stellen wie aus einer Quelle herabrieselte.
Glücklich diejenigen, welche sofort todt waren und ohne weiter einen Hauch auszustoßen, auf dem Schlachtfeld niedersanken! Sie erlitten nicht den langsamen und furchtbaren Tod, welchen die Wildheit der Frauen, die unter solchen Umständen stets grausamer sind als die Männer, den Verwundeten und Gefangenen zufügte.
Ein Messer in der Hand, mit wild im Winde flatterndem Haar und unter lauten Schmähungen und Verwünschungen irrten diese Furien, gleich den Hexen Lucan’s, auf dem Kampfplatz umher und vollführten unter lautem Gelächter die obszönsten Verstümmlungen.
Bei diesem unerhörten Anblick verlor Schipani mehr vor Wuth als vor Schrecken fast den Verstand, setzte mit seiner um mehr als ein Drittel gelichteten Colonne seinen Rückzug weiter fort und machte erst in Salerno Halt.
Auf diese Weise ließ er dem Cardinal Ruffo den Weg frei.
Der Cardinal rückte langsam vor, aber sicher und ohne einen einzigen Schritt zurückzuthun.
Am 6. April wäre er aber dennoch beinahe das Opfer eines Unfalls geworden. Ohne daß diesem Unfall irgend ein Anzeichen vorausgegangen wäre, hatte nämlich sein Pferd sich gebäumt, mehrmals die Vorderfüße in der Luft bewegt und war dann todt niedergestürzt. Als vortrefflicher Reiter hatte der Cardinal den rechten Augenblick wahrzunehmen gewußt und durch geschicktes Herunterspringen vermieden, unter den Leib des stürzenden Thieres zu gerathen.
Ohne, wie es schien, weiteres Gewicht auf diesen Unfall zu legen, ließ der Cardinal sich ein anderes Pferd bringen, schwang sich in den Sattel und setzte seinen Weg weiter fort.
Denselben Tag langte man in Cariati an, wo der Cardinal von dem Bischof empfangen ward.
Eben saß er mit seinem ganzen Generalstabe bei Tische, als man aus der Straße das Getöse einer zahlreichen bewaffneten Schaar vernahm, die in wilder Unordnung, mit dem lauten Geschrei. »Es lebe der König! Es lebe die Religion!« einhergezogen kam.
Der Cardinal trat auf den Balcon hinaus, prallte aber vor Erstaunen wieder zurück.
Obschon an außerordentliche Dinge gewohnt, war er doch auf das, was er hier sah, nicht gefaßt.
Ein Trupp von ziemlich tausend Mann mit Oberst, Hauptleuten, Lieutenants und Unterlieutenants, gelb und roth gekleidet und alle aus einem Beine hinkend, kam, um sich der Armee des heiligen Glaubens anzuschließen.
Der Cardinal erkannte nun, daß es Sträflinge waren. Die gelb gekleideten, welche die Voltigeurs vorstellten, waren die auf Zeit Verurtheilten. Die rothen, welche die Grenadiere repräsentierten und folglich das Vorrecht genossen, an der Spitze zu marschieren, waren die auf Lebenszeit Verurtheilten.
Da der Cardinal nicht wußte, was dieser furchtbare Recrutenzuzug bedeuten sollte, so ließ er ihren Anführer rufen.
Dieser erschien. Es war ein Mann von vierzig bis fünfundvierzig Jahren, Namens Panedigrano, und wegen acht oder zehn Mordthaten und eben so viel Diebstählen zu lebenswäriger Zwangsarbeit verurtheilt.
Diese Aufschlüsse wurden von dem Sträfling selbst mit wunderbarer Dreistigkeit gegeben.
Der Cardinal fragte ihn hierauf, welchem glücklichen Umstande er die Ehre seiner Gesellschaft und der seiner Leute zu verdanken habe.
Panedigrano erzählte nun dem Cardinal, daß Lord Stuart, nachdem er von der Stadt Messina Besitz genommen, es für unpassend erachtet habe, daß die Soldaten Großbritanniens mit Sträflingen unter einem und demselben Dache wohnten.
Demzufolge hatte er letztere hinausgewiesen, auf ein Schiff zusammengepackt, ihnen freigestellt, ihre Anführer zu wählen, und sie in Pizzo gelandet, wo er ihnen durch den Capitän des Schiffes befehlen lassen, ihren Weg weiter fortzusetzen, bis sie zu dem Cardinal gestoßen wären.
Sobald dies geschehen, sollten sie sich zu seiner Verfügung stellen. Dies that setzt Panedigrano mit aller Grazie, deren er fähig war.
Der Cardinal war von dem eigenthümlichen Geschenke, welches seine Verbündeten, die Engländer, ihm machten, noch ganz verblüfft, als er einen Courier anlangen sah, der einen Brief von dem König überbrachte.
Dieser Courier war in dem Golf von Santa Euphemia an’s Land gestiegen und brachte dem Cardinal die Nachricht, welche Panedigrano soeben mündlich ausgerichtet. Nur wälzte der König, der seine Bundesgenossen die Engländer, nicht anklagen wollte, die Schuld auf den Commandanten Danero, welcher schon in Bezug auf viele andere Mißgriffe genöthigt worden, die Rolle des Sündenbockes zu übernehmen.
Obschon König Ferdinand nicht leicht schamroth ward, so schämte er sich diesmal doch des seltsamen Geschenkes, welches, sei es nun Lord Stuart oder sei es Danero, seinem Generalvicar , das heißt seinem Alterego, machte und schrieb ihm folgenden Brief, dessen Original uns vorliegt:
»Eminentissime!
»Wie glücklich haben Sie mich durch Ihren Brief vom 20. gemacht, welcher mich von der Fortdauer unserer Erfolge und von den Fortschritten, die unsere heilige Sache macht, in Kenntniß setzt! Gleichwohl wird diese Freude durch die Dummheiten getrübt, welche Danero begeht oder zu denen er vielmehr durch seine Umgebung veranlaßt wird. Unter vielen anderen will ich nur folgende erwähnen. Der General Stuart hatte verlangt daß die Sträflinge aus der Citadelle verlegt würden, damit er seine Truppen darin einquartieren könnte. Anstatt nun dem von mir ertheilten Befehle gemäß die betreffenden Sträflinge einstweilen auf dem Strand von Gaëta unterzubringen, hat Danero den klugen Einfall gehabt, sie nach Calabrien zu werfen, wahrscheinlich blos um Sie, Eminentissime, in Ihren Operationen zu stören und durch das Unheil, welches diese Menschen anrichten werden, das Gute zu verderben, welches Sie zu Stande bringen.
»Welchen Begriff werden sich meine treuen Calabresen von mir machen, wenn sie sehen, daß zur Vergeltung für die Opfer, welche sie sich für die königliche Sache auflegen, ihr König ihnen diese Schnur Bösewichter sendet, die ihr Eigenthum beschädigen und ihre Familien beunruhigen werden. Ich schwört Ihnen, Eminentissime, daß ich beinahe Lust gehabt hätte, diesen erbärmlichen Danero seines Postens zu entsetzen, und ich erwarte nur die Wiederankunft des Lord Stuart in Palermo, um mit ihm Rücksprache zu nehmen und dann einen kräftigen Streich zu führen.
»Aus Briefen, die mit einem englischen Schiffe von London eingegangen sind, haben wir ersehen, daß der Kaiser endlich mit den Franzosen gebrochen hat. Wir müssen uns dazu Glück wünschen, obschon die ersten Operationen nicht zu den erfolgreichsten gehört haben.
»Glücklicherweise ist alle Aussicht vorhanden, daß der König von Preußen sich zu Gunsten der guten Sache der Coalition anschließen werde.
»Der Herr segne Sie und Ihre Unternehmungen; darum bittet, wenn auch unwürdig, Ihr wohlgeneigter
»Ferdinand B.«
In der Nachschrift kommt der König wieder auf die schlechte Meinung zurück, die er in Bezug auf die Sträflinge ausgesprochen, und macht einige Bemerkungen zu Gunsten ihres Anführers. Er thut dies in folgenden Worten:
»Nachschrift. – Dennoch aber dürfen Sie die Dienste, welche Ihnen ein gewisser Panedigrano, ein Anführer des Trupps, welcher sich bei Ihnen einfinden wird, leisten kann, nicht allzusehr verkennen. Danero behauptet, es sei ein ehemaliger Soldat und er habe in dem Lager von San Germano mit Eifer und Umsicht gedient. Sein eigentlicher Name ist Nicola Gualtieri.«
Die Befürchtung des Königs in Bezug auf die ehrenwerthen Hilfstruppen, welche der Cardinal erhalten, waren nur zu wohl begründet. Da die meisten von ihnen Calabresen waren, so ließen sie sich vor allen Dingen angelegen sein, gewisse Schulden der persönlichen Rache abzumachen.
Bei dem zweiten Meuchelmord aber, welcher zur Kenntniß des Cardinals kam, ließ dieser die Armee Halt machen, die tausend Sträflinge durch ein Corps Cavallerie und Campieri umzingeln die beiden Mörder aus den Reihen hervorziehen und Angesichts Aller erschießen.
Dieses Beispiel äußerte die beste Wirkung und am nächstfolgenden Tage erklärte Panedigrano dem Cardinal, daß, wenn man seinen Leuten einen billigen Sold bewillige, er dann für jeden mit seinem eigenen Kopfe hafte.
Der Cardinal fand dieses Verlangen nicht mehr als gerecht. Er ordnete an, daß sie täglich fünfundzwanzig Grani, das heißt einen Franc und zwar auch auf die bereits verflossenen Tage bis zu dem zurück, wo sie sich organisiert und ihre Anführer gewählt, erhielten.
Zugleich ward ihnen versprochen, daß dieser Sold auf die ganze Dauer des Feldzuges fortgezahlt werden solle.
Da jedoch die gelben und rothen Sträflingskittel und Mützen diesem privilegierten Corps ein etwas allzu charakteristisches Gepräge ausdrückte, so erhob man von den 13 Patrioten von Cariati eine Contribution, um ihnen eine weniger grelle Uniform zu geben.
Als aber die Leute, welche von der Herkunft dieses Corps nicht unterrichtet waren, es zur Avantgarde, das heißt auf den gefährlichsten Posten abmarschieren sahen, wunderten sie sich, daß alle hinkten, entweder mit dem rechten oder mit dem linken Bein.
Jeder hinkte nämlich mit dem Beine, mit welchem er die Kette gezogen.
Mit dieser seltsamen Avantgarde setzte der Cardinal seinen Marsch gegen Neapel fort, dessen Zugänge für ihn durch die Niederlage Schipanis bei Castelluccio frei geworden waren.
Nach unserer Meinung wäre es übrigens für die Völker sowohl als für die Könige eine große Lehre, diesen Marsch des Cardinals Ruffo mit dem zu vergleichen, welcher sechzig Jahre später durch Garibaldi ausgeführt ward, und dem das göttliche Recht repräsentierenden Prälaten den das volksthümliche Recht vertretenden Mann der Humanität gegenüberzustellen.
Der Eine der mit dem römischen Purpur bekleidet ist, zieht im Rennen Gottes und des Königs unter Plünderung Mord und Brandstiftung einher und läßt überall Thränen, Verödung und Tod zurück. Der Andere wandelt, mit der einfachen Blouse des Volks und der Jacke des Seemanns bekleidet, auf Blumen unter Freude und Segenssprüchen und läßt, wo er vorübergekommen, freie, strahlende Völker zurück.
Die Bundesgenossen des ersten sind ein Panedigrano, ein Sciarpa, ein Fra Diavolo, ein Mammone, ein Pronio, das heißt verurtheilte Missethäter und Straßenräuber. Die Lieutenants des letzteren sind ein Tuckary, ein Flotte, ein Bixio, ein Sirtori, ein Cosenza – das heißt Helden.