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Siebentes bis Zehntes Bändchen
XXV.
Wie d’Artagnan Bekanntschaft mit einem Dichter machte, der Buchdrucker geworden war, damit seine Verse gedruckt würden

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Ehe sich d’Artagnan zu Tische setzte, zog er wie gewöhnlich seine Erkundigungen ein; doch es ist ein Axiom der Neugierde, daß jeder Mensch, der gut und auf eine Frucht tragende Weise fragen will, zuerst sich den Fragen darbieten muß.

D’Artagnan suchte also im Gasthause von la Roche-Bernard einen nützlichen Frager. Es befanden sich gerade in diesem Hause zwei Reisende, welche auch mit den Vorbereitungen zu ihrem Abendbrod oder sogar mit dem Abendbrod selbst beschäftigt waren. D’Artagnan hatte im Stall ihre Rosse und in der Wirthsstube ihre Reisegeräthe gesehen.

Der Eine reiste mit einem Lackei, wie eine ansehnliche Person; zwei Stuten aus dem Perche, schöne runde Thiere, dienten dem Herrn und dem Diener zum Reiten.

Der Andere, ein ziemlich kleiner Kamerad, ein Reisender von magerem Aussehen, der einen staubigen Oberrock, abgenutzte Wäsche und mehr durch das Pflaster, als durch den Steigbügel verdorbene Stiefel trug, kam von Nantes mit einem Karren, gezogen von einem Pferd, das Furet, was die Farbe betrifft, so ähnlich war, daß d’Artagnan hundert Meilen hätte machen können, ohne etwas Besseres für ein gleiches Gespann zu finden.

Der besagte Karren enthielt verschiedene große, in alte Stoffe gewickelte Päcke.

»Dieser Reisende,« sprach d’Artagnan zu sich selbst, ist von meinem Schlag. Er steht mir an, er sagt mir zu, ich muß ihm anstehen und ihm zusagen. Herr Agnan mit dem grauen Rock und der abgetragenen Plattmütze ist nicht unwürdig, in Gesellschaft des Herrn mit den alten Stiefeln und dem abgeschabenen Rock zu Nacht zu speisen.«

Nachdem er so gesprochen, rief d’Artagnan den Wirth und befahl ihm, seine Kriechente, seinen Fladen und seinen Aepfelmost in das Zimmer des Herrn mit dem bescheidenen Aeußeren zu tragen.

Er selbst stieg, einen Teller in der Hand, die hölzerne Treppe hinauf, welche nach diesem Zimmer führte, und klopfte an die Thüre.

»Herein!« rief der Unbekannte.

D’Artagnan trat, seinen Teller unter dem Arm, seinen Hut in einer und seinen Leuchter in der andern Hand, ein und sprach:

»Mein Herr, entschuldigt mich, ich bin, wie Ihr, ein Reisender, ich kenne Niemand im Gasthaus und habe die schlimme Gewohnheit, mich zu langweilen, wenn ich allein speise, so daß mir dann mein Mahl schlecht vorkommt und mich nichts nützt. Euer Gesicht, das ich so eben erblickte, als Ihr hinabginget, um Euch Austern aufmachen zu lassen, sagt mir ungemein zu. Dabei bemerkte ich, daß Ihr ein Pferd ganz dem meinigen ähnlich habt, das der Wirth ohne Zweifel wegen dieser Aehnlichkeit in seinem Stall neben das meinige gestellt hat, wo sich Beide in Gesellschaft äußerst behaglich zu fühlen scheinen. Ich sehe also nicht ein, warum die Herren getrennt sein sollten, während die Pferde vereinigt sind, und bitte Euch daher um das Vergnügen, an Eurem Tisch Platz nehmen zu dürfen. Ich heiße Agnan, Agnan, Euch zu dienen, mein Herr, unwürdiger Verwalter eines reichen Grundherrn, der Salinen in der Gegend kaufen will und mich abschickt, um seine zukünftigen Erwerbungen in Augenschein zu nehmen. Ich wünschte nur, mein Gesicht möchte Euch ebenso anständig sein, als mir das Eurige ist, denn ich empfehle mich Euch in voller Achtung.«

Der Fremde, den d’Artagnan zum ersten Male sah, denn Anfangs hatte er ihn nur von fern erschaut, der Fremde hatte schwarze, glänzende Augen, eine gelbe Gesichtshaut, eine durch die Last von fünfzig Jahren etwas gefaltete Stirne, Gutmüthigkeit im Gesammtwesen der Züge, aber Feinheit im Blick.

»Man sollte glauben,« dachte d’Artagnan, »man sollte glauben, dieser Mensch hätte nie etwas Anderes geübt, als die oberen Theile seines Kopfes, das Auge und das Gehirn, und er müsse ein Mann der Wissenschaft sein; der Mund, die Nase, das Kinn bezeichnen durchaus nichts.«

»Mein Herr,« antwortete derjenige, dessen Geist und Person man so zu ergründen suchte, »Ihr erweiset mir eine große Ehre; nicht als ob ich mich langweilte, ich habe,« fügte er lächelnd bei, »ich habe eine Gesellschaft, die mich immer zerstreut, doch gleichviel, ich bin glücklich, Euch zu empfangen.«

Während er diese Worte sprach, warf indessen der Mann mit den abgetragenen Stiefeln einen unruhigen Blick auf den Tisch, von dem die Austern verschwunden waren, und worauf nur noch ein Stück gesalzener Speck blieb.

»Mein Herr,« sprach d’Artagnan eilig, »der Wirth besorgt mir eine hübsche gebratene Kriechente und einen herrlichen Fladen.«

D’Artagnan hatte in dem Blick seines Gefährten, so rasch er auch gewesen, die Furcht vor einem Angriff durch einen Schmarotzer wahrgenommen.

Er hatte richtig errathen; bei dieser Eröffnung entrunzelten sich die Züge des Mannes mit dem bescheidenen Aeußeren; in der That, als ob er nur auf seinen Eintritt gewartet hätte, erschien der Wirth sogleich und brachte die angekündigten Gerichte.

Der Kriechente und dem Fladen war ein Stück gerösteter Speck beigefügt! d’Artagnan und sein Tischgenosse grüßten sich, setzten sich einander gegenüber, und theilten wie Brüder den Speck und die anderen Gerichte.

»Mein Herr,« sagte d’Artagnan, »gesteht, daß es etwas Herrliches um gesellschaftliche Vereinigung ist.«

»Warum?« fragte der Fremde mit vollem Mund.

»Nun! das will ich Euch sagen,« antwortete d’Artagnan.

Der Fremde gab den Bewegungen seines Kinnbackens Waffenstillstand, um besser zu hören.

»Einmal,« fuhr d’Artagnan fort, »haben wir statt eines Lichtes, das jeder von uns hatte, nunmehr zwei.«

»Das ist wahr,« sprach der Fremde, berührt von der außerordentlichen Richtigkeit dieser Bemerkung.

»Dann sehe ich, daß Ihr vorzugsweise meine Kriechente esset, während ich vorzugsweise Euren Speck speise.«

»Das ist abermals wahr.«

»Doch über das Vergnügen, bessere Beleuchtung zu haben und Dinge nach seinem Geschmack zu speisen, setze ich das Vergnügen der Gesellschaft.«

»Wahrhaftig, mein Herr, Ihr seid fröhlich,« sagte der Unbekannte mit freundlichem Ton,

»Fröhlich, ja, mein Herr, wie alle diejenigen, welche nichts im Kopf haben. Oh! dem ist nicht so bei Euch,« fuhr d’Artagnan fort, »und ich sehe in Euren Augen jegliches Genie.«

»Oh! mein Herr . . . «

»Gesteht mir Eines . . . «

»Was?«

»Daß Ihr ein Gelehrter seid.

»Meiner Treue, mein Herr . . . «

»Wie?«

»So ungefähr.«

»Ah! ah!«

»Ich bin ein Schriftsteller.«

»Oho!« rief d’Artagnan entzückt, indem er in seine Hände klatschte. »Ich täuschte mich als« nicht, das ist wunderbar!«

»Mein Herr . . . «

»Ah!« fuhr d’Artagnan fort, »sollte ich das Vergnügen haben, diese Nacht in Gesellschaft eines Schriftstellers, eines berühmten Schriftstellers vielleicht zuzubringen?«

»Oh! . . . « versetzte der Unbekannte erröthend, »berühmt, mein Herr, berühmt ist nicht gerade das Wort.«

»Bescheiden!« rief d’Artagnan entzückt, »er ist bescheiden!«

Dann mit dem Charakter einer ungestümen Zutraulichkeit wieder zu dem Fremden zurückkehrend:

»Aber sagt mir wenigstens die Namen Eurer Werke, mein Herr, denn Ihr könnt bemerken, daß Ihr mir den Eurigen nicht gesagt habt, und daß ich Euch zu errathen genöthigt gewesen bin.«

»Ich heiße Jupenet.«

»Ein schöner Name,« rief d’Artagnan, »ein schöner Name bei meinem Wort, und ich weiß nicht, warum, – verzeiht mir das Versehen, wenn es eines ist – Ich weiß nicht, warum ich mir einbilde, ich habe diesen Namen irgendwo aussprechen hören.«

»Ich habe Verse gemacht.«

»Ei! man wird mir sie zu lesen gegeben haben.«

»Ein Trauerspiel.«

»Ich habe es wohl aufführen sehen.«

Der Dichter erröthete abermals.

»Ich glaube nicht, denn meine Verse sind nicht gedruckt worden.«

»Nun, wie ich Euch sage, ich werde Euren Namen durch das Trauerspiel erfahren haben.«

»Ihr täuscht Euch abermals, denn die Herren Komödianten vom Hotel von Burgund wollten nichts davon wissen,« sagte der Dichter mit jenem Lächeln, dessen Geheimnis nur gewisse stolze Charaktere kennen.

D’Artagnan biß sich auf die Lippen.

»Mein Herr,« fuhr der Dichter fort, »Ihr seht also, daß Ihr in einem Irrthum über mich begriffen seid, und daß Ihr, da Ihr mich durchaus nicht kennt, auch nicht von mir sprechen hören konntet.«

»Das bringt mich in Verwirrung. Der Name Jupenet dünkt mir ein schöner Name und ganz würdig, ebenso bekannt zu sein, als die Namen der Herren Corneille, Rotrou oder Garnier. Ich hoffe, mein Herr, Ihr werdet mir ein wenig von Eurer Tragödie vorsagen . . . später, beim Nachtisch. Das ist geröstete Brodschnitte in Zucker, Mordioux! Ah! verzeiht, mein Herr, dieser Schwur entschlüpft mir zuweilen, weil mein Herr und Meister sich desselben zu bedienen pflegt. Ich erlaube mir manchmal, diesen Schwur zu ursurpiren, der mir von gutem Geschmack zu zeugen scheint. Wohl verstanden, ich erlaube mir das nur in seiner Abwesenheit, denn Ihr begreift, in seiner Gegenwart . . . Aber in der That . . . «

Der Graf von Bragelonne

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