Читать книгу NeuGier - Dein Herz will mehr ... - Alexa McNight - Страница 10
ОглавлениеKapitel Drei - Teil 2
Drei Tage später hatte sie weder von Henry noch von Jackson gehört. Ersteres begann ihr allmählich egal zu werden, vor allem um ihrer selbst willen, Letzteres wurmte sie ein wenig.
Inzwischen hatte sie mit der Handarbeit an der neuen Kollektion begonnen und das Rohmodell der Kette in den Konturen beinahe fertiggestellt. Wie jedes Mal konnte sie es kaum abwarten, es zu Ende zu bringen, auch den Ring und den Ohrschmuck, und so verließ sie die Werkstatt nur zum Schlafen.
Lindsay und Jessie hatten sich längst in den Feierabend verabschiedet, da klopfte es an der Ladentür.
»Wird Zeit, dass du entspannst«, lautete Jills Begrüßung. Sie gab Kate einen Kuss auf die Wange und ging an ihr vorbei. »Wenn du um diese Uhrzeit noch in der Werkstatt hockst, brütest du sicher etwas Neues aus. Und das will ich sofort sehen.«
Vor Kates Arbeitstisch stehend, ließ sie ein »Wow« nach dem anderen hören.
»Ich dachte mir, dass es dir gefällt«, grinste Kate und hockte sich auf die Tischkante.
»Wie bist du denn darauf gekommen? Für gewöhnlich beziehst du deine Inspiration doch aus der Fabelwelt.« Jill sah von den Zeichnungen auf. »Sag nur, der Abend im Seven Seas hat dich dazu verleitet. Wenn ja, solltest du so etwas öfter erleben.«
»Ich weiß nicht.« Kate zuckte die Schultern. »Der Abend war es aber sicher nicht.«
»Nicht?« Jill zog die Brauen hoch. »Ist Henry erwacht und hat dich geliebt, wie er es sollte?« Der Ausdruck auf Kates Miene genügte, um sie abwinken zu lassen. »Okay, Henry war es auch nicht. Wer dann?«
»Es kam einfach über mich«, hob Kate zur Erklärung an, da zwitscherte ihr Telefon. Der Ton kam so überraschend, dass sie zuckte. Die Arme vor der Brust verschränkend, verbot sie es sich, nach dem Gerät zu greifen.
»Wer auch immer es war«, murmelte Jill, »er hat dir gerade eine Nachricht geschrieben. Willst du nicht wissen, was er dir zu sagen hat?«
Kates Neugier siegte. Sie nahm das Handy und rief die Nachricht auf, die tatsächlich von Jackson war.
»Was hast du am Freitagabend vor?«, las sie.
»Lass mal überlegen, was du antworteten könntest …« Jill tippte sich mit dem Finger gegen die Unterlippe. »Den Freitag verbringe ich wie gewohnt im Cottage meines Lebensgefährten, der mich mit dem Arsch nicht anguckt …«
Kate warf ihr einen tadelnden Blick zu.
»Wer ist das?«, beharrte die Freundin.
»Ich weiß so gut wie nichts von ihm«, gestand Kate mit einem Seufzen. »Ich habe ihn versehentlich angerufen, weil ich doch deine Nummer falsch notiert hatte. Aus dem anfänglichen Sorry-falsch-verbunden-Gespräch ergab sich irgendwie eine Unterhaltung. Und daraufhin zwei weitere.«
Jill quittierte das mit einem Grinsen. »Was antwortest du ihm?«
»Natürlich frage ich ihn, was er vorhat«, sagte sie und tippte es ein.
Jacksons Antwort ließ auf sich warten. In der Zwischenzeit wechselten Kate und Jill von der Werkstatt in die Wohnung, öffneten einen Wein und kochten Spaghetti.
Als die Nachricht einging, war Jill schneller am Handy. »Ich würde dich gern treffen«, las sie vor.
Kate nahm ihr das Gerät aus der Hand. Warum?, textete sie zurück und starrte so lange auf das Display, bis es einen Eingang anzeigte.
Weil ich nicht aufhören kann, an dich zu denken. Egal, was ich tue. Allerdings date ich momentan nicht, wie es die meisten anderen vielleicht tun, was bedeutet, dass ich dich nicht zum Essen oder auf einen Drink treffen möchte, sondern um mit dir zu schlafen.
Jill prustete los. »Immerhin ist er ehrlich.«
Kate schnappte nach Luft, schimpfte: »Spinnt der?!« und ging ins Schlafzimmer, um ihn anzurufen. Das Handy ans Ohr gepresst, stand sie am Fenster und lauschte dem Klingelzeichen, das nur wenig lauter als ihr Herzschlag war.
»Du willst Sex mit mir?«, sprudelte es aus ihr heraus, kaum dass er sich gemeldet hatte. »Einfach so?!«
»Nicht einfach so«, sagte er ruhig. »Ich habe nicht einfach so Sex und ich will Sex nicht eben mal. Wenn wir schreiben und wenn wir telefonieren, ist da etwas zwischen uns … und ich glaube dir nicht, dass du es nicht auch bemerkt hast. Sicher bist du überrascht, vielleicht sogar erschrocken. Was mich betrifft, so habe ich auf diesem Weg noch nie eine Frau kennengelernt, zu der ich mich so hingezogen fühle.«
Seine Worte berührten sie, doch Kate zwang sich zur Skepsis. »In so einer kurzen Zeit?«
»Zeit spielt bei so etwas absolut keine Rolle«, konterte er aus offenbar tiefer Überzeugung. »Wären wir uns auf der Straße oder beim Einkaufen oder in einem Club begegnet …«
»Das sind wir aber nicht«, unterbrach sie ihn, doch stellte in derselben Sekunde für sich fest, dass es die Sache irgendwie nur besser machte, dass sie voneinander lediglich die Stimmen kannten.
Er stahl ihr die Gedanken: »Das macht es doch nur noch besser, oder nicht? Diese Kraft, die da zwischen uns wirkt, hat nicht, wie üblich, die leicht zu täuschenden optischen Sinne angesprochen, sondern einen anderen … den berühmten siebten Sinn vielleicht.«
Es war schwer, ja geradezu unmöglich, hierauf eine Widerrede zu finden, also griff Kate etwas anderes auf. »Was meinst du wohl, was dir dein optischer Sinn sagt, wenn du mich siehst. Nachher genügt ein Blick auf mich, um dein Verlangen in Luft aufzulösen.«
»Hm, naja …« Scheinbar hatte sie ihn aus dem Konzept gebracht. »Mein optischer Sinn war es wohl, der mich letzten Endes hierzu bewegt hat. Ich weiß bereits, wie du aussiehst.«
»Du hast mich gegoogelt?!«
»Ja, vorgestern. Du warst der Top1-Treffer, Kate Clark … Handwerkerin. Du bist wunderschön und wunderbar kreativ. Dein Schmuck ist toll.«
Die Wärme in seiner Stimme ließ Kates Puls ein schnelleres Tempo einschlagen. Dieser Mann verunsicherte sie so sehr, doch er beeindruckte sie in gleichem Maße, rüttelte an ihren Prinzipien – und das nicht gerade sachte. Der Gedanke, ihn zu treffen – für nichts weiter als Sex – der war mit einem Mal verlockend. So verlockend, dass ein Kribbeln in ihrem Bauch einsetzte.
»Jackson, ich kann dich nicht treffen«, presste sie zwischen den Zähnen hervor. »Außerdem wäre das ungerecht. Du weißt jetzt, wer ich bin, aber wenn ich Google mit ›Jackson‹ und ›San Francisco‹ füttere, wie viele Vorschläge bekomme ich dann? Einhundert?«
»Einer ist der Richtige«, gab er amüsiert zurück. »Also finde mich. Und sag nicht immer gleich Nein. Bonne nuit!«
Zurück in der Küche, fand sie Jill in der Sauce rührend und eine Melodie pfeifend.
»Gib dir keine Mühe«, murrte Kate. »Ich weiß, dass du gelauscht hast.«
Jill nahm sie beim Wort. Ohnehin fiel es ihr immer sehr schwer, Dinge zurückzuhalten, die ihr auf der Zunge brannten. »Ich finde, du solltest ihn treffen und vögeln.«
Kate hob den Topf mit den Nudeln vom Kochfeld und schaltete es ab. »Das überrascht mich nicht.«
»Ich meine, schau doch mal … «
»Nein, ich schaue gar nicht!«, schnitt Kate Jill das Wort ab und erklärte das Thema für beendet.
***
Das war es nicht. Und Kate schaute sehr wohl. Den ganzen Donnerstag tat sie nichts anderes und inspizierte die von Google ausgegebenen Fotos. Wie erwartet, gab es in San Francisco einige Jacksons. Vom Anwalt bis zum Zahnarzt, von attraktiv bis zum Davonlaufen – die Auswahl war riesig. Gegen Mittag bat Kate Jackson um einen Hinweis auf seinen Beruf, doch er reagierte bis zum Abend nicht und dann nicht entsprechend.
»Wenn es dir um Äußerlichkeiten geht«, schrieb er, »und du befürchtest, dass ich dir nicht gefalle … ich bin tageslichttauglich. Aber verbinde dir doch die Augen. Das macht es nicht nur leichter, sondern steigert auch die Spannung.«
Kate biss sich auf die Lippen, als sie das las. Sie schaltete ihr Mobiltelefon aus, tigerte wieder mal durch die Wohnung und raufte sich die Haare.
Es war unglaublich, was er mit ihr anstellte. In einer derart kurzen Zeit vor allem. Er lockte sie und weckte ein Verlangen in ihr, das sie nicht verstand. Der Gedanke, diesen Mann mit verbunden Augen zu treffen, es einfach geschehen zu lassen, der machte sie halb wahnsinnig. Einen ganz anderen Wahnsinn unterstellte ihr hingegen ihr Verstand, der sie warnte, der sie ermahnte, der sie an Henry erinnerte.
Henry, der …
Kate stieß einen wütenden Laut aus, nahm ein Kissen von der Couch und pfefferte es quer durch das Zimmer. Ein zweites flog gleich hinterher.
Henry, der ihr gesagt hatte, dass sie sich ficken sollte und dass ihm egal war, was sie tat.
Also gut!, beschloss sie und strich sich die wilden blonden Strähnen aus dem Gesicht. Henry würde ihr jetzt endlich auch einmal egal sein. Sie würde sich nicht selbst ficken, sondern das Jackson tun lassen. In San Francisco. Morgen Abend. Mit verbunden Augen. Ein einziges Mal nur.
Also schaltete sie ihr Handy ein. An eine Wand gelehnt, sendete sie ihr »Okay« an Jackson. Dann sank sie auf den Fußboden und presste sich eines der herumgeworfenen Kissen vors Gesicht.