Читать книгу John Jacob Astor - Alexander Emmerich - Страница 7
HERKUNFT (1763–1780)
ОглавлениеJohann Jacob Astor stammt aus dem kurpfälzischen Walldorf, das südlich von Mannheim und Heidelberg gelegen ist. Seit dem Mittelalter spielte die Pfalz eine bedeutende Rolle in der Politik des Heiligen Römischen Reiches. Nach dem erbittert geführten Pfälzer Erbfolgekrieg (1688–1697), in dem unter anderem die Hauptstädte Mannheim und Heidelberg von den Franzosen zerstört wurden, zog für acht Jahrzehnte eine Zeit des Friedens und der kulturellen Blüte ein. Anders als seine Vorgänger konnte sich Kurfürst Carl Theodor (Regierungszeit 1742–1799) daher ausführlich seinen wissenschaftlichen und künstlerischen Interessen widmen. Große Namen sind mit seiner Regentschaft verbunden: Mozart und Schiller besuchten die pfälzische Residenzstadt Mannheim ebenso wie Voltaire und Lessing. Die erst kurz zuvor prachtvoll wieder errichtete Stadt Mannheim erlebte deshalb einen umso tieferen Fall, als Carl Theodor nach der Vereinigung der Pfalz mit dem Königreich Bayern wegzog, um das Erbe des Hauses Wittelsbach anzutreten: Fortan residierte er in München. Die einst so bedeutende Pfalz am Rhein wurde nach der Verlegung der kurpfälzischen Residenz zu einem politischen Nebenschauplatz in Deutschland.
Durch die friedliche Zeit war die Einwohnerzahl der Kurpfalz rapide angestiegen. Doch extreme Wetterbedingungen, Überschwemmungen, Frost und große Hitze brachten Missernten und Seuchen in die Region, was dazu führte, dass in weiten Teilen Hunger und Elend herrschte. Die Bauernhöfe wurden durch die traditionelle Realerbteilung, die gleichmäßige Aufteilung des Bodens unter allen Erben, immer weiter verkleinert, bis sie schließlich so klein waren, dass sie in schlechten Zeiten keine ertragreiche Familienwirtschaft mehr erlaubten. Auch waren Innovationen wie die Stallfütterung und neuere Düngemethoden, die in anderen Regionen bereits zu einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion geführt hatten, in der Kurpfalz noch unbekannt. Viele Pfälzer sahen angesichts ihrer schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lage in der Auswanderung nach Nordamerika ihre einzige Chance auf ein besseres Leben. Diejenigen, die zurückblieben, hatten kaum eine Möglichkeit, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.
Das Bildungswesen unterlag seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, als der katholische Kurfürst Carl Theodor die Macht in der einst protestantischen Kurpfalz übernommen hatte, einer konfessionellen Spaltung. Dies hatte zur Folge, dass in den einzelnen Ortschaften mindestens zwei, in manchen Fällen sogar drei Schulen eingerichtet wurden. Eine allgemeine Schulpflicht wurde dennoch nicht eingeführt, da sich Carl Theodor zwar am Hof in Mannheim der Wissenschaft und Kunst widmete, das Bildungswesen aber nicht reformierte. Entsprechend ärmlich blieb die Ausstattung der Schulen, und entsprechend gering war die fachliche Qualifikation der Lehrer.
Das Dörfchen Walldorf bestand in dieser Zeit aus etwa 250 Familien und hatte knapp über 1000 Einwohner, die in etwa 200 Häusern lebten. Für das ausgehende 18. Jahrhundert war es ein verhältnismäßig großes Dorf. In Walldorf gab es die für die damalige Zeit üblichen drei Kirchen, die katholische, die reformierte und die lutherische, sowie eine jüdische Synagoge. Das dörfliche Leben war vollständig auf die Erträge der eigenen Landwirtschaft ausgerichtet und daher immer abhängig von den Launen der Natur.