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Familie und Jugend

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In den Kirchenbüchern der reformierten Gemeinde Walldorfs findet sich am 17. Juli 1763 der Geburtseintrag Johann Jacob Astors. Er wurde als sechstes Kind der Eheleute Maria Magdalena und Johann Jacob Astor dem Älteren in Walldorf geboren. Astors Familie war sehr arm. Der Vater übte den Beruf des Metzgers aus, was im 18. Jahrhundert bedeutete, dass er von Hof zu Hof zog, um dort das Vieh der Bauern zu schlachten. Gewinnbringend war sein Beruf nur im Vorfeld der alljährlichen Feste, da es sich die Bewohner und Bauern Walldorfs nur dann leisteten, ihr Vieh zu schlachten. So hatte Vater Astor im Laufe eines Jahres nur vor Weihnachten und Ostern, vor Hochzeiten, Taufen, der Erstkommunion und der Konfirmation ausreichend Arbeit, um seine Familie angemessen ernähren zu können. Sonst hungerte die Familie meist.

Die Eltern des kleinen Johann Jacob waren seit dem 15. April 1749 verheiratet. Ein Jahr nach ihrer Hochzeit gebar Maria Magdalena im März 1750 das erste Kind, Peter Astor, der noch im Säuglingsalter starb. Das zweite Kind wurde zwei Jahre später geboren und in Erinnerung an das erste auf den Namen Georg Peter getauft. Ihm folgten Heinrich, Catherina, Melchior und schließlich im Jahre 1763 Johann Jacob. Er erhielt den Namen seines Vaters.

Die Familie Astor erlitt einen schweren Schicksalsschlag, als wenige Monate nach der Geburt Johann Jacobs die Mutter am 1. Mai 1764 im Alter von nur 33 Jahren starb. Johann Jacob war gerade zehn Monate alt. Viele Familien wurden in dieser Zeit von solchen Schicksalsschlägen ereilt. Hohe Geburtenraten, zugleich eine hohe Sterblichkeit der Kinder und auch der Ehepartner gehörten zum Leben einer Familie. Waisenkinder und zweite Ehen waren ein trauriger, doch normaler Bestandteil des familiären Lebens.

So heiratete auch Vater Astor nach einer zweijährigen Trauerphase erneut. Die Hochzeit zwischen ihm und der 24jährigen Christina Barbara Seybold fand am 8. Juli 1766 in Walldorf statt. Das Paar bekam in den Folgejahren sechs Kinder, wodurch sich die Familie Astor mehr als verdoppelte. Die Familie musste in dem kleinen Haus immer enger zusammenrücken. Oft saßen alle Kinder hungernd um den wärmenden Ofen. Doch auch das erstgeborene Kind der zweiten Ehe, Maria Magdalena, das den Namen von Johann Jacobs erster Frau erhielt, überlebte das Säuglingsalter nicht und wurde nur wenige Wochen alt. Das zweite Kind dieser Ehe wurde ebenfalls auf den Namen Maria Magdalena getauft. Ihr folgten Anna Eva, Elisabetha, Sebastian und schließlich Maria Barbara.

Da es im Hause Astor allmählich zu eng wurde, entschieden sich die ältesten der Kinder, Georg Peter und Heinrich, das Elternhaus zu verlassen und auszuwandern. Nach dem bitteren Verlust der Mutter musste der junge Johann Jacob nun den Fortgang seiner beiden ältesten Brüder hinnehmen. Heinrich war der erste Astor, der seine Heimat verließ. Im Jahre 1775 schloss er sich als Söldner einem hessischen Regiment an, das von den Briten angeheuert wurde, um in Nordamerika gegen die amerikanischen Revolutionäre zu kämpfen. Henry, wie er sich bald nannte, genoss dadurch eine freie und kostenlose Überfahrt in die nordamerikanischen Kolonien, die er an Bord eines britischen Marineschiffes verbrachte. Der älteste Bruder, Georg Peter, emigrierte 1777 nach London und wurde dort Instrumentenbauer. Im gleichen Jahr verließ auch noch der dritte Bruder, Melchior, der bei seinem Vater das Metzgerhandwerk gelernt hatte, das Elternhaus. Er machte sich in der Nachbargemeinde Oftersheim als Metzger selbstständig. Zu Hause blieben nun nur noch Catherina und Johann Jacob und die Kinder aus der zweiten Ehe.

Astor und seine Geschwister erhielten eine für die damalige Zeit typische, schlichte Schulbildung in der reformierten Kirche in Walldorf. Zwar behaupten einige Autoren, Astor habe eine vorzügliche Schulausbildung genossen. Sie nahmen allerdings an, dass Walldorf zu diesem Zeitpunkt bereits zum Großherzogtum Baden gehörte, wo der wohlwollende Markgraf Karl Friedrich von Baden im Jahre 1771 eine umfassende Schulreform durchführte. Immerhin gab es in Walldorf seit dem Jahr 1737 eine reformierte Schule, die aus einem kleinen Raum bestand, in dem alle Schüler aller Jahrgänge gemeinsam unterrichtet wurden. Die widrigen Umstände und Unterrichtsbedingungen der reformierten Schule und die Tatsache, dass keine allgemeine Schulpflicht bestand, waren jedoch der Grund, dass kaum jeder Zehnte der Dorfkinder Lesen und Schreiben lernte. Sie mussten vielmehr ihren Eltern bei der Arbeit helfen. Den Sinn einer Schulbildung sahen die Wenigsten.

Geleitet wurde die Schule von Johann Valentine Jeune, einem Nachkommen geflüchteter französischer Hugenotten, der dieses Amt 1740 übernommen hatte. Jeune blieb bis zu seinem Tod 1783 Lehrer an dieser Schule. Zusammen mit dem reformierten Dorfpfarrer Johann Philip Steiner unterrichtete er die Schüler der Kirchengemeinde. Die frommen und gebildeten Männer förderten Johann Jacob, da sie in ihm einen besonders talentierten und neugierigen Schüler erkannten, dessen Fähigkeiten die der anderen Mitschüler übertrafen und der offen für ihre Lehren und Ideen war. Allerdings war Johann Jacob verhältnismäßig selten in der Schule. Umso mehr versuchte Jeune, den jungen Astor mit seiner Fürsorge zu unterstützen. Er führte Astor in die Grundzüge der calvinistischen Religionslehre ein, für die seine Vorfahren in Frankreich verfolgt worden waren. Mit Fleiß und Arbeitseifer könne man Wohlstand erreichen, der ein Zeichen der Auserwähltheit durch Gott darstelle. Ebenso sei eine asketische Lebensführung für diese Auserwähltheit unverzichtbar.

Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr lebte Johann Jacob das gewöhnliche Leben eines armen Jungen. Seine Zeit verbrachte er teils in der Schule, zu Hause und bei den gelegentlichen Schlachtungen seines Vaters. Mit der Konfirmation am Ostersonntag 1777 aber endete diese Zeit. Das Glaubensfest markierte nicht nur das Ende der Schulzeit, von diesem Zeitpunkt an musste ein junger Mann selbst die Verantwortung für sich und sein Leben übernehmen. Der Tradition entsprechend begann nun eine Handwerkslehre, zumeist an einem fremden Ort. Die weniger Begabten heuerten als Knecht oder als Landarbeiter auf einem Bauernhof an. Astor sah sich im Frühsommer mit genau dieser Entscheidung konfrontiert. Nach seiner Konfirmation musste er nun die Weichen für sein weiteres Leben stellen. Seine beiden Lehrer hatten erkannt, dass er ein intelligenter, junger Mann war, der seinen Weg machen würde. Und Astor sollte seine beiden Mentoren nicht enttäuschen. In ihm war das Interesse erwacht, etwas aus seinem Leben zu machen. Doch die ärmlichen Verhältnisse seiner Familie schienen ihm jede Möglichkeit zu verwehren. An die Finanzierung einer Ausbildung war in keiner Weise zu denken. Nachdem seine beiden ältesten Brüder bereits ausgewandert waren und Melchior in der Nachbargemeinde lebte, bestand sein Vater darauf, dass Johann Jacob ihn bei seinen Schlachtungen unterstützte. Johann Jacob hatte seinem Vater schon während der Schulzeit in all den Jahren zuvor immer wieder geholfen. Ihm widerstrebte aber der Gedanke, dass dies nun seine Lebensaufgabe werden sollte. Doch letztlich akzeptierte er den Wunsch seines Vaters. Fortan arbeitete er für ihn als Laufbursche.

Das Verhältnis von Vater und Sohn war seit einiger Zeit belastet. Schon als Kleinkind litt Johann Jacob unter seiner Stiefmutter, mit der er oft aneinander geriet. Daher entfloh der junge Johann Jacob häufig dem Elternhaus. William Oertel von Horn berichtet in seinem 1854 erschienenen Büchlein davon, dass Valentin Kamm, der zusammen mit Astor konfirmiert wurde, erzählte, dass Johann Jacob oft tagelang gehungert habe und seinem Vater nur während der Arbeit unter die Augen getreten war. Nachts habe sich Johann Jacob oft zum Schlafen in einen Heuschober zurückgezogen. Wenn er unter allzu großem Hunger litt, wurde er von seinen früheren Schulfreunden versorgt.

John Jacob Astor

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