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Wie dieses Buch entstand

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Von August 2017 bis Juni 2018 folgte ich meinem Partner nach Taiwan. Er hatte dort ein Fulbright Fellowship erhalten, vergeben im Rahmen eines Programms des US-Außenministeriums, das der Völkerverständigung und dem Austausch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und ihren Verbündeten dient. Er selbst ist Amerikaner mit Wurzeln in China, die Familie landete in den USA an, als er noch ein Kind war. Als Fulbright Fellow würde er ein Jahr lang in Taiwan Englisch unterrichten. Für ihn war das eine Möglichkeit, als Erwachsener wieder mit der chinesischen Kultur und Sprache in Berührung zu kommen, die ihn als Kind geprägt haben. Da es dieses Unterrichtsprogramm mit dem Ziel, das Verständnis zwischen Menschen verschiedener Kulturen zu fördern, in der Volksrepublik China nicht gibt, fiel seine Wahl auf das benachbarte Taiwan, das auf den ersten Blick viele kulturelle Gemeinsamkeiten mit dem Riesenland auf der anderen Seite der Taiwanstraße aufweist.

Ich entschied mich, ihn für dieses Jahr zu begleiten. Meine Arbeit hatte in den drei vergangenen akademischen Jahren zuvor, von 2014 bis 2017, in denen ich als Fellow und Gastwissenschaftler an der Universität Harvard war (und wo Andrew und ich uns kennengelernt haben), einen neuen Fokus erhalten. Meine Promotionen in Theologie und Linguistik beschäftigten sich, im weitesten Sinne, mit dem Verständnis zwischen Christentum und Islam, mit der Integration muslimischer Minderheiten in Europa. Diese Arbeiten führten mich zu der Frage von Identität, Zugehörigkeit und wie sie ins Politische übersetzt werden: Wie werden religiöse Identitäten genutzt, um Geschichten zu erzählen, die am Ende über Akzeptanz des Gemeinwesens oder den Ausschluss aus ihm entscheiden? In dieser Zeit las ich, wie viele andere auch, das Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit des israelischen Historikers Yuval Harari. Darin deckt er, sprachlich gewandt wie keiner vor ihm zuvor, den elementaren Zusammenhang von Narrativen, Identität und politischer Herrschaft auf. Menschen, so Harari, die zusammenarbeiten wollen, brauchen, sofern sie nicht miteinander verwandt sind, eine Erzählung, ein Narrativ, das sie zusammenhält und ihrer Zusammenarbeit Sinn und Würde verleiht. Familien ziehen diese Identität aus der gemeinsamen Geschichte. In Verbünden, die größer sind, kennen die Menschen einander aber nicht. Narrative, so Harari, sorgen dafür, dass diese Wissenslücke überbrückt wird.

Zwei Narrativ-Gruppen treten dabei in allen Kulturen in Erscheinung: Die erste ist die der Mythologie und der Religion. Sie stecken den großen Rahmen ab, stiften den Horizont, unter dem die Arbeit des Verbundes, der sich zusammenfindet, Sinn erhält. Die Fragen des Woher und des Wohin geben dem Menschen eine Heimat, die über den jetzigen Moment hinausweist, dieser Jetztzeit aber immer eine Bestimmung abtrotzen kann. So kennen alle menschlichen Zivilisationen Geschichten vom Ursprung der Welt und der Menschheit und von ihrer Vollendung. Stammen diese Geschichten aus der Zeit mittlerweile untergegangener Religionen, sprechen wir von Mythologie. Religionen entfalten, damals wie heute, eine umfassende Bindekraft, mit der sie sowohl das Leben der Einzelnen in einem spirituellen Sinne als auch den Zusammenhalt der ganzen Gruppe, ihr Bildinventar und ihre Sprache, prägen. Zugehörigkeit bedeutet hier verstehen können, nicht glauben müssen. In diesem Sinne ist die europäische Hemisphäre nach wie vor eine vom Christentum geprägte. Immer noch kennen sehr viele Menschen in der Alten Welt die biblischen Erzählungen von Adam und Eva, der Arche Noah, dem Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi und dem Ende der Welt, das in der Offenbarung des Johannes grausam und hoffnungsfroh erzählt wird und dem Michelangelo in seinem Gemälde vom Jüngsten Gericht in der Sixtinischen Kapelle eine immerwährende Manifestation gestiftet hat, die in der Ikonographie, die die ganze Welt kennt, ihren festen Platz hat. Es ist eine Frage der Anschauung, ob in Europa die jüdisch-christliche Erzählung der Bibel mittlerweile nicht denselben Status hat wie die Mythologie des Alten Griechenlands. Aber gerade darin bestätigt sich Hararis These: Es geht nicht um eine glaubende Zustimmung zu der Erzählung, sondern ihr Verstehen. Diejenigen, die das Narrativ kennen, gehören, laut Harari, zu der Gruppe, die anderen nicht.

Die zweite Narrativ-Gruppe, die uns in dem Buch Sapiens vorgestellt wird, ist die des Klatsches. Menschen, die nicht miteinander verwandt sind, möchten etwas über die Menschen erfahren, mit denen sie zusammenleben und denen sie täglich begegnen. Die Welt des Klatsches hat sich in den vergangenen Jahrzehnten beständig ausgeweitet. Vom Leben der Hollywood-Stars, wen sie lieben, wen sie heiraten und von wem sie sich scheiden lassen, beispielsweise, wird heute in Klatschpostillen rund um den Globus berichtet. Fehltritte werden ausgeleuchtet, Nachrufe geschrieben. Der Klatsch ist das Fluidum, das die menschliche Kooperation auf einer täglichen Basis am Leben erhält.

Mich hat in meiner Arbeit ausschließlich die erste Narrativ-Gruppe interessiert. Die religiöse Zugehörigkeit wurde und wird wiederbelebt als das entscheidende Kriterium der Einteilung in »die« und »wir«. Zu dieser Entwicklung, die unter dem Stichwort Populismus in der jüngeren Vergangenheit in allen Erdteilen um sich gegriffen hat, habe ich begonnen in Harvard zu arbeiten. Dabei wurde ein Grundkonflikt deutlich, der geradezu modellhaft im Verhältnis von Taiwan und der Volksrepublik zum Tragen kam – mit potenziellen Auswirkungen für die Weltregion, in der die beiden liegen, wie für die ganze Weltgemeinschaft: Es ist der Konflikt zwischen freiheitlicher Demokratie und autoritärer Diktatur.

Ein demokratischer Staat ist ein säkularer Staat, das heißt, dass in ihm kein religiöses Narrativ über die Zugehörigkeit bestimmt. Das bedeutet nicht, dass Religion keine Bedeutung in einem solchen säkularen Staat haben dürfe oder diese Bedeutung über die Zeit verlieren werde. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind in diesem Sinne das beste und auch das erste Beispiel eines säkularen Staates. Man könnte sogar sagen, sie sind bislang das einzige Experiment dieser Art, das geglückt ist. Ob in Frankreich, Mexiko, der Türkei oder Russland – überall dort, wo im Zuge einer Revolution die Religion gewaltsam aus dem Leben der Menschen verbannt werden sollte, kam sie machtvoll zurück. Nicht nur (aber auch), weil die Menschen an die Lehre ihrer Religion glaubten, sondern, und das ist für unseren Zusammenhang entscheidend, weil sie diese Religion und die Kultur, die aus ihr erwachsen ist, als Teil ihrer Identität betrachteten, die sie nicht aufzugeben bereit waren.

In den Vereinigten Staaten dürfen alle Menschen ihre Religion haben, ausleben und kultivieren. Dies wird besonders deutlich in der Rede- und Meinungsfreiheit, die ihren Ursprung in dem Kampf um die Gewissens- und Glaubensfreiheit hat, die Europa in Chaos und Blutvergießen stürzte, als das neue Land, die Vereinigten Staaten, aus der Taufe gehoben wurde. Das umfassende Narrativ der USA fußt nicht auf einer alten Mythologie oder einer praktizierten Religion, sondern auf der Verfassung, die jeder und jedem unveräußerliche Rechte zuspricht und das Streben nach Glück (was durch und durch ein säkulares, innenweltliches Unterfangen ist, im Gegensatz zum unverlierbaren Heil, das die christliche Religion verkündet und an einen Ort außerhalb unserer Welt und Zeit knüpft). Die USA sind in diesem Sinne der erste moderne Verfassungsstaat (in dem das Erbe Englands, die Magna Charta, nachwirkt). Noch heute ist in den USA entscheidend, dass man ein citizen, eine Bürgerin oder ein Bürger, ist. Diese Bestimmung kommt zuerst, alle anderen, Geschlecht, Ethnie, Religion, spielen keine Rolle. Dass es seit der Gründung des Landes Gruppen gab und gibt, die gegen diese verfassungsmäßige Grundlage der Vereinigten Staaten arbeiten und sie aushebeln wollen, hebt den außergewöhnlichen Anspruch, den die USA sich bei ihrer Gründung gegeben haben, nur noch weiter heraus. Um die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gegen den Anspruch politischer Macht, die in der Alten Welt häufig im religiösen Gewand daherkam, zu schützen, wurde die Idee der Gewaltenteilung, die Trennung von Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung, in den USA praktische Realität.

Verfassungsstaat, Staatsbürgerschaft und Gewaltenteilung sind die großen Geschenke Amerikas an die Welt. Sie sind heute in den Teilen des Globus, der, unpräzise, der »Westen« genannt wird, zum Träger des vorherrschenden politischen Systems geworden, das wir freiheitlich und infolgedessen demokratisch nennen. Länder, die die Grundbestimmung des Menschen als eines freien Individuums mit unveräußerlichen Rechten (wie dem Streben nach Glück) nicht teilen, sind heute allesamt keine Demokratien.

Diese Staaten sind es, die die Gegenspieler der freiheitlichen Welt sind, die sich heute von Neuseeland, Australien, Südkorea und Taiwan über Europa bis nach Amerika erstreckt. Mögen die Menschen, die in ihren Ländern leben, verschiedene Sprachen sprechen, an verschiedene Götter glauben oder nicht glauben – die politische und rechtliche Realität stellt keinen Unterschied zwischen ihnen dar. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit garantiert darüber hinaus international, dass Spanier in Neuseeland, Südkoreaner in Kanada oder Deutsche in Taiwan mit dem gleichen Respekt und unter dem gleichen rechtlichen Horizont behandelt werden wie in ihrem Heimatland. Niemand wird ohne Anwalt und ohne Verfahren eingesperrt, geschweige denn, dass ihm oder ihr Folter drohen. Es gibt in jedem dieser Länder freie Medien, die Missstände aufdecken. Es gibt Universitäten, Theater, Ateliers und Filmstudios, in denen Menschen ihre Sicht auf die Welt, unabhängig von politischer oder religiöser Bevormundung, artikulieren können.

Auf der anderen Seite stehen Diktaturen, wie die Volksrepublik China, in denen diese Rechte nicht gewährt werden. Mit verheerenden Konsequenzen. Wir erleben das Wiedererstarken einer Machtpolitik aus dem vergangenen Jahrhundert, einer Mentalität, die an das Kolonialzeitalter erinnert, sowie einer Diplomatie, die als Recht des Stärkeren verstanden wird. Mit der Behauptung der Exklusivität der eigenen religiösen oder mythologischen Weltanschauung geht zwangsläufig eine Ausgrenzung der »anderen« einher – von Oppositionellen im eigenen Land sowie allen anderen Menschen außerhalb. In der Volksrepublik hat Machthaber Xi Jinping einen ethnischen Nationalismus zur Richtschnur erklärt und einen für den Machtanspruch der Kommunistischen Partei abgespeckten, unverfänglichen Konfuzianismus zu einem Teil der Staatsdoktrin erklärt.

In Russland ist das Gleiche zu beobachten: Mit der Hilfe der orthodoxen Kirche hat Machthaber Putin ein Narrativ durchgesetzt, das den Westen als dekadenten Feind sieht, in dem biblische Todsünden wie die Homosexualität erlaubt sind. Politische Betätigung außerhalb von Putins Partei (die dem ideologischen Mindset gemäß, das in Diktaturen vorherrscht, »Einiges Russland« genannt wird) kann schnell gefährlich und mit der Gesundheit oder dem Leben bezahlt werden. Herrscher wie Chinas Xi Jinping oder Russlands Wladimir Putin schrecken vor militärischer Expansion nicht zurück. Auch das ist ein Kennzeichen, das ihre Länder von der Realität in Demokratien heute trennt.

Während meiner Arbeit in Harvard zu diesem neuen Blick auf Identität und Narrative trat noch eine dritte Gruppe hinzu: jene Staaten, die Demokratien sind, aber von sogenannten Populisten oder strongmen (es sind fast ausschließlich Männer) in Diktaturen umgewandelt werden sollen. Die Wahl von Donald Trump im November 2016 war für die Harvard Community (nicht nur für sie) ein großer Schock. Als wir in der Nacht zu Bett gingen, wurde auf CNN in mehr und mehr Bundesstaaten die Republikanische Partei als Wahlsieger ausgerufen. Am Morgen dann die schockierende Gewissheit: Er ist gewählt worden. Im Foyer der Kennedy School, dem Ort, an dem in Harvard »Public Policy« gelehrt wird und an dem viele derer ausgebildet werden, die später einmal in die öffentliche Verwaltung, in die Ministerien und den Auswärtigen Dienst gehen werden, herrschte eisige Stimmung. Es war mucksmäuschenstill, als die Ballons, ohne festliche Begleitmusik, von der Decke fielen. Eine Studierende intonierte »Amazing Grace«, das bekannte Kirchenlied, das unter anderem bei Beerdigungen gesungen wird. Bis zur letzten Minute hatte man in der liberalen Bastion Harvard geglaubt, dass Hillary Clinton den Wahlsieg sicher einfahren würde.

Wenn strongmen wie Donald Trump auf Diktatoren wie Xi Jinping treffen, ist der Konflikt vorprogrammiert. Denn selbsternannte strongmen glauben in ähnlicher Weise wie Führerkultfiguren, dass sie allein »das Volk« repräsentieren und verstehen, was es will. Es kommt zu einer von jedem diplomatischen Dekorum befreiten Konfrontation, die jederzeit eskalieren kann. Und in der Tat sollten sich die Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China in den kommenden Jahren rapide verschlechtern, nicht zuletzt aufgrund von Chinas Vorgehen gegen den kleinen benachbarten Inselstaat Taiwan.

Nach meinem Aufenthalt dort, den wiederholten Besuchen auf der Insel und in der Region, bevor die Coronapandemie jedes Reisen unmöglich gemacht hat, und den nunmehr vier Jahren der intensiven Beschäftigung mit dem Vorgehen der Volksrepublik gegenüber Taiwan und den Anrainerstaaten des Westpazifik bin ich fest davon überzeugt, dass der Großkonflikt zwischen freiheitlicher und autokratischer Welt im Kleinen ausgetragen werden wird: Bleibt Taiwan demokratisch, ist es die Bastion gegen die Ausbreitung des chinesischen Totalitarismus. Fällt Taiwan, hat Chinas Machthaber Xi alle Möglichkeiten, den gesamten Westpazifik, das Süd- und Ostchinesische Meer unter seine Kontrolle zu bringen.

Diese Zusammenhänge lagen bei weitem noch nicht so klar vor uns, als wir im August 2017 in Taiwan ankamen. Während mein Partner Englisch unterrichten würde, hatte ich die Möglichkeit, an der National Taiwan University als Gastwissenschaftler anzudocken und zum Thema »Demokratien in Ostasien« vor dem Hintergrund des erstarkenden, autokratischen China zu forschen.

Die Hauptstadt Taipeh, in der meine Universität lag und die ich mindestens einmal die Woche besuchte, und unser Wohnort, die Hafenstadt Kaohsiung im Süden der Insel, wo Andrew unterrichtete, lagen 350 Kilometer voneinander entfernt. Sie sind durch einen Schnellzug verbunden, der für die gesamte Strecke nur wenig mehr als neunzig Minuten braucht (und in dem ganzen Jahr, den ich ihn nutzte, kein einziges Mal verspätet ein- oder abfuhr). Diese Konstellation ermöglichte es mir, die verschiedenen Lebensweisen und Mentalitäten, die in Taiwan herrschen, kennenzulernen. Im Norden, in der Metropole, sind die Menschen erstaunlicherweise eher konservativ, was in Großstädten sonst nicht üblich ist. Der Süden hingegen ist eher liberal. Im Norden wird Mandarin gesprochen, im Süden das einheimische Taiwanesisch. Der Norden ist vor allem auch durch die Migrationswellen aus China seit dem Ende des Bürgerkriegs 1949 geprägt, der Süden von Besiedlungen der Insel, die mehrere Jahrhunderte zurückreichen. Daneben gibt es auf dem kleinen Eiland die Ureinwohner, die in Reservaten leben und die mit ihrer eigenen Identität die Pluralität auf Taiwan und den politischen Diskurs in der Hauptstadt bereichern.

Durch einen Professor an der »Tai Da«, wie die Universität in Taipeh kurz genannt wird (das Kürzel steht für »Taiwan Daxue«, Taiwan-Universität), erhielt ich zudem die Möglichkeit, für ein Semester als Gastwissenschaftler an die City University in Hongkong zu gehen. Beide Orte einte bis vor nicht so langer Zeit ihr demokratisches Gemeinwesen und der damit verbundene Konflikt mit der totalitären Volksrepublik. Hongkongs Eigenständigkeit ist mittlerweile komplett von Peking zerstört worden. In Taiwan ist man deshalb in ständiger Alarmbereitschaft und Sorge: Was geschieht, wenn die Volksrepublik, wenn Präsident Xi seine Ankündigung wahr macht und die Insel angreift, um sie zu annektieren?

Nicht nur Taiwan ist in den vergangenen Jahren durch die militante Politik der Volksrepublik aufgewühlt worden. Die Aggression Pekings macht weder vor Indien halt noch vor den Philippinen, Japan und Südkorea. Die beiden Letztgenannten (sowie das autoritäre Singapur) hatte ich während meiner Zeit in Taiwan ebenfalls besucht und Einblicke in das politische System und die Lebensweise der Menschen vor Ort erhalten. Zwischen meiner Zeit an der Universität in Taipeh und dem Ausbruch der Coronapandemie war ich noch zweimal in Taiwan und Hongkong. Eine Vortragsreise führte zudem im Spätherbst 2019 zu einem längeren Aufenthalt in der Region, nach Singapur, Malaysia, in die Volksrepublik China, Südkorea und Japan.

Das vorliegende Buch schaut von meiner Erfahrung in dem akademischen Jahr, das ich in Taiwan zugebracht habe, auf die Ereignisse in der Region und warnt: Es herrscht Alarmstufe Rot. Das Vorgehen der Volksrepublik kann in einen Weltkrieg münden, nicht nur, weil die Vereinigten Staaten die Schutzmacht Taiwans sind (nahezu jeder Chip, der in einem US-Handy steckt, stammt aus Taiwan), sondern weil durch den Westpazifik, den die Volksrepublik dominieren will, wichtige Handelsrouten und Internetkabel laufen.

Taiwan ist dabei aus Gründen, die das Buch erläutern wird, von herausragender Bedeutung für Xi Jinping. Chinas Anführer hat das Volk durch seine Propaganda hinter sich gebracht, sodass selbst der Verlust der gesamten chinesischen Flotte beim Versuch, Taiwan zu erobern, nicht zu einem Aufstand gegen ihn und seine Clique führen würde. Umgekehrt bedeutet das, dass es für Xi keinen Weg zurück gibt, zu eng hat er die Annexion Taiwans – die er »Wiedervereinigung« nennt – mit seinem eigenen politischen Schicksal verknüpft.

Ich hoffe sehr, nach dem Ende der Coronapandemie wieder nach Taiwan reisen zu können. Aber die Chancen, dass die Insel dann noch eine freie, unabhängige Demokratie ist, schwinden täglich. Und sollte es China gelingen, Taiwan zu besiegen, würde sich nicht nur das Leben im Westpazifik dauerhaft verändern, sondern auch das unsere hier in Deutschland und Europa.

Alarmstufe Rot

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