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Mord oder Gerechtigkeit 10

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Die Einzelzelle in der Ralph seine Haftstrafe wegen Betrugs und Besitz von Betäubungsmittel absaß war wie alle anderen Zellen durch einen Spion von außen einsehbar. Bis auf den Nassbereich. Genau das machte sich Ralph zu nutzte. Auf der Toilette hatte er einige Zeit für sich, ohne dass es den Beamten auffallen würde. Es kostete ihn viel Arbeit die kleine Rasierklinge aus seinem Einwegrasierer zu entfernen. Die Klinge hatte Ralph hinter der Unterkannte seines Spiegels platziert, dort fiel das kleine Ding bei keiner Durchsuchung auf. Schnell schraubte Ralph einen Kugelschreiber auf. Für das was er vorhatte, benötigte er nur den vorderen Teil, dort wo die Mine nach dem drücken auf den Knopf, heraus kam. Die Reste des Kugelschreibers zerstörte er so gut wie möglich. Anschließend spülte er sie hinunter. Er bearbeitete das Vorderteil des Kugelschreibers so lange, dass er die Rasierklinge bis zur Hälfte hineinschieben konnte. So entstand eine kleine brauchbare Waffe, mit der man leicht Jemanden verletzen konnte. Anschließend fixierte er sein Werk mit einem Stückchen Tesafilm. Kurz hielt Ralph die improvisierte Waffe in seiner Hand, erfasste sie festem Griff und prüfte sie mit ernster Miene. Nichts tolles, aber für seine Zwecke müsste es reichen. Er wickelte sie in ein Handtuch, dann verließ er den Nassbereich seiner Zelle und nahm einen Schluck Wasser zu sich.

Gerade als er die Wasserflasche zuschrauben wollte, klopfte ein JVA Beamter an der Tür zur Zelle. „Ich öffne jetzt die Tür!“ rief der Beamte durch die geschlossene Zellentür. Gleich darauf drehte sich der Schlüssel, und Ralph hörte wie ein weiter Riegel außen an der Tür zurückgeschoben wurde. „Fertig?“ wollte der Mann von Ralph wissen. Ralph nickte, wenn du wüstest wie fertig, dachte sich der Biker.

Den JVA Beamten kannte er, es war dieser Bauer. Ralph kannte seinen Vornamen nicht, er hatte ihn aber schon oft gesehen und ein paar Wörter mit ihm gewechselt. Da in der JVA die Innsassen die Beamten nur mit „Sie“ anreden durften waren die Vornamen der Beamten aber auch zweitrangig. Ralph griff nach dem Handtuch in das der präparierte Kugelschreiber eingewickelt war, seine Wasserflasche und seine Trainingshandschuhe fürs Gewichtheben. Beim Verlassen seiner Zelle warf er noch ein Auge auf die Uhr an der Wand, 16:47 Uhr.

Noch eineinhalb Stunden Zeit fürs Training im Kraftraum. „Halt“ Bauer hielt seine rechte Hand an die Brust von Ralph. Dann winkte er mit der linken Hand einen weiteren Beamten an ihnen vorbei und gleich dahinter ging Dimitri, ein Deutsch-Russe, in seinen Trainingsklamotten.

Bauer nahm die Hand von Ralphs Brust und deutete mit der gleichen Hand denn Gang entlang: „Los!“ „ Na, ganz schon angespannt heute?“ hakte er kurz später nach.

„Mhh…kann sein!“ war die knappe Antwort von Ralph, der ihm dabei immer noch in die Augen sah. Erst nachdem der Beamte nochmal mit der rechten Hand den Gang runter deutete setzt sich Ralph in Bewegung. Er brauchte die Pause. Schnell schritt der Biker dem Deutsch-Russen nach. Dieser wiederum ging zwei Schritte hinter seinem Bewacher her. Ralph holte ihn ein, ging dicht hinter ihn und flüsterte: „Kein Wort, wenn ich dich brauche machst du ein bisschen Ärger, Dimitri.“ Der kleine 1,72m große, aber muskelbepackte Gangster guckte verdutzt, nickte aber kurze Zeit später, ohne einen Ton von sich zu geben. Dimitri mochte den Biker irgendwie, zumindest respektierte er Ralph. Die Beiden haben sich beim Krafttraining etwas angefreundet, dort halfen sie sich gegenseitig zum Beispiel beim Bankdrücken. Genau wie Ralph verbrachte Dimitri so viel Zeit wie möglich beim Krafttraining und Bodybuilding, was man ihm auch deutlich ansah.

Als die kleine Gruppe aus Beamten und Insassen den Fitnessraum erreichten, war Stöcker bereits anwesend. Er strampelte auf einem Fahrrad und begann bereits zu schwitzen. In seiner schwarzen engen Hose und dem weißen T-Shirt, beides von Nike, sah er wie ein schlichter einfacher Mann aus. Doch dieses Grinsen mit dem er jeden Tag anderen Häftlingen begegnete, ließ ihn so überheblich und arrogant wirken, dass ihm so manch anderer Häftling und vielleicht auch der ein oder andere Wärter, gerne die Fresse poliert hätte. Auch jetzt, wenn er ab und zu vom Treten aufsah. Nach dem Ralph und Dimitri sich für ein Hanteltraining entschieden haben, breitete der Biker sein Handtuch auf einer Hantelbank aus. Den umgebauten Kugelschreiber mit der kleinen Klinge ließ er unbemerkt in den Spalt zwischen Sitz und Liegefläche gleiten. Dann setzte er sich auf das vordere Ende der Bank und griff sich zwei Hanteln vom Ständer, jede jeweils zehn Kilo schwer, für seine starken Arme und Schultern kein großes Gewicht, doch er würde sich seine Kräfte noch einteilen müssen.

Als er gerade mit der Übung beginnen wollte bemerkte er noch im Augenwinkel wie sich der Beamte der vorne wegging verabschiedete und durch Frau Mertens eine kleine, blonde JVA Angestellte ersetzt wurde. „Gut!“ dachte sich Ralph, „die Kleine wird im Ernstfall leichter zu überwinden zu sein als ein Mann.“ Mit ihr kam ein weiterer Häftling in den Fitnessraum, der aber schien neu in der JVA zu sein und stellte auch körperlich für Ralph keine Herausforderung da, falls er sich dafür entscheiden sollte den Beamten zu helfen. Jetzt waren also Bauer und Mertens ihre Bewacher. Auf der Hantelbank sitzend stemmte Ralph die beiden Hanteln über den Kopf, dann ließ er seine Arme im 90° Winkel nach unten sinken, stoppte kurz und drückte die Gewichte wieder nach oben. Dimitri stand hinter ihm, die Beine gespreizt über der Bank, mit den Armen unterstütze er die Bewegungen von Ralph.


Das Ziel, Markus Stöcker, radelte und schwitzte weiter. Immer noch grinsend, ab und zu nach seinem Handtuch greiffend, um sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Ralph und Dimitri wechselten bereits zum zweiten Mal, nun war es der Deutsch-Russe der die Hanteln hochdrückte und Ralph gab Hilfestellung. Die Beiden beendeten die Übung und wechselten zur Beinpresse, dabei achtete der Biker darauf dass er immer einen Blick auf Stöcker hatte. Nachdem sie auch diese Übung erfolgreich beendeten, stieg Markus Stöcker von seinem Fahrrad und wechselte zu den Hanteln. Das war die Gelegenheit auf die Ralph gewartet hat. Er deutete mit einem Kopfnicken zu den Hanteln. Dimitri ging auf die Hantelbank zu die sie zuvor bereits benutzt hatten und wartete auf seinen Trainingspartner. Der aber ging direkt auf Stöcker zu. „Das ist meine Hantelbank!“ blaffte er den verdutzten Stöcker an, ehe er ihn umgehend verscheuchte. Dimitri grinste hämisch. „He Ruhe da, oder ihr kommt in die Zellen zurück.“ rief JVA-Beamter Bauer zu den Beiden. „Schon gut, schon gut. Ich nehm die andere.“ säuselte Markus Stöcker und hob beschwichtigend die Hände. Ralph und Dimitri schnappten sich jeweils zwei Hanteln legten sich flach auf die von ihnen besetzten Bänke und trainierten Bankdrücken mit Kurzhanteln. Nach dem zweiten Satz gab Ralph seinem Trainingspartner der gerade seine Trainingsgeräte zurück in den Ständer bugsierte durch zweimaliges Zwinkern das Zeichen. Ralph stand auf, ging zurück zur Beinpresse und tat so als wäre sein Schnürsenkel aufgegangen. Der Deutschrusse aber zog sein T-Shirt aus und poste vor der Spiegelwand des Fitnessraums. Dabei ballte er die Fäuste vor seinem Sixpack und spannte seine Muskeln an. Sein Gesicht lief vor Anstrengung rot an, dazu schrie er, in betont starken russischen Akzent: „Seht euch das an, das sind Muskeln. Die hättest du auch gerne, nicht wahr!“ Er starrte Bauer direkt an und seine Augen schienen aus dem Kopf zu quellen. „Lass das!“ meldete sich Bauer lautstark zurück.

„Na, willst du meine Muskeln mal anfassen, oder lieber hier, Bitch!“ er griff sich in den Schritt und ging jetzt zwei Schritte auf die Blondine zu. „Ich hab gesagt lass das, das ist die letzte Warnung Dimitri!“ Der JVA Mann baute sich vor Dimitri auf. Er war deutlich größer als der Deutschrusse, zwar nicht so gut austrainiert aber schwerer und wahrscheinlich auch stärker als Dimitri. „Was denn was denn. Ich will doch nur ein bisschen Spaß haben mit der Kleinen.“ frohlockte Dimitri, und ließ die Hand wieder in seinen Schritt gleiten.

„Das war´s für heute, und für die nächste Zeit. Komm schon Dimitri wir gehen!“ meldete sich Bauer lautstark, griff nach Dimitris Schulter drehte ihn herum und schob ihn Richtung Tür. Dimitri leistete keinen Wiederstand. Er maulte ab und zu ein: „hey Mann.“ oder ein: „Schon gut, ich geh ja“.

Nachdem die beiden den Gang erreichten rief der Beamte über seine Schulter zurück in den Fitnessraum: „Bin gleich wieder da, Susanne pass kurz auf!“. Dann verschwanden die zwei.

Es klappte hervorragend, genauso sollte es ablaufen. Das war Ralphs Gelegenheit. In einem unbeobachteten Augenblick steckte er den Kugelschreiber in seinen Hosenbund, näherte sich Stöcker von hinten und tippte ihm auf die Schulter. „Ich geh jetzt an das Gerät!“

„Ich war zuerst hier.“ Meldete sich Markus Stöcker zu Wort.

„Willst du Stunk machen?“ fragte Ralph.

„Ruhe jetzt!“ versuchte sich Susanne einzumischen und dabei stark zu wirken.

Dann war es soweit. Susanne lies die beiden kurz aus den Augen, als sie im Türrahmen des Fitnessraumes den Gang runter sah, um festzustellen wie lange ihr Kollege Bauer noch brauchen würde bis er zurück war. Ralph postierte sich direkt vor Stöcker. Diesem war im ersten Moment gar nicht klar was jetzt passieren würde, erst als er die kleine, aus Eisen bestehende 1,25 Kg schwere, Hantelscheibe in Ralphs Hand bemerkte weiteten sich seine Augen. Der Biker schlug aber zuerst mit der linken Faust einen Kopfhacken aus dem Boxen, so wie er es in Freiheit noch mit Mike trainierte. Seine Faust traf krachend das Jochbein seines Opfers. Noch bevor der Kindermörder Stöcker auf dem Boden aufschlug folgte ein Schlag gegen die Rippen. In dem Moment in dem Stöcker auf die Knie sank, rief er entsetzt um Hilfe. Die kleine, blonde Aufpasserin bemerkte was da vor sich ging. „Auseinander! Ich brauche hier Hilfe!“ brüllte sie lauter als es Ralph ihr zutraute. Ein Pfiff ertönte. Mutig, vielleicht etwas übermutig stürmte Susanne in den Raum und stürzte sich auf Ralph. Dieser stand mit dem Rücken zu ihr, den rechten Fuß auf den Rücken seines Opfers gestellt, drückte er den schmächtigen Kerl auf den Boden. Die JVA-Beamtin erreichte Ralph kurz nach ihrem Hilferuf. Sie packte ihn mit dem rechten Arm um den Hals, versuchte dabei sein Kinn nachhinten zu ziehen und den Biker so von Stöcker wegzubekommen. So wie sie es im Selbstverteidigungstraining mit ihren Kollegen gelernt hatte. Ralph merkte Druck an seinem Kinn, aber anstatt dagegen zu halten, wie es die meisten Menschen tun würden, riss er seinen Kopf ruckartig nach hinten und schlug mit seinem Hinterkopf gegen ihre Stirn. Im gleichen Augenblick gab der Druck ihrer Hand nach, so dass sich Ralph ungehindert zu ihr umdrehen konnte. Susanne schüttelte kurz ihren Kopf, blickte dann auf um die Situation einzuschätzen, doch dazu kam sie nicht mehr. Das einzige was sie noch sah war Ralphs Hand mit der Hantelscheibe, sie spürte den Einschlag an ihrer Schläfe, dann wurde es dunkel.

Stöcker versuchte sich auf zu rappeln. Aus seiner Nase tropfte Blut, mühsam drückte er sich mit seinen dünnen Armen vom Boden hoch. Er merkte dass im schwindlig und schlecht wurde, gerne hätte er sich übergeben. Der Kindermörder spürte Angst in sich aufsteigen. Ein Adrenalinschub gab ihm Kraft. Langsam gelang es ihm auf seine Knie zukommen, die Hände in den Schoß gelegt bemerkte er die kleine Blutlache am Boden und wie weiter Blut aus seiner Nase tropfte. Gerade als er den Kopf heben wollte bekam er einen kräftigen Tritt in den Rücken. Mit heftigen Schmerzen wurde er auf den Boden des Fitnessraums zurück gedrückt. Stechender Schmerz, ausgehend von seiner Wirbelsäule, ergriff seinen ganzen Körper er wollte schreien, doch seine Stimme erstickte im Schmerz. Sein Herz raste, die Angst ergriff seinen Verstand, sein Instinkt meldete sich und wollte ihn zur Flucht antreiben. Verzweifelt versuchte er sich mit den Armen erneut vom Boden hochzudrücken. Dann spürte er erneut einen starken stechenden Schmerz in der Wirbelsäule, er spürte seine Beine nicht mehr. In der gleichen Sekunde verlor er das Bewusstsein und schwarz war das Einzige was er noch sah. Angst verspürte er immer noch, doch über seinen Körper hatte er keine Kontrolle mehr.

Ralph drückte sein rechtes Knie ins Kreuz des Kindermörders, zweimal hat er schon mit der Hantelscheibe zugeschlagen, aber dieser Wichser rührte sich immer noch. Dieses Mal muss es endgültig sein waren seine Gedanken. Ein gezielter Schlag auf die Schädelbasis, dort wo die Wirbelsäule auf den Kopf trifft. Das dürfte ihm den Tod bringen. Ralph holte aus. Im Hintergrund hörte er einen Türsummer. Lautes Gebrüll drang vom Gang her in den Raum. Ralph musste sich beeilen, holte aus und setzte dem verhassten, habgierigen Kindermörder ein Ende. Es war keine Strafe die ein Gericht aussprach, und doch war sie endgültig. Auch wenn er dafür bezahlt wurde empfand Ralph es als gerecht. Das Kind das er entführt hatte, hatte wahrscheinlich keine Chance, also warum sollte man seinem Mörder eine Zweite geben?

Ralph hörte schnelle Schritte von beiden Seiten des Gangs heran eilen. Hastig ließ er die Hantelscheibe fallen. Holte den Kugelschreiber aus seinem Hosenbund ritzte sich mit ihm in die Fingerkuppen von Zeige- und Mittelfinger, dann drückte er die Waffe in die rechte Hand seines Opfers.

Gerade noch rechtzeitig, denn drei JVA Beamte, zwei mit Schlagstöcken, und einer mit Pfefferspray, sowie zwei dicken Kabelbindern betraten den Raum. Der Erste blieb wie angewurzelt stehen als er den toten Markus Stöcker sah. Der Zweite, der gleich dahinter stand drängte sich an seinem Kollegen vorbei, kniete sich neben Susanne und rief: „Susi hörst du mich. Susi!“. Dabei tätschelte er leicht ihre Wange nachdem er ihren Atem kontrolliert hatte. Der JVA Beamte Bauer erreichte nun auch wieder den Fitnessraum. „Scheiße! Passt auf, der Insasse hat Hepatitis.“ ließ er seinen Kollegen wissen der gerade die Kabelbinder Ralph anlegen wollte.

„Ruf den Anstaltsarzt!“ brüllte der Beamte der neben Susanne kniete, seinen immer noch still stehenden Kollegen im Türrahmen an. „Haben sie etwas mitbekommen?“ fragte Bauer den Neuling. Dieser aber war aus dem Raum gelaufen als Ralph Susanne ausknockte. Nun schüttelte er nur heftig den Kopf, wie Ralph es mitbekam. Der JVA Mann mit den Kabelbindern legte seine Handschuhe an, ehe er Ralph der nun selbst am Boden lag, die Hände auf dem Rücken fixierte.

„Was war hier los?“ wollte Bauer von Ralph wissen.

„Er hat mich angegriffen. Wir stritten wegen der Beinpresse. Dann zog der Kerl eine Waffe, ich konnte gerade noch die Hantelscheibe greifen, um mich zu verteidigen. Dann ging auch noch eure Kollegin auf mich los. Ich musste mich wehren.“ erklärte Ralph.

„Welche Waffe?“ Bauer blickte verdutzt auf den Biker.

Dieser deutete mit dem Kopf auf die rechte Hand seines Opfers. Als Bauer genau hinsah erkannte er den weißen Kugelschreiber mit der kleinen Rasierklinge.

„Willst du mich verarschen?“ entsetzt weiteten sich Bauers Augen als er erkannte was ihm der Biker da als Waffe verkaufen wollte.

„Ich sag die Wahrheit.“ Ralph zuckte mit den Schultern.

„Wo bleibt der Arzt. Das wird ein langer Tag!“ blaffte Bauer Ralph an.

„Ich weiß, aber nicht nur für mich.“ konterte der Biker eiskalt.



MC Gladius

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