Читать книгу Handbuch Arzthaftungsrecht - Alexander Raleigh Walter - Страница 33
1. Sorgfaltspflichten und Fehlverhalten des Arztes
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Die einen Schadensersatzanspruch begründenden Verhaltenspflichten (im Wesentlichen: Behandlungs-, Aufklärungs- und Organisationsfehler) unterliegen im vertraglichen wie im deliktischen Haftungssystem den gleichen Voraussetzungen in Bezug auf Art und Umfang. Auch die Rechtsprechung legt die vertraglich geschuldete Pflicht und die im Rahmen der deliktischen Haftung abverlangte Pflicht identisch aus.[82] Die Pflicht des Arztes zur fachlich gebotenen Sorgfalt nach aktuellem Standard, zur Aufklärung des Patienten, zur Dokumentation, zur Gewährung von Einsicht in die Krankenunterlagen gilt vertraglich wie außervertraglich und auch dann, wenn der Arzt ausnahmsweise als Geschäftsführer ohne Auftrag in Anspruch genommen wird. Dem Patienten kommt bei Diagnose und Therapie vertraglich und deliktisch der gleiche Schutz zu. Immer nimmt er Expertenautorität in Anspruch, auf die sich der ärztliche Heilauftrag gründet, der zusammen mit der Einwilligung des Kranken den medizinischen Eingriff legitimiert.[83] „Die einem Arzt bei der Behandlung seines Patienten obliegenden vertraglichen und deliktischen Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich identisch.”[84] Das gilt auch für das Gebot des „primum nil nocere”.[85]
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Die Haftpflicht erfordert in dem dualistischen System von vertraglicher und deliktischer Haftpflicht eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung und eine dadurch verursachte Schädigung des Patienten an Körper und Gesundheit. Die Verletzung der objektiven Sorgfalt muss dabei einen subjektiven Vorwurf begründen. Liegt eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung und eine dadurch verursachte gesundheitliche Unbill des Patienten vor, spricht das in aller Regel auch für einen zivilrechtlichen Vorwurf subjektiven Sorgfaltspflichtverstoßes – auch eine Folge des bei § 276 BGB geltenden typisierten und objektivierten Sorgfaltsmaßstabs.[86]
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Da die vertragliche Haftung des Arztes für Behandlungsfehler an die Verletzung von Verhaltenspflichten anknüpft, die in gleicher Weise und mit demselben Inhalt auf den Schutz der Gesundheit des Patienten bezogen sind wie die Pflichten, deren Verletzung zur deliktischen Arzthaftung führt, stimmen die vertraglichen und deliktischen Verhaltenspflichten völlig überein: es besteht „Strukturgleichheit” von vertraglichen und deliktischen Sorgfaltspflichten. Aus diesem Grund muss auch der Haftungsgrund in gleicher Weise abgegrenzt werden.[87] Dies wurde auch von der Rechtsprechung angenommen. Der BGH hat insoweit ausgeführt, dass die Sanktion des Schadensersatzes auch für die Ansprüche aus verletzten vertraglichen oder nachvertraglichen Pflichten nur für den Fall vorzusehen sei, dass es zur Verletzung eines individuellen Rechtsguts komme. Auch im Rahmen der Vertragsverletzung wegen eines Arztfehlers ist die Feststellung, dass dieser zu einer Gesundheitsbeschädigung des Patienten geführt habe, nach § 286 ZPO zu treffen, soweit es um den ersten Verletzungserfolg geht. Erst die Weiterentwicklung der Schädigung gehört zur haftungsausfüllenden, nach § 287 ZPO festzustellenden Kausalität.[88]