Читать книгу Erfolgreich als Therapeut, Heilpraktiker und Coach - Alexander Smith Mark - Страница 11
ОглавлениеM&M&M – Menschen, Marktwirtschaft und Marketing
Von der Industriegesellschaft in die Ära der Information
Der Wechsel vom Industriezeitalter ins Informationszeitalter hat Grundlegendes verändert. Die Voraussetzungen für Erfolg im Job haben sich gewandelt – nicht nur für Angestellte, sondern auch für Selbstständige und Freiberufliche in eigener Praxis. Wer nach den alten Regeln weiterlebt, wird allmählich zwangsläufig verlieren – und sei es nur, dass er weit weniger verdient, als es ihm eigentlich möglich wäre; er erhält nicht (mehr) die Anerkennung, die er sich vermutlich wünscht, und wird eher nicht mehr viel Spaß an seiner Arbeit haben. Und falls jemand mit einem herkömmlichen Job noch viel verdient, dann oft nur auf Kosten der Freizeit, der Gesundheit und der Lebensqualität.
Es ist eine historische Chance, dass wir inzwischen all dies im Beruf haben können: Sicherheit, Spaß, Ansehen, Anerkennung, ausreichend Freizeit, Sinn, ein anständiges Einkommen.
Bedauerlicherweise werden auch die meisten Kinder nach wie vor gemäß den Regeln des alten Systems erzogen, obwohl sie längst nicht mehr zum Erfolg führen; damit wird den jungen Menschen ein Bärendienst erwiesen. Wer hier ausbricht, erlebt oft noch viel Anfeindung. Aber bedenke: Kritikern und Nörglern wird kein Denkmal gesetzt; stattdessen werden jene verehrt, die gegen den Strom geschwommen sind.
Zählt Deine Praxis noch zu den Industriegesellschaft-Praxen, weil Du die neuen Regeln nicht genügend kennst? Es ist dringend notwendig, Deine Praxis den Erfordernissen der Informationsgesellschaft anzupassen. Im Lauf des Buches wirst Du erfahren, was dazu notwendig ist.
Sechs starke menschliche Bedürfnisse als größte Antriebskräfte
Mache Dir bewusst, dass Deine Patienten/Klienten Menschen mit Bedürfnissen sind – wie Du selbst. Jedes Individuum hat zwei vorherrschende menschliche Bedürfnisse, und das Streben danach, sie zu befriedigen, fungiert als die Hauptantriebskraft im Leben bzw. in einem Lebensabschnitt.
Man kann die eigenen Bedürfnisse sowohl positiv als auch negativ befriedigen. Viele Menschen versuchen ihre Bedürfnisse bedauerlicherweise auf krank machende Weise zu erfüllen.
Es stellt einen gigantischen Schritt dar, wenn Du herausgefunden hast, welches die zwei vorherrschenden Bedürfnisse eines Patienten/Klienten sind. Dieser Mensch auf der Suche nach Hilfe ist sehr verletzlich. Falls er nicht findet, was er braucht, reagiert er überaus empfindlich und enttäuscht; womöglich resigniert er und zieht sich zurück. Du musst ein Bewusstsein für diese Bedürfnisse gewinnen, um sie im Umgang mit Deinen Patienten/Klienten berücksichtigen zu können.
Zunächst führe ich die vier fundamentalen persönlichen Bedürfnisse auf, die für unser Überleben notwendig sind.
1. Sicherheit/Gewissheit
Auch wenn seine Ausprägung unterschiedlich ist, ist das Gefühl der Sicherheit das wichtigste Bedürfnis in unserem Lebenszyklus. Als Babys und Kleinkinder sind wir unbedingt darauf angewiesen, dass sich jemand gut um uns kümmert.
Wir brauchen ein Dach über dem Kopf und Nahrung, außerdem das Wissen, dass unsere Mitmenschen uns nicht tätlich angreifen und dass wir bei Krankheit versorgt werden. Auch im Hinblick auf Beziehungen ist das Sicherheitsbedürfnis relevant: Jeder Partner will sich normalerweise darauf verlassen, dass der andere bei ihm bleibt. Zur Sicherheit gehört außerdem, dass wir Schmerz vermeiden und uns in unserer Umgebung so wohl wie nur möglich fühlen wollen.
Wir leben heute sehr komfortabel, viel mehr als unsere Vorfahren. Dadurch ist auch das Sicherheitsbedürfnis erweitert: Es ist in unserer Zeit sehr mit dem Thema »Geld« verknüpft; wir möchten uns nicht bloß das Nötige leisten können, sondern auch so manches Extra, das nicht nur dem Überleben dient.
Mit dem Thema »Sicherheit« sind weitere Gefühle verbunden: Stabilität, Bequemlichkeit, Erdung, Vorhersagbarkeit, Geborgenheit, Geschütztsein.
2. Unsicherheit/Abwechslung
Das Gegenteil des ersten Bedürfnisses …
Wie attraktiv käme uns ein tausendseitiger Roman oder ein dreistündiger Film vor, bei dem von Anfang bis Ende nur »Friede, Freude, Eierkuchen« herrscht? In der Tat brauchen wir auch Herausforderungen, deren Bewältigung uns emotional, physisch und mental wachsen lässt. Wir möchten Überraschungen erleben, heraus aus den Routinen. Das Aufregende sorgt dafür, dass wir uns lebendig fühlen.
Die meisten Menschen streben Unsicherheit und Abwechslung an, möchten aber zugleich Sicherheit und Gewissheit. Allerdings kann sie genau dieser Konflikt krank machen.
Angst, Instabilität, Veränderung, Chaos, Unterhaltung, Spannung, Aufregung, Überraschungen, Konflikte, Krisen … Menschen haben paradoxerweise das Bedürfnis, genau dies zu erleben. Deshalb mögen sie auch Geschichten, ja selbst Horrorfilme oder Thriller, in denen diese Phänomene vorzufinden sind. Jedoch möchten sie selbst bestimmen, wann solche Ereignisse in ihr Leben treten.
3. Persönliche Bedeutsamkeit
Jeder Mensch möchte sich wichtig fühlen. Wir wollen gebraucht werden und wissen, dass unser Leben einen Sinn hat.
Schon Kleinkinder sind darauf aus, die Nummer eins zu sein – andernfalls äußern sie ihr Missfallen durch Schreien. Als Vater von fünf Kindern kann ich davon berichten, dass Kinder auf sehr besondere Art untereinander konkurrieren, wer die Nummer eins ist. Sogar die Jünger Jesu wetteiferten, wer der größte unter ihnen sei.
Wir sind eingebunden in Hackordnungen und stellen eine Rangliste auf. Im oftmaligen Vergleich mit anderen möchten wir als einzigartig und unverwechselbar verstanden werden. Beim Vergleichen liegt das Augenmerk auf den Unterschieden, nicht auf den Gemeinsamkeiten: »Ich kann’s besser …« Durch Vergleiche spalten wir uns ab von anderen, sind nicht mehr mit ihnen verbunden – was zu Einsamkeit führen kann.
Sind wir zu sehr auf Bedeutsamkeit fokussiert, erregen wir den Ärger unserer Mitmenschen. Du kennst es vielleicht aus den Medien: Einige Leute stilisieren sich sogar als bedeutsam, indem sie sich als Luder präsentieren.
Sooft wir etwas Erstrebenswertes erreicht haben, fühlen wir uns bedeutsam. Allerdings kann man sich auch bedeutsam fühlen, wenn man andere schlechtmacht und demütigt. Ein krasser Fall: Sogar ein bewaffneter Angreifer kann sich im Ernstfall sehr bedeutsam fühlen, denn er entscheidet womöglich über Leben und Tod.
Man kann auch Bedeutsamkeit erlangen, indem man versagt. Das Streben nach Bedeutsamkeit kann zu einer regelrechten Erfolgsblockade führen. Das heißt, hinter Erfolglosigkeit kann das Bedürfnis nach Bedeutsamkeit stecken. »Ich bin nicht so wie die anderen, bei mir funktioniert das nicht – bei allen anderen, aber nicht bei mir, ich schaffe das nicht.« Schau Patienten/Klienten an, die (unbewusst) womöglich nicht gesund werden wollen. Manche hegen die Idee: »Ich bin besonders, ich bin einzigartig, bei mir wirkt die Arznei nicht, bei mir hilft die Massage nicht, bei mir hat die Behandlung nicht angeschlagen …« Oder auch: »Ich brauche eine maßgeschneiderte Therapie.«
Sich als unsichtbar und unwichtig zu erachten, kann paradoxerweise ebenfalls eine Form von Streben nach Bedeutsamkeit sein.
Die positive Seite der Bedeutsamkeit besteht darin, dass wir unsere Standards immer wieder erhöhen. Ohne das Bedürfnis, bedeutsam zu sein, wärst Du nicht Heilpraktiker/-in oder Coach geworden und würdest nicht danach streben, Deine Praxis zu verbessern. Dieses Bedürfnis hilft uns zu wachsen.
Bedeutsamkeit kann sich auch darin äußern, dass jemand gut für seine Familie sorgt und sich intensiv um seine Kunden kümmert. Wer seine Arbeit für wichtig hält, fühlt sich bedeutsam. Manche leisten einen wichtigen Beitrag zum Wohl der Menschheit, um sich bedeutsam zu fühlen. Andere gewinnen dieses Gefühl, indem sie materiell sehr reich sind.
Mit Bedeutsamkeit verknüpfte Begriffe sind: Stolz, hohe Standards, Erfolg, Leistung, Perfektion, Disziplin, Wettbewerb, aber auch Zurückweisung.
4. Liebe/Verbindung
Da sich der 1. und der 2. Punkt vermeintlich widersprechen, wirst Du Dich auch nicht über dieses weitere Gegensatzpaar wundern: Der Absonderung durch das Streben nach Bedeutsamkeit (3. Bedürfnis) steht das Bedürfnis nach Liebe und Verbindung gegenüber.
Jeder Mensch braucht das Gefühl, geliebt zu werden und dazuzugehören. Das zieht sich wie ein roter Faden durch unser gesamtes Leben. Werden Kinder nicht berührt und gehalten, dann sterben sie. Menschen fühlen sich mit ihrer Familie, mit ihrer Community, mit dem Stamm, mit der Sippe verbunden.
Diese Liebe ist überlagert worden durch das Konzept der romantischen Liebe (das in etlichen Kulturen nicht existiert): der eine Mensch, der uns sein Leben widmen wird und bei dem wir uns ganz fühlen – und/oder umgekehrt.
Angestrebte Gefühle: Gemeinsamkeit, Leidenschaft, Geborgenheit, Einheit, Begehren, Zärtlichkeit, Wärme.
• • •
Über die vier persönlichen Bedürfnisse hinaus gibt es die transpersonalen/transzendenten Bedürfnisse, die unsere Seele hegt und die unserer menschlichen Erfüllung (bzw. dem Glück) dienen. Nicht jeder findet einen Weg, diese Bedürfnisse so zu stillen, dass es ihn wirklich und nachhaltig befriedigt. Doch indem wir uns auf etwas fokussieren, das größer ist als wir selbst, werden die meisten unserer Probleme und Quellen unseres Schmerzes und unserer Krankheit weniger wichtig.
5. Wachstum
Jedes Kind strebt danach, zu wachsen, und hat Freude daran. Merkmal des Lebens ist u.a. Wachstum – sonst stirbt man. Wenn wir uns weigern, zu wachsen, sterben wir. Wer dort stehen bleiben möchte, wo er gerade steht, wird sterben. Wir müssen uns intellektuell, emotional, spirituell entwickeln und uns verändern. Mit jeder Erfahrung wachsen wir emotional. Lebenserfahrung lässt uns auch intellektuell wachsen.
Das Bedürfnis nach Wachstum ist immens und lebensnotwendig. Die größte (und oft verborgene) Triebfeder auf der Reise des Patienten/Klienten ist ein nicht erfülltes Wachstumsbedürfnis. Jede Krankheit, jede Sehnsucht und Suche ist ein Ausdruck davon, dass das System zu wachsen aufgehört hat, obwohl es nach Wachstum strebt.
Ein Problem bei der Selbstvermarktung der meisten Heilpraktiker: Die Werbung für alternative Therapien, die auf dieses Bedürfnis nach Wachstum anspielt, funktioniert meistens nicht! Ich habe (ungelogen) Tausende von Heilpraktiker-Webseiten gesichtet: Sie setzen zu sehr auf das Thema »Wachstum« bzw. unterstellen den Patienten, wachsen zu wollen.
Das Gleiche gilt für Coaching-Klienten: Sie wollen z.B. abnehmen, mehr Geld verdienen, erfolgreicher sein – aber nicht Bockaden lösen, ihre Kommunikationsfähigkeiten verbessern oder zu ihrer Selbstliebe finden.
Beachte: Es gibt ein offizielles Problem und ein inoffizielles Bedürfnis, aber der bewusste Verstand darf/will davon nichts wissen. Man muss mit diesem Bedürfnis guerillamäßig umgehen; es darf in der Werbung nicht direkt kommuniziert werden, höchstens zwischen den Zeilen durchscheinen.
Ein Patient/Klient kommt mit einem »offiziellen Problem« zu Dir. Deine gesamte Kommunikation muss auf dieser Ebene ablaufen; das offizielle Problem muss angesprochen werden. Doch viele Heilpraktiker, Therapeuten und Coachs begehen den Fehler, bereits einen Schritt weiter zu sein (und mit der Tür ins Haus zu fallen), indem sie dem Patienten/Klienten beizubringen versuchen, was er »wirklich« braucht.
Der unangenehme Hautausschlag ist das drängende Symptom, weswegen der Patient zu Dir kommt. Das Bedürfnis Deines Patienten ist: Du sollst diesen unangenehmen Hautausschlag »wegmachen«, und zwar auf ganz natürliche Art und Weise. Du weißt mehr als Dein Patient. Du weißt z.B., dass ein Hautausschlag zurückzuführen sein könnte auf die Notwendigkeit, innerlich zu wachsen und sich von der Außenwelt besser abzugrenzen. Das darfst Du aber nicht im ersten Gespräch so benennen. Denn sobald Du dieses inoffizielle Bedürfnis Deines Patienten aussprichst, vergraulst Du ihn. Er ist noch nicht so weit. Er will einfach den Hautausschlag weghaben. Er weiß (noch) nicht, dass die Haut ein Spiegel seines seelischen Zustandes ist. Das darf, möchte und sollte er selber entdecken.
Andererseits wird Dein Patient nicht zufrieden sein, wenn Du nichts zu bieten hast, was dieses inoffizielle Bedürfnis anspricht. Es ist ein bisschen so wie mit dem Versteckspielen: Dein Patient will gefunden werden, aber nicht sofort. Und er will sozusagen »in seinem wahren Innersten« gefunden werden.
Entsprechendes gilt im Coaching: Dein Klient will z.B. einfach, dass er endlich seinen beruflichen Durchbruch erlebt. Aber erst einmal will er nichts davon wissen, dass er tiefliegende Erfolgs-Sabotageprogramme hat, die ihm immer kurz vor dem Durchbruch ein Bein stellen.
Als Heilpraktiker/-in oder Coach hast Du einen Plan für Deinen Patienten/Klienten; Du siehst schon das große Ganze bzw. den Weg. Aber Du musst mit diesem Menschen umgehen, ohne ihn zu überfordern. Du nimmst Dich selbst zurück und gibst ihm den Raum, die Dinge selbst in sich zu entdecken – nur dann ist Eure Kommunikation wirkungsvoll. Im Idealfall kommt Dein Patient/Klient selbst darauf, dass es seine größte Sehnsucht ist, zu wachsen, und dass ihm Deine Behandlung oder Beratung geholfen hat, dies zu entdecken.
Ja, es ist eine diffizile Gratwanderung. Patienten/Klienten wehren sich nicht gegen Veränderung, sondern dagegen, verändert zu werden!
6. Dem großen Ganzen dienen/einen Beitrag leisten/Altruismus
Das höchste menschliche Bedürfnis besteht darin, über die eigenen Bedürfnisse hinauszugehen und anderen etwas zu geben. Jedes Menschenleben ist unvollkommen, das nicht in irgendeiner Weise einen Beitrag leistet zu etwas, das größer ist als man selbst. Wir wollen etwas zurückgeben und positive Spuren in der Welt hinterlassen. Wir möchten dem, was größer ist als wir selbst, mit unseren besten Fähigkeiten dienen. Das eigene Ego wird dabei transzendiert. Das ist nicht mit Selbstlosigkeit zu verwechseln; wer selbstlos agiert, hat keinen Zugang mehr zu seinen Fähigkeiten. Es geht darum, sich selbst einzubringen und mit dem, was man hat und kann und ist, seinen Beitrag zu leisten.
Du gibst Zeit, erfüllst eine ehrenamtliche Aufgabe, kümmerst Dich um Deine gebrechlich werdenden Eltern, schenkst einem sehr armen Patienten eine Behandlung bzw. einem Klienten eine Beratung, spendest Geld für wohltätige Zwecke usw. Du brauchst das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, um glücklich zu sein.
Lass Dich vom folgenden »Geheimnis« leiten, aber kommuniziere es nicht direkt gegenüber Deinem Patienten/Klienten:
Die Erfüllung dieses sechsten Bedürfnisses kann sehr effektiv alle anderen Bedürfnisse mit erfüllen.
Man hat z.B. Abwechslung im Leben, wird sich bedeutsam fühlen und das spirituelle Band kreieren, indem man das Leben anderer verbessert. Gleichzeitig wächst man dabei.
Ich meine, Dein wirkliches Motiv, Therapeut/-in oder Coach zu sein, liegt möglicherweise darin, dass Du genau das tun willst: anderen Menschen das zurückgeben, was Du in Deinem Leben bereits an Wachstum und Heilung empfangen hast.
»Verkehrte« Bedürfnisbefriedigung
Die Kehrseite des Ganzen: Wir haben Wege gefunden, unsere Bedürfnisse auf eine Weise zu erfüllen, die nicht im Sinne des Erfinders, jedoch zuverlässig und berechenbar ist.
Überlege nur mal, welche sechs menschlichen Bedürfnisse eines stark übergewichtigen Menschen durch sein Muster, mehr als nötig Essen zu konsumieren, erfüllt werden:
1. Er wird sich sicher fühlen, weil ihm die Nahrung das (physische und emotionale) Überleben gewährt;
2. er lebt sein Bedürfnis nach Abwechslung (der Speisen) aus;
3. er kann sich infolge seiner Leibesfülle als einzigartig empfinden;
4. im Moment des Essens stillt er sein Bedürfnis, versorgt und geliebt zu werden – man sagt, wer sich ungeliebt fühlt, kompensiert dies z.B. durch Süßigkeiten usw.
Auf einer Skala von 0 bis 10 werden diese Bedürfnisse des übergewichtigen Menschen aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Stärke 9 oder 10 erfüllt.
Es heißt, wenn eine Sache/Tätigkeit mindestens drei Bedürfnisse auf einem Level von 8 erfüllt, wird man süchtig danach. Diese Sucht ist berechenbar: »Ich bin der Chef. Ich mache den Kühlschrank auf, ich bestimme den Zeitpunkt …, ich wähle …, ich entscheide mich für …« Hier hat jemand eine Möglichkeit gefunden, mit maximaler Kontrolle seine menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen. Verstehe, wie mächtig das ist!
Wer die Erfahrung macht, dass das kompensatorische Verhalten zwar kurzfristig befriedigt, aber die Leere nicht wirklich füllen kann, wird noch mehr desselben tun. In diesem Mechanismus sind Deine Patienten/Klienten gefangen; er hält sie krank bzw. hilflos. Trotzdem können sie das Verhalten nicht bleiben lassen. Sie wissen noch nicht, dass ihre Bedürfnisse auf andere Art gestillt werden könnten, wenn sie von dem Verhalten abließen.
Das gilt demnach auch fürs Rauchen, für Alkohol- und übermäßigen Zuckerkonsum usw. In unserer Zeit und Gesellschaft sind all diese Ersatzkompensationen im Grunde für jeden leicht zugänglich. Die gesuchte und ersehnte Entspannung ist in dem Moment da, in dem man sich diese(s) Bedürfnis(se) erfüllt. Durch eine kompensatorische, krank machende Bedürfnisstillung wird jedoch das Bedürfnis nach Wachstum ignoriert.
Es ist Aufmerksamkeit erforderlich, dass wir selbst, die Therapeuten, in den Phasen abseits unserer Praxistätigkeit unsere Bedürfnisse nicht durch Ersatzhandlungen kompensieren, sondern dafür wohltuende Wege finden.
Dieses »Werkzeug« des Wissens um die menschlichen Bedürfnisse verleiht Dir als Behandler/-in ein großes Potenzial, wenn Du es nicht nur oberflächlich, sondern in der Tiefe verstehst.
Siehe auch eine andere Darstellung der Bedürfnisse im Unterkapitel »Die intrinsischen (inneren) Antriebskräfte Deiner Zielgruppe«.
• • • To do • • •
** Wie haben Deine potenziellen Patienten/Klienten ihre Bedürfnisse bisher erfüllt (vielleicht sogar auf eine krank machende Weise)?
Sicherheit
Unsicherheit/Abwechslung
Persönliche Bedeutsamkeit
Liebe/Verbindung
Wachstum
Dem großen Ganzen dienen/einen Beitrag leisten/Altruismus
** Hand aufs Herz: Wie erfüllst Du Deine eigenen Bedürfnisse?
Sicherheit
Unsicherheit/Abwechslung
Persönliche Bedeutsamkeit
Liebe/Verbindung
Wachstum
Dem großen Ganzen dienen/einen Beitrag leisten/Altruismus
• • •
Wie Deine Patienten/Klienten wirklich »ticken«
Die größten Unternehmen geben allein in Deutschland jährlich Milliardenbeträge aus, um zu recherchieren, was ihre Kunden wirklich wollen, wie sie sich verhalten, was sie kaufen, was sie bereit sind, dafür zu bezahlen. Die gesamte Produktentwicklung zielt darauf ab. So weit, so gut.
Hast Du Dich mal gefragt, was Deine Patienten/Klienten denn wirklich wollen – außer eben, gesund, entspannter, besser organisiert, erfolgreicher zu werden? Wie »ticken« sie?
Ich habe viel Zeit investiert, um genau das herauszufinden.
Dein Praxiserfolg hängt entscheidend davon ab, dass Du berücksichtigst, wie Deine potenziellen Patienten und Klienten denken und Entscheidungen fällen. Wie erläutert, bist Du in einem Markt tätig, der einem sehr hohen Wettbewerb unterworfen ist. Nachdem die Menschen ihre Miete oder ihren monatlich abzustotternden Kredit für den Hausbau sowie ihre Versicherungen, Steuern usw. bezahlt, den Kühlschrank gefüllt und die Förderung ihrer Kinder finanziert haben, bleibt nur ein bestimmter Betrag übrig. Um dieses restliche Geld konkurrieren sehr viele. Und warum sollte Dein Patient/Klient überhaupt Geld für eine Therapie oder Beratung ausgeben, wenn das stadtplanwirtschaftliche, staatliche Gesundheitswesen ihn dazu zwingt, Monat für Monat einen erheblichen Teil seines hart verdienten Arbeitslohns in eine Zwangskasse einzubezahlen?
In welche Richtung in unserer Wirtschaft das Geld der Konsumenten fließt, ist das Resultat von Millionen von Entscheidungen der Konsumenten – Käufer, die ihre Bedürfnisse befriedigen.
Deine Aufgabe ist es daher zunächst, die wirklichen Bedürfnisse Deiner potenziellen Kunden zu ermitteln und Dein Praxisangebot damit in Einklang zu bringen. Du musst diese Bedürfnisse optimalerweise besser befriedigen können als alle Deine Mitbewerber.
Du siehst, es ist wichtig, zu verstehen, was Deine Kunden motivieren könnte, Geld in Dein Therapie- oder Beratungsangebot zu investieren.
Ein Grund dafür wäre: Heilpraktiker, Therapeuten, Coachs können z.B. schon deshalb sehr effektiv sein, weil sie auf die Beziehung zum Patienten/Klienten Wert legen, ihm nicht nur kurz die Hand schütteln und dann mehr auf den Computermonitor schauen als in sein Gesicht. Deine Patienten/Klienten sollen sich bei Dir wohlfühlen und spüren, dass Du ganz bei ihnen bist, während sie in der Praxis sind.
Also, lass uns über die Bedürfnisbefriedigung hinaus noch weiteren Einblick in die menschliche Natur gewinnen. Wie ticken Menschen auf einer tieferen Ebene?
Ob Du es glaubst oder nicht: Ihr Verhalten wird von den gleichen Motiven getriggert – und das hat sich in den letzten Hunderttausenden von Jahren nicht geändert.
Kleiner Crashkurs in Wirtschaftspsychologie
Damit Du es Dir auch wirklich einprägst, lass es mich wiederholen: Während unser Gesundheitssystem der Planwirtschaft folgt (wobei der Staat festlegt, wie viel für welche Leistung berechnet werden kann, welche Budgets es gibt usw.), musst Du Dich als Heilpraktiker/-in dagegen mit den Regeln der Marktwirtschaft arrangieren – ungeachtet der Frage, ob das eher gut oder schlecht für Dich ist. Entsprechendes gilt für andere Therapeuten und für Coachs.
Lass uns also gemeinsam einen Crashkurs in den »Basics« der Wirtschaftspsychologie machen.
Ökonomie funktioniert auf der Grundlage von sieben menschlichen Eigenschaften, die alle Völker und Kulturen gemeinsam haben, und zwar
über die gesamte Menschheitsgeschichte.
Du kennst vermutlich Menschen, bei denen zumindest eine, wenn nicht mehrere dieser Eigenschaften besonders stark ausgeprägt zutage treten. Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass wir alle etwas davon in uns selbst tragen …
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind gierig
Stell Dir vor, Du bekommst ein Jobangebot – mit der Chance, für ein und denselben Arbeitsplatz zwischen zwei Jahresgehältern wählen zu dürfen: Variante a: 60.000 Euro; Variante b: 120.000 Euro. Welche der Alternativen würdest Du wählen?
Nun, da die Voraussetzungen des Jobs identisch sind, würdest Du mit ziemlicher Sicherheit die Variante b bevorzugen, richtig? Und warum? Wenn Menschen die Wahl haben, ziehen sie es vor, lieber mehr zu haben als weniger. Ein Lieblingswort von Menschen ist: »Mehr …!« Wie Herbert Grönemeyer singt: »Oh, ich kauf‘ mir was, kaufen macht so viel Spaß, ich könnte ständig kaufen gehn, kaufen ist wunderschön …«
Preisfrage: Wie nennen wir es, wenn Menschen (immer) mehr (und noch mehr) wollen?
Klar, ich will niemanden beleidigen …, aber sprechen wir das Adjektiv objektiv und wertungsfrei aus: Mehr zu wollen als bisher – das ist gierig.
Einerseits sind Menschen bei ihren ökonomischen Wahlentscheidungen gierig. Anderseits möchten die politischen und religiösen Machthaber die Menschheit seit Jahrtausenden in die Schranken weisen und ihnen unangemessene Skrupel einreden, denn wer ein schlechtes Gewissen hat, lässt sich leichter beherrschen.
Damit ich nicht missverstanden werde: Ich befürworte es absolut nicht, wenn jemand seine Gier so auslebt, dass er anderen schadet! Doch manche Menschen leben diese »Gier« dergestalt aus, dass sie nach »originellen« Möglichkeiten suchen, um mehr Menschen zu dienen, und mehr Geld verdienen, indem sie ihren Mitmenschen helfen. Sie können nur deshalb viel für andere tun, weil sie über viel Vermögen verfügen (und im Sinne des Wortspiels gilt umgekehrt: Wer viel vermag, hat normalerweise viel Vermögen). Das ist eine gute Sache – eine gute Art, die menschliche Gier auszuleben.
Es ist eine wunderbare Art von Gier, wenn Du in Deiner Praxis möglichst viele Patienten/Klienten haben möchtest, denen Du helfen kannst.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind faul
Stell Dir als Nächstes vor, Du kannst 120.000 Euro im Jahr verdienen, indem Du eine schwierige Tätigkeit ausübst, oder dieselbe Summe mit einer leichten Arbeit. Welche Variante würdest Du Dir aussuchen? Weil alle Menschen ähnlich ticken, würdest Du sehr wahrscheinlich die leichtere Arbeit wählen statt die anstrengende. Warum solltest Du Dir das Leben absichtlich und unnötig erschweren?
Diese Wahl beruht auf einer psychologischen Gesetzmäßigkeit – dem Gesetz des geringsten Widerstandes, das uns auch in der Natur begegnet: Wasser fließt nicht von allein bergauf, sondern immer bergab, und schlängelt sich an Hindernissen vorbei. Die Eigenschaftswörter »bequem« und »faul« sind in diesem Zusammenhang völlig neutral.
Wer den leichten Weg wählt anstelle des anstrengenden, macht es sich bequem; er ist gewissermaßen faul, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Bereich.
Im Prinzip ist es nicht verkehrt, faul zu sein: Wenn die menschliche Neigung zur Faulheit dazu führt, die Technik immer weiter zu entwickeln, sodass es gelingt, Abläufe schneller, leichter und womöglich präziser erledigt zu bekommen, nützt es der ganzen Menschheit.
Auf der anderen Seite gilt: Falls sich Faulheit darin manifestiert, dass jemand nur andere für sich schuften lässt, während er selbst die Hände in den Schoß legt, mangelt es ihm an guter Qualität.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind ungeduldig
Stell Dir des Weiteren vor, Du könntest die 120.000 Euro Jahresgehalt schon im Voraus am 1. Januar bekommen – oder erst nach getaner Arbeit, an Silvester. Was wäre Dir lieber?
Wahrscheinlich tendierst Du wie die meisten Menschen dazu, jetzt gleich über das Geld verfügen zu wollen. (Wer weiß, ob Du es später überhaupt noch bekommst?)
Das Gleiche gilt für jede Belohnung. Wenn Du Kinder hast, wirst Du feststellen, dass sie in dieser Hinsicht sehr ehrlich sind: Lieber sofort eine Kugel Eis als erst morgen, selbst wenn Du in Aussicht stellst, dass sie dann sogar zwei Kugeln bekommen, sofern sie bis dahin auf das Eis verzichten.
Wir alle sind ungeduldig, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Leben. Solange sie niemandem Schaden zufügt, kann Ungeduld vorteilhaft für den Einzelnen und für die ganze Gesellschaft sein: Angesichts der globalen Klimaerwärmung erachte ich es z.B. als eine gute Ungeduld, möglichst schnell den globalen Ausstoß von CO2 radikal zu senken. Oder wenn Patienten/Klienten leiden, kann eine gewisse Ungeduld seitens des Therapeuten dazu führen, dass unnötige Umwege vermieden werden.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind ehrgeizig
Alle menschlichen Handlungen sind darauf gerichtet, unsere Lebensumstände zu verbessern.
Weshalb nimmst Du freiwillig an einem Workshop teil oder warum liest Du dieses Buch?
Weil Du Deine Lebensumstände verbessern möchtest.
Und wenn Du genau hinschaust: Dies ist auch der einzige Grund, warum Menschen etwas kaufen, was jenseits der absolut notwendigen Grundbedürfnisse liegt. Solange eine Handlung keine Verbesserung verspricht, werde ich einfach sitzen bleiben und nichts tun. Da versiegt jeglicher Ehrgeiz.
Selbst wenn jemand auf dem Chaiselongue auch bloß den Arm ausstreckt, um nach der Fernbedienung zu greifen und das TV-Programm zu wechseln, liegt sein Motiv in der Verbesserung seiner momentanen Lebensumstände.
Das bedeutet, alle Menschen sind in gewisser Weise »ehrgeizig«: Sie möchten dauernd ihre eigenen Lebensumstände optimieren.
Außerdem sehnen wir uns nach Anerkennung durch andere Menschen. Wir wollen gut dastehen: vor uns selber, vor unseren Eltern, vor unseren einflussreichsten Lehrern, vor den Kollegen usw.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind selbstbezogen
Jeder Mensch weiß nur für sich selbst, was ihm gefällt und was ihn glücklich macht. So wie jeder Einzelne von uns immer seine Lebensumstände zum Guten verändern möchte, hat auch jede menschliche Handlung das Ziel, das persönliche Glück zu verbessern.
So gesehen sind alle Individuen selbstbezogen und handeln aus ihrer eigenen Perspektive heraus: Sofern sie die Chance dazu haben, suchen sie sich das Essen aus, das ihnen schmeckt; sie leben mit dem Partner zusammen, in den sie sich verliebt haben. An dieser Selbstbezogenheit ist nichts verkehrt.
Unser gesamtes Wirtschaftssystem basiert darauf, die persönlichen, individuellen Bedürfnisse von zig Millionen Kunden zu befriedigen.
Da Du eine erfolgreiche Praxis haben willst, ist es Deine Aufgabe, Dein Behandlungs- oder Beratungsangebot mit den persönlichen Bedürfnissen Deiner potenziellen Patienten/Klienten in Einklang zu bringen. Du wirst sehr erfolgreich sein, wenn Du die »selbstbezogenen« Bedürfnisse Deiner Kunden besser befriedigen kannst als alle anderen.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind unwissend
Wir wissen, dass es heutzutage mehr denn je unmöglich ist, alles zu wissen. Kein Normalsterblicher ist allwissend. Professoren, Hochbegabte, Koryphäen, Nobelpreisträger etc. – niemand weiß alles.
Es wäre eine Illusion, zu glauben, Du könntest erst dann handeln, wenn Du alles weißt. Du könntest lebenslang und hoch konzentriert alles studieren – trotzdem würdest Du niemals alles wissen. Und deshalb wirst und kannst Du Dir hinsichtlich eines Themas nie absolut sicher sein. So gesehen ist jeder Mensch auf jedem Gebiet bis zu einem gewissen Grad unwissend. Das ist menschlich, nicht verwerflich. In (mehr oder weniger großer) Unwissenheit zu handeln, ist vollkommen normal.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind egozentrisch
Wir können Entscheidungen nur auf Grundlage unseres eigenen, persönlichen Standpunkts und Weltbilds treffen. So gesehen sind wir alle egozentrisch. Du kannst die Welt nur durch Deine eigenen Sinne erleben bzw. durch Deine eigenen Augen sehen. Wir erleben die Welt so, dass wir selbst der Mittelpunkt unserer eigenen Welt sind; wir spielen die Hauptrolle, während alle anderen Menschen für uns Nebenfiguren im Drama unseres eigenen Lebens sind. So wie wir selber Nebenfiguren im Leben der anderen sind. Das ist völlig normal. Deshalb dachten die Menschen früher, die Erde stehe im Mittelpunkt.
Beim Errechnen eines persönlichen Horoskops wird immer vom genauen Ort und exakten Zeitpunkt der Geburt des betreffenden Menschen ausgegangen. So gesehen bedeutet »egozentrisch«, dass wir in unserem eigenen Leben absolut im Mittelpunkt stehen. Das dürfen wir nie vergessen.
Menschen (sprich: auch Deine Patienten/Klienten) sind eitel
Weil wir ausnahmslos alle ein (mehr oder weniger ausgeprägtes) Ego haben, suchen wir Bestätigung, Anerkennung, Lob und Hochschätzung durch andere, um uns unseren Wert zu bestätigen. Jeder ist empfindlich, wenn es darum geht, wie Mitmenschen ihn sehen und ihn behandeln. So gesehen ist jeder Mensch eitel. Eitelkeit ist eine normale menschliche Eigenschaft, ja sogar eine wichtige Grundlage menschlichen Verhaltens. Auf der anderen Seite gilt Eitelkeit in unserer Zeit als nicht besonders sozial akzeptiert – im Gegensatz z.B. zur Epoche des Barocks, wo Eitelkeit geradezu zelebriert wurde. Deshalb verbergen Menschen so gut es geht die eigene Eitelkeit. Sie zeigen es natürlich nicht, wenn sie in ihrer Eitelkeit gekränkt wurden. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen nicht eitel wären; sie verbergen es nur.
Deshalb musst Du auf der Hut sein, die Eitelkeit Deiner Patienten/Klienten nicht zu verletzen. Sie werden es Dir weder zeigen noch sagen, falls Du es getan hast; sie konsultieren das nächste Mal einfach einen anderen Therapeuten oder Coach.
Sie sind, was sie sind
Auch wenn es ungewohnt und uncharmant klingt: Wir Menschen sind gierig, faul, ungeduldig, ehrgeizig, selbstbezogen, unwissend, egozentrisch und eitel – bis zu einem gewissen Grad. Wie gesagt: ohne jede Wertung! So sind Menschen eben auf der psychologischen Ebene.
Die einzelnen Eigenschaften sind an sich weder gut noch schlecht. Sie lassen sich allerdings zum Vorteil oder aber zum Nachteil vieler anderer Mitmenschen ausleben. Der größte »Heilige« und der größte »Sünder« – beide haben die gleiche psychologische Grundausstattung.
Mutter Theresa wurde im September 2016 heiliggesprochen. Sie war auch faul, gierig, ungeduldig, sie wollte auch mehr, schneller, preisgünstiger, leichter … Aber sie wollte dies, um Menschen zu helfen, die an der Schwelle des Todes standen. Und alles, was sie tat, basierte auf dem Motiv, mehr Menschen schneller, besser und auf möglichst leichte, einfache Weise zu helfen. Daran ist nichts Verkehrtes, im Gegenteil.
Auf der anderen Seite gibt es leider immer noch mehr als genug Diktatoren: Sie bauen Protzpaläste für sich und ihre Familie und schaffen Milliardenbeträge auf geheime Konten im Ausland, während ihr Volk hungert. Sie bringen die gleichen psychologischen Eigenschaften auf negative Weise zum Ausdruck.
Hauptmerkmal der Weisheit: sekundäre Konsequenzen bedenken
Menschliches Verhalten ist auf die primären Konsequenzen ausgerichtet: Wir wollen rasch und auf möglichst einfache Weise Verbesserungen haben und unser Glück erreichen. Die sekundären Konsequenzen werden dabei gern ignoriert; sie sind das Resultat, das aufgrund einer primären Konsequenz eintritt.
Die meisten Probleme im Leben rühren daher, dass wir die sekundären Konsequenzen nicht adäquat bedacht haben. Die sekundären Konsequenzen zu bedenken ist allerdings das Hauptmerkmal der Weisheit.
Ein krasses Beispiel: Jemand trinkt ein paar Gläschen mit Freunden, will aber sein Auto nicht vor Ort stehen lassen, weil er es am nächsten Tag braucht. Prompt verunglückter infolge eines durch die Promille bedingten Fahrfehlers … und ist von einer Sekunde auf die nächste für den Rest des Lebens behindert. Im schlimmsten Fall wurden noch andere Menschen schwer verletzt oder sogar getötet. Die primäre Konsequenz des Alkoholgenusses ist, mit den Freunden Spaß zu haben (und am nächsten Morgen bequem ins eigene Auto steigen zu können), aber die sekundäre Konsequenz hat in diesem Fall katastrophale Ausmaße.
In einer Praxis musst Du kontinuierlich die primäre gegenüber der sekundären Konsequenz abwägen.
Metaphorisch gesprochen: Du musst wie ein Schachspieler stets ein paar Züge vorausdenken. Diese Fähigkeit ist die Messlatte für Deine Intelligenz und Weisheit.
Hier kommt das Modell des Zweckmäßigkeitsfaktors ins Spiel, das ich von meinem Mentor Brian Tracy lernen durfte (Brian sagt immer, der Zweckmäßigkeitsfaktor sei das Ergebnis von über 30 Jahren Erforschung menschlicher Psychologie und menschlichen Verhaltens). Es macht plausibel, warum sich Menschen – bzw. Deine Patienten/Klienten – in einer bestimmten Weise verhalten.
Hier ist die Definition, auf die ich Dich bereits vorbereitet habe und die im Prinzip die meisten normalen, aber auch unnormalen Verhaltensweisen von Menschen erklärt:
Menschen sind gierig, faul, ungeduldig, ehrgeizig, selbstbezogen, unwissend und eitel. Deshalb suchen sie immer den schnellsten und einfachsten Weg, um das zu bekommen, was sie wollen, ohne sich Gedanken über die sekundären Konsequenzen zu machen.
Das Modell des Zweckmäßigkeitsfaktors fasst absolut das Verhalten von Patienten/Klienten zusammen – sei es bei Dir oder in anderen Praxen. Es erklärt ganz allgemein das Verhalten von Menschen bzw. Konsumenten, egal in welcher gesellschaftlichen Schicht, in welcher Einkommensklasse, mit welchem Bildungsstand, in welchem Markt, in welchem Land, in welcher Kultur, mit welcher Weltanschauung. Das Gesetz ist universell gültig.
Gesamtstrategie, die vom richtigen Menschenbild ausgeht
Erfolgreiche Praxisinhaber kennen dieses Zweckmäßigkeitsgesetz; sie respektieren es und machen es zur Grundlage ihrer Gesamtstrategie für den Praxiserfolg. Sie kämpfen nicht gegen die Schwerkraft an; sie jammern nicht, weil die Klienten so ticken; bei ihnen gilt nicht das Motto »Das Einzige, was stört, ist der Kunde«. Stattdessen entwickeln sie eine Strategie, der dieses Gesetz zugrunde liegt. Sie bringen sich selbst in Einklang mit diesen Gegebenheiten. Sie sind erfinderisch, um ihr Behandlungsangebot für die potenziellen Klienten so attraktiv zu entwerfen, dass es damit harmoniert, wie Menschen eben ticken. Sie nutzen die Gesetzmäßigkeiten, um den Menschen genau das zu geben, was sie brauchen. Und damit werden sie mehr potenzielle Klienten ansprechen als alle anderen Kollegen.
Wenn Du anfängst zu verstehen, wie Deine Klienten wirklich sind, wie sie wirklich denken, was sie wirklich motiviert, und Du alle Deine Praxisaufgaben mit der wahren Natur Deiner Klienten in Harmonie bringst, dann ist Dein Erfolg garantiert.
Denke also bitte sowohl beim Lesen dieses Buches als auch bei der Umsetzung in Deinem Praxisalltag daran: Unser Bestreben und Handeln als strategisch agierende Heilpraktiker/-innen und Coachs basiert darauf, wie Deine Kunden ticken – und nicht darauf, wie wir uns wünschen, dass sie ticken sollten.
Proaktiv statt reaktiv
Meistens kommen Patienten/Klienten mit der Erwartung, der Therapeut oder Coach werde ihm helfen, dass der Umstand, den er nicht haben will, weggeht; sie sind oft in einem sehr deprimierten Gefühlszustand und haben den Kontakt mit dem, was sie wirklich (sein) wollen, und zum Tiefsten ihrer Seele verloren; sie reagieren auf Dinge, die sie nicht wirklich wollen, und können ihr Leben nicht mehr in die Hand nehmen. Wer wütend herumläuft, erlaubt einer Sache, die er nicht will, den eigenen Gefühlszustand zu diktieren. Ein Patient erlaubt zunächst einer Krankheit, sein Leben zu dominieren; der Klient gibt dem Problem so viel Macht, dass er es alleine nicht bewältigt und sein eigentliches Ziel nicht erreichen kann.
Als Heilpraktiker/-in oder Berater/-in ist es Deine Aufgabe, Menschen von einem re-aktiven Zustand in ein pro-aktives Dasein zu begleiten. Die erste Aktion in der Praxis muss also sein, diese Individuen in eine proaktive Verfassung zu bringen: Sie müssen erkennen, dass sie kein Opfer sind, sondern selbst kleine und sogar große Schritte unternehmen können, um aus ihrem jeweiligen Zustand herauszugelangen.
Egal, wo Du momentan mit Deiner Praxis stehst, ob Du von Geldsorgen heimgesucht wirst oder unter Bergen an Administrativem stöhnst: Beim Aufbau und bei der Führung Deiner Praxis geht es darum, immer wieder die Entscheidung zu treffen, selbst in einem proaktiven Zustand zu sein. Denn genau das brauchen Deine Klienten von Dir, dem Leuchtturm: die Ausstrahlung, dass Du es im Griff hast – ganz gleich, was das Leben mit Dir auch macht –, einschließlich Deiner Gefühle; Du erlaubst nicht den äußeren Umständen, Dich in Verfassungen zu stürzen, die Dir nicht guttun. Du bist und agierst im »Hoffnungsbusiness«!
Du solltest in der Lage sein, Deine Kunden in einen Zustand zu bringen, in dem sie etwas »sehen«, das noch nicht da ist, aber da sein wird, wenn sie proaktiv werden. In einem proaktiven Zustand setzen sie ihre Imagination und Intuition ein, ihr Durchhaltevermögen und ihre Entschlossenheit, um etwas in die Welt zu bringen – in diesem Fall vor allem eine positive Lebenseinstellung und Gesundheit.