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Von der Polizei festgehalten

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Es gäbe keine Zeit für Ausreden. Er sei mitten auf einer belebten Verkehrsstraße gelaufen. Ob er denn ein Zuhause habe, wollte der Polizist wissen. Sillas antwortete nicht. Es schien, als ob er die Sprache verlernt hätte. Schweigend, mit dem Kopf nach unten gerichtet, so saß er da im Verhörzimmer der Polizei. Drei Polizisten waren anwesend, zwei Männer und eine Frau.

Ob er ein Zuhause habe, so die wiederholte Frage des Polizisten. Ein stilles, schüchternes Nein, die Antwort von Sillas. Bei dieser Antwort schlug der Polizist hart auf den Tisch des Verhörzimmers. Sillas wurde nach draußen in die Sperrzone des Polizeireviers eingeladen.

In der Sperrzone präsentierte der Polizist ihm ein fremdes, unbekanntes Auto. Ob er dieses Auto kenne, so die Frage des Polizisten. Sillas schüttelte schweigsam den Kopf. Mit diesem fremden Auto sei er aber gefahren, beharrte der Polizist.

Sillas wurde verwirrt, man habe ihn doch angehalten, weil er mitten auf der belebten Verkehrsstraße lief. Ja, aber zuvor sei er mit diesem fremden Auto gefahren, dann ausgestiegen und angehalten, so die weitere Aussage des Polizisten.

An seinem unangemessenen Fahrstil hatten die Polizisten erkannt, dass etwas nicht stimmte. Zudem wurden überhaupt keine gültigen Dokumente für das Auto gefunden, scheinbar befand sich das Fahrzeug nicht im Besitz des Festgenommenen. Auch den Sicherheitsdreieck gab es in diesem Fahrzeug nicht.

Sillas wurde zunehmend verwirrter. Dieses Auto meinte er zum ersten Mal zu sehen. Damit sei er noch nie gefahren, sagte er zu den Polizisten. Er käme vom Friedhof, daraufhin sei er durch den Wald zur Schnellstraße gewandert, wo er auf Wildhirsche traf und von der Polizei festgehalten wurde. Die Polizisten sahen ihn ungläubig an, offenbar fühlten sie sich betrogen.

„Bitte lassen Sie mich gehen!“, flehte Sillas die Polizisten an.

„Sie müssen für Ihre schlechten Taten geradestehen“, so die Aussage des jungen Polizisten.

„Na gut, ich wusste nicht, was es für Folgen haben könnte“, erwiderte Sillas.

„Dummheit bestraft das Leben“, entgegnete die Polizistin, die den Fall am Computer protokollierte.

„Raus mit den Namen, wem gehört das Auto wirklich?“, brüllte der Polizist im Raum.

Für Sillas wurde die Situation immer auswegloser. Er musste raus, die stickige Luft des kleinen Verhörzimmers benebelte seine Sinne. Bei diesem Gedanken fiel ihm auch eine passende Ausrede ein.

„Ich habe starke Halsschmerzen und muss dringend raus“, klagte Sillas.

„So schnell kommen Sie hier nicht weg“, schrie der Polizist.

„Ich sterbe vor Halsschmerzen!“, rief Sillas und fasste sich am Hals.

„Dann haben wir keine andere Wahl, als den Krankenwagen zu holen, wir wollen ja schließlich niemanden quälen“, erwiderte die protokollierende Polizistin und lächelte heimtückisch.

Der zweite Polizist ging in das benachbarte Dienstzimmer, um den Notdienst anzurufen, während der andere Polizeibeamte im Verhörzimmer blieb und weiterhin auf Sillas einredete.

„Raus mit den Namen!“, so die wiederholte Forderung des Polizisten.

„Offenbar hat das gestohlene Fahrzeug ein polnisches Kennzeichen, gehört es dann einem Polen?“

„Ich weiß es nicht, bitte lassen Sie mich raus, die Halsschmerzen sind wirklich unerträglich“, Sillas täuschte Tränen vor.

In diesem Moment kam der zweite Polizist wieder und kündigte an, dass der Notdienst in wenigen Minuten da sein werde. Danach folgten weitere, scheinbar endlose Fragen rund um das gestohlene Fahrzeug, die der unwissende Sillas jeweils mit „Ich weiß es nicht“ oder mit der Aussage „Ich habe so starke Halsschmerzen“ beantwortete.

Das setzte sich so fort, bis der Krankenwagen eintraf und der festgenommene Sillas nach draußen gebeten wurde. Daraufhin stieg er in den Krankenwagen ein und wurde vom zuständigen Notarzt untersucht.

Der Notarzt schien, die anwesenden Polizisten gut zu kennen, denn sie duzten sich untereinander. Womöglich sei es so wegen den häufigen Polizeieinsätzen, dachte Sillas, während er im Krankenwagen untersucht wurde. Die ärztliche Untersuchung dauerte nicht lange – schnell gelangte der Notarzt zu der Feststellung, dass der Festgenommene kerngesund sei.

„Trotz Ihres fortgeschrittenen Alters erfreuen Sie sich bester Gesundheit“, sagte der Notarzt zu Sillas.

„Siehst du, so eine dämliche Ausrede, diese angeblichen Halsschmerzen!“, rief einer der Polizisten zum Notarzt.

„Das kann nicht sein…“, wollte Sillas sagen, aber er kam nicht dazu, denn die Polizisten waren schneller und packten ihn schmerzhaft an den Schultern.

„Zurück ins Verhörzimmer!“, brüllten die treuen Gesetzeshüter.

Sillas wollte aufgeben, sich von den Polizisten abführen lassen, und der Notarzt war gerade dabei abzufahren – in diesem Augenblick kam die Rettung. Die Rettung trug die Gestalt des polnischen Freundes, woran sich Sillas offenbar nicht mehr erinnerte.

„Wer sind Sie denn?“, so die verwunderte Frage des Polizisten.

„Was sucht mein Auto auf Ihrem Polizeirevier?“, so die Gegenfrage des Freundes von Sillas.

„Wir dachten, es sei ein gestohlenes Fahrzeug“, antwortete der Polizist.

„Wir müssen einiges klären“, sagte der Freund von Sillas.

„Erstens: Dieser festgenommene Mann hier ist mein Freund. Zweitens: Ich habe ihm mein Auto freiwillig ausgeliehen. Sie liegen falsch bei der Vermutung, dass dieses Fahrzeug gestohlen sei.“

Die Polizisten sagten zunächst nichts, ihre unverständlichen Blicke wanderten zwischen dem alten, schäbigen Sillas und seinem Freund.

Schließlich richtete einer der Polizisten die Frage an Sillas: „Kennen Sie diesen Mann?“

„Ja“, antwortete Sillas, obwohl er nicht den Eindruck hatte, sich an diesen Mann zu erinnern.

„Na gut“, erwiderte der Polizist misstrauisch. Wieder folgte ein Moment lang Stille.

Schließlich sagte der Polizist zum Freund von Sillas: „Offenbar sind Sie Ihrer Pflicht als Autofahrer nicht gefolgt. In Ihrem Fahrzeug gibt es keinen Sicherheitsdreieck und ein paar weitere Mängel sind noch zu verzeichnen. Deshalb müssen wir Ihnen eine Geldstrafe verhängen.“

„Den Strafzettel können Sie mir per Post schicken“, erwiderte der Freund von Sillas zum Polizisten und ging mit ihm ins Dienstzimmer, um seine Kontaktdaten zu hinterlassen.

„Warte hier kurz, ich werde gleich bei dir sein“, sagte der Freund zu Sillas.

Sillas blieb zurück auf dem Parkplatz des Polizeireviers und beobachtete, wie der Krankenwagen abfuhr. Die Wartezeit schien lange. Sillas geriet ins Grübeln. Immerhin war er jetzt an der frischen Luft, und nicht mehr in diesem stickigen, kleinen Verhörzimmer. Er war auf freiem Fuß. Zurück im Leben.

Alles schien ihm so fremd, die Auferstehung und die wilde Naturwelt mit ihren seltsamen Begebenheiten, das angeblich gestohlene Fahrzeug und der Mann, der sich als sein Freund ausgab. Fremde Landschaften… Und dabei war er zurückgekehrt. In diese fremden Landschaften, die zum Teil seines Lebens wurden. Ja, er lebte, erlebte und miterlebte ein Dasein, das ihm nicht gehörte.

Fremde Landschaften

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