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3 Überblick über die relevanten Rechtsgebiete

Da das Medienrecht als Querschnittsrecht eine Vielzahl von Rechtsgebieten mit unterschiedlichen Gesetzen betrifft, sollen zunächst im Rahmen eines Überblicks die für den Medienbereich besonders relevanten Rechtsgebiete vorgestellt werden. Diese Übersicht dient dem Verständnis für diese komplexe Materie und soll den Einstieg in die nachfolgenden Kapitel erleichtern.

Die Grundrechte gewährleisten dem Einzelnen bestimmte Rechte und verpflichten den Staat. Sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat8 und dienen dem Schutz der Bürger vor staatlichen Eingriffen oder Beschränkungen. Will der Staat in Grundrechte eingreifen, diese also beschränken, benötigt er dafür eine Rechtfertigung, die gesetzlich geregelt sein muss. Unter Staat sind in diesem Zusammenhang alle staatlichen Funktionsträger zu verstehen. Die Grundrechte finden sich in der Verfassung, dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, abgekürzt GG. Somit haben die Grundrechte Verfassungsrang und stehen über den sog. einfachen Gesetzen, gehen normalen Gesetzen also vor. Nach dem Kreis der Berechtigten lassen sich Grundrechte einerseits in sog. Jedermannsrechte bzw. Menschenrechte und andererseits in Bürgerrechte unterscheiden: Jedermanns- oder Menschenrechte stehen allen Menschen, Bürgerrechte nur deutschen Staatsangehörigen zu. Für das Medienrecht sind die nachfolgenden Grundrechte,9 die auch unter dem Oberbegriff Kommunikationsgrundrechte10 zusammengefasst werden, von zentraler Bedeutung:

Meinungsfreiheit
seine Meinung frei äußern und verbreiten
Informationsfreiheit
sich aus allgemein zugänglichen Quellen unterrichten
Medienfreiheit
Produktionsfreiheit für Presse, Rundfunk und Film

Bei diesen Grundrechten handelt es sich um Jedermannsrechte, da diese Grundrechte ohne Einschränkung jedem Menschen bzw. allen juristischen Personen des Inlands zustehen. Darüber hinaus können noch folgende Grundrechte im Medienrecht Bedeutung erhalten: der Schutz der Menschenwürde11, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit12 sowie die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit.13 Auch diese Grundrechte stehen allen Menschen zu.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus den Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit14 und der Menschenwürde abgeleitet und ist wie ein eigenständiges Grundrecht zu behandeln. Es gibt dem Einzelnen das Recht der Selbstbestimmung, der Selbstbewahrung und der Selbstdarstellung.15 Vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Grundrecht ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Zivilrecht zu unterscheiden. Mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Zivilrechts kann sich der Betroffene jedoch gegen jedermann, und vor allem gegen die Medien, zur Wehr setzen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt dem Einzelnen u. a. folgenden Schutz:

Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung
Geschützt werden Intimes wie bspw. Sexualität und Krankheiten, die Privatsphäre, also die „eigenen vier Wände“ sowie jeder Ort, an dem der Betroffene erkennbar eine Rückzugsmöglichkeit sucht.
Recht am eigenen Bild
Die Veröffentlichung von Fotos oder Filmaufnahmen ist grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig.
Recht der persönlichen Ehre
Das Recht der persönlichen Ehre schützt den Einzelnen vor Diffamierung.16 Als mögliche Straftaten sind hier Verleumdung,17 üble Nachrede18 und Beleidigung19 zu nennen.
Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort
Jeder darf selbst entscheiden, ob sein gesprochenes Wort auf Tonträger aufgezeichnet und veröffentlicht wird.20 Die Veröffentlichung persönlicher Aufzeichnungen, wie Briefe oder Tagebücher, ist nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig.21
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Jeder darf über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst entscheiden.22
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
Das sog. IT-Grundrecht23 wurde vom Bundesverfassungsgericht24 im Zuge einer Entscheidung zur sog. Onlinedurchsuchung im Jahr 2008 entwickelt. Es schützt den Einzelnen vor Zugriffen des Staates auf informationstechnische Systeme. Ein solcher Eingriff ist nur zulässig, wenn erhebliche Gefahren für ein überragend wichtiges Rechtsgut, wie Leben, Leib und Freiheit der Person, bestehen.25

Das Urheberrecht

Das Urheberrecht schützt künstlerische oder wissenschaftlichtechnische Leistungen, die ein gewisses Maß an Originalität und Kreativität aufweisen. Dieser Schutz entsteht gemäß dem deutschen Recht automatisch mit dem Erschaffen des Werkes, ohne dass eine Registrierung, ein Copyright-Vermerk oder sonstige Formalitäten erforderlich wären. Der Urheberrechtsschutz endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Das Urheberrecht soll einerseits die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers wahren, indem ihm allein die umfassenden Verwertungsrechte an dem von ihm geschaffenen Werk zustehen. Verwertungsrechte sind insbesondere

das Vervielfältigungsrecht,26
das Verbreitungsrecht,27
das Ausstellungsrecht28 und
das Recht zur öffentlichen Wiedergabe.29

Der Urheber kann diese Verwertungsrechte an Dritte, meist gegen Zahlung einer Vergütung, übertragen.

Andererseits soll das Informationsbedürfnis der Nutzer gewährleistet werden, sodass mit Hilfe des Urheberrechts diese unterschiedlichen Interessen in Ausgleich gebracht werden sollen. Das Urheberrecht ist im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, abgekürzt UrhG, geregelt.

Das Wettbewerbsrecht

Das Wettbewerbsrecht dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.30 Das Wettbewerbsrecht ist vor allem im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Dieses Gesetz bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bestimmte geschäftliche Handlungen „unlauter“ und damit unzulässig sind. Dazu gehört bspw. getarnte Werbung, also Schleichwerbung.31 Es ist unzulässig, Mitbewerber herabzusetzen oder zu verunglimpfen.32 Irreführende Werbung, die unwahre Angaben enthält oder geeignet ist, andere zu täuschen, ist ebenfalls untersagt.33

✱ Gut zu wissen!

Bei der Direktwerbung mittels Telefon, Fax, E-Mail oder SMS ist immer zu prüfen, ob eine unzumutbare Belästigung34 vorliegt. Diese Werbeform wird später noch vertieft werden. In der sog. Schwarzen Liste, einem Anhang zum UWG, sind geschäftliche Handlungen benannt, die gegenüber Verbrauchern immer unzulässig sind.

Das Marken- und Kennzeichenrecht

Das Marken- und Kennzeichenrecht regelt den Schutz von Marken oder Kennzeichen wie etwa Firmennamen oder -logos. Alle Zeichen, Wörter, Personennamen, Abbildungen, Buchstaben und Zahlen35 können als Marke geschützt sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das jeweilige Markenzeichen geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.36 Zeichen oder Angaben, welche die Ware oder Dienstleistung beschreiben können oder die im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich geworden sind, können jedoch nicht mehr als Marke geschützt werden.37 Bei solchen allgemeinen Begriffen besteht ein sog. Freihaltebedürfnis. Damit sollen Mitbewerber die Möglichkeit behalten, ihre eigenen Waren und Dienstleistungen zu beschreiben. Marken dienen vor allem dazu, den Endabnehmer über die Herkunft der Ware und den Betrieb des Herstellers zu informieren.38 Markenschutz entsteht in erster Linie durch die Eintragung einer Marke in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes. Darüber hinaus kann im Einzelfall eine Marke allein durch ihre Benutzung im geschäftlichen Verkehr Markenschutz erhalten, wenn sie in den beteiligten Verkehrskreisen bekannt geworden ist. Ist eine Marke geschützt, so gibt sie ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Damit dürfen Dritte im geschäftlichen Verkehr kein identisches oder ähnliches Markenzeichen für die Kennzeichnung identischer oder ähnlicher Waren oder Dienstleistungen verwenden, ansonsten würden sie die geschützte Marke des Markeninhabers verletzen. Neben Marken werden auch Unternehmenskennzeichen, also der Name, die Firma oder sonstige besondere Bezeichnungen des Geschäftsbetriebs, geschützt. Anders als Marken können Unternehmenskennzeichen nicht in ein Register eingetragen werden. Ihr Schutz entsteht vielmehr automatisch mit Beginn der Benutzung im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs. Der Schutz von Marken und Kennzeichen ist im Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz – MarkenG) geregelt.

Das Zivilrecht

Das Zivilrecht, auch Privatrecht genannt, ist der Teil des Rechts, der die Beziehungen zwischen den einzelnen gleichgeordneten Mitgliedern der Gemeinschaft regelt.39 Dagegen geht es im öffentlichen Recht meist um die Regelung von Über- und Unterordnungsverhältnissen, wobei sich Bürger und Staat gegenüberstehen. Das Zivilrecht ist u. a. im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Aber auch die bereits vorgestellten Rechtsgebiete des Urheberrechts, Markenrechts und Wettbewerbsrecht zählen zum Zivilrecht, da sich hier Gleichgestellte, wie bspw. Urheber und Nutzer oder zwei Mitbewerber, gegenüberstehen.

Das Datenschutzrecht

Das Datenschutzrecht dient in erster Linie dem Schutz des Einzelnen vor dem „gläsernen Menschen“. Geschützt werden alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person.40 Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz der Datenvermeidung bzw. der Datensparsamkeit und der Zweckbindung.41 Dies bedeutet, dass einerseits so wenig wie notwendig Daten erfasst werden sollen, um so wenig wie möglich in das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung einzugreifen. Andererseits sollen Daten nur dann erfasst und genutzt werden, wenn dies im Gesetz ausdrücklich erlaubt ist und einem bestimmten Zweck dient. Das Datenschutzrecht ist im Bundesdatenschutzgesetz und in den Datenschutzgesetzen der Länder geregelt. Das Datenschutzrecht schützt die Persönlichkeit des Einzelnen vor Zugriffen des Staates, weshalb es zum einen dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Zum anderen müssen aber auch alle Unternehmen, die Daten sammeln, diese Vorschriften beachten. Insoweit kann das Datenschutzrecht auch dem Zivilrecht zugeordnet werden.

Das Strafrecht

Die allgemeinen Vorschriften des Strafrechts sind auch im Medienrecht anwendbar. Im Bereich der Medien können insbesondere folgende Straftaten relevant werden:

Verbreiten von Propagandamitteln verbotener Organisationen42,
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen43,
Volksverhetzung44,
Anleitung zu Straftaten45,
Verbreitung von Gewaltdarstellungen46,
Straftaten gegen die Ehre47,
„Hacking“48,
Abfangen von Daten49,
Computerbetrug50,
Datenveränderung51 und
Computersabotage52.

Das Strafrecht ist im Strafgesetzbuch, dem StGB, geregelt. Daneben finden sich noch in anderen Gesetzen Straftatbestände, so ist auch die Verletzung von Urheberrechten eine Straftat,53 Softwarepiraterie,54 strafbare Werbung55 und die Verletzung von Marken und Unternehmenskennzeichen56 sind ebenso strafbar.

8 Vgl. Pieroth et al. (2015), Rn. 76.

9 Art. 5 Abs. 1 GG.

10 Vgl. Fechner (2014), S. 19.

11 Art. 1 Abs. 1 GG.

12 Art. 2 Abs. 1 GG.

13 Art. 5 Abs. 3 GG.

14 Art. 2 Abs. 1 GG.

15 Vgl. Pieroth et al. (2015), Rn. 391 ff.

16 Vgl. Fechner (2014), S. 70 f.

17 § 187 StGB.

18 § 186 StGB.

19 § 185 StGB.

20 Vgl. Dörr/Schwartmann (2012), Rn. 331.

21 Vgl. Dörr/Schwartmann (2012), Rn. 332.

22 Vgl. Pieroth et al. (2015), Rn. 399.

23 Vgl. Pieroth et al. (2015), Rn. 400.

24 BVerfG v. 27.02.2008, Az. 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07.

25 Vgl. Paschke (2009), Rn. 956 ff.

26 § 16 UrhG.

27 § 17 UrhG.

28 § 18 UrhG.

29 §§ 19 ff. UrhG.

30 § 1 UWG.

31 § 5 a Abs. 6 UWG.

32 § 4 Nr. 1 UWG.

33 § 5 f. UWG.

34 § 7 UWG.

35 § 3 Abs. 1 MarkenG.

36 § 3 Abs. 1 MarkenG.

37 § 8 Abs. 1 Nr. 2, 3 MarkG.

38 Vgl. Bingener (2012), S. 6.

39 Vgl. Brox/Walker (2013): Allgemeiner Teil des BGB, § 1 Rn. 10.

40 § 3 Absatz 1 BDSG.

41 Vgl. Hoeren (2015), S. 434.

42 § 86 StGB.

43 § 86a StGB.

44 § 130 StGB.

45 § 130a StGB.

46 § 131 StGB.

47 §§ 185 ff. StGB.

48 § 202a StGB.

49 § 202b StGB.

50 § 263a StGB.

51 § 303a StGB.

52 § 303b StGB.

53 § 106 UrhG.

54 §§ 106, 69a UrhG.

55 § 16 UWG.

56 § 143 MarkenG.

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