Читать книгу Scarlet Cheeks: Unschuldige Verlockung - Alexis Kay - Страница 7
Kapitel 3
Оглавление„Irina. Bitte. Ich muss mal … dringend.“ Corinne poltert gegen die Badezimmertür. Ich halte in der Bewegung inne, den Mund leicht geöffnet, die Augen weit aufgerissen, das Bürstchen mit der schwarzen Wimperntusche gefährlich nahe am Auge. „Du bist schon seit über einer Stunde da drin. Ist alles in Ordnung?“
Corinne hätte ja wahrlich das bessere Händchen dafür, jedoch wenn ich sie um Hilfe bitten würde, müsste ich ihr auch unweigerlich das Date mit Ryan gestehen. Ich habe es aber bewusst für mich behalten, um allfälligen Fragen zu entgehen. Doch jetzt muss ich wohl oder übel mit der Sprache herausrücken. „Nur noch fünf Minuten. Bin gleich so weit …“, gewähre ich mir eine letzte Galgenfrist.
„Okay. Aber länger kann ich wirklich nicht warten.“
Ich atme tief durch, setze das Bürstchen von Neuem an, verleihe meinen Wimpern den Volumen-Effekt und damit ich nicht ganz so blass wirke, trage ich einen Hauch von Rouge auf.
Ein Blick aufs Handy verrät mir: Ich bin spät dran. Gott sei Dank lässt sich mein feines, gestuftes Haar mit ein paar wenigen Handgriffen leicht bändigen und ich stecke es mir mit kleinen Klemmen hoch. Gekleidet in ein lila Top, einen dunkelblauen, knielangen Jeansrock und schwarze Stulpen verlasse ich das Bad.
„Wow. Gehst du noch aus?“, fragt Corinne verwundert, als sie sich an mir vorbeizwängt, um ihre Notdurft zu verrichten.
Ich nutze die Gunst der Stunde, um einem Verhör zu entgehen, schlüpfe in die violetten Ankle Boots und nehme meine schwarze Lederjacke vom Garderobenhaken.
„Ich habe ein Date“, informiere ich sie kurz und knapp, ergreife meine Tasche und flüchte.
„Mit Kevin?“
Doch meine Antwort auf Corinnes Frage ist eine sich schließende Tür.
Punkt 21 Uhr betrete ich den Club des Gallery. Beim Googeln fand ich nicht nur die Adresse heraus, sondern auch, dass der ganze Komplex zu Fosters Imperium gehört.
So viel zum Thema: Ich manage den Club.
Ryan, du Angeber!
Meine Jacke habe ich nach einer Ausweiskontrolle an der Garderobe abgegeben. Typisch! Ich musste schon öfters meine Identitätskarte zücken, um meine Volljährigkeit zu beweisen.
Ich schreite die Treppe hinunter und bleibe auf der zweitletzten Stufe stehen. Von hier aus kann ich über alle Köpfe hinwegblicken, geradewegs zum anderen Ende des Raums, zur Bar, hinter der Ryan steht. Dahinter, vor belichtetem Spiegelglas, türmt sich eine außergewöhnlich große Auswahl an Alkoholika.
Die farbigen Scheinwerfer an der Decke setzen die Tanzfläche zu meinen Füßen mit einem wechselnden und flackernden Lichtspiel in Szene. Der Bass vibriert unter meinen Sohlen, nichtsdestotrotz lädt mich die Musik nicht zum Tanzen ein. Ich mag keine Remixes und die Lautstärke setzt Heiserkeit am Ende des Abends praktisch voraus.
Ich atme einmal tief durch, bevor ich ins Meer von tanzenden Leuten eintauche und mich zur Theke durchschlängele. Obwohl die Nacht noch relativ jung ist, ist die Tanzfläche rappelvoll. Ich erhasche einen einzigen freien Barhocker, direkt vor Ryan, als wäre der Platz für mich reserviert worden. So steuere ich darauf zu, während ich den geschickten Barkeeper bei der Arbeit beobachte.
In einem dunkelgrauen, hochgekrempelten Hemd mit schwarzer Fliege und Hosenträgern steht er hinter dem aus Mahagoni gefertigten Tresen. Kräftige Unterarme kommen zum Vorschein, als er den Shaker schüttelt. Ryan scheint sein Handwerk zu verstehen. Er serviert dem Gast gekonnt und mit schnellen Handgriffen einen pfirsichfarbenen Cocktail mit Zuckerrand und Früchtegarnitur.
Langsam schreite ich auf ihn zu. Ryan fixiert mich und blinzelt. Im ersten Augenblick wirkt er überrascht, doch dann beginnen seine Mundwinkel zu zucken, formen sich zu einem süffisanten Grinsen. Sein interessierter Blick schweift über meinen Körper und es kommt mir vor, als würde er mich vor seinem inneren Auge ausziehen. Seine grünen Augen funkeln wie die eines ausgehungerten Wolfes, der gerade das Lamm, welches er als seine Beute auserkoren hat, in Augenschein nimmt.
Scheiße! Das ist überhaupt nicht in meinem Interesse. Ich bin kurz davor umzukehren, aber er winkt mich zu sich und deutet auf den freien Barhocker ihm gegenüber. Nur nicht so schüchtern! Ich gebe mir einen Ruck, setze mich wieder in Bewegung.
„Hi“, sage ich. Obendrein bedenke ich ihn mit einem scheuen Lächeln.
„Hallo, schöne Frau.“ Ryan begrüßt mich. Noch bevor ich mich setzen kann, stemmt er sich über die Bar, legt eine Hand in meinen Nacken und drückt seinen Mund auf meinen.
Ich ziehe scharf den Atem ein. Damit habe ich weiß Gott nicht gerechnet. Als ich aus meiner Starre erwache, stoße ich ihn von mir.
Er wirkt perplex, dennoch dringt ein verschmitztes, einfaches „Sorry“ über seine Lippen, als würde es ihm nicht im Geringsten leidtun.
„Wir beide haben wohl unterschiedliche Erwartungen, wie dieser Abend enden wird“, bemerke ich kühl. Angewidert von seiner großspurigen Art wende ich mich wieder zur Tür.
„Bitte geh nicht, Irina“, versucht er mich mit flehender Stimme zurückzuhalten. „Bitte bleib. Es tut mir leid.“ Betteln steht ihm nicht, ist wider seine Natur und plötzlich dringt einmal mehr diese überhebliche Großkotzigkeit an die Oberfläche: „Gib dir eine Chance, mich besser kennenzulernen.“ Nach und nach werde ich mir seiner charakterlichen Defizite bewusst. „Lass mich dir den versprochenen Cocktail mixen. Nach meiner Schicht begleite ich dich nach Hause, wenn es immer noch dein Wunsch ist, denn im Dunkeln lasse ich dich ungern allein losziehen …“
„Hey. Ich bin in einer Stadt aufgewachsen.“ Ich lasse mich provozieren.
„So?“ Ryans Augen werden schmal, als er mich interessiert mustert. „Siehst du, ich weiß rein gar nichts von dir. Gib mir die Chance, dich besser kennenzulernen. Bitte.“ Das Bitte kommt etwas zögerlich über seine Lippen. „Magst du Kokosnuss?“, fragt er mich mit hochgehobener Augenbraue und legt den Kopf schief. Diesmal hält sein blondes Haar still, denn er hat es ordentlich gegelt.
Ich nicke und setze mich auf den Barhocker. Während Ryan mir meinen Cocktail mixt, drehe ich mich zur Tanzfläche um. Ich bin erpicht darauf, ein bekanntes Gesicht zu entdecken. Doch Fehlanzeige. Die Leute, die ich hier im Dorf kenne, lassen sich an einer Hand abzählen, und keiner davon ist anwesend … außer, man ist der Besitzer der Bar.
Alain Foster.
Innerlich stöhne ich auf. Er sitzt, geschalt in Anzug und dunkelblauem Hemd, das seine eisigen Augen besonders betont, mit einer hübschen Brünetten in der Lounge und flirtet ungeniert. Ich verspüre einen Stich in meiner Brustgegend. Eifersucht? Ich kenne diesen blasierten Snob doch kaum, ein Dandy sondergleichen … und ein Schürzenjäger, denn er lässt definitiv nichts anbrennen …
Die Enttäuschung lässt sich nicht mehr unterdrücken. Ich drehe mich schmollend zur Bar um und Ryan serviert mir meinen Cocktail. Geistesabwesend krame ich mein Portemonnaie aus der Tasche.
„Nein, Süße. Du bist eingeladen. Zum Wohl.“ Ein gönnerhaftes Grinsen huscht über seine Lippen, während er seinen Tequila auf ex trinkt.
Ich flüstere ein „Danke“ und ziehe kräftig am Strohhalm. Ryans Blick ist immer noch auf mich geheftet, er scheint auf ein Urteil zu warten. „Mmmmh. Echt lecker.“ Rum, Kokosnuss, Ananas … „Eine Piña Colada?“
Er nickt bedächtig, lässt mich keine Sekunde mehr aus den Augen …
Nach dem Cocktail und sehr vielen, sich schon zu gut um wahr zu sein angehörten Informationen über Ryan, rückt sein Feierabend in greifbare Nähe.
„Ich muss noch kurz etwas für den Schichtwechsel vorbereiten. Treffen wir uns in fünf Minuten draußen?“, haucht er in mein Ohr und mir entschlüpft ein beschwipstes Kichern, weil mich der Hauch seines Atems kitzelt.
Ryan nimmt sich noch mehr Freiheiten. Sein Zeigefinger streichelt über meinen Handrücken, gleitet meinen Arm entlang hoch. Er schmiegt seine schwielige Hand an meine Wange, dabei liebkost sein Daumen meine Unterlippe. Willenlos ergebe ich mich ihm, zucke jedoch zurück, da seine Liebkosung bis tief unter meine Haut sickert und mich erschaudern lässt. Ein selbstgefälliges Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht, während sich die Härchen auf meinem Arm aufrichten. Es scheint mir, als hätte ich seinen Test bestanden.
„Danke, dass du mich nach Hause begleitest. Ich habe wohl schon einen leichten Schwips …“
Ryan murmelt noch etwas Unverständliches, bevor er die Bar durch die Tür fürs Personal verlässt.
Ich schlürfe den letzten Tropfen aus dem Glas und rutsche vom Barhocker. Hoppla! Meine Beine wollen mir nicht mehr wirklich gehorchen. Mir wird auf einmal ganz warm und schwummrig. Der Alkohol entfaltet seine Wirkung rasend schnell. Ich kann nur hilflos zusehen, wie sich meine Motorik in Luft auflöst.
Für einen Sekundenbruchteil kollidieren meine Augen mit seinem kühlen, durchdringenden Blick … Foster!
Ich reiße mich zusammen und irgendwie schaffe ich es doch noch, mich durch die Menge zu quetschen.
So atme ich auf, als ich die Garderobe erreiche. Schwankend beuge ich mich nach vorn und stütze mich auf den Oberschenkeln ab. Der Raum scheint sich zu drehen. Ich bekomme kaum Luft. Das Herz in meiner Brust pocht wie wild, als würde es jeden Moment seinen letzten Schlag tätigen und zerspringen.
„Ist Ihnen schlecht?“ Die Dame hinter dem Garderobentresen beäugt mich besorgt. „Wollen Sie sich kurz hinsetzen?“
„Ich vertrag nicht so viel“, lalle ich und lächle beschämt. Ich schließe kurzzeitig die Augen. Noch bevor ich meine Lider wieder zu öffnen vermag, ist sie bei mir.
„Soll ich jemanden für Sie anrufen?“ Sie hakt sich bei mir unter, geleitet mich zu einem Stuhl.
„Corinne. Meine Cousine.“ Ich atme tief durch.
„Können Sie mir die Nummer oder den Nachnamen nennen?“
Mein Kopf ist wie leer gefegt. Der einzige Name, der mir noch einfällt, ist „Foster“.
„Ich hole Ihnen Hilfe. Rühren Sie sich nicht von der Stelle.“ Die Garderobenlady verschwindet durch die Tür, aus der ich gerade hereingetorkelt bin.
Frische Luft! Ich brauche frische Luft.
Es gelingt mir, mich vom Stuhl zu erheben, und so kämpfe ich mich zum Ausgang, wo mich ein frischer, wohltuender Luftzug empfängt – und Ryan.
„Da bist du ja.“ Er schreitet aus einer dunklen Ecke auf mich zu. „Geht es dir nicht gut?“ Achtlos schnippt er den Zigarettenstummel zu Boden.
„Mir ist schwummrig. Bitte halt mich …“ Ich ergreife den Stoff seines Hemds, kralle mich daran fest, als meine Beine drohen nachzugeben, was sie schlussendlich auch tun. Hätte Ryan nicht seine Arme um mich geschlungen, wäre ich wie ein schwerer Sack Kartoffeln zu Boden gerasselt. Doch plötzlich fühle ich mich federleicht. Verwirrt öffne ich meine Augen und sehe, dass Ryan mich trägt.
„Danke. Ich w…w…woh…“ Meine Zunge treibt ihre eigenen Spielchen.
„Schsch, Süße. Nicht nötig. Ich kenne deine Adresse …“ Sein raues Atmen rührt vermutlich von der Anstrengung her.
Bald … bald bin ich zu Hause. Jetzt kann ich mich fallen lassen. Ryan wird mich wohlbehütet nach Hause bringen, wo ich meinen Rausch ausschlafen kann …
Sein Gesicht verschwimmt vor meinen Augen. Meine Lider werden schwer, und obwohl ich mich in seinen Armen eigentlich sicher fühlen sollte, widerstrebt es mir gewaltig, die Augen zu schließen. Schuld daran ist dieses siegessichere, maliziöse Lächeln, das sich kurz vor meinem letzten Wimpernschlag auf seine Lippen gestohlen hat …
Noch versuche ich der Knall auf Fall auftretenden und unerklärlichen Müdigkeit zu trotzen, doch letztendlich erliege ich ihr kläglich.
Ein stechender Schmerz jagt über meine linke Schulter und erschüttert mich bis ins Mark. Erschrocken und angsterfüllt schlage ich die Augen auf. Mein Atem überschlägt sich beinahe. Das Rauschen des Blutes in meinen Ohren überdeckt jegliche Umgebungsgeräusche. Im ersten Augenblick ist mein Sichtfeld entrückt, doch nach und nach stellt es sich ein und ich sehe wieder klar. Dennoch bin ich der Meinung, mich in einem Albtraum zu befinden, denn das Bild, das sich mir bietet, ist bizarr: Ryan beugt sich über mich, mit der rechten Hand, die von einem schwarzen Lederhandschuh ummantelt wird, umfasst er ein Jagdmesser. Die Damaszener Klinge ist blutverschmiert und die rote, warme Flüssigkeit befolgt das Gesetz der Physik, sammelt sich an der Spitze, tropft zu Boden. Das schmerzliche Pochen, welches ich in meiner Schulter verspüre, hält mich wach, und ich realisiere plötzlich, dass es mein Blut ist, das vergossen wurde.
Ich schreie aus Leibeskräften auf, aber mein Hilferuf verstummt abrupt unter Ryans linker Hand. Scharf ziehe ich die mit Ledergeruch durchzogene Luft in die Lungen. Meine Nasenflügel weiten sich, flattern. Ich fürchte zu ersticken, doch ich kann mich nicht rühren, mich nicht wehren, denn meine Hände sind unter meinem Körper gefangen, wurden gar gefesselt. Das Gewicht meines Angreifers auf meinem Becken presst mich fest zu Boden. Mein Körper bebt, weil ich vor Angst zittere. Ich bin Ryan ausgeliefert, vollends ausgeliefert. Meine Hilflosigkeit treibt mir Tränen in die Augen. Das Messer, auf das ich meinen Blick so starr gerichtet habe, verschwimmt.
Rau und heiser schildert er mir seine Vision: „Süße. Ich habe nicht vor, dich umzubringen. Ich will dich ficken, Schlampe! Foster zuvorkommen und nicht immer an zweiter Stelle stehen. Einmal ein Loch benutzen, in dem er seinen Schwanz noch nicht versenkt hat. Ironie des Schicksals, dass mir das ausgerechnet bei der Frau gelingt, die zu ihm vordringen kann … Ich habe euer amouröses Geplänkel auf der Treppe beobachtet … Oh Irina … Das war nicht Foster, wie er leibt und lebt, der selbst ernannte Ladykiller, denn dieser gesteht sich keine Schwächen ein. Umso mehr wird es ihn treffen, nicht nur aus dem Grund, nämlich weil er dich nicht haben kann, sondern dass ich ihn diesmal ausgebootet habe, ich mich mit dir als Erster vergnügt habe.“ Seine Stimme ist durchtränkt mit blankem Hass und Eifersucht. Zum Schluss bekommt sie gar eine zuckersüße Note, die seinen Irrsinn unterstreicht: „Das mit dem Schnitt tut mir übrigens leid, Baby. Halt still. Ich will dich nicht noch mehr verletzen …“
Ich brülle gegen seine Hand, als die kalte Klinge meine Haut am Bauch streift, sich langsam, aber mühelos durch mein Top hocharbeitet, nach und nach meinen Oberkörper freilegt, den filigranen Steg des BHs durchtrennt und meinen Busen entblößt.
„Na ja, normalerweise bevorzuge ich ja größere Titten, C-Körbchen im Minimum … Doch diesmal geht es lediglich darum, Foster eins auszuwischen und nicht um meine Vorlieben … Nichtsdestotrotz werde ich meinen Spaß mit dir haben …“ Ryan klemmt sich die Messerklinge zwischen die Zähne. Seine frei gewordene Hand wölbt sich um meine Brust und packt unerbittlich zu.
Ich stöhne den Schmerz in den Knebel. Wären seine Finger nicht vom Leder bedeckt gewesen, hätten sich seine Nägel tief in mein Fleisch gebohrt. Vergebens versuche ich, mich aus seinen Fängen zu befreien, gegen ihn zu agieren.
„Schlampe! Wirst du wohl stillhalten …“
Im Augenwinkel bekomme ich mit, wie sich die Damastklinge dicht an meinem Gesicht vorbei ins Grüne bohrt. In Nullkommanichts versteife ich mich, bewege mich keinen Millimeter mehr und gebe keinen Mucks von mir. Ich verfalle in eine Art Schockstarre. Die Ohnmacht droht mich zu ergreifen.
„Das soll dir eine Warnung sein! Wie ich sehe, ist sie angekommen“, knurrt mein Peiniger bedrohlich. Er verlagert sein Gewicht, verschafft sich Zugang zu meinen Schenkeln. Sein Daumen gleitet unter den Saum des Rocks, und Ryan drapiert den Jeansstoff die Oberschenkel hoch, dabei flucht er ungehalten, da es ihn unnötig Zeit kostet. Mit der Baumwollpanty jedoch macht er kurzen Prozess. Sie leistet kaum Widerstand, als er sie der Naht entlang zerreißt.
Entsetzt starre ich ihn an. Ryans Augen sind beinahe schwarz vor unheilvoller Begierde. Sein Blick zeigt keine Gnade. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Vorschlaghammer: Er wird es durchziehen! Er wird mich vergewaltigen!
Abermals schreie ich aus Leibeskräften gegen seine Hand. Noch ein letztes Mal mobilisiere ich meine Reserven und versuche, gegen ihn anzukämpfen, mich gegen die Ohnmacht, die mich zu übermannen droht, zu wehren. Doch als ich höre, wie sich der Reißverschluss seiner Hose langsam öffnet – dieses simple und dennoch einschneidende Geräusch unterstreicht meine Unterlegenheit –, ergebe ich mich meinem Schicksal und schließe die Augen.
Ich bin chancenlos.
„Es ist immer dasselbe Spiel mit euch Weibern. Zuerst spielt ihr die unnahbare Jungfrau, und trotzdem liegt ihr plötzlich willenlos unter mir.“ Ryan lacht dunkel.
Ich gebe mich auf, als sein Gewicht sich auf mich drückt und mir die Luft aus den Lungen quetscht. Mein gequältes Stöhnen wird von seiner Hand erstickt. Meine Nasenlöcher blähen sich auf und füllen sich mit dem schweren, aufdringlichen Geruch seines Aftershaves. Ich unterdrücke das Atmen und heiße die Bewusstlosigkeit willkommen …
„Ich liebe den Augenblick, in dem ihr erkennt, dass euer Schicksal besiegelt ist“, haucht er in mein Ohr.
Regungslos liege ich unter ihm und leiste keine Gegenwehr mehr, während er meine Beine spreizt. Dunkelheit breitet sich wie eine Decke über mir aus. Mein Körper erschlafft.
Vertraute, doch weit entfernte Stimmen dringen an mein Ohr und plötzlich tritt eine unheimliche Erleichterung ein. In unmittelbarer Nähe bricht ein Tumult aus. Markerschütternde Schreie … Kraftausdrücke … blasphemische Flüche … dumpfe Schläge … Gestöhne … und eine weibliche Stimme. Ganz nah. So vertraut, aber verzweifelt …
„Irina! Irina. Bitte wach auf.“
Corinne … Ich spüre ihr sanftes Rütteln.
„Irina! Alain. Sie reagiert nicht auf mich. Was soll ich tun?“
Ich höre Ryans Jammerlaute, sein schmerzverzerrtes Stöhnen. Nebenher auch Alains verbale Entgleisungen. „Du elendes Stück Scheiße …“
Alain! Er ist hier …
„Oh mein Gott! Sie blutet. Das Schwein hat sie verletzt. Alain. Bitte komm her. Überlass ihn deinen Männern.“
Alain!
„Herrgott noch mal! Foster! Sie verlangt nach dir! Weiß Gott, warum.“ Wenn ich könnte, würde ich mir die Ohren zuhalten, so dermaßen verausgabt sich Corinne.
Schwere Schritte nähern sich mit einem dumpfen Stakkato. Sie werden immer lauter und deuten auf Rennen hin.
„Wir müssen sie kurz aufrichten, um sie von den Fesseln zu befreien.“
Im Unterbewusstsein bekomme ich mit, wie sie mich aufsetzen. Ich spüre Alains Körperwärme, rieche sein Rasierwasser.
„Dieses Arschloch hat ihre Hände mit Hosenträgern zusammengeschnürt …“ Corinne klingt entsetzt.
„Hier. Nimm mein Sackmesser und durchtrenn sie.“
Einen Ruck später sind meine Arme frei. Behutsam werde ich wieder auf den Boden gebettet.
Kalt. Mir ist kalt. Ich zittere wie Espenlaub, als ich Alains Nähe, seiner Wärme beraubt werde.
„Eine Decke. Corinne. Hol eine Decke.“
„Marc holt eine. Wenn du glaubst, ich lass dich nur eine Sekunde mit ihr allein …“ Plötzlich tritt sie Foster wieder misstrauisch und feindselig gegenüber.
Ein tiefes, bedrohliches Knurren, das sehr wahrscheinlich Corinne gilt, lässt mich zusammenzucken. Erneut vernehme ich Schritte und augenblicklich wird mir warm.
„Chérie. Bitte beruhige dich. Lass meinen Bruder machen. Schenk ihm etwas Vertrauen.“
Marc …
„René … Mein Onkel wird mir den Kopf abreißen. Ryan. Dieser Dreckskerl. Sie war doch noch Jungfrau“, schluchzt Corinne.
„Es ist nichts passiert. Alain war rechtzeitig da.“
Gott sei Dank!
Meine Augenlider beginnen zu flattern, als sich mein Bewusstsein an die Oberfläche kämpft. Starke Hände schmiegen sich an meine Wangen. „Irina.“ Seine sanfte Stimme holt mich zurück. Alains Konturen werden immer klarer. Der Nebelschleier lichtet sich und ich sehe sein Gesicht ganz deutlich vor mir. Aber darin spiegelt sich nicht wie so oft Überheblichkeit, nein, es spiegelt sich Besorgnis wider.
„Alain …“ Meine Stimme bricht. Ich schlucke trocken und schwer, befeuchte meine spröden Lippen, räuspere mich.
„Schsch, Kleine. Du bist in Sicherheit …“, redet er beruhigend auf mich ein, streicht mir liebevoll eine Strähne hinters Ohr.
In Sicherheit!
Ich stöhne schwach auf, strenge mich an, zwischen den noch halb geöffneten Augendeckeln seinen Blick zu erwidern, doch sie sind wie aus Blei gegossen. „So müde …“, murmle ich und schließe die Lider.
„Chef!“
Bei der fremden Stimme zucke ich zusammen und öffne schlagartig die Augen.
„Nicht jetzt, Paul!“ Alain wendet den Blick nicht von mir ab und streichelt zärtlich über mein Haar, besänftigt mich. Ich fixiere mich auf seine blauen Augen, die eine beruhigende und berauschende Wirkung auf mich haben – wie Drogen. Ich fühle mich benommen, doch das Herz in meiner Brust pocht wie wild.
„Ryan ist uns entwischt, aber wir konnten diese Ampulle aus seiner Tasche sicherstellen.“
Murrend löst Foster die Verbindung und blickt zu dem stämmigen Security auf.
„K.-o.-Tropfen?“, fragt Marc.
„Mit Sicherheit. Wie bei den anderen.“ Paul hält das Fläschchen wie eine Trophäe zwischen den behandschuhten Fingern. Er schnippt dagegen und die farblose Flüssigkeit gluckert.
„Findet ihn!“, knurrt Alain. „Keine Polizei! Ich nehme mich der Sache persönlich an.“
„Warte, Paul! Aber Alain …“ Doch Marc wird von seinem Bruder jäh unterbrochen.
„Findet das Arschloch!“, herrscht dieser den Security an.
Paul wartet nicht eine Sekunde, bevor er dem Befehl seines Chefs Folge leistet, und spurtet los.
Alains undurchdringliche Miene lichtet sich, als er sich wieder mir zuwendet. Seine Hand schmiegt sich zärtlich an meine Wange und sein Daumen streichelt sachte über meine bebende Unterlippe. „Schlaf, Irina. Schließ deine Augen. Es kann dir nichts mehr geschehen.“ Alain hebt mich hoch, bettet mich in seine Arme, drückt mich gegen seine Brust.
Ich atme tief ein und nehme seinen vertrauten Geruch in mich auf. Er riecht so herrlich nach Mann, Frühlingsfrische und einem Hauch von Whisky.
„Du bist in Sicherheit. In meiner Obhut“, wispert er in mein Haar.
Bleib bei mir!
Corinnes verächtliches Schnauben rückt in weite Ferne.