Читать книгу Sammelband 5 Krimis: Verschwörung der Killer und vier andere Urlaubs-Krimis - Alfred Bekker - Страница 14

7

Оглавление

EINEN TAG SPÄTER BEKAM ich einen Anruf von King Ghost. Er meldete sich nicht mit seinem Namen, sondern sagte nur, wann und wo er mich brauchte. Ich sollte nicht ohne Schießeisen antanzen und um 22 Uhr bei unserem üblichen Treffpunkt eintreffen, dem "Devvils Club".

Ich war pünktlich.

Die meisten anderen, die an dieser Aktion teilnehmen sollten, waren bereits eingetroffen. Auch Skull-Face gehörte dazu. Seine Nase war bandagiert. Er machte einen knurrigen Eindruck, wich meinem Blick aus. Ich fragte mich, was er den anderen Gang-Mitgliedern wohl über unser letztes Zusammentreffen erzählt hatte.

King Ghost traf als letzter ein.

Wie üblich fuhr er sein aufgemotztes Trike.

Er stieg von der Maschine und musterte uns einen nach dem anderen.

Etwa ein Dutzend Mann nahmen an dieser Sache teil.

Hier und da sah ich abgesägte Shot Guns oder eine Uzi.

"Unser Job findet im Yachthafen von Laurence Harbour, New Jersey statt!", erklärte der Anführer der Devvilish Demons. "Unsere Aufgabe ist sehr einfach: Wir sollen dafür sorgen, dass zwei Männer sich ungestört treffen können. Davon hängt ab, wie unsere Geschäfte in Zukunft laufen. Also gebt euch Mühe, es ist euer eigener Vorteil!"

Geraune entstand.

"Was ist das für ein Typ, der uns engagiert hat?", fragte ich. "Ist das der Kerl, der dafür sorgt, dass wir immer genügend Koks haben?"

King Ghost lächelte kühl.

Er trat auf mich zu, musterte mich.

"Scheiße, Mann, du fragst zuviel, Jesse. Das musst du dir noch abgewöhnen, wenn du es zu was bringen willst!" Dann fiel ihm Skull-Faces bandagierte Nase auf. Er grinste. "Was ist denn mit dir passiert?"

"Kleiner Unfall!", knurrte Skull-Face zwischen den Zähnen hindurch.

"Hauptsache, deine Maschine hat nichts abgekriegt, Alter!"

"Die ist in Ordnung."

King Ghost klopfte gegen Skull-Faces Schädel-Helm. "Ich habe dir ja immer gesagt, dass so ein Scheiß-Ding nicht den Sicherheitsnormen entspricht!"

"Wollen wir lange herumquatschen oder unseren Job machen?"

Offenbar wollte Skull-Face vor den anderen Gang-Mitgliedern nicht eingestehen, dass ich ihn vermöbelt hatte. Sein Verhalten bestärkte mich allerdings auch in der Ansicht, dass er nichts Konkretes gegen mich in der Hand hatte.

Skull-Face hatte einfach im Nebel herumgestochert, als er in meine Wohnung eingebrochen war und sie gründlich auf den Kopf gestellt hatte.

Und vielleicht hatte er auch einfach nur gehofft, mir meine Koks-Portion abnehmen zu können, die ich wie alle Mitglieder der Devvilish Demons regelmäßig erhielt. Eine Art Bezahlung in Naturalien war das. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Skull-Face dieses Koks größtenteils selbst verbrauchte, anstatt es zu verkaufen.

Skull-Face warf mir einen vernichtenden Blick zu.

Gut, das Blicke nicht töten können, dachte ich.

King Ghost hatte diesen Blick ebenfalls registriert.

Was Skull-Faces Nase anging, reimte sich der Anführer der Devvilish Demons wahrscheinlich einiges zusammen.

In unseren FBI-Dateien gab es unter anderem auch ein psychologisches Gutachten über den Gang-Anführer. Es war im Zusammenhang mit der juristischen Verfolgung irgendeiner Körperverletzung erstellt worden, die King Ghost in seinen jüngeren Jahren begangen hatte. In dem Gutachten wurde unter anderem herausgearbeitet, dass er offenbar sadistisch veranlagt war. Seine Spezialität war es, andere gegeneinander aufzuhetzen, bis sie sich bis aufs Blut an den Kragen gingen. Während seiner Haftzeit war das des Öfteren vorgekommen. Einmal hatte er einen blutigen Tumult im Speisesaal auf diese Weise ausgelöst. Schließlich hatte die Anstaltsleitung für eine Einzelunterbringung gesorgt.

Mir kam plötzlich der Gedanke, ob King Ghost möglicherweise Skull-Face gegen mich aufgehetzt hatte.

Vielleicht, um mich auf seine perverse Art zu testen, in wieweit ich für toughere Jobs geeignet war.

Oder einfach zum puren Vergnügen.

Just for Fun.

Wir stiegen auf die Maschinen, brausten los.

Etwa achtzig Kilometer lagen zwischen der South Bronx und Laurence Harbour. Einmal quer durch Manhattan, durch den Lincoln-Tunnel unter dem Hudson River her ans New Jersey-Ufer. Anschließend weiter südwärts, vorbei an Staten Island an die New Jersey-Küste.

Laurence Harbour war eine kleine mondäne Ortschaft. Die Nähe zum Big Apple machte sie zu einem attraktiven Wohngebiet, ähnlich wie Staten Island. Der Yachthafen lag etwas abseits und war einer der Größten in der Gegend.

Das Hafengelände war mit zweieinhalb Meter hohem Maschendrahtzaun abgesperrt und normalerweise nur zugänglich, wenn man mit einer Chipkarte seine Zugangsberechtigung nachweisen konnte.

In dieser Nacht war das anders.

Das Tor stand weit offen. Zwei Männer im dunklen Anzug, mit MPi über der Schulter und Funk-Head-Set empfingen uns, winkten uns durch. Wie klassische Nachtwächter sahen die Beiden nicht aus. Offenbar handelte es sich um Bodyguards jener mysteriösen Person, die wir schützen sollten.

Hinter uns wurde das Tor geschlossen.

Meine FBI-Kollegen waren mir natürlich auf den Fersen.

Aber sie mussten sich in einen gebührenden Abstand halten.

Auf das Gelände des Yachthafens konnten meine Kollegen wohl kaum vordringen.

Das Risiko war einfach zu groß.

Am Hemdkragen trug ich ein winziges Mikro. Unter den zahlreichen Nieten und Aufnähern meiner Lederjacke befand sich gut getarnt außerdem eine Mini-Videokamera, deren Objektiv etwa Daumenagelgröße hatte. Die Kamera arbeitete mit einem sogenannten Restlichtverstärker, der auch in Nachtsichtgeräten eingesetzt wurde. So waren Aufnahmen bei Dunkelheit im Freien kein Problem. Allenfalls bei einem völlig abgedunkelten Innenraum blieb der Monitor am Ende schwarz.

Der Yachthafen war zwar nachts nicht ganz so üppig beleuchtet, wie ich das aus den Straßenschluchten Manhattans gewohnt war, aber es war ausreichend.

Die Videoaufnahmen, die mit der Kamera an meiner Jacke entstanden, wurden direkt an meine Kollegen gefunkt.

Ein als Lieferwagen getarntes Spezialeinsatzfahrzeug unserer Fahrbereitschaft befand sich in dem "Begleit-Tross", der mir folgte. Von dort aus konnte das Geschehen quasi live auf dem Monitor verfolgt werden.

Wir knatterten mit unseren Maschinen den breiten Weg entlang, der quer über das Hafengelände führte. Vorbei an mehreren Bootshäusern und einigen auf großen Trailern aufgebockten Yachten.

Bootsstege ragten weit hinaus ins Meer.

Die gut vertäuten Yachten drängelten sich dort. Der Großteil der Liegeplätze war belegt.

Ein wellenbrechender Damm schützte den Hafen vor den Gewalten des Atlantiks. Er grenzte das Hafenbecken bis auf einen etwa zehn Meter breiten Ausgang zum offenen Meer ab.

Zwei dunkle, überlange Mercedeslimousinen befanden sich auf dem Vorplatz.

Ein paar Bodyguards in dunklen Anzügen wirkten ziemlich hektisch.

Zu den Devvilish Demons bildeten sie einen eigenartigen Kontrast.

Wir bremsten die Maschinen.

King Ghost stieg von seinem Trike herunter, als einer der Schwarzgekleideten ihn zu sich rief.

Der Anführer der Devvilish Demons trat an eine der beiden Limousinen heran. Die getönte Seitenscheibe hinten links wurde heruntergelassen.

Ich hatte mich günstig postiert, sodass ich hinein sehen konnte.

Das Licht der Laternen fiel in das hagere Gesicht eines Mannes in den Fünfzigern. Hervorspringende Wangenknochen, schwarzer, exakt rasierter Knebelbart und mit Gel zurückgekämmte Haare kennzeichneten ihn.

Ich konnte nicht verstehen, was King Ghost mit dem Bärtigen besprach.

Während die Zwei miteinander redeten, zermarterte ich mir das Hirn darüber, ob ich dieses Gesicht schon einmal in einer unserer Fahndungsdateien gesehen hatte. Ich konnte mich nicht erinnern.

King Ghost kehrte zurück, wandte sich an uns.

"Hier läuft gleich eine Riesenyacht ein. Wer an Bord ist, braucht euch nicht zu interessieren. Ihr müsst nur wissen, dass es jemand ist, der für Mister Taylor da drüben sehr wichtig ist. Ihr sollt seine Gäste etwas beeindrucken..."

King Ghost grinste.

"Hat dieser Mister Taylor so wenig Gorillas zur Verfügung, dass er auf uns angewiesen ist?", fragte ich.

Der Anführer der Devvilish Demons verzog das Gesicht. "Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du zu viel fragst, Jesse!"

"Ich möchte eigentlich nur wissen, wie weit wir den Typen von der Yacht trauen können."

"Überhaupt nicht. Haltet die Augen offen. Falls ihr etwas Ungewöhnliches bemerkt, ballert sofort los. Es ist nämlich noch gar nicht lange her, da wollte der Yachtbesitzer Mister Taylor umbringen..."

Ich kannte keinen großen Gangster mit dem Namen Taylor.

Entweder dieser Mann war ein Licht der zweiten Reihe oder er hatte es bisher geschafft, sich aus dem Focus der Justiz erfolgreich herauszuhalten.

Einer der Gorillas öffnete jetzt die Tür.

Taylor stieg aus, zupfte sich sein Lederjackett zurecht.

Eine Rolex blitzte im Mondlicht.

Er bedachte die Phalanx der Devvilish Demons mit einem abschätzigen Blick.

In der Ferne tauchte jetzt eine Yacht auf. Ein gewaltiges Gefährt, offenbar hochseetauglich. Sie kam vom offenen Atlantik her und steuerte genau auf die Einfahrt des Yachthafens zu.

Bei der Hafeneinfahrt hatte Taylor einen seiner Bodyguards postiert. Die Hafeneinfahrt war gut beleuchtet, so konnte man den Kerl mit seinem Walkie-Talkie gut sehen.

Wir warteten ab.

Die Yacht näherte sich schnell der Hafeneinfahrt, passierte sie schließlich.

Der Motor brummte leise.

Gute zwanzig Meter war dieses Boot lang.

An der Kaimauer legte die Yacht an. Ein Mann sprang mit einem Tau in der Hand an Land und machte sie fest.

"Princess" stand da in roten Buchstaben auf weißem Grund.

Ein Fallreep wurde herabgelassen.

Etwa ein Dutzend Bodyguards stürmten an Land. Sie wirkten wie Angehörige einer Elite-Truppe. Sturmhauben verdeckten die Gesichter. Splitterwesten schützten den Oberkörper. Die Bewaffnung bestand aus MPis und automatischen Pistolen.

Die SIG Sauer P226 erkannte ich bei einigen der Männer.

Diese Waffe war die Standardbewaffnung des FBI und der City Police. Offenbar hatten sich die Vorzüge dieses Sechzehn-Schüssers inzwischen auch anderswo herumgesprochen.

"Waffen raus!", befahl King Ghost an uns gewandt.

Die Devvilish Demons zogen ihre Pistolen, Pumpguns und abgesägten Schrotgewehre hervor. MPis waren auf dieser Seite weniger häufig anzutreffen.

Ich hielt die SIG mit beiden Händen, den Lauf allerdings nach unten gesenkt.

"Was die Feuerkraft angeht, sind die uns überlegen!", knurrte King Ghost. "Aber ich finde, wir haben das coolere Outfit!"

Einige seiner Männer lachten.

Wahrscheinlich um ihre Anspannung zu überdecken.

Ein Mann im braunen Kaschmir-Jackett schritt über das Fallreep. Ich schätzte ihn auf Ende fünfzig. Das Jackett saß ziemlich eng. Ich vermutete, dass er unter seiner Kleidung eine kugelsichere Weste trug. Zwei der maskierten Bodyguards schirmten ihn ab.

Taylor versuchte lässig zu wirken.

Mit zwei seiner in schwarze Anzüge gekleideten Leibwächter ging er auf seinen Gesprächspartner zu.

Der Mann im Kaschmir-Jackett zeigte ein Raubtierlächeln.

Die Beiden gaben sich die Hand.

Ich bedauerte es, kein Richtmikro dabei zu haben. Die Entfernung zwischen mir und den beiden Bossen war einfach zu groß, als dass ich hoffen konnte, irgendetwas von ihrem Gespräch mir später auf Band anhören zu können.

Und unauffällig etwas näher an das Geschehen heranzukommen war in dieser Situation vollkommen unmöglich.

Die Devvilish Demons hatten die Anweisung, sofort zu feuern, wenn irgendjemand eine falsche Bewegung machte. Ich ging davon aus, dass die maskierten Waffenträger auf der anderen Seite ähnliche Befehle hatten. Der geringste Funke reichte aus, um dieses Pulverfass in die Luft gehen zu lassen.

Die beiden Männer sprachen miteinander.

Der Endfünfziger im Kaschmir-Jackett lachte laut auf.

Schnipste mit den Fingern.

Einer der Maskierten lief herbei, reichte Taylor einen braunen Umschlag.

Taylor riss den Umschlag auf, holte ein handgroßes, mit einem weißen Pulver gefülltes Cellophanpäckchen hervor.

Eine Probeportion Kokain offenbar.

Taylor riss das Cellophan mit den Zähnen auf, schüttete sich eine Prise auf den Handrücken.

Er kam nicht mehr dazu, sich das Pulver in die Nase zu ziehen.

Ein Geschoss zischte durch die Luft, riss ein Loch in die Außenwandung der "Princess" hinein.

Das Geräusch des Abschusses folgte Sekundenbruchteile später und ging im Krach der gewaltigen Detonation unter, mit der die Yacht buchstäblich auseinander flog.

Jemand musste einen Granatwerfer oder eine Bazooka benutzt haben.

Schreie gellten durch die Nacht.

Brennende Trümmerteile flogen hoch in den Nachthimmel empor. Einige der maskierten Leibwächter hatten Feuer gefangen, liefen wie brennende Fackeln daher. Die MPis der Maskierten knatterten los.

Natürlich dachten die Gorillas des Kaschmir-Trägers, dass Taylors Leute für diesen Anschlag verantwortlich waren.

Taylors Leibwächter feuerten ebenfalls.

Auf beiden Seiten sanken die Bewaffneten nacheinander getroffen zu Boden.

Über das Mikro an meinem Hemdkragen wandte ich mich an meine Kollegen.

"Ihr müsst eingreifen! Sofort!"

Ich war nicht einmal sicher, ob irgendjemand meine Worte hören konnte. Die Explosionsgeräusche überdeckten alles andere.

Es wurde wild hin und hergeschossen.

Eine zweite Granate folgte.

Sie schlug in Taylors Limousine ein, ließ sie ebenso auseinander fliegen wie die Yacht.

Ich warf mich zu Boden. Gerade weit genug von meiner Harley entfernt, um nicht von der Maschine begraben zu werden, die von der Wucht der Druckwelle umgerissen wurde.

Es war verdammt heiß. Ich schützte das Gesicht mit den Händen so gut es ging.

Kurz zuvor sah ich noch wie King Ghost mitsamt seinem Trike in die Luft geschleudert wurde. Er hatte sich zu nah an der explodierenden Limousine befunden.

"Scheiße, was machen wir jetzt!", schrie der "verrückte" Lunie.

Skull-Face ballerte wild mit einer Automatik herum, bis das Magazin leergeschossen war.

Und das, obwohl kaum noch einer der maskierten Mobster kampffähig war, die den fremden Boss im Kaschmirjackett begleitet hatten.

Sie hatten sich einfach zu nahe an der explodierenden Yacht befunden.

Die mörderische Detonation hatte die meisten von ihnen buchstäblich zerfetzt.

Es bot sich ein Bild des Grauens.

Hier und vermischten sich furchtbare Schreie mit den Geräuschen weiterer Detonationen, die dadurch verursacht wurden, dass sich die Flammen zu den Tanks der Limousinen vorfraßen.

Der unbekannte Killer, der dieses Treffen der Bosse im Visier seiner Bazooka gehabt hatte, dachte allerdings gar nicht daran, aufzuhören.

Er wollte offenbar sämtliche Teilnehmer dieses Treffens in einer Flammenhölle verbrennen lassen.

Er feuerte noch einmal.

Das Geschoss schrammte über den Boden, erfasste eine der auf dem Boden liegenden Harleys. Der Tank explodierte. Eine Flammenspur zog sich über den Asphalt.

Ich schnellte hoch, rappelte mich auf. Ich hob meine Harley auf, startete sie und schwang mich in den Sattel.

Das Hinterrad brach aus, als ich losbrauste.

Überall waren Leichen zu sehen. Zum Teil furchtbar zugerichtet.

Die einzigen Überlebenden waren offenbar Angehörige der Devvilish Demons, was einfach wohl daran lag, dass sie weit genug vom Explosionsherd entfernt gewesen waren, als die Hölle losbrach.

Ich hatte eine ungefähre Vorstellung davon, aus welcher Richtung der Bazooka-Beschuss gekommen war.

Und ich war entschlossen, den unbekannten Killer, der dieses Blutbad zu verantworten hatte, nicht ungestraft davonkommen zu lassen.

Dabei spielte es nicht die geringste Rolle, dass es sich um ein Blutbad unter Gangstern handelte.

Mord blieb Mord. Ganz gleich, wer das Opfer war. Und es gab dafür keine Rechtfertigung. Jedenfalls nicht in meinen Augen. Deshalb war ich zum FBI gegangen.

Ich brauste über die Asphaltfläche am Hafen, vorbei an der Slipanlage.

Ein Geschoss zischte dicht an mir vorbei, fuhr in eine der Yachten, die etwa fünfzig Meter weiter vertäut waren.

Auf eine Länge von einem Dutzend Metern wurde der ganze Steg mit in die Luft geschleudert. Die einzelnen Hölzer, aus denen er gefertigt worden war, wurden wie Keulen durch die Luft gewirbelt.

Der Killer ist auf mich aufmerksam geworden, ging es mir durch den Kopf.

Ich raste an einem der Bootshäuser vorbei.

Sekundenbruchteile nachdem ich es hinter mir gelassen hatte schlug auch dort eine Granate ein. Die Holzwände platzten einfach auseinander. Ein Flammenpilz schoss hoch empor.

Ich spürte die mörderische Hitze in meinem Rücken. Die Druckwelle schob meine Maschine von hinten und machte es schwierig, sie unter Kontrolle zu halten.

Das Hinterrad brach aus.

Die Maschine kam zu Boden.

Schleifte seitlich über den Asphalt.

Ich sprang gerade noch rechtzeitig ab, landete auf der angrenzenden Rasenfläche und rollte mich ab.

Einen Augenaufschlag später hatte ich meine SIG in der Faust, lief in geduckter Haltung vorwärts, während mehrere Schüsse dicht über mich hinwegzischten.

Keine hundert Meter bis zum Ende des Geländes hatte ich noch vor mir. Dort zog sich der zwei Meter fünfzig hohe Drahtzaun dahin.

Davor befanden sich mehrere Yachten, die an Land aufgebockt waren. Manche wurden gerade lackiert oder es waren andere Reparaturen durchzuführen.

Ein besonders großes Boot befand sich auf einem Trailer.

Das Boot war eine Segelyacht. Die beiden Masten hatte man abgenommen und längs über das Boot gelegt. Wahrscheinlich brauchte man die Zugmaschine eines Trucks, um dieses Boot mit dem Trailer hinter sich herziehen zu können.

Oben an Deck nahm ich eine Bewegung wahr.

Dort hatten sich die Killer verschanzt.

Ich sah zwei Köpfe.

Aber nur für Sekundenbruchteile.

Ich feuerte die SIG ab. Immer wieder zog ich den Stecher meiner Dienstpistole durch.

Die beiden Killer zogen die Köpfe ein.

Ich arbeitete mich bis zu einem Motorboot vor, dessen Außenhaut eigentlich blau war. Es lag an Land. Jetzt war etwa ein Viertel der Oberfläche rot.

Ich verschanzte mich dahinter und sah einen der Kerle über die Reling der Yacht auf den Trailer steigen. "Seamaid" stand am Heck in verschnörkelten Lettern. Die entsprechenden Schablonen hatte jemand auf dem Boden verstreut zurückgelassen.

Einer der beiden Killer stieg aus dem Boot aus, kletterte die Leiter hinunter, die hinab führte.

Der andere tauchte jetzt blitzschnell hervor.

Er hatte eine gewaltige Waffe im Anschlag.

Das, was ich vermutet hatte.

Eine Bazooka.

Offenbar war er in den letzten Momenten damit beschäftigt gewesen, sie nachzuladen.

Er hielt das Rohr in meine Richtung, feuerte.

Die Ladung schoss mit einer grellweißen Lichterscheinung aus dem Rohr der Bazooka heraus.

Ich sprang auf, machte eine Hechtrolle, während das Boot, hinter dem ich mich gerade noch verschanzt hatte, sich in ein flammendes Inferno verwandelte.

Hart kam ich auf dem Boden auf, wirbelte herum und riss den Lauf meiner SIG empor. Ich schoss.

Aber ich war zu langsam für den Bazooka-Mann.

Er war bereits wieder hinter seiner Deckung verschwunden.

Dafür war der zweite Killer da.

Tauchte jetzt aus seiner Deckung am Bug der "Seamaid" hervor, ballerte mit einer Automatik in meine Richtung.

Haarscharf gingen die Kugeln man mir vorbei.

Ich feuerte zurück.

Er zuckte zusammen, als ihn ein Treffer am Oberkörper erwischte, seine Kleidung aufriss und das Kevlar darunter sichtbar machte.

Diese Killer hatten sich offenbar für sämtliche Eventualitäten vorbereitet.

Der Kerl stöhnte auf, riss noch einmal seine Waffe hoch und schoss in meine Richtung.

Er ließ mir keine andere Wahl. Mit einem gezielten Schuss auf seinen Kopf verhinderte ich, dass er mich tötete.

Getroffen sank er zu Boden, rührte sich nicht mehr.

Ich schnellte hoch, rannte geduckt in Richtung der "Seamaid".

Der Bazooka-Typ tauchte aus seiner Deckung hervor, diesmal allerdings mit einer Automatik, die er im Beidhandanschlag hielt. Entweder er hatte sein Riesenrohr nicht schnell genug nachladen können oder er hatte endlich eingesehen, wie sinnlos es war, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Die Pistole hatte ein Laserzielerfassungsgerät aufgesetzt. Der rote Strahl tanzte durch die Luft. Ich warf mich zur Seite. Die erste Kugel zischte nur haarscharf an mir vorbei.

Ich riss die SIG hoch, feuerte sofort zurück.

Ein Ruck ging durch seinen Körper.

Er erstarrte mitten in der Bewegung, fiel getroffen über die Reling.

Regungslos blieb er auf dem Boden liegen.

Ich rappelte mich auf und näherte mich ihm. Als ich ihn erreicht hatte, drehte ich ihn an der Schulter herum, durchsuchte seine Taschen. Ich fand ein Handy, steckte es ein, als ich hinter mir Schritte vernahm. Ich wandte den Kopf zur Seite und sah aus den Augenwinkel heraus...

...Skull-Face!

Er blickte auf den Toten.

Wollte etwas sagen.

Aber in diesem Moment knatterte ein Hubschrauber des FBI über den Hafen. Eine Megafonstimme ertönte, wies alle auf dem Gelände befindlichen Personen an, sich ruhig zu verhalten und die Waffen niederzulegen.

"Das war's dann wohl", sagte ich.

Meine Kollegen würden mich ebenso vorläufig festnehmen wie alle anderen, die dieses Massaker überlebt hatten.

Die Kollegen stürmten bereits das Hafengebiet. An mehreren Stellen wurde der Zaun durchgeschnitten. Das von innen verschlossene Tor öffneten sie mit einer kleinen Sprengladung. Der dazugehörige Knall wirkte gegenüber dem, was meine Ohren in den letzten Minuten hatten mitmachen müssen, schon beinahe verhalten.

Skull-Face schüttelte den Kopf.

"Jetzt erklär mir mal, wie diese Bastarde hier so schnell aufgetaucht sind?", rief er.

"Kann ich dir auch nicht sagen."

"Scheiße, das muss doch seinen Grund haben!"

"Klar, aber es ist kaum noch einer am Leben, der uns darüber Auskunft geben könnte, Skull-Face! Und jetzt gerate nicht in Panik! Wahrscheinlich werden sie uns höchstens für illegalen Waffenbesitz drankriegen. Der Stoff, der wahrscheinlich in der Yacht lagerte ist ja jetzt wohl nicht mehr nachzuweisen..."

Skull-Face verengte die Augen. "Du siehst mir das ein bisschen zu locker, Jesse!"

"Ich mache das Beste draus! Wirf deine Waffe weg. Dann werden sie es später schwer haben, dir zu beweisen, dass sie dir gehört!"

Skull-Face stieß einen unterdrückten Knurrlaut hervor.

Er riss seine Pistole heraus und...

...richtete den Lauf auf mich.

"Ich habe gedacht, du wärst eine Laus, die die Konkurrenz uns in den Pelz gesetzt hat. King Ghost hatte übrigens auch den Verdacht und mich angewiesen, dir mal auf den Zahn zu fühlen."

"Immerhin hat der King mich mit hier her genommen!", erwiderte ich.

Er trat näher auf mich zu. Etwa ein Meter fünfzig stand er jetzt von mir entfernt.

Einen Gang-Bruder nach dem anderen nahmen meine Kollegen jetzt fest.

Ein Notarztwagen fuhr auf das Gelände.

Draußen auf See patrouillierte ein Schnellboot der Coast Guard.

Die Situation war vollkommen unter Kontrolle.

Beinahe...

Skull-Face funkelte mich wütend an. "Alles hätte ich bei dir für möglich gehalten, du Ratte! Aber nicht, dass du ein Cop bist!"

Ich sah auf den Lauf der Pistole, die auf meinen Bauch zeigte. Meine eigene Waffe hielt ich noch in der Rechten.

Es war allerdings zweifelhaft, ob ich sie schnell genug hochreißen konnte, um meinen Gegner rechtzeitig auszuschalten.

"Ich bin kein Cop!", sagte ich.

"Du versuchst so zu reden wie wir, aber mir ist gleich aufgefallen, dass mit dir etwas nicht stimmt. Ich konnte es nicht richtig einordnen. Aber gerade, als du dich über den toten Scheißkerl gebeugt hast, der mit den Granaten herumballerte.... Du hast ihm das Handy abgenommen. Und da war's mir klar." Er lachte rau. "Ein Cop, der Beweise sichert... Scheiße, ich hab's doch gewusst!"

"Waffe fallen lassen!", rief einer unserer Kollegen.

Es war Orry Medina.

Fred LaRocca befand sich auch in der Nähe.

Ich ließ meine SIG zu Boden fallen.

"Du leidest unter Paranoia, Skull-Face", sagte ich.

Ein Ruck ging durch seinen Körper. Jeder Muskel, jede Sehne schienen in diesem Augenblick unter Spannung zu stehen.

In seinem Hirn arbeitete es.

Ich hob die Hände.

"Mach keinen Mist", sagte ich. "Du hast keine Chance!"

Er zögerte, warf dann ebenfalls die Waffe weg.

Augenblicke später klickten die Handschellen. Sowohl bei ihm als auch bei mir. Ein ungewohntes Gefühl für mich. Orry betete uns die Rechte vor.

Sammelband 5 Krimis: Verschwörung der Killer und vier andere Urlaubs-Krimis

Подняться наверх